Penisverletzungen

Zusammenfassung

  • Definition:Penisverletzungen werden in penetrierende und stumpfe Verletzungen aufgrund verschiedener Traumen oder äußerer Schädigungen eingeteilt.
  • Häufigkeit:Penisverletzungen sind relativ selten zu beobachten, am häufigsten kommen Frakturen des Penisschaftes vor.
  • Symptome:Die Symptome variieren je nach Ausmaß und Ursache der Verletzung.
  • Befunde:Es kann sich um isolierte Verletzungen des Penis handeln, aber auch innerhalb anderer und umfassenderer Verletzungen.
  • Diagnose:Bildgebende Untersuchungsverfahren können je nach Verletzungsart erforderlich werden.
  • Behandlung:Für einen Großteil der Verletzungen sind Operationen notwendig.

Allgemeine Informationen

Definition

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Verletzungen werden in penetrierende und stumpfe Verletzungen eingeteilt.1

Penetrierende Verletzungen

  • In der neuesten amerikanischen Literatur unterscheidet man zwischen militärischen und zivilen Verletzungen.
  • Militärische Verletzungen:
    • Ein zusammenfassender Artikel zeigt, dass 71 % der penetrierenden militärischen Verletzungen von urogenitalen Organen aus Verletzungen der äußeren Geschlechtsorgane bestehen.2
    • Ca. 50 % der verletzten Hoden ließen sich retten. Bei 46 % der verletzten Penisse waren Rekonstruktionen der tiefen penilen Strukturen notwendig, also nicht nur oberflächliche Debridements oder Reparaturen.
  • Zivile Verletzungen:
    • Eine Studie über Schusswunden bei urogenitalen Organen zeigte bei 21 % der Fälle Verletzungen am Skrotum, bei 12 % an den Hoden und bei 8 % am Penis.3 Die überwiegende Mehrheit dieser Patienten hatten außerdem wesentliche Verletzungen anderer Organe.
    • Zivile Verletzungen waren weniger umfassend als die militärischen, wahrscheinlich aufgrund der Verwendung von Waffen mit niedrigerer Geschwindigkeit.4

Stumpfe Verletzungen

  • Am häufigsten ist die Penisruptur. Eine akute chirurgische Behandlung wird empfohlen.5-7
  • Ein Trauma des unteren Abdomens mit einer Beckenfraktur kann zu einer Schädigung der Urethra führen.8-9
  • Während des Geschlechtsverkehrs kann ein kurzes Frenulum reißen.
  • Durch eine unkorrekte Positionierung des Ballons bei einer Blasenkatheterisierung kann die Urethra verletzt werden. Das kann auch bei Kindern vorkommen.10
  • Bei längerem Radfahren kann der Druck auf das Perineum eine penile erektile Dysfunktion verursachen.11
  • Es gibt Berichte (Kasuistik oder kleine Serien) von selbst beigefügten Abschnürungen oder Abbindungen des Penis mit unterschiedlichen Hilfsmitteln. Wenn die Kompression nicht rechtzeitig wieder entfernt wird, kann eine Nekrose des Penis eintreten.12
  • Die Einführung von Fremdkörpern - absichtlich, zufällig oder iatrogen - kann zu Verletzungen von Penis und Urethra führen. Die schwersten Verletzungen sind bei Patienten zu beobachten, die selbst versucht haben, die Fremdkörper zu entfernen.13

ICPC-2

  • Y80 Verletzung männliches Genitale

ICD-10

  • S30 Oberflächliche Verletzung des Abdomens, der Lumbosakralgegend und des Beckens
    • S30.2 Prellung der äußeren Genitalorgane
  • T19 Fremdkörper im Urogenitaltrakt
    • T19.0 Fremdkörper in der Harnröhre

Diagnostik

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Abhängig von der Ätiologie
  • Schmerzen und Beschwerden am Penis oder an der Harnröhre

Indikationen zur Überweisung

  • Bei Verdacht auf größere Verletzungen
  • Wenn Blut aus der Harnröhrenöffnung austritt, ist von einer Urethraverletzung auszugehen. Der Patient ist zur urologischen Poliklinik zu überweisen bzw. ins Krankenhaus einzuweisen.
  • Wenn eine Fraktur der Corpora cavernosa vorliegt, ist der Patient unverzüglich zu operieren.

Therapie

Weitere Therapien

Operative Therapie

  • Abhängig von Ätiologie und Schweregrad (s. Ätiologie und Pathogenese)
  • Bei einem Verdacht auf eine Urethraverletzung darf kein urethraler Blasenkatheter gelegt werden.
  • Falls erforderlich muss die Blase suprapubisch katheterisiert werden.
  • Eine retrospektive Studie über unterschiedliche penetrierende Penisverletzungen (Schusswunden, Messerverletzungen, Bisse) über einen Zeitraum von 30 Jahren kam zu dem Ergebnis, dass Gewebe und Funktion durch ein konservatives Debridement maximal bewahrt werden können. Patienten mit superfizieller Verletzung der Buck-Faszie oder der Dartos-Faszie können ohne eine Operation behandelt werden.14
  • Eine chirurgische Behandlung von schweren penetrierenden Verletzungen des Penis erfordert mehrere Formen von rekonstruktiven Verfahren und sollte deshalb nur von Fachärzten mit langjähriger Erfahrung mit urogenitaler rekonstruktiver Chirurgie ausgeführt werden.15
  • Neuere Publikationen zeigen ein großes Potenzial für "Tissue-Engineering" und Regeneration bei der Behandlung dieser Patienten.16
  • Bei einer penilen Amputation kann amputiertes Gewebe mithilfe von Hypothermie für eine chirurgische Reimplantation bewahrt bleiben. Die Reimplantationsverfahren sind abhängig von der mikrochirurgischen Zusammenfügung der dorsalen Strukturen und der kavernösen Arterien. Die Ergebnisse sind im Großen und Ganzen gut. Wenn kein Amputat zur Verfügung steht, ist die mikrochirurgische plastische Rekonstruktion mit einem freien Hauttransplantat eine Möglichkeit.17
  • Schwere Selbstverstümmelungen kommen bekanntermaßen bei psychisch schwer erkrankten Patienten vor. Die meisten dieser Patienten haben eine psychotische Störung (ca. 75 %), häufig Schizophrenie mit Psychose. Selbstverstümmelungen der Genitalia externa sind zuweilen auch bei psychisch gesunden Patienten zu bobachten. Der Schweregrad der Selbstmutilierungen der Genitalia externa ist bei gesunden wie bei psychotischen Patienten gleich.18-19

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

  • Abhängig von Ätiologie und Schweregrad
  • Eine Urethrastriktur tritt fast immer nach Penisverletzungen auf.

Illustrationen

Männliche Geschlechtsorgane
Männliche Geschlechtsorgane
Längsschnitt Blase und Urethra
Längsschnitt Blase und Urethra

Quellen

Literatur

  1. Shenfeld OZ, Gnessin E. Management of urogenital trauma: state of the art. Curr Opin Urol 2011; 21:449-54. PubMed
  2. Hudak SJ, Hakim S. Operative management of wartime genitourinary injuries at Balad Air Force Theater Hospital, 2005 to 2008. J Urol 2009; 182: 180-3 PubMed
  3. Najibi S et al. Civilian gunshot wounds to the genitourinary tract: Incidence, anatomic distribution, associated injuries, and outcomes. Urology 2010; 76: 977-81. PubMed
  4. Cerwinka WH, Block NL. Civilian gunshot injuries of the penis: the Miami experience. Urology 2009; 73: 877-80. PubMed
  5. Koifman L, et al. Penile fracture: diagnosis, treatment and outcomes of 150 patients. Urology 2010; 76: 1488-92. PubMed
  6. Ibrahiem el-Hi, et al. Penile fracture: long term outcome of immediate surgical intervention. Urology 2010; 75: 108-11. PubMed
  7. Garaffa G, et al. Penile fracture and penile reconstruction. Curr Urol Rep 2011; 12: 427-31. PubMed
  8. Mundy AR, Andrich DE. Urethral trauma. Part I: Introduction, history, anatomy, pathology, assessment and emergency management. BJU Int 2011; 108: 310-27. PubMed
  9. Mundy AR, Andrich DE. Urethral trauma. Part II: Types of injury and their management. BJU Int 2011; 108: 630-50. PubMed
  10. D`Cruz R, et al. Catheter balloon-related urethral trauma in children. J Paediatr Child Health 2009; 45: 564-6. PubMed
  11. Sommer F, et al. Bicycle riding and erectile dysfunction: a review. J Sex Med 2010; 7: 2346-58. PubMed
  12. Silberstein J, et al. Penile constriction devices: case report, review of the literature, and recommendations for extrication. J Sex Med 2008; 5: 1747-57. PubMed
  13. Rieder J, et al. Review of intentionally self-inflicted, accidental and iatrogenic foreign objects in the genitourinary tract. Urol Int 2010; 84: 471-5. PubMed
  14. Phonsombat S, et al. Penetrating external genital trauma: a 30-year single institution experience. J Urol 2008; 180: 192-5. PubMed
  15. Perovic SV, et al. Severe penile injuries: a problem of severity and reconstruction. BJU Int 2009; 104: 676-87. PubMed
  16. Raya-Rivera A, et al. Tissue-engineering autologous urethras for patients who nedd reconstruction: an observational study. Lancet 2011; 377: 1175-82. PubMed
  17. Jezior R, et al. Management of penile amputation injuries. World J Surg 2001; 25: 1602-9. PubMed
  18. Large M, et al. Major self-mutilation in the first episode of psychosis. Schizophr Bull 2009; 35: 1012-21. PubMed
  19. Aboseif S, et al. Genital self-mutilation. J Urol 1993; 150: 1143-6. PubMed

Autoren

  • Steinar J. Karlsen, tidligere klinikksjef og professor dr. med., Oslo Urologiske Universitetsklinikk, Aker universitetssykehus helseforetak og Universitetet i Oslo
  • Svein Z. Bratland, spesialist i allmennmedisin, Sandviken Legesenter, Bergen, og seniorrådgiver i Statens helsetilsyn, Oslo
  • Per Inge Lundmo, overlege Kirurgisk klinikk, Urinveissykdommer, Regionsykehuset i Trondheim og førsteamanuensis Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim

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