Nackensteife (Meningismus)

Allgemeine Informationen

Definition

  • Als Nackensteife bezeichnet man die eingeschränkte und schmerzhafte aktive und passive Beugung des Kopfes hin zur Brust.1
  • Synonym: Meningismus1
    • Ausdruck einer unwillkürlichen Schonhaltung zur Schmerzlinderung der entzündeten Hirnhäute (Meningen)
  • Opisthotonus: maximale Schonhaltung mit kompletter Überstreckung von Hals und Rücken, die zu einer konkaven Körperhaltung führt.

Häufigkeit

  • Unter den potenziell lebensbedrohlichen Erkrankungen sind infektiöse Meningitiden die häufigste Ursache für eine Nackensteife.
    • Andere Erkrankungen wie intrakranielle Blutungen, Tumoren, Autoimmunopathien mit ZNS-Manifestation (z. B. Lupus erythematodes) oder das Kawasaki-Syndrom sind eher seltene Ursachen. 1

ICPC-2

  • L01 Nackensymptomatik-/beschwerden

ICD-10

  • R29.1 Meningismus

Differenzialdiagnosen

Blockierungen der HWS

  • Häufige Ursache
  • Anamnese: plötzliches Eintreten der Bewegungseinschränkung bei ruckartiger Bewegung oder nach langem Liegen/Schlafen, oft schmerzhaft
  • Guter Allgemeinzustand

Zervikale Lymphadenitis

  • Häufige Ursache
  • Anamnese: begleitende Symptomatik eines Infekts der oberen Atemwege
  • Verschiebbare, vergrößerte und druckdolente Lymphknoten palpabel

Meningitis

  • Seltene, aber sehr schwere Erkrankung, die meist durch Meningokokken verursacht wird.
  • Eine Meningitis sollte bei akut beeinträchtigtem Allgemeinzustand, Kopfschmerzen und Fieber unklarer Ursache immer in Betracht gezogen und abgeklärt werden.

Subarachnoidalblutung

Medikamente

  • Einige Medikamente, wie z. B. Trimethoprim, können eine aseptische Meningitis verursachen.2

Andere Infektionen

Tumoren

  • Sehr selten
  • Hirntumoren oder Tumoren des Rückenmarks
  • Als Initialsymptom tritt gelegentlich Nackensteifigkeit oder ein Torticollis auf.

Torticollis

  • Schiefhalsstellung, die muskulär (z. B. Verkürzung des M. sternocleidomastoideus) bedingt, aber auch Symptom von schweren Erkrankungen wie Tumoren sein kann.

Diagnostik

Diagnostische Überlegungen

  • Die Nackensteife ist ein Warnsymptom („Red Flag"), das bei unterschiedlichen lebensbedrohlichen Erkrankungen vorliegen kann.
  • Sofern nur geringe Zweifel bezüglich der Ursache der Nackensteife bestehen, sollte eine schnellstmögliche stationäre Abklärung erfolgen.

Anamnese

  • Beginn
    • Trauma
      • intrakranielle Blutung möglich
    • ruckartige, ungewohnte Bewegung der Halswirbelsäule
      • Hinweis auf Blockierung
  • Verlauf
    • Rasche Verschlechterung des Allgemeinzustands?
    • Schleichende Verschlechterung über mehrere Tage?
      • z. B. aseptische Meningitis
  • Begleitsymptome?
  • Umfeld
    • Andere Personen erkrankt?
      • Hinweis auf infektiöse Genese
  • Medikamenteneinnahme
    • Meningitis ist eine seltene Nebenwirkung von z. B. Trimethoprim.2

Klinische Untersuchung

Allgemeines

  • Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes?
  • Anzeichen für Trauma? Prellmarken am Kopf?
  • Bewegungsumfang der Halswirbelsäule
    • Nur Inklination eingeschränkt oder auch verminderte Lateralflexion und Rotation?
  • Beurteilung der Haut, vor allem Unterschenkel und Füße: Petechien?

Spezielle Aspekte

  • Die spezifischen Funktionstests zielen alle darauf ab, ob durch eine Dehnung der Hirnhäute (Meningen) ein Schmerz provoziert werden kann bzw. eine reflektorische Schonhaltung eingenommen wird.

Lasègue-Zeichen

  • Patient*in in Rückenlage
  • Anheben des gestreckten Beins
  • Positiv: stechende, ins Bein ausstrahlende Rückenschmerzen bei etwa 45-Grad-Hüftbeugung

Brudzinski-Zeichen

  • Passive Inklination des Kopfes
  • Positiv: reflektorisches Beugen der Hüfte und der Kniegelenke

Kernig-Zeichen

  • Patient*in in Rückenlage
  • Anheben der gestreckten Beine
  • Positiv: reflektorische Beugung der Kniegelenke

Ergänzende Untersuchungen

Bei Spezialist*innen

  • Bei Verdacht auf eine Meningitis als Ursache der Nackensteife sind innerhalb der 1. Stunde nach Eintreffen der Patient*innen in der Notaufnahme die Liquorpunktion und Abnahme von Blutkulturen zur Erregerdiagnostik sowie die Einleitung einer empirischen Antibiose indiziert.3
  • Bei neurologischen Auffälligkeiten sollte vor der Liquorpunktion zum Ausschluss eines erhöhten intrakraniellen Drucks eine CCT erfolgen.3

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Bei geringstem Zweifel an einer benignen Ursache (z. B. HWS-Blockierung) der Nackensteife notfallmäßige Einweisung ins Krankenhaus zum Ausschluss einer schwerwiegenden Erkrankung, wie z. B. Meningitis.

Quellen

Literatur

  1. Michalk D, Schönau E. Differenzialdiagnosen Pädiatrie. Frankfurt: Elsevier, 2018.
  2. Bruner KE, Coop CA, White KM. Trimethoprim-sulfamethoxazole-induced aseptic meningitis-not just another sulfa allergy . Ann Allergy Asthma Immunol 2014; 113(5): 520-6. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Völk S, Pfister HW, Klein M. Fieber — Kopfschmerzen — Nackensteife. MMW - Fortschritte der Medizin 2019; 161: 60-63. link.springer.com

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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