Hammerzehe

Zusammenfassung

  • Definition: Beugekontraktur des Zehenmittelgelenks bei gleichzeitig gestreckter Position des Grund- und Endgelenks.
  • Häufigkeit:Hammerzehen sind die häufigste Fehlstellung der kleinen Zehen.
  • Symptome: Zehe nimmt eine Hammerstellung ein, d. h. das Mittelgelenk steht in der Luft und das Endglied drückt in den Boden.
  • Untersuchung:Flexionsdeformität des Mittelgelenks, evtl. Hyperkeratose über Gelenk und unter Metatarsalköpfchen.
  • Diagnostik:Ergänzende Untersuchungen sind nicht erforderlich.
  • Therapie: Konservative Therapie mit Tapen der Zehe in korrigierter Stellung und Auswahl geeigneten Schuhwerks. Operative Therapie nur bei Versagen der konservativen Therapie.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Hammerzehe: Beugekontraktur des Zehenmittelgelenks bei gleichzeitig gestreckter Position des Grund- und Endgelenks1
    • Mittelgelenk ragt nach oben, Endglied wird wie ein Hammer in den Boden gedrückt.
  • Anatomie
    • Grundgelenk bzw. Metatarsophalangeal(MTP)-Gelenk
      • Verbindung zwischen Mittelfußknochen und proximaler Phalanx der Zehe
    • Mittelgelenk bzw. proximales Interphalangeal(PIP)-Gelenk
      • Verbindung zwischen proximaler Phalanx und mittlerer Phalanx der Zehe
    • Endgelenk bzw. distales Interphalangeal(DIP)-Gelenk
      • Verbindung zwischen mittlerer und distaler Phalanx der Zehe

Häufigkeit

  • Hammerzehen sind die häufigste Fehlstellung der kleinen Zehen.1
  • Die 2. Zehe ist am häufigsten betroffen.
    • Prinzipiell kann jede der kleinen Zehen betroffen sein.
  • Häufig beidseitig
  • Die überwiegende Mehrheit der Betroffenen sind Frauen.

Ätiologie und Pathogenese

  • Chronisches Ungleichgewicht zwischen Flexoren (plantar) und Extensoren (dorsal) der Zehengelenke
  • Risikofaktor: 2. Zehe länger als die Großzehe („griechischer Fuß“)
    • Das Mittelgelenk der 2. Zehe wird im Schuh in Beugung gezwungen.
    • Die Plantaraponeurose wird überdehnt und führt so zur Schwächung der plantar stabilisierenden Kräfte im Zehengrundgelenk.
    • Folge: Überstreckung im Grundgelenk
  • Weiterer Risikofaktor: Tragen hochhackiger Schuhe
    • Hyperextension der Zehengelenke während des Abrollvorgangs beim Gehen2
    • Überdehnung und somit Schwächung der plantaren Strukturen
  • Durch Überstreckung im Grundgelenk subluxieren die kleinen intrinsischen Fußmuskeln von plantar nach dorsal.1
    • Folge: Umkehrung ihrer ursprünglichen Funktion (Beugung Grundgelenk, Streckung Mittelgelenk)
    • Fortan Überstreckung des Grundgelenks und Beugekontraktur im Mittelgelenk
  • Assoziation mit Hallux valgus und Hohlfuß1

Prädisponierende Faktoren

ICPC-2

  • L98 Erworbene Deformität Extremität

ICD-10

  • M20 Erworbene Deformitäten der Finger und Zehen
    • M20.4 Sonstige Hammerzehe(n) (erworben)

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Blickdiagnose: Überstreckung Grundgelenk, Beugekontraktur im Mittelgelenk, Endphalanx wird in Boden gedrückt.
  • Flexible Hammerzehen können passiv ausgestreckt werden.
  • Fixierte Hammerzehen lassen sich nicht strecken.

Differenzialdiagnosen

  • Mallet-Zehe: Beugekontraktur im Endgelenk
  • Krallenzehe: Beugekontraktur im Mittel- und Endgelenk bei gleichzeitiger Hyperextension im Grundgelenk
    • Endphalanx berührt in der Regel nicht den Boden.

Anamnese

  • Beobachtete Fehlstellung der Zehen
  • Häufig Schmerzen über dem Zehenmittelgelenk oder unter dem Metatarsalköpfchen
    • an diesen Stellen durch vermehrte Druckbelastung häufig Hyperkeratose
  • Schmerzprovokation durch enges Schuhwerk und beim Laufen
  • Nicht bei allen Patienten liegen Schmerzen vor.
  • Oft gestaltet es sich schwierig, passende Schuhe zu finden.

Klinische Untersuchung

  • Zehenmittelgelenk in gebeugter Haltung 
    • Fixierte oder flexible Fehlstellung?
  • Grundgelenk und Endgelenk kompensatorisch gestreckt
  • Über dem Zehenmittelgelenk und unter dem Metatarsalköpfchen ist die Haut verhärtet und verdickt (Hyperkeratose).
    • In den entsprechenden Bereichen ist ein Druckschmerz auslösbar.
  • Überprüfung der peripheren Durchblutung und Sensibilität

Indikationen zur Überweisung

  • Bei Versagen der konservativen Therapie zur Evaluation einer chirurgischen Korrektur

Therapie

Therapieziele

  • Symptome bessern.
  • Fehlstellung korrigieren.

Allgemeines zur Therapie

  • Eine operative Therapie ist indiziert, wenn starke Schmerzen bestehen, die sich durch eine konservative Therapie nicht bessern.
  • Aus rein ästhetischen Gründen sollte keine Operation durchgeführt werden.

Empfehlungen für Patienten

  • Flexible Hammerzehe
    • Tapen der Zehe mit Mittelgelenk in Streckstellung
  • Schuhe mit ausreichend Platz für den Vorfuß
  • Aussparung im oberen Schuhbereich für das nach oben ragende Mittelgelenk
  • Individuell angepasstes Fußbett mit Polsterung des Metatarsalköpfchens

Operative Therapie

  • Einzige OP-Indikation: starke, im Alltag einschränkende Schmerzen ohne Besserung durch konservative Therapie1
  • Die Wahl des Operationsverfahrens richtet sich nach Flexibilität und Ausmaß der Fehlstellung.1
  • Bei fixierter Deformität in der Regel knöcherne Resektion im Bereich vom Mittelgelenk zur Verkürzung der Zehs mit Arthrodese4
  • Bei Komorbidität Hallux valgus: Korrektur beider Fehlstellungen nötig1

Weitere Therapien

  • Besteht gleichzeitig ein Spreizfuß, kann eine Einlegesohle mit entsprechender Pelotte ausprobiert werden.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Durch den Druck des Schuhwerks entwickelt sich eine schmerzhafte Hyperkeratose (Hühnerauge) über dem Zehenmittelgelenk.
  • Die Metatarsalköpfchen „bohren“ sich durch das Fettgewebe und liegen in engerem Kontakt zur Haut der Fußsohle.
    • Erhöhter Druck, der ebenfalls zur Hyperkeratose und Schmerzen führt.

Komplikationen

  • Mögliche Komplikationen bei einer Operation
    • Infektionen, verzögerte Wundheilung, Rezidive der Fehlstellung, neurovaskuläre Schäden und Metatarsalgien

Prognose

  • Bei konservativer Therapie häufig Schmerzlinderung, jedoch Fortschreiten der Deformität 1
    • Die Auswahl des richtigen Schuhwerks, ohne Einengung des Fußes, beeinflusst starkt den weiteren Progress.
  • Operative Korrektur führt zu guten Ergebnissen und nur selten zu Rezidiven der Deformität.1

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Hammerzehen-Operation
Hammerzehen-Operation
Hammerzehe nach einer Operation
Hammerzehe nach einer Operation

Quellen

Literatur

  1. Watson A. Hammertoe deformity. Medscape, last updated Nov 01, 2018. emedicine.medscape.com
  2. Coughlin MJ, Thompson FM. The high price of high-fashion footwear. Instr Course Lect 1995; 44: 371-7. PubMed
  3. Badlissi F, Dunn JE, Link CL, Keysor JJ, McKinlay JB, Felson DT. Foot musculoskeletal disorders, pain, and foot-related functional limitation in older persons. J Am Geriatr Soc. 2005 Jun. 53(6):1029-33. www.ncbi.nlm.nih.gov
  4. O'Kane C, Kilmartin T. Review of proximal interphalangeal joint excisional arthroplasty for the correction of second hammer toe deformity in 100 cases. Foot Ankle Int 2005; 26(4): 320-5. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autoren

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Arild Aamodt, overlege/professor, Ortopedisk avdeling, Lovisenberg Sykehus, Oslo
  • Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
  • Carlos Saro Moncloa, med dr, överläkare, Ortopedkliniken, Södertälje sjukhus (Medibas)

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