Penisruptur

Zusammenfassung

  • Definition:Eine traumatische Ruptur der Tunica albuginea, der die Schwellkörper des Penis umgebenden Bindegewebsschicht
  • Häufigkeit:Eine seltene Erkrankung
  • Symptome:Entsteht beim Geschlechtsverkehr oder bei einer intensiven Masturbation mit einem deutlich hörbaren Knacken, verbunden mit erheblichen Schmerzen.
  • Befunde:Es kommt sehr schnell zu einer deutlichen Schwellung. Bei einer nur einseitigen Verletzung wird der Penis schief.
  • Diagnose:Der Verdacht wird durch klinische Befunde bestärkt und durch eine MRT-Untersuchung bestätigt.
  • Behandlung:Nur eine Operation kann die Anatomie und die Funktion wiederherstellen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Traumatische Ruptur der Tunica albuginea corporis cavernosi Penis1-2
  • Eine schnelle Diagnose und eine schnelle Intervention sind wichtig. Besonders wichtig ist dabei zu bestimmen, inwieweit die Urethra beschädigt ist.

Häufigkeit

  • Penisrupturen sind selten.

Ätiologie und Pathogenese

  • Entsteht im Allgemeinen als Folge einer starken äußerer Krafteinwirkung auf den erigierten Penis, meistens beim Geschlechtsverkehr oder bei starker Manipulation oder Masturbation.3
  • Bei der Erektion des Penis verlängert sich die Tunica albuginea, wobei ihre Dicke von 2 mm auf 0,25-0,5 mm abnimmt. Bei einer plötzlichen Biegung des Penis erhöht sich der intrakorporale Druck, wobei es leicht zu einem Riss kommen kann.4
  • Eine Penisruptur reicht von einem einfachen einseitigen Riss des Corpus cavernosum und einer nur geringen Verletzung bis zum Abriss der Urethra und einer sehr schweren Verletzung.5
  • Gleichzeitig können Verletzungen des Corpus spongiosum und der Vena dorsalis penis auftreten.6
  • Wenn dabei auch die Urethra verletzt wurde, besteht die Gefahr einer sich entwickelnden Urethrastriktur.

Prädisponierende Faktoren

  • Ein prädisponierender Faktor ist möglicherweise eine durch eine frühere periurethrale Infektion geschwächte Tunica albuginea.

ICPC-2

  • Y80 Verletzung männliches Genitale

ICD-10

  • S30.2 Prellung der äußeren Genitalorgane

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose stellt sich nach einer typischen Anamnese und klinischen Befunden.

Differenzialdiagnosen

  • Ruptur der Vena dorsalis penis
    • Hier fehlt das typische hörbare Knacken, stattdessen kommt es zur Bildung von Hämatomen und Ekchymosen.

Anamnese

  • Beschreibung des typischen Verhaltens mit Trauma des erigierten Penis
  • Der Patient hört ein Knacken und fühlt im Allgemeinen heftige akute Schmerzen.
  • Die Erektion lässt nach, stattdessen entsteht umgehend eine durch Hämatome und Ekchymosen verursachte Schwellung.
  • Tritt am häufigsten bei einem Geschlechtsverkehr mit der Frau in der so genannten Reiterstellung auf.4
  • Wenn zusätzlich noch die Urethra verletzt wird (bei ca. 20 % der Fälle), kann Blut aus der Urethraöffnung austreten.

Klinische Untersuchung

  • Bei der Inspektion des Penis sind Schwellungen und zuweilen auch Verfärbungen zu sehen.7
  • Normalerweise kommt es zu einer einseitigen Ruptur der Tunica albuginea.
  • Bei einigen Patienten wird der Penis deutlich schief und zwar zu der Seite, wo die Tunica albuginea unbeschädigt ist.
  • Bilaterale Beschädigungen der Tunica albuginea können auch vorkommen.
  • Aus der Urethra austretendes Blut ist ein Anzeichen dafür, dass diese auch verletzt ist.8
  • Eine klinische Untersuchung allein kann das Ausmaß der Verletzungen nicht bestimmen. Bei einer größeren Penisruptur sind in der Regel auch die Corpora cavernosa betroffen sowie die sie umgebende Gewebsschicht Tunica albuginea.
  • Wenn die Faszie beschädigt ist, laufen Blut und Urin ins Skrotum, Perineum und in den suprapubischen Raum.4,9

Apparative Diagnostik

  • Inwieweit eine mikroskopische Hämaturie auf eine Urethraverletzung hindeutet, ist nicht geklärt.2

Weitere Untersuchungen

  • MRT-Untersuchungen (evtl. auch Ultraschall) können hilfreich sein, wenn die klinische Untersuchung atypische Befunde erbringt, aber auch bei älteren Rupturen der Tunica albuginea.
  • MRT
    • Wird als die am besten geeignete Untersuchung empfohlen.10-11
    • Sie lokalisiert und ermittelt das Ausmaß der Verletzungen. Dies ist entscheidend für eine eventuelle Operation.12
    • Eine MRT-Untersuchung kann anzeigen, inwieweit die Tunica albuginea verletzt ist oder ob ein außerhalb der Tunica liegendes Hämatom vorliegt, das keinen chirurgischen Eingriff verlangt.12
  • Ultraschall
    • Kann einen Riss in der Tunica albuginea lokalisieren, ist leicht verfügbar und nicht-invasiv. Die Untersuchung lässt sich auf die Schwellung und die Schmerzbereiche begrenzen.
  • Urethrografie
    • Eine retrograde Urethrografie ist bei einem Verdacht auf eine Verletzung der Urethra zur Ermittlung dieser Verletzung unbedingt erforderlich.
  • Kavernosografie
    • Damit lassen sich Risse im Corpus cavernosus13 identifizieren. Dabei handelt es sich allerdings um ein invasives Verfahren, das zu einem Priapismus nach der Untersuchung führen kann. Das Verfahren wird heute nicht mehr angewendet.14
  • Chirurgische Exploration
    • Ist der Goldstandard zum Nachweis von vollschichtigen Knorpelschäden an der Urethra in Verbindung mit einer Penisruptur, da die Ruptur am Rand des Corpus spongiosum beginnt.2

Indikationen zur Überweisung

  • Sofortige Krankenhauseinweisung bei dem Verdacht auf eine Penisruptur

Therapie

Therapieziel

  • Die normale Funktion wiederherstellen, die Länge und die erektile Funktion des Penis bewahren15

Allgemein zur Therapie

  • Bei akuten Verletzungen ist eine sofortige Operation zu empfehlen.16-17
  • Eine frühzeitige Behandlung kann entscheidend für die Prognose sein. Sie verringert auch das Komplikationsrisiko.18

Weitere Therapien

Operative Therapie

  • Bei einer Operation wird das Hämatom ausgeräumt und die Ruptur genäht.
  • Der Penis ist von einer sehr vaskulären Struktur und blutet kräftig nach einem Trauma. Eine dadurch blinde Exploration ist technisch schwierig und sehr traumatisch.
    • Vor der Operation ist deshalb unbedingt eine MRT-Untersuchung anzusetzen.
  • Auch eine Operation erst nach einigen Tagen (< 7 Tage) kann offenbar ausgezeichnete Ergebnisse erzielen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

  • Urethraverletzung
  • Hämatominfektion, Urethrastriktur, Fistelbildung14
  • Reduzierte Penislänge, dauerhafte Krümmung, Impotenz und Erektionsstörungen können die Folge einer konservativen Behandlung sein.14

Prognose

  • Die chirurgische Behandlung bringt in den meisten Fällen gute Ergebnisse.14
  • 10 % der Patienten behalten eine permanente Krümmung des Penis und haben Schmerzen beim Koitus.6
  • Weniger als 2 % verbleiben impotent nach der Operation.19

Patienteninformation

Worüber Sie die Patienten informieren sollten

  • Die Patienten sind über die Prognose einer operativen Behandlung zu informieren.

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Querschnitt des Penis
Querschnitt des Penis
Männliche Geschlechtsorgane
Männliche Geschlechtsorgane

Quellen

Literatur

  1. Dubin J, Davis JE. Penile emergencies. Emerg Med Clin N Am 2011; 29: 485-99. PubMed
  2. Pariser JJ, Pearce SM, Patel SG, Bales GT. National patterns of urethral evaluation and risk factors for urethral injury in patients with penile fracture. Urology. 2015;86(1):181-186. PubMed
  3. Aderounmu AO, Salako AA, Olatoke SA, Eziyi AK, Agodinrin O. Penile fracture at LAUTECH Teaching Hospital, Osogbo. Niger J Clin Pract 2009; 12: 330-2. PubMed
  4. Santucci RA, Broghammer JA. Penile fracture and trauma. Medscape, last updated Jun 26, 2013. emedicine.medscape.com
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  20. El-Assmy A, El-Tholoth HS, Mohsen T, Ibrahiem el HI. Does timing of presentation of penile fracture affect outcome of surgical intervention?. Urology. 2011 Jun. 77(6):1388-91.

Autoren

  • Steinar J. Karlsen, tidligere klinikksjef og professor dr. med., Oslo Urologiske Universitetsklinikk, Aker universitetssykehus helseforetak og Universitetet i Oslo
  • Ingard Løge, spesialist i allmennmedisin, Inst. for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim

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