Affektkrämpfe

Affektkrämpfe sind gutartige, vorübergehende Anfälle. Das Kind schreit infolge von Wut oder Schmerzen derart, dass es zu einem einige Sekunden anhaltenden Aussetzen der Atmung kommt und es kurzzeitig nicht ansprechbar ist.

Was sind Affektkrämpfe?

Definition

Affektkrämpfe sind gutartige, oft wiederkehrende Anfälle, bei denen ein Stimulus (Schmerz oder Wut) zum Schreien führt. Dies kann sich bei Kindern bis zum Aussetzen der Atmung steigern und eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit auslösen.

Affektkrämpfe zählen zu den häufigsten nicht-epileptischen Anfallsformen im Säuglingsalter. Für die Eltern sind solche Anfälle beängstigend, da sie einen lebensbedrohlichen Eindruck machen können.

Man unterscheidet drei Formen:

  1. blaue Affektkrämpfe (Zyanose) (60 %).
  2. blasse Affektkrämpfe (20 %).
  3. gemischte Affektkrämpfe (20 %).

Affektkrämpfe treten bei 3–4 % aller Kleinkinder auf. Die Anfälle beginnen häufig im Alter von 6–18 Monaten, meist vor dem 2. Lebensjahr des Kindes; sie erreichen ihren Höhepunkt im Alter von 1–2 Jahren und verschwinden fast immer spontan, spätestens, wenn das Kind im Schulalter ist. Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden nicht beobachtet.

Die Anfallshäufigkeit schwankt von Kind zu Kind. Einige Kinder erleiden mehrere Anfälle pro Tag, während bei anderen nur einige wenige Anfälle pro Jahr beobachtet werden.

Symptome

Blaue Affektkrämpfe (Breath Holding Spells) werden durch Wut, Frustration oder Schmerzen ausgelöst. Der Anfall beginnt damit, dass das Kind heftig weint, „bis zur Bewusstlosigkeit schreit“ und es zu Atemaussetzern kommt, die während der Ausatmung einige Sekunden anhalten (bis zu 30 Sekunden), dabei färbt sich die Haut blau (Zyanose). Gelegentlich kann es zu Bewusstlosigkeit und Erschöpfung kommen, manchmal geht das Ereignis mit einige Sekunden andauernden Krämpfen einher. Vor einer möglichen Bewusstlosigkeit hält das Kind den Atem an. Der Anfall dauert insgesamt weniger als 1 Minute. Das Kind nimmt in der Regel seine volle Aktivität innerhalb von wenigen Minuten wieder auf.

Blasse Affektkrämpfe (Pallid Infantile Syncope, reflexanoxische Anfälle) werden typischerweise nach kleineren Verletzungen durch Stürze, Bestürzung, Angst oder Schmerzen beobachtet. Der erste Aufschrei ist oft unauffällig, dann wird ein Nervenreflex ausgelöst, der rasch zu einer langsamen Herzfrequenz führt, unter Umständen kann der Herzschlag wenige Sekunden aussetzen. Das Kind verliert nach einem einzigen tiefen Atemzug oder einem kurzen Schrei leicht das Bewusstsein. Das Kind wird blass, bewusstlos, schlaff oder streckt die Gliedmaßen stark durch. Das Kind wird ohnmächtig, bevor der Atem aussetzt. Gelegentlich treten Krämpfe auf, die einige Sekunden anhalten. Nach einem Krampfanfall ist das Kind etwas ermüdet. Länger anhaltende Apnoephasen (Atemstillstand) wie bei blauen Affektkrämpfen treten jedoch nicht auf. Der Anfall dauert in der Regel 10 bis 30 Sekunden.

Gemischte Affektkrämpfe: Einige Kinder weisen sowohl blaue als auch blasse Formen von Affektanfällen auf.

Ursachen

Zyanotische Affektkrämpfe (Breath Holding Spells) werden durch Wut, Frustration oder Schmerzen ausgelöst.

Blasse Affektkrämpfe (Pallid Infantile Syncope, Reflexanoxische Anfälle) werden typischerweise nach leichten Sturztraumen, bei Erschrecken, Angst oder Schmerzen beobachtet und lösen einen verlangsamten Herzschlag oder ein kurzzeitiges Aussetzen des Herzschlags aus.

Auch wenn die Anfälle durch erkennbare/bekannte Situationen ausgelöst werden, sind sie nicht bewusst herbeigeführt. Das heißt, dass das Kind sie nicht absichtlich provoziert. Aufgrund einer ca. 5-sekündigen Unterbrechung der Blutversorgung (Sauerstoffzufuhr) des Gehirns, kann das Kind das Bewusstsein verlieren. Kurzdauernde Anfälle mit Zuckungen (tonisch) oder gelegentlich rhythmische Anfälle (klonisch) können die Folge sein.

Begünstigende Faktoren

  • Eisenmangel
  • In 25 % der Fälle ist eine Häufung von Affektkrämpfen innerhalb der Familie (Eltern und Geschwister) zu beobachten.
  • Schlafmangel

Häufigkeit

  • Affektkrämpfe treten bei 3–4 % aller Kleinkinder auf. Die Anfälle beginnen häufig im Alter von 6–18 Monaten, meist vor dem 2. Lebensjahr des Kindes; sie erreichen ihren Höhepunkt im Alter von 1–2 Jahren und verschwinden häufig spontan, wenn das Kind im Schulalter ist.
  • Unterschiede zwischen den Geschlechtern werden nicht beobachtet.
  • Die Anfallshäufigkeit schwankt von Kind zu Kind. Einige Kinder erleiden mehrere Anfälle pro Tag, während bei anderen nur einige wenige Anfälle pro Jahr beobachtet werden.

Untersuchungen

Die Diagnosestellung basiert auf der Anamnese (Krankengeschichte) und der Schilderung typischer Anfälle und deren Auslöser. Es ist selten erforderlich, weitere Untersuchungen durchzuführen. In Fällen, in denen die Diagnose nicht zweifelsfrei bestätigt werden kann, ist ein EEG zum Ausschluss von Epilepsie möglicherweise angezeigt.

Mögliche andere zugrunde liegende Erkrankungen (Auswahl)

Um eine möglichst sichere Diagnose zu stellen ist es wichtig, die Eltern nach den Symptomen zu fragen, um Angaben zu folgenden Aspekten zu ermitteln:

  • Was geschah vor Einsetzen des Anfalls?
  • Hat das Kind geschrien?
  • Welche Farbe hatte die Haut des Kindes vor und während der Episode?
  • War das Kind nach der Episode erschöpft?
  • Sind weitere Familienmitglieder von ähnlichen Krampfanfällen betroffen?

Behandlung

Es ist wichtig, zu verstehen, dass die Anfälle zwar gefährlich aussehen können, aber harmlos sind. Der eigentliche Anfall ist nicht gefährlich für das Kind, es besteht jedoch die Gefahr, dass es sich beispielsweise durch einen Sturz bei Einsetzen des Anfalls verletzt.

Der Schwerpunkt sollte auf der Beobachtung des Kindes während des Anfalls liegen. Prüfen Sie ob, dass das Kind atmet und legen Sie es ggf. in die stabile Seitenlage. Bleiben Sie bei dem Kind, bis es wieder zur Besinnung kommt, nehmen Sie es nicht hoch und schütteln Sie es nicht.

Medikamentöse Therapie

Es gibt keine standardmäßige medikamentöse Therapie gegen Affektkrämpfe.

Eine Eisensubstitution kann wirksam bei Affektkrämpfen sein. Besonders bei Kindern mit nachgewiesener Eisenmangelanämie kann dies sinnvoll sein. Eine Substitution kann jedoch auch bei Kindern ohne Anämie oder mit Hämoglobin im unteren Normbereich erfolgreich sein und verbessert wahrscheinlich auch die Überreizung des vegetativen Nervensystems.

In schweren Fällen, in denen eine Eisengabe keine Besserung bringt, kann das Antiepileptikum Piracetam versuchsweise angewendet werden.

Was können Sie selbst tun?

Bringen Sie ein Video von dem Anfall mit (nehmen Sie die Episode mit einem Mobiltelefon oder einer gewöhnlichen Kompaktkamera auf).

Prognose

Die Prognose ist im Allgemeinen gut. Die Langzeitprognose ist bisher unvollständig untersucht. Mit zunehmendem Alter verschwinden die Anfälle meist. Bei der überwiegenden Mehrheit der Kinder treten nach dem 7. Lebensjahr keine Affektkrämpfe mehr auf. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass die Anfälle andere Krankheiten wie Epilepsie begünstigen.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Affektanfall. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Bode, H. et al. Psychosomatische Grundversorgung in der Pädiatrie. 2016. DOI: 10.1055/b-0035-128859. www.thieme-connect.de. www.thieme-connect.de
  2. Leung AKC, Leung AAM, Wong AHC, Hon KL. Breath-Holding Spells in Pediatrics: A Narrative Review of the Current Evidence. Curr Pediatr Rev. 2019;15(1):22-29. doi: 10.2174/1573396314666181113094047. PMID: 30421679; PMCID: PMC6696822. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov. www.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Nguyen TT, Kaplan PW, Wilfong A. Nonepileptic paroxysmal disorders in infancy. 2014. somepomed.org. somepomed.org
  4. Zehetner AA, Orr N, Buckmaster A, Williams K, Wheeler DM. Iron supplementation for breath-holding attacks in children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2010, Issue 5. Art. No.: CD008132. DOI: 10.1002/14651858.CD008132.pub2 DOI
  5. Olsen AL, Mathiasen R, Rasmussen NH et. al. Long-term prognosis for children with breath-holding spells. Dan Med Bull 2010; 57: A4217. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Guilleminault C, Huang YS, Chan A et. al. Cyanotic breath-holding spells in children respond to adenotonsillectomy for sleep-disordered breathing. J Sleep Res 2007; 16: 406-13. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov. onlinelibrary.wiley.com
  7. Bjerring B, Debes NM. [Breath-holding spells in children]. Ugeskr Laeger. 2020 Nov 30;182(49):V07200504. Danish. PMID: 33280646. pubmed.ncbi.nlm.nih.go. ugeskriftet.dk
  8. Johnson KA, Macfarlane MD, Looi JC. Affective disorders and functional (non-epileptic) seizures in persons with epilepsy. Australas Psychiatry. 2016 Dec;24(6):526-528. doi: 10.1177/1039856216654395. Epub 2016 Jun 21. PMID: 27329644. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov. journals.sagepub.com