Zusammenfassung
- Definition:Brustschmerzen durch selbstlimitierende Entzündung der Rippenknorpel im Bereich der Sternokostalgelenke.
- Häufigkeit:Grund für 10–30 % aller Thoraxschmerzen in der Notaufnahme.
- Symptome:Palpationsbedingter und atemabhängiger Brustschmerz.
- Befunde:Druckschmerz über Rippenknorpeln lateral vom Sternum, ohne Schwellung oder Rötung.
- Diagnostik:Ausschluss abwendbar gefährlicher Erkrankungen.
- Therapie: Symptomlinderung durch NSAR.
Allgemeine Informationen
Definition
- Brustschmerzen durch eine selbstlimitierende Entzündung der Rippenknorpel im Bereich der Sternokostalgelenke1
- Cave: häufig Verwechslung mit Tietze-Syndrom!
- Eine Schwellung ist ein differenzialdiagnostisch wichtiger Hinweis – keine Schwellung bei Kostochondritis.2
- Ausschlussdiagnose
Häufigkeit
- Ursache bei 10–30 % aller Patienten in der Notaufnahme mit Thoraxschmerzen3-4
- Frauen zu Männern etwa 2:15
Klinische Anatomie
- Sternokostal-Gelenke
- zwischen den Rippenknorpeln der 2.–7. Rippe und dem Sternum
- Ermöglichen Atemexkursionen.
- Jedes Sternokostal-Gelenk kann betroffen sein.3
Ätiologie und Pathogenese
- Entzündlicher Prozess in den Sternokostalgelenken1
- Wahrscheinlichste Ursache repetitive Mikrotraumata3
- z. B. Husten oder starke körperliche Belastung
- Bei intravenösem Drogenabusus durch Candida verursachte Kostochrondritis möglich6
Prädisponierende Faktoren
- Starker Husten
- Schwere körperliche Belastung, vor allem der oberen Extremität
- z. B. Ruderer oder Schwimmer7-8
- I. v. Drogenabusus2
ICPC-2
- L99 muskuloskelet.Erkrankung, andere
ICD-10
- M94 Sonstige Knorpelkrankheiten
- M94.0 Tietze-Syndrom inkl. Kostochondritis
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Die Diagnose basiert auf der typischen Anamnese, klinischen Befunden und dem Ausschluss anderer Erkrankungen.
Differenzialdiagnosen
- Siehe auch Artikel Nicht kardial bedingte Brustschmerzen
- Tietze-Syndrom
- benigne Schwellung der Rippenknorpel
- Rippenfraktur
- Gleitrippensyndrom
- Schmerzempfindlichkeit und Hypermobilität des ventralen Endes der kaudalen Rippen
- Die Schmerzen werden ausgelöst, wenn die Finger gegen die Innenseite der unteren Rippen gelegt und die Rippen nach vorne gedrückt werden.9
- Therapeutische Maßnahmen sind Ruhe, Physiotherapie, interkostale Nervenblockaden oder bei chronischen und ausgeprägten Beschwerden die chirurgische Entfernung des hypermobilen Knorpelsegments.9
- Fibromyalgie
- symmetrische schmerzhafte Punkte mit charakteristischen schmerzempfindlichen Punkten im Nacken und großflächige allgemeine Schmerzen
- Herpes zoster
- charakteristischer Hautausschlag, Schmerzen jedoch nur in der Prodromalphase
- Primäre Tumoren oder Metastasen
Anamnese
- Scharfe, stechende Thoraxschmerzen, die bei tiefer Einatmung oder körperlicher Anstrengung stärker werden.1
- Vor allem im Bereich des 2.–5. Sternokostalgelenks lokalisiert3
- Im Vorfeld häufig ungewohnte körperliche Anstrengung, z. B. Umzug mit Möbeltragen3
- Trauma in Vorgeschichte sollte an Rippenfraktur denken lassen.1
Klinische Untersuchung
- Die klinische Untersuchung dient dem Ausschluss anderer Ursachen für den Thoraxschmerz.3
- Schmerzen, die bei Palpation der typischerweise betroffenen Gebiete auftreten, deuten auf eine Kostochondritis hin.10
- jedoch Ausschluss anderer Erkrankungen notwendig
- Palpationsabhängige Schmerzen sind untypisch für eine kardiale Ursache, schließen diese allerdings nicht aus.3,11
- Patient tief ein- und ausatmen lassen.
- Schmerzzunahme?
- Armbewegungen auf der betroffenen Seite können häufig Schmerzen auslösen.2
- Sorgfältige Auskultation von Herz und Lunge1
- Untersuchung der Haut auf mögliche Anzeichen für Herpes zoster
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Blutuntersuchungen sind nur für den Ausschluss anderer Erkrankungen relevant.3
- Normale Vitalparameter (Blutdruck, Puls)12
- EKG
- Ausschluss kardialer Ursachen11
Diagnostik beim Spezialisten
- Röntgen Thorax
Indikationen zur Überweisung
- Es handelt sich um eine selbstlimitierende, benigne Erkrankung, die in der Hausarztpraxis behandelt werden kann.
Therapie
Therapieziele
- Schmerzlinderung und schnelle Rückkehr zur gewohnten Aktivität
Allgemeines zur Therapie
- Supportive Therapie bei in der Regel selbstlimitierender Erkrankung
Medikamentöse Therapie
- NSAR Therapie der Wahl1
- Cave: Kontraindikationen für NSAR beachten!
- Bei ausgeprägtem Husten ggf. Antitussiva10
Weitere Therapien
- Physiotherapie bei refraktären Verläufen13
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf und Prognose
- Individuell stark unterschiedlicher Verlauf, jedoch in der Regel Spontanremission innerhalb 1 Jahres13
- Nach 1 Jahr haben etwa 2/3 der Patienten keine nachweisbare Kostochronditis mehr.5
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patienten informieren?
- Es handelt sich um eine gutartige Erkrankung, die in den meisten Fällen selbstlimitierend verläuft.
- Aktivitäten, die Schmerzen auslösen, sollten vermieden werden.
Patienteninformationen in Deximed
Literatur
Quellen
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- Proulx AM, Zryd TW. Costochondritis: diagnosis and treatment. Am Fam Physician 2009; 80: 617-20. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Flowers LK. Costochondritis. Medscape, last updated Feb 19, 2020. emedicine.medscape.com
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- Spalding L, Reay E, Kelly C. Cause and outcome of atypical chest pain in patients admitted to hospital. J R Soc Med 2003; 96: 122-5. PubMed
Autoren
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, redaktør NEL