Benigne Prostatahyperplasie (gutartige Prostatavergrößerung)

Eine gutartige Zunahme des Gewebes in der Prostata wird medizinisch als benigne Prostatahyperplasie (BPH) bezeichnet. Im Laufe der Zeit kann die Zunahme der Prostata bei manchen Patienten zu einer Harnabflussstörung führen.

 

Was ist eine gutartige Prostatavergrößerung?

Untere Harnwege mit Prostata
Untere Harnwege mit Prostata

Definition

Eine gutartige Zunahme des Gewebes in der Prostata wird medizinisch als benigne Prostatahyperplasie (BPH) bezeichnet. Im Laufe der Zeit kann die Größenzunahme der Prostata bei manchen Patienten zu einer Harnabflussstörung führen. Dies liegt daran, dass die Harnröhre durch die Prostata hindurch verläuft und eingeengt wird.

Symptome

Typische Symptome sind Schwierigkeiten zu Beginn des Wasserlassens sowie ein schwacher Harnstrahl und ein häufiges Wasserlassen in kleinen Mengen. Nicht selten besteht nach dem Toilettengang immer noch ein Harndrang, und Urin kann noch ungewollt nachtropfen. Auch in der Nacht können die Betroffenen einen Harndrang verspüren. Zusammengefasst spricht man dann von Symptomen des unteren Harntrakts (engl. Lower Urinary Tract Symptoms, LUTS). Durch die Abflussstörungen verbleibt Resturin in der Blase, was zu Harnwegsinfekten führen kann mit brennenden Schmerzen beim Wasserlassen. Kann sich die Blase gar nicht mehr entleeren kommt es zu starken Unterbauchschmerzen.

Ursachen

Die Harnröhre verläuft von der Blase durch die Prostata, in den Penisschaft und mündet an der Spitze des Penis. Wenn die Prostata sich zunehmend vergrößert, wird die Harnröhre zusammengedrückt, was zu einer Harnabflussstörung und den o. g. Blasenentleerungssymptomen führt. Die unvollständige Entleerung führt zu Restharn in der Blase und damit zu einer Blasenreizung. Dies wiederum führt zu vermehrtem Harndrang. Weshalb es zu einer Vergrößerung der Prostata kommt, ist bis heute noch nicht genau geklärt. Man geht davon aus, dass es durch Veränderungen der Geschlechtshormone im Alter (vor allem Testosteron) zu einem Wachstum der Prostata kommt.

Häufigkeit

Eine BPH ist eine häufige Erkrankung des Mannes in höherem Alter. Zwischen 70–80 % aller Männer über 60 Jahren sind betroffen. Jeder zweite Mann mit 50 Jahren hat eine BPH und jeder 10. Mann mit 40 Jahren. Eine BPH heißt aber nicht, dass man auch Beschwerden hat. Von den über 70-Jährigen berichten etwa 40 % von Beschwerden. Eine Therapie aufgrund der Symptome braucht nur jeder 4. Betroffene.

Untersuchungen

Untersuchung der Prostata
Untersuchung der Prostata

Die Ärztin/der Arzt wird Ihnen einige Fragen zu Ihren Beschwerden stellen und untersucht die Prostata. Der Grad der Beschwerden kann festgelegt werden, indem der Patient Fragen beantwortet, die nach einem Punktesystem, dem International Prostate Symptom Score (IPSS), bewertet werden.

Bei der ärztlichen Untersuchung kann die Prostata mit einem Finger im Enddarm ertastet werden. Auf diese Weise können u. U. Anhaltspunkte dafür gewonnen werden, ob eine gutartige Prostatavergrößerung vorliegt oder weitere Untersuchungen notwendig sind, z. B. um Prostatakrebs auszuschließen. Bei einer vollen Harnblase lässt sich die Blase im unteren Bauchraum ertasten.

Ferner werden Urin- und Blutuntersuchungen durchgeführt. Manchmal können bei BPH auch andere Untersuchungen notwendig werden, wie z. B. ein Ultraschall. Mit dieser Bildgebung können die Nieren, Blase und Prostata dargestellt werden und entsprechend Rückschlüsse auf die Größe der Prostata, den Resturin in der Blase und möglicherweise ein Aufstau des Urins in die Nieren gezogen werden.

Überweisung zu Spezialist*innen

Eine Überweisung zur urologischen Praxis ist nur in bestimmten Fällen notwendig, wenn die Symptome besonders ausgeprägt sind oder weitere Abklärungen erfolgen sollen. Die Urolog*innen können dann eventuell verschiedene Untersuchungen durchführen, z. B.:

  • Transrektale Sonografie: Ein Ultraschall, wobei die Sonde durch den Enddarm eingeführt wird. Dies kann zu einer genauen Messung der Prostatagröße notwendig sein oder um eine Gewebeprobe (Biopsie) durchzuführen.
  • Biopsie: Eine Gewebeprobe aus der Prostata, um in unklaren Fällen ein Prostatakarzinom auszuschließen. Dazu wird meist mittels einer transrektalen Sonografie unter lokaler Betäubung eine Nadel wenige Millimeter weit in die Drüse geführt. Die Gewebeproben werden später unter dem Mikroskop untersucht, um die Zellverbände zu beurteilen, aus denen die Prostata besteht.
  • Zystoskopie: Bei dieser Untersuchung wird unter lokaler Betäubung ein spezielles Untersuchungsgerät durch die Harnröhre in die Blase eingeführt. So können krankhafte Veränderungen im Harnleiter und der Blase erkannt werden.
  • CT-Urografie: Eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel, um die ableitenden Harnwege darstellen zu können.

Behandlung

Die Behandlung zielt darauf ab, Beschwerden zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und Komplikationen vorzubeugen.

Wenn bei Ihnen kein hoher Leidensdruck besteht und keine Komplikationen aufgetreten sind, wie häufige Harnwegsinfekte oder ein Harnverhalt, dann kann auf eine medikamentöse oder operative Therapie vorerst verzichtet werden und der Verlauf beobachtet werden.

Medikamentöse Therapie

Wenn Sie Beschwerden aufgrund einer BPH haben, gibt es Medikamente, die die Prostata verkleinern können oder zu einer Entspannung der Blasen- und Prostatamuskulatur führen. Dazu zählen die sog. Alphablocker sowie Finasterid/Dutasterid. Dadurch kommt es in vielen Fällen bereits zu einer Linderung der Beschwerden, sodass kein operativer Eingriff notwendig ist.

Alphablocker bewirken eine Entspannung der Muskulatur in der Blase und in der Prostata, sodass der Urin leichter abfließen kann. Einen Effekt kann man bereits nach 1 Woche sehen. Das Medikament beeinflusst allerdings nicht die Größe der Prostata. Wie bei jedem Medikament können auch Nebenwirkungen auftreten. Bei Alphablockern wurde vor allem Schwindel, Müdigkeit, Kopfschmerzen und niedriger Blutdruck beschrieben. 

Finasterid oder Dutasterid verkleinern die Prostata. Dabei kann in einem Zeitraum von 6-12 Monaten die Prostatagröße um durchschnittlich 20–30 % verringert werden. Mit dieser Behandlung vermindert sich das Risiko, dass das Wasserlassen ganz ausbleibt (Harnverhalt). Unter Umständen kann damit eine sonst notwendige Operation vermieden werden.

Wenn eine medikamentöse Therapie nicht zum Erfolg führt, kann nach sorgfältiger Abwägung evtl. auch eine spezielle Behandlung der Harnblasenwand mit Botulinumtoxin („Botox") infrage kommen.

Operative Therapie

Eine Operation ist notwendig, wenn Sie unter häufigen Harnwegsinfektionen leiden, es wiederholt zum Harnverhalt gekommen ist oder die Nierenfunktion aufgrund der BPH sich verschlechtert hat. Dabei gibt es heutzutage viele unterschiedliche Verfahren, die letztendlich alle die Verkleinerung der Prostatagröße bezwecken.

Eine häufige Methode ist die sog. transurethrale Prostataresektion (TUR-P), bei der die Operateur*innen ein dünnes, biegsames Rohr in die Harnröhre einführen und Teile der Prostata, die den Abfluss behindern, entfernen. Es können auch andere Techniken wie Mikrowellen (TUMT), Laser, Ultraschall und Hitze je nach individueller Situation ebenfalls eingesetzt werden.

Was können Sie selbst tun?

Sollten Sie unter nächtlichem Harndrang leiden, empfiehlt es sich am Abend keine großen Mengen Flüssigkeit mehr zu trinken. Insgesamt wird bei häufigem Harndrang empfohlen, die Trinkmenge auf 1.500 ml Flüssigkeit pro 24 Stunden zu beschränken. Beim Wasserlassen sollten Sie sich stets Zeit nehmen. Selbst wenn Sie das Gefühl haben, dass die Blase nach dem ersten Wasserlassen sich entleert hat, sollten Sie warten und nochmals versuchen zu urinieren. Um ein Nachträufeln des Urins zu vermeiden, empfiehlt es sich die Harnröhre durch Druck entlang des Penisschaftes „auszustreichen“. Kaffee und Alkohol haben einen wassertreibenden Effekt und sollten daher im Konsum eingeschränkt werden. Wenn Sie wassertreibende Tabletten einnehmen, sollten diese nicht mehr am Abend eingenommen werden, um den nächtlichen Harndrang zu verringern.

Prognose

Die BPH entwickelt sich langsam, dennoch können die Beschwerden die Lebensqualität deutlich einschränken. Bei der Hälfte der Betroffenen schreitet die BPH voran mit Zunahme der Beschwerden. Bei 30 % kommt es zu keiner Verschlechterung im Laufe der Zeit, und 20 % der Männer mit BPH erleben sogar eine spontane Besserung.

Etwa 15–25 % der über 75-Jährigen werden wegen einer BPH operiert.

Die BPH an sich ist keine lebensbedrohliche Krankheit. Es können jedoch gelegentlich Komplikationen wie Blasensteine, Harnwegsinfektionen und Harnstauungsniere mit Nierenfunktionsstörungen auftreten. Das Risiko für Prostatakrebs ist bei Männern mit einer gutartig vergrößerten Prostata nicht erhöht.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Natalie Anasiewicz, Dr. med., Ärztin, Davos
  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Benigne Prostatahyperplasie (BPH). Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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