Proteinurie (Eiweiß im Urin)

Eine erhöhte Eiweißmenge im Urin (Proteinurie) fällt häufig im Rahmen von Urinuntersuchungen auf. Kurzfristig kann sie harmlos sein. Besteht sie dauerhaft, weist sie auf eine Schädigung der Nieren hin.

Was ist eine Proteinurie?

Nieren – Nebennieren – Harnblase – Harnwege
  • Die Nieren reinigen das Blut von Abbauprodukten und regulieren den Wasser- und Salzhaushalt im Körper.
    • Bei hoher Flüssigkeitszufuhr erhöht sich auch die Flüssigkeitsausscheidung über die Nieren.
    • Bei geringer Flüssigkeitszufuhr oder großem Flüssigkeitsverlust, beispielsweise durch Schwitzen, verringern die Nieren die Flüssigkeitsausscheidung.
  • Von den Nieren aus wird der Urin in die Harnwege weitergeleitet, durch das Nierenbecken, den Harnleiter und die Harnblase bis hin zur Harnröhre, an deren Ende er ausgeschieden wird.
  • Der Kreatininwert im Blut gibt recht zuverlässig Aufschluss über die Nierenfunktion.
  • Unter einer Proteinurie versteht man die erhöhte Ausscheidung von Protein (Eiweiß) im Urin (mehr als 150 mg täglich). Gemessen wird üblicherweise das Verhältnis von Albumin, dem wichtigsten Protein im Urin bei den meisten Nierenerkrankungen, zu Kreatinin. Hier liegt die Grenze bei 30 mg/g.

Was kann die Ursache sein?

  • Mögliche Ursachen sind eine beeinträchtigte Funktion der Nieren und Irritationen der Harnwege.
  • Eine vorübergehende leichte Proteinurie kann harmlos sein und auftreten bei:
    • körperlicher Aktivität
    • Harnwegsinfekten.
  • Besteht die Proteinurie dauerhaft, weist dies auf eine Schädigung der Nieren hin, und die Ursache sollte ermittelt werden.

Häufige Ursachen

  • Harnwegsinfekte (bei Frauen, bei Männern)
    • Zu den typischen Symptomen zählt Brennen beim Wasserlassen sowie häufiger Harndrang.
    • Eine Proteinurie ist keine notwendige Begleiterscheinung von Harnwegsinfekten.
  • Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis)
    • Eine Proteinurie kann vorkommen, stellt aber keine notwendige Begleiterscheinung einer Nierenbeckenentzündung dar.
    • Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl sowie Schmerzempfindlichkeit in der Nierengegend sind häufige Symptome.
    • Viele Betroffene klagen über Symptome eines Harnwegsinfektes wie Brennen beim Wasserlassen.
  • Schwangerschaft
    • Eine Proteinurie in der ersten Hälfte der Schwangerschaft kann ein Anzeichen für eine vorbestehende Erkrankung der Nieren oder Harnwege sein.
    • Eine Proteinurie in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft kann auf eine Präeklampsie hinweisen und erfordert eine Abklärung.
  • Arterielle Hypertonie
    • Ein erhöhter Blutdruck kann oft auch mit einer Proteinurie einhergehen.
  • Diabetes mellitus (Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes)
  • Chronische Nierenkrankheit
    • Krankheitsanzeichen sind Müdigkeit, Juckreiz, rastlose Beine, Kurzatmigkeit und Knochenschmerzen.
    • Die häufigsten Ursachen sind langjährig unzureichend behandelter Bluthochdruck und Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2, chronische Nierenentzündungen und vererbte Nierenerkrankungen.
  • Orthostatische Proteinurie
    • Es handelt sich um eine lageabhängige Proteinurie, die bei ansonsten gesunden Menschen vor allem unter 30 Jahren auftritt.
    • Die Proteinurie tritt v. a. tagsüber auf; nachts im Liegen kommt es zu keiner oder lediglich minimalen Proteinausscheidung.
    • Die Proteinausscheidung ist unbedenklich, und es sind keine weiteren Untersuchungen erforderlich.

Seltene Ursachen

  • Chronische Nierenentzündung (Glomerulonephritis)
    • Die Proteinurie gehört zu den typischen Befunden einer chronischen Nierenentzündung.
    • Eine Glomerulonephritis kann als Folge anderer Krankheiten oder auch ohne erkennbare Ursache auftreten.
  • Multiples Myelom
    • Das multiple Myelom, auch Plasmozytom genannt, ist eine Krebserkrankung des blutbildenden Systems.
    • Klassische Symptome sind Blässe und Leistungsschwäche durch Blutarmut, Knochenschmerzen und Infektionen.
    • Begleitend tritt häufig ein Nierenversagen auf.
  • Blutkrebs (Leukämie)

Wann sollten Sie ärztliche Hilfe suchen?

  • Wenn Sie unter starken Beschwerden wie Schmerzen im Unterleib, Fieber, fehlender Harnausscheidung, Wassereinlagerungen in den Beinen oder starkem Unwohlsein leiden, sollten Sie ärztliche Hilfe suchen.

Untersuchungen

  • Im ärztlichen Gespräch werden eine mögliche Schwangerschaft, bestehende Vorerkrankungen oder derzeitige Symptome wie schaumiger Urin abgefragt.
  • Körpertemperatur und Blutdruck werden gemessen, und es wird untersucht, ob Anzeichen für eine erhöhte Flüssigkeitsmenge im Körper vorliegen und die Beine geschwollen sind (Ödeme). Blut wird ebenfalls abgenommen und untersucht.
  • Besonders wichtig ist eine Untersuchung des Urins zur Bestimmung des Verhältnisses von Albumin zu Kreatinin.
  • Bei einem zu hohen Proteinwert werden Sie an Spezialist*innen überwiesen, um eine Gewebeprobe aus den Nieren zu entnehmen.
  • Die Nieren werden mithilfe einer Ultraschalluntersuchung auf Schäden kontrolliert.

Behandlung

  • Behandlungsbasis ist die Therapie der Grunderkrankung, z. B. Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie oder Glomerulonephritis.
  • Da die Proteinurie mit niedrigerem Blutdruck sinkt, sollte ein erhöhter Blutdruck medikamentös auf < 130/80 mmHg gesenkt werden. Auch bei Patient*innen mit Diabetes mellitus kann die normalerweise allmählich zunehmende Proteinurie dadurch verlangsamt werden.
  • Der erhöhte Proteinwert selbst kann durch Medikamente gesenkt werden.
  • Ob eine Reduktion der Eiweißaufnahme über die Nahrung den Fortschritt einer chronischen Nierenerkrankung verzögert, ist derzeit noch unklar.
  • Je nach körperlicher Verfassung und Erkrankungsfortschritt sollten bei allen Patient*innen mit chronischer Nierenkrankheit mindestens 1x/Jahr Verlaufskontrollen durchgeführt werden.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
  • Dietrich August, Arzt, Freiburg im Breisgau

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Proteinurie. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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