Morphin in der Palliativmedizin

Morphin kommt in der palliativen Behandlung von Krebspatienten zum Einsatz.

Sollte die Morphindosis gegen Ende ausgeschlichen werden?

Nein. Auch wenn die Kraft der Patienten am Ende des Lebens nachlässt, kann ein Ausschleichen der Dosis nicht als sinnvoll erachtet werden. Bei Reduzierung einer zuvor individuell angepassten Morphindosis, besteht die Gefahr, dass die Patienten Schmerzen, Angst und Beschwerden leiden, die einem friedlichen und würdigen Tod entgegenstehen. Eine wirksame Schmerzlinderung für Sterbende ist ein Menschenrecht.

Welche anderen medikamentösen Behandlungsformen sind im Endstadium möglich?

Sinnlose Versuche einer lebensverlängernden Behandlung sollten unterlassen werden, wenn der Sterbeprozess begonnen hat. Ärzte und Pflegekräfte müssen darauf achten, dass in der Endphase zweckmäßige medikamentöse und ethische Maßnahmen zum Einsatz kommen. Dies gilt nicht zuletzt für die Anwendung von Morphin und anderen lebenswichtigen Medikamenten in den letzten Tagen und Stunden des Lebens. Gelegentlich wurde nämlich diskutiert, ob eine Behandlung zur Linderung von Schmerzen und Angst während des Sterbeprozesses den Eintritt des Todes beschleunigen könnte. Hier ist es wichtig, dass das Therapieziel im Vorfeld festgelegt wurde. Eine Palliativbehandlung verfolgt laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stets das Ziel zu lindern, und nicht, den Todeszeitpunkt zu beschleunigen oder hinauszuzögern. Dass sie mit einem Doppeleffekt verbunden ist, wird heute von Pflegepersonal und Pflegeeinrichtungen, die mit den Bedürfnissen Sterbender vertraut sind, allgemein akzeptiert. Dieser Doppeleffekt bewirkt neben einer wirksamen Schmerzlinderung, dass manche Sterbende einige Stunden früher ableben, als dies der Fall ohne Schmerzlinderung gewesen wäre. Jedoch gilt eine Lebensverlängerung um einige Stunden als ethisch nicht vertretbar, wenn diese Verlängerung der Lebensdauer mit starken Schmerzen verbunden ist. Außerdem wissen wir heute, dass Schmerz töten kann, d. h. auch unbehandelte Schmerzen können den Todeszeitpunkt bei einigen Patienten beschleunigen.

Auch zwecklose Sondenernährung, intravenöse Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr, Behandlung mit Antibiotika und anderen Medikamenten, wirkungslose Operationen und so weiter sind bei Menschen, die im Sterben liegen, zu vermeiden.

Wie bereits früher im Krankheitsverlauf, muss auch in dieser Phase alles, was im Rahmen der Behandlung entschieden und verordnet wird, schriftlich dokumentiert werden. Wenn besonders schwierige Entscheidungen zu treffen sind, ist es von umso größerer Bedeutung, dass sich die Hauptverantwortlichen mit Kollegen und anderen Mitgliedern des Teams besprechen, um sicherzustellen, dass die Entscheidung von allen mitgetragen wird.

Darüber hinaus müssen die für die medikamentöse Behandlung Verantwortlichen den Patienten und dessen Angehörigen kontinuierlich über die zu treffenden Entscheidungen auf dem Laufenden halten. Sie sollten sie stets in die Diskussion einbeziehen, wenn ein wichtiger Beschluss im Hinblick auf die weitere Therapie zu fassen ist. Dies bedeutet nicht, dass Verantwortung und Entscheidungen den Patienten und ihren Angehörigen überlassen werden sollten. Man sollte ihnen jedoch Hintergrundwissen vermitteln, damit sie Entscheidungen nachvollziehen und sich einen unabhängigen Standpunkt bilden können, der im Einklang mit dem von den medizinischen Fachleuten vertretenen Standpunkt steht.

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  • Philipp Ollenschläger, Medizinjournalist, Köln

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Schmerztherapie, palliative. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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