Zusammenfassung
- Definition: Verdickung einer Beugesehne des Fingers mit Bewegungseinschränkung.
- Häufigkeit: Relativ häufig, vor allem ist der Ringfinger bei Frauen in der 5. und 6. Lebensdekade betroffen.
- Symptome:Bei Beugung kann die Sehne unter dem Ringband des Fingers einklemmen.
- Befunde: Fixierung des Fingers in Beugestellung im Fingergrundgelenk, passive Extension möglich.
- Diagnostik:Klinische Diagnose, keine weitere Diagnostik nötig.
- Therapie: Steroid-Injektionen werden als Mittel der 1. Wahl empfohlen. Die operative Therapie kommt als Zweitlinientherapie zum Einsatz.
Allgemeine Informationen
Definition
- Synonyme
- Digitus saltans
- Springfinger, Schnappfinger
- Tendovaginitis/Tendovaginosis stenosans
- Tendovaginitis mit Schwellung der Beugesehne am Finger oder Daumen1
- Einklemmen der verdickten Sehne unter dem ersten Ringband des Fingers bei starker Flexion2
Häufigkeit
- Relativ häufig
- Frauen sind 2- bis 6-mal häufiger betroffen als Männer.3
- Ringfinger > Daumen > Mittelfinger4
- Altersgipfel 55–60 Jahre3
Ursache und Entwicklung
- Ursache unbekannt, spontanes Auftreten
- Morphologische Veränderungen der Beugesehne mit Knötchenbildung3
- Hypothesen
- Überbelastung der Flexoren
- Schreibtischtätigkeit, Klavierspielen, Handwerker
- Umbauprozesse der Sehne durch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder rheumatoide Arthritis5
- Überbelastung der Flexoren
Pathophysiologie
- Physiologisch6
- am Finger 5 Ringbänder von proximal nach distal als Halteapparat der Beugesehne
- Gleiten der Beugesehne unter den Ringbändern der Finger
- Pathologisch3
- Knötchenbildung an der Beugesehne zwischen Mittelhandknochen und prox. Phalanx
- an dem distalen Mittelhandknochen 1. Ringband A1 (Lig. anulare 1)
- Die Flexoren sind stark genug, um die Blockade zu überwinden.
- Knötchen proximal von A1
- Schwächer ausgeprägte Extensoren können das Hindernis nicht überwinden.
- Verbleiben des Fingers in Beugestellung im Fingergrundgelenk
Prädisponierende Faktoren
- Vorerkrankungen7
- Diabetes mellitus
- Gicht
- Niereninsuffizienz
- rheumatoide Arthritis
- Lebererkrankungen
- PAVK
- Assoziiert mit anderen lokalen Erkrankungen der Hand:8
- Das Risiko für einen schnellenden Finger nach einer Karpaltunnel-Operation ist 3,6 fach erhöht.9
ICPC-2
- L87 Bursitis/Tendinitis/Synovitis NOS
ICD-10
- M65.3 Schnellender Finger (Tendopathia nodosa)
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Typische Anamnese
Anamnese
- Die Patienten schildern, dass der Finger in flektierter Stellung blockiert.
- Die Patienten können den Widerstand häufig passiv überwinden.
- Streckung des Fingers ist mit der anderen Hand möglich.
- Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, rheumatoide Arthritis oder Gicht
- Beugung mit Gleiten des Knotens unter das Ringband kann ein schmerzhaftes Knacken verursachen.
Klinische Untersuchung
- Schwellung der palmarseitigen Sehnenscheide, am häufigsten am 3. oder 4. Finger
- Palpabler Knoten in der proximalen Beugesehne des Fingers
- Druckschmerz über dem Ringband A1 am distalen Mittelhandknochen
- Blockierung des Fingers bei starker Beugung im Fingergrundgelenk
- passive Extension möglich
Weitere Untersuchungen
- Der Einsatz bildgebender Verfahren ist in der Regel nicht nötig.
- Laborchemische Untersuchungen bei Verdacht auf begleitende Stoffwechselerkrankung
Überweisung
- Bei fehlendem Ansprechen auf konservative Therapie.
Therapie
Therapieziel
- Die Funktion verbessern.
Allgemeines zur Therapie
- Therapieoptionen sind abhängig von der Dauer und Schwere der Erkrankung.
- Bei sehr milden Symptomen Orthesenversorung10
- Bei ausgeprägter Symptomatik sind Steroid-Injektionen das Mittel der 1. Wahl.11
- Nach 2 oder mehr wirkungslosen Injektionen operative Therapie erwägen.3
- Operative Therapie, falls die Wirkung der Injektionstherapie ausbleibt.12-13
Konservative Therapie
Orthesenversorgung 10
- Ist bei weniger als 3 Monate Beschwerden und sehr milder Symptomatik indiziert.
- Orthese mit 0 Grad im Fingergrundgelenk für 3–6 Wochen
- Eine ständige Reizung zwischen verdickter Sehne und Ringband verhindern.
Medikamentöse Therapie
Steroid-Injektion
- Sowohl in Bezug auf die Mobilität als auch auf die Symptome wirksam14-15
- Beispielhafte Durchführung der Steroid-Injektion16
- 0,6–2 ml Mischung aus Betamethason (lang wirksames Glukokortikoidpräparat, alternativ z. B. Triamcinolon) und Xylocain 1 % zu gleichen Teilen
- Injektionsstelle
- auf der palmaren Mittellinie des Strahls
- leicht distal zur Beugefurche des MCP-Gelenks
- Cave: Linie 3 in der Abbildung!
- Patient beugt und streckt den Finger, während die Kanüle vorsichtig vorgeschoben wird.
- korrekte Position in der Sehnenscheide
- „Kratzen“ zwischen der Nadel und der sich bewegenden Beugesehne
- Bei der Injektion der Flüssigkeit verspüren die Patienten häufig ein Spannungsgefühl im betroffenen Finger.
- Wirkung
- Wiederholung
- 4–6 Wochen nach der 1. Injektion bei ausbleibender Wirkung
- Komplikationen
- allergische Reaktion
- Atrophie oder Hypopigmentierung der Haut
- Infektion
Alternativen
- Orale oder andere topische Medikamente ohne Effekt3
Operative Therapie
Spaltung des Ringbands A1
- Indikation
- frustrane Therapie mit Kortison-Infiltrationen (max. 3 Infiltrationen sinnvoll)10
- Durchführung10
- offene OP in Lokalanästhesie
- Darstellung des Ringbands A1 mit anschließender Spaltung
- Postoperatives Prozedere20
- Aktive Fingerbewegung sofort beginnen.
- Narbenkontrakturen verhindern.
- Hochlagern und NSAR für 2–3 Tage
- Fadenzug am 10. postoperativen Tag
- Aktive Fingerbewegung sofort beginnen.
- Wirkung
- in einer Studie mit 234 Patienten nach durchschnittlich 14,3 Jahren keine Beschwerden 21
- keine schweren Nebenwirkungen, keine Rezidive
Perkutanes Release
- Indikation
- Alternative zur offenen Spaltung
- nur für Ring-, Mittel- und Zeigefinger empfohlen22
- Daumen und kleiner Finger sollten offen operiert werden.
- Durchführung
- Lokalänasthesie
- Aufsuchen des Ringbands anhand anatomischer Landmarken
- Durchtrennung von A1 mit Kanüle durch die Haut
- Wirkung
Physiotherapie
- Es existieren keine Hinweise für den Erfolg von Physiotherapie.3
Bei Kindern
- Fast immer ist der Daumen betroffen.24
- Kommt deutlich seltener vor als bei Erwachsenen.24
- Eine operative Therapie ist indiziert, weil sonst hohe Gefahr einer Kontraktur im PIP-Gelenk besteht.3
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Prognose
- Insgesamt sehr gut3
- Nach 1–2 Steroid-Injektionen
- Nach 1 Jahr sind 44–93 % der Patienten beschwerdefrei.18-19
- Operativ
- exzellente Resultate, auch nach > 10 Jahren keine Rezidive21
Verlaufskontrolle
- Nach der Steroid-Injektion
- Zur Beurteilung der Ergebnisse und Evaluation einer möglichen 2. Infiltration sollte nach 4–6 Wochen eine Verlaufskontrolle durchgeführt werden.10
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Literatur
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Autoren
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt a. M.
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
- Eivind Witzøe, spesialist i ortopedi, overlege Ortopedisk avdeling, Regionsykehuset i Trondheim