Komplexe endokrinologische, immunologische, metabolische und vaskuläre Veränderungen in der Schwangerschaft können zum Auftreten von physiologischen Hautveränderungen und schwangerschaftsspezifischen Dermatosen, aber auch zu Veränderungen im Verlauf von Hauterkrankungen führen.2
Cave: Hauterkrankungen können auch zufällig mit Gravidität zusammentreffen!
ICPC-2
W29 Schwangerschaftsbeschwerden, andere
ICD-10
O99.7 Krankheiten der Haut und des Unterhautgewebes, die Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett komplizieren
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Physiologische Hautveränderungen in der Regel Blickdiagnosen
Schwangerschaftsdermatosen mit Leitsymptom Pruritus sollten immer weiter abgeklärt werden.1-2
für mehr als 50 % des Pruritus in der Schwangerschaft verantwortlich
Auftreten im Gegensatz zu den anderen Schwangerschaftsdermatosen schon deutlich früher, meist bereits im 2. Trimenon
umfasst ekzematöse und/oder papulöse Hautveränderungen bei Patientinnen mit atopischer Eigenanamnese bzw. atopischer Familienanamnese
oft extreme Hauttrockenheit (Xerosis cutis)
in Folgeschwangerschaft oft Rezidive
keine Gefährdung für das Kind
Therapie
hydratisierende Cremes oder Salben
milde topische Glukokortikoide, z. B. Methylprednisolonaceponat, Prednicarbat, Momethasonfuorat2
UV-B‐Therapie in Frühschwangerschaft
Polymorphe Schwangerschaftsdermatose
typischerweise in den letzten Schwangerschaftswochen oder unmittelbar postpartal
Polymorphe Schwangerschaftsdermatose
Papulöses, stark juckendes, oft girlandenartiges Exanthem mit Plaques, das meist im Bereich der Striae distensae am Abdomen unter Aussparung des Nabels beginnt und auf Gesäß und Oberschenkel übergehen kann.
mit zunehmendem Krankheitsverlauf polymorphes Krankheitsbild mit erythematösen und ekzematösen Veränderungen und gelegentlich auch Bläschen
Eruptionen heilen spontan, meist innerhalb von 4–6 Wochen ab.
keine Gefährdung für das Kind
Therapie
topische Glukokortikoide, z. B. Hydrocortisoncreme
Antihistaminika, Loratadin 10 mg 1 x tgl. Mittel der 1. Wahl2; kann in allen Phasen der Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden.3
Ggf. systemische Glukokortikoide, z. B. Prednison 20–40 mg/d; Anwendung in allen Phasen der Schwangerschaft und Stillzeit möglich, jedoch möglichst kurz und niedrig dosiert; starker Anstieg des Risikos für Frühgeburten bei Langzeittherapie > 10 mg/d; bei hohen Dosierungen sollte das fetale Wachstum sonografisch überwacht werden bzw. in der Stillzeit Abstand von 3–4 Stunden zur Medikamenteneinnahme eingehalten werden.4
Einnahme im 1. Trimenon ist zu vermeiden und sollte auch im späteren Verlauf der Schwangerschaft abgesetzt werden, sobald es die Grunderkrankung zulässt; während der Stillzeit bestehen keine Einschränkungen.6
seltene bullöse Autoimmundermatose der Schwangerschaft
Auftreten in 2. Schwangerschaftshälfte oder frühen Postpartalperiode
Generalisierter starker Pruritus, dem Exanthem folgt.
Initial große, meist erheblich juckende erythematöse Papeln und urtikarielle Plaques, denen nach einigen Wochen gruppierte Bläschen und pralle Blasen folgen.
Schwangerschafts-Pemphigoid
Erhöhtes Risiko für Frühgeburten und SGA‐Feten („Small for Gestational Age“), das mit der Schwere der Erkrankung korreliert.
Diagnostik: direkte Immunfluoreszenz mit Nachweis linearer C3- und IgG‐Ablagerungen entlang der dermo-epithelialen Junktionszone
Therapie
topische Glukokortikoide, z. B. Methylprednisolonaceponat, Prednicarbat, Momethasonfuorat2
Antihistaminika; Loratadin 10 mg 1 x tgl. Mittel der 1. Wahl2
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).