Schwierige Diagnose
Eine Depression wird nicht immer als Krankheit erkannt: weder von den Betroffenen selbst oder ihrer Umgebung noch von den Ärzt*innen. Die Symptome sind auch nicht immer offensichtlich. Viele Menschen mit einer Depression schämen sich für ihre Krankheit und scheuen sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wir alle fühlen uns hin und wieder niedergeschlagen, bei einer Depression geht dieses Gefühl jedoch noch viel tiefer. Eine Therapie schlägt in den meisten Fällen aber gut an.1
Depressive Symptome können zudem bei vielen Krankheiten oder Situationen auftreten, ohne dass eine wirkliche Depression vorliegt. Dazu zählen schwere körperliche Krankheiten, Drogenkonsum, Einnahme bestimmter Medikamente, Reaktion auf ungewöhnlich schwere Ereignisse oder Belastung. Zudem können depressive Beschwerden auch im Rahmen andere psychischer Krankheiten wie Angststörungen, Zwangsstörungen oder Schizophrenie vorkommen.
Was tun bei Depression?
Es ist wichtig zu wissen, dass Depressionen bei den meisten Patient*innen erfolgreich behandelt werden können. Depressionen sind weit verbreitet: etwa 25 % der Frauen und 12 % der Männer in Deutschland haben mindestens einmal im Leben eine Depression.
Bei Verdacht auf eine Depression sollten Sie sich ärztlich oder psychologisch beraten lassen, damit die richtige Diagnose gestellt und eine wirksame Therapie eingeleitet werden kann. Psychotherapien helfen bei Depression, in begrenztem Maß auch Antidepressiva. Allerdings kann es mehrere Wochen dauern, bis die Wirkung eintritt. Es ist daher wichtig, dass Sie die Therapie nicht vorzeitig abbrechen.
Wie fühlen sich Betroffene?
Wir alle erleben hin und wieder schwere Tage. Eine Depression geht aber noch viel weiter; das Gefühl der Traurigkeit oder die sehr gedämpfte Stimmung sind stark und lang anhaltend. Betroffene können zudem Schlafstörungen haben, zu wenig oder zu viel essen, sich antriebslos fühlen, nicht in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen oder auch Gedächtnis-/Konzentrationsstörungen aufweisen. Sie können sich als Versager, schuldig, hoffnungslos und hilflos fühlen (obwohl es dafür eigentlich keinen wirklichen Grund gibt) und ständig einen Drang verspüren, zu weinen. Die meisten Betroffenen können diese Situation nicht alleine überwinden.
Die genannten Gefühle treten bei vielen Menschen hin und wieder auf. Bei einer Depression häufen sie sich jedoch und verschwinden nicht wieder. Sie können über Wochen oder Monate andauern und persönliche Beziehungen, Arbeit oder Schule, Hobbys, Sex, Schlaf und Appetit beeinflussen. Eine Depression kann lebensbedrohlich sein: das Risiko, sich das Leben zu nehmen, ist bei depressiven Menschen deutlich erhöht.
Bei manchen Betroffenen mit einer Depression können auch Symptome wie vermehrte Unruhe, leichte Reizbarkeit, erhöhter Appetit oder vermehrtes Schlafbedürfnis auftreten.
Eine Depression ist nicht einfach nur ein vorübergehender trauriger Gemütszustand. Die meisten Betroffenen können ihre Beschwerden nicht alleine lindern. Es ist daher besonders wichtig, dass sie ihre Krankheit akzeptieren und professionelle Hilfe suchen. Oft hilft es, sich Menschen anvertrauen, auf die man sich verlassen kann, und an Aktivitäten teilzunehmen, anstatt sich zurückzuziehen. Dennoch ist eine professionelle Hilfe in den meisten Fällen nötig.
Was ist die Ursache?
Bei einer Depression kommt es zu einer Störung der Hirnfunktionen; es zeigen sich sowohl Veränderungen der Struktur verschiedener Hirnregionen als auch Auffälligkeiten der Nervenbotenstoffe bzw. der Nervensignale im Gehirn. Trotz vieler Erkenntnisse ist der Entstehungsmechanismus von Depressionen aber noch nicht ausreichend genau geklärt.
Bei einer Depression kommt es zu messbaren Veränderungen im Gehirn. Dies ist auch naheliegend, da Gefühle, Gedanken, Schlaf, Appetit und Verhalten im Gehirn reguliert werden. Die Veränderungen betreffen unter anderem chemische Botenstoffe, die sogenannten Neurotransmitter, über die Nervensignale von Nervenzelle zu Nervenzelle geschickt werden. Bei einer Depression ist vereinfacht gesagt die Ausschüttung bestimmter Neurotransmitter, unter anderem Noradrenalin und Serotonin, aus dem Gleichgewicht geraten.
Persönliche Erlebnisse spielen bei der Entstehung einer Depression offensichtlich eine Rolle. Das trifft auch dann zu, wenn sich die Depression überwiegend durch körperliche Beschwerden zeigt, z. B. Schmerzen, Muskelverspannungen oder Verdauungsbeschwerden. Auf der persönlichen Ebene kann eine Depression durch den Tod einer geliebten Person, das Scheitern der Ehe, den Konkurs des Unternehmens oder eine andere schmerzhafte Erfahrung ausgelöst werden. Eine schwierige Kindheit kann eine Person im späteren Leben anfällig für eine Depression machen. Eine erbliche Veranlagung kann das Risiko erhöhen, auf solche Ereignisse mit einer Depression zu reagieren. In einigen Familien treten Depressionen in unterschiedlichen Generationen immer wieder auf, was so gedeutet werden kann, dass zumindest bei einem Teil aller Betroffenen erbliche Faktoren eine entscheidende Rolle spielen. In anderen Familien kommt es nicht zu solchen Häufungen.
Allerdings sind solche Beobachtungen alleine nicht ausreichend, um das Gewicht zu ermitteln, das erbliche Faktoren im Verhältnis zu Umweltfaktoren bei der Entstehung einer Depression im einzelnen Fall haben. Es können nämlich auch Umweltfaktoren wie Besonderheiten des zwischenmenschlichen Umgangs, der Kultur, der Ernährung und sonstigen Gesundheitsvorsorge sowie viele andere Faktoren „familiär gehäuft auftreten".
Bestimmte hormonelle Faktoren scheinen ebenfalls Depressionen begünstigen zu können. Bei Frauen treten Depressionen beispielsweise häufig zusammen mit Änderungen im Menstruationszyklus, Schwangerschaft, Schwangerschaftskomplikationen oder -abbruch, Geburt und in den Wechseljahren auf. Biologische und seelisch-zwischenmenschliche (psychosoziale) Faktoren scheinen dabei – wie auch bei der Depression im Allgemeinen – häufig zusammenzuspielen. Man spricht daher auch von einem biopsychosozialen Krankheitsmodell, das sich in der Fachwelt weitgehend durchgesetzt hat.
Eine Depression kann auch im Rahmen anderer Krankheiten wie u. a. Diabetes mellitus, Krebserkrankungen, Herzinfarkt, Krankheiten des Nervensystems wie Demenz oder Schlaganfall auftreten. Depressionen und insbesondere schwere Krankheitsverläufe sind bei älteren Menschen etwas häufiger als bei jüngeren. Depressionen können zudem durch Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch ausgelöst werden.
Einzelne Menschen haben ein im Vergleich zur Normalbevölkerung höheres Risiko an einer Depression zu erkranken, wenn folgende Faktoren vorliegen:
- bereits erlebte Depression oder andere psychische Krankheit
- Familienangehörige mit einer Depression oder anderen psychischen Krankheiten
- Suizidversuche in der eigenen oder familiären Vorgeschichte
- Personen mit Suchterkrankungen
- Verlust, Trauma, Missbrauch etc.
- chronische Schmerzen
- chronische Krankheiten wie Herzkrankheiten, HIV-Infektion, Schlaganfall, Demenz, Krebs u. a.
- unzureichende soziale Unterstützung im persönlichen Umfeld.
Verschiedene Formen von Depression
Bei einer eindeutigen Depression sind Betroffene jeden Tag über mindestens zwei Wochen niedergeschlagen oder interesse- und lustlos, ohne dass das durch eine körperliche Erkrankung, den Konsum von Drogen oder die Einnahme von Medikamenten erklärt werden könnte. Es können auch andere Symptome wie Schlafstörungen, Appetitänderungen und Konzentrationsschwäche auftreten. Man spricht dann von einer depressiven Episode.
Bei der Dysthymie handelt es sich um eine leichte Depression, die über mehr als zwei Jahre andauert. Bei manchen Betroffenen mündet die Dysthymie nach längerer Zeit in eine schwerere Depressionsform.
Eine andere Form der Depression ist die depressive Episode einer bipolaren affektiven Störung, früher als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet. Bei dieser Erkrankung kommt es zu ausgeprägten Stimmungsschwankungen zwischen Euphorie und Niedergeschlagenheit im Verlauf von Wochen, Monaten oder Jahren.
Eine saisonal auftretende Depression ist die Winterdepression. Hierbei handelt es sich um eine wiederkehrende (rezidivierende) Depression. Wiederkehrende depressive Symptome können auch unabhängig von der Jahreszeit auftreten.
Aufgrund der hormonellen Veränderungen und dem psychischen oder sozialen Stress während der Schwangerschaft und Geburt, meist aber in den ersten 2–3 Tagen nach der Geburt erleben sehr viele Mütter starke Stimmungsschwankungen. In der Regel verschwinden diese innerhalb von 2 Wochen. In 8–15 % der Fälle entwickelt sich eine Wochenbettdepression (postpartale Depression).
Weitere Informationen
Deximed
- Depression
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- Depression, Häufigkeit und Risikofaktoren
- Depression, Prognose
- Winterdepression
- Bipolare Störung
- Antidepressiva
- Depression – Informationen für ärztliches Personal
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ)
- Depression – eine Information für Angehörige und Freunde
- Depression – mehr als nur traurig
- Depression – Schwangerschaft und Geburt
- Depression: Information in leichter Sprache
Selbsthilfeorganisationen
- Stiftung Deutsche Depressionshilfe
- Deutsches Bündnis gegen Depression
- Deutsche Depressionsliga
- Freunde fürs Leben (Suizidprävention)
- Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention: Bundesweite Beratungsangebote bei Krisen
- Telefonseelsorge
- Initiative für Kinder psychisch kranker Eltern: Netz und Boden
Quellen
Literatur
- Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin. Patientenleitlinie zur NVL Depression. Berliun 2011. www.patienten-information.de
Autor*innen
- Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
- Susanne Meinrenken, Dr. med., Medizinjournalistin, Bremen
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Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Depression. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
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