Aszites

Allgemeine Informationen

Definition

  • Pathologische Ansammlung von Flüssigkeit in der Peritonealhöhle

Häufigkeit

  • Bei etwa 75 % der Patient*innen ist die Ursache im Bereich der Leber zu finden.1
  • In ca. 10 % liegt ein Malignom zugrunde, die übrigen 15 % haben verschiedene, seltenere Ursachen, auf die im folgenden Abschnitt Differenzialdiagnosen näher eingegangen wird.

ICD-10

  • R18 Aszites

Differenzialdiagnosen

Leberzirrhose 

  • Eine Leberzirrhose kann auf dem Boden eines exogen-toxischen, infektiösen, toxisch-allergischen, immunpathologischen bzw. autoimmunen, vaskulären oder endogen-metabolischen (hereditären) Prozesses entstehen.2
  • Sie ist das Endstadium eines chronischen Reizes der Leber unterschiedlicher Ursache. Die Folge ist ein Organumbau mit portaler Hypertension. Daraus ergeben sich die wesentlichen Komplikationen wie Blutungen aus Kollateralgefäßen, Aszites, das hepatozelluläre Karzinom, Enzephalopathie und ein infektbedingtes Organversagen.2
  • Für Patient*innen mit Leberzirrhose und Aszites liegt die 1-Jahres-Mortalität bei ca. 40 %.2
  • Patient*innen mit Leberzirrhose sind, insbesondere wenn Aszites vorliegt, oft mangelernährt. Dabei treten einerseits ein Eiweißmangel und Muskelatrophie, andererseits ein Überschuss an extrazellulärem Wasser auf. Die BMI-Werte können daher durchwegs im Normbereich liegen. Wenn zusätzlich eine hepatische Enzephalopathie besteht, verschlimmert sich die Situation weiter. Eiweißmangel begünstigt die Aszitesbildung.1

Budd-Chiari-Syndrom

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Siehe Artikel Budd-Chiari-Syndrom.
  • Aszites ist ein charakteristisches Symptom des BCS, weshalb es in der Differenzialdiagnostik beachtet werden sollte.
  • Insbesondere die Kombination von rasch auftretendem Aszites, Schmerzen im rechten Oberbauch und deutlich erhöhten Leberwerten sollten daran denken lassen.
  • Das BCS ist definiert als eine Ausflussbehinderung der Leber, die auf jeder Stufe des venösen Abflusses von den kleinen Lebervenen bis hin zum Übergang in den rechten Vorhof auftreten kann.
  • Die Lokalisation der Ausflussbehinderung liegt in den westlichen Ländern vorwiegend in den Lebervenen (etwa 90 %) mit oder ohne gleichzeitig vorliegender Thrombose der Vena cava inferior.
  • Bei etwa 15 % der Patient*innen liegt bei Diagnosestellung zusätzlich eine Pfortaderthrombose vor.
  • Das sinusoidale Obstruktionssyndrom, das ebenfalls zu Aszites führt, wird vom BCS abgegrenzt, da es sich ätiologisch, morphologisch und therapeutisch von diesem grundlegend unterscheidet.
    • Das sinusoidale Obstruktionssyndrom ist meistens durch eine charakteristische Anamnese zu diagnostizieren. Es wird fast ausschließlich durch Toxine und Medikamente verursacht und tritt vorwiegend im Zusammenhang mit der Knochenmarkstransplantation auf.

Akutes Leberversagen

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.3
  • Das akute Leberversagen (ALV) ist ein schwerwiegendes Krankheitsbild, das ohne adäquate Therapie mit hoher Letalität assoziiert ist.
  • Die dominierende Ursache des ALV verschiebt sich zunehmend von akuter Virushepatitis zum toxisch induzierten ALV.
  • Eine klare Abgrenzung des ALV zum „Acute-on-Chronic“- oder auch zum „Acute-on-Cirrhosis“-Leberversagen ist vor allem in klinisch-prognostischer Hinsicht notwendig, da die beiden Letzteren mit einer deutlich schlechteren Prognose vergesellschaftet sind.

Malignome

  • In ca. 10 % ist ein Malignom die Ursache für Aszites. 
  • Meist liegt eine fortgeschrittene Krebserkrankung zugrunde.
  • Prinzipiell können alle Tumoren, die im Bauchraum ihren Ursprung haben, dazu führen (z. B. Ovarial-, Pankreas-, Magen-, Kolon- oder Uteruskarzinom). Auch Metastasen inklusive der Peritonealkarzinose bzw. das Mesotheliom selbst kommen infrage.
  • Zu den Symptomen gehören eine Zunahme des Bauchumfangs, Blähungen und Obstipation, diffuse Bauchschmerzen. Bei zunehmender Aszites-Menge kann es auch zu Übelkeit und Erbrechen sowie Atemnot kommen.

Kardiale Ursachen

Entzündliche Ursachen

  • Bakterielle (sekundäre) Peritonitis
  • Tuberkulöse Peritonitis

Weitere Ursachen (Auswahl)

  • Nephrotisches Syndrom
  • Pankreatitis, Pankreasfisteln
  • Myxödem
  • Lymphfistel
  • Biliäre Genese (z. B. Gallefisteln nach Gallenblasen-/Gallengangsoperationen, Gallenblasenruptur/-perforation)
  • Ovarielles Überstimulationssyndrom

Diagnostik

Allgemeines zur Diagnostik

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
  • Bei Aszites liegt in der Regel eine schwere Erkrankung zugrunde.
  • Eine diagnostische Abklärung ist daher erforderlich.
  • Primärdiagnostik: Anamnese und körperlicher Untersuchung, Laboruntersuchungen der Leberwerte, Nierenfunktion, Serum- und Urinelektrolyte und Sonografie
  • Anschließend gezielte ätiologisch ausgerichtete Diagnostik entsprechend der Wahrscheinlichkeit einer speziellen Organerkrankung
  • Parazentese ist wesentlich für die Differenzialdiagnostik.

Anamnese

  • Allgemeine Beschwerden
  • Stuhlunregelmäßigkeiten
  • Frühere Erkrankungen
  • Medikamentenanamnese (inkl. frei verkäuflicher Produkte)
  • Gewohnheiten bezüglich Alkohol und anderen Drogen
  • B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust)

Klinische Untersuchung

Allgemeines

Untersuchung des Bauches

  • Ein Aszites ist klinisch als vorgewölbtes Abdomen mit auslaufenden Flanken im Liegen und/oder Wechsel der Klopfschallqualität bei Lagewechsel ab etwa 1 Liter nachweisbar.4
  • Zur Beurteilung eines Aszites werden beide Hände der untersuchenden Person an den Bauch der Patientin/des Patienten gelegt. Durch eine plötzliche, kurze Stoßbewegung der einen Hand wird ggf. vorhandene Flüssigkeit in Bewegung gebracht, was je nach Menge sicht- und durch die gegenüberliegende Hand auch tastbar sein kann.
  • Zudem kommt es über den Flanken bei liegenden Patient*innen zu einer Dämpfung des Klopfschalles im Rahmen der Perkussion/Auskultation.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Laborwerte

Sonografie Abdomen

  • Goldstandard der Aszitesdiagnose ist die Sonografie, die bereits 50–100 ml Flüssigkeit nachweisen kann.4
  • Vor allem paravesikal, perisplenisch oder perihepatisch können Flüssigkeitsansammlungen gefunden werden.4

Diagnostik bei Spezialist*innen

Punktion/Parazentese1

  • Unter einer Aszitespunktion oder Parazentese versteht man die Gewinnung von Flüssigkeit aus dem Peritonealraum mit diagnostischer oder therapeutischer Intention.
  • Wesentlich für die Differenzialdiagnostik des Aszites ist die diagnostische Parazentese. Sie muss insbesondere die Frage klären, ob es sich um einen malignen oder infizierten Aszites handelt, wobei bereits der makroskopische Aspekt erste Hinweise geben kann:
    • hämorrhagischer Aszites bei Malignität, Trauma, Pankreatitis oder (selten) Peritonealtuberkulose
    • trüber Aszites bei hoher Leukozytenzahl oder hohem Eiweißgehalt
    • Milchig-trüber bzw. chylöser Aszites bei hoher Konzentration von Chylomikronen und Triglyzeriden (> 200 mg/dl) kommt vor allem bei Malignität und portaler Hypertension vor.
  • Eine laborchemische und zytologische Aufarbeitung des Punktats ist obligatorisch.
  • Eine diagnostische Aszitespunktion soll bei neu aufgetretenem Aszites erfolgen. Außerdem soll sie bei allen Patient*innen mit Leberzirrhose bei Verschlechterung des Allgemeinzustandes, Komplikationen oder Verschlechterung der Leberfunktionsparameter sowie bei nicht elektiver stationärer Aufnahme durchgeführt werden.
    • Bei Verdacht auf spontan bakterielle Peritonitis ist eine frühzeitige Aszitespunktion essenziell.
  • Siehe Leitlinie Technik, Komplikationen und Kontraindikationen der Aszitespunktion.1

Ggf. gynäkologische Untersuchung

  • Zur Beurteilung eines evtl. Malignoms bei entsprechendem Verdacht

CT/MRT 

  • Stehen nicht im Vordergrund der diagnostischen Abklärung, können aber bei speziellen Fragestellungen zum Einsatz kommen.

Leitlinie: Komplikationen der Leberzirrhose – Technik, Komplikationen und Kontraindikationen der Aszitespunktion1

Vorgehen

  • Die Parazentese soll nach Aufklärung der Patient*innen unter sterilen Bedingungen durchgeführt werden.
  • Die Punktion soll sonografisch-assistiert (nach vorheriger sonografischer Detektion) oder sonografisch-gezielt (unter permanenter Sicht der Nadel) durchgeführt werden.
    • Vor einer diagnostischen Aszitespunktion soll eine Sonografie des Abdomens durchgeführt werden, um die Aszitesmenge zu definieren, den Aszites zu beurteilen (z. B. Fibrinfäden, diffuse Binnenechos), einen optimalen Zugangsweg zu finden und große Bauchwandkollateralen im Punktionsweg auszuschließen.
    • Bei geringer Punktatmenge kann die Punktion unter direkter sonografischer Steuerung durchgeführt werden.
    • „Blindpunktionen“ sollten bei Verfügbarkeit eines Ultraschallgeräts in der Regel nicht durchgeführt werden.
    • Ausnahme ist die wiederholte großvolumige Punktion mit gleichbleibendem Punktionsort – hier kann auf die sonografische Beurteilung verzichtet werden.
  • Eine Venenverweilkanüle oder eine andere Punktionskanüle wird an geeigneter Stelle (typische Stelle: linker unterer Quadrant des Bauches) durch die Bauchdecke in den Aszites vorgeschoben.
    • Zur diagnostischen Punktion können dünnkalibrige Kanülen gewählt werden.

Untersuchung des Punktats

  • Bei der initialen Aszitespunktion sollten die Zellzahl mit Zelldifferenzierung, und das Gesamteiweiß im Aszites bestimmt sowie eine mikrobiologische Kultur angelegt werden.
  • Eine Beimpfung von aeroben und anaeroben Blutkulturflaschen mit mindestens 10–20 ml Aszitesflüssigkeit sollte bei der initialen Aszitesdiagnostik, bei stationären Patient*innen sowie bei der Diagnostik einer spontan bakteriellen Peritonitis (SBP) erfolgen.
    • Dies sollte unmittelbar am Patientenbett unter sterilen Bedingungen durchgeführt werden.
  • Bei Verdacht auf malignen Aszites soll eine zytologische Diagnostik durchgeführt werden. 
  • Eine zusätzliche Bestimmung der Cholesterin- oder CEA-Spiegel im Aszites kann zur Differenzierung maligner/nicht maligner Aszites durchgeführt werden.
  • Der Serum-Aszites-Albumin-Gradient (SAAG: Bestimmung von Albumin im Aszites und Serum) kann bei der initialen Aszitespunktion zur Differenzierung zwischen portalhypertensivem und nicht-portal hypertensivem Aszites bestimmt werden.
    • Die Bestimmung des Serum-Aszites-Albumin-Gradienten (SAAG) ist im Regelfall bei Folgepunktionen nicht erforderlich.
  • In der Diagnostik der spontan-bakteriellen Peritonitis soll nicht die Anwendung von Leukozytenstreifen (sog. Urinstix) zum semiquantitativen Nachweis von Leukozyten im Aszites als alleiniges Nachweisverfahren verwendet werden.
  • Die Bestimmung von bakterieller DNA im Aszites soll nicht als alleiniger Erregernachweis verwendet werden.

Komplikationen

  • Diagnostische Aszitespunktionen sind nicht mit schwerwiegenden und häufigen Komplikationen verbunden, eine höhere Komplikationsrate besteht bei den therapeutischen Punktionen.
  • Eine Peritonitis oder ein Bauchdeckenabszess nach Darmperforation fand sich jeweils nur bei 1 von 242 Parazentesen.
  • Blutungen (Einblutungen in die Bauchdecke oder intraperitoneale Blutungen) sind die häufigsten Komplikationen, aber mit 0,19–1 % der Parazentesen selten.
    • Nur kasuistisch wurden lebensbedrohliche Blutungsereignisse (0,016 %) beschrieben.
    • Sonografisch-assistierte Punktion senkt das Blutungsrisiko.

Kontraindikationen

  • Absolute Kontraindikationen für eine Aszitespunktion sind außer einer fehlenden Einverständniserklärung der Patient*innen ein fehlender Zugangsweg zum Aszites oder eine fehlende diagnostische oder therapeutische Konsequenz.
  • Das Vorliegen einer disseminierten intravasalen Koagulopathie (DIC) kann eine relative Kontraindikation darstellen.
  • Die prophylaktische Gabe von Plasmaderivaten oder Thrombozytenkonzentraten zur Vermeidung von Blutungskomplikationen soll nicht durchgeführt werden, unabhängig vom Schweregrad der Gerinnungseinschränkung.
    • Ausnahmen bilden eine disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC) und/oder Thrombozyten < 20.000 /µl.
  • Die Therapie mit Acetylsalicylsäure vor einer Aszitespunktion sollte fortgesetzt werden.
  • Eine Therapie mit Thienopyridinen oder Glykoprotein IIb/IIIa-Inhibitoren sollte vor einer Aszitespunktion pausiert werden.
  • Eine Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten oder direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) sollte vor Aszitespunktion – wenn möglich – pausiert werden.

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Klinikeinweisung

  • Bei Erstdiagnose des Aszites
  • Bei therapierefraktärem Aszites
  • Bei Verdacht auf spontan bakterielle Peritonitis
  • Bei spezieller Fragestellung zu weiterführender Diagnostik und Therapie

Therapie

  • Aszites sollte bei klinischer Nachweisbarkeit behandelt werden. Je ausgeprägter die Symptome sind, desto dringlicher ist die Therapie.1
  • Ziel einer Aszites-Therapie ist die symptomatische Kontrolle des Aszites, nicht das vollständige Verschwinden des Aszites in der Bildgebung.1
    • Zu aggressive diuretische Therapie bei gering ausgeprägtem und asymptomatischem Aszites kann zu einer hepatischen Enzephalopathie oder einem prärenalen Nierenversagen führen oder diese Krankheitsbilder verschlechtern.

Leitlinie: Komplikationen der Leberzirrhose – Aszites, spontan bakterielle Peritonitis und hepatorenales Syndrom1

Nichtmedikamentöse Basistherapie

  • Patient*innen mit Leberzirrhose und Aszites sollen eine ausreichend eiweißhaltige Ernährung (empfohlene Eiweißzufuhr: 1,2–1,5 g/kg/d) mit ausreichendem Energiegehalt (30–35 kcal/kg/d) erhalten.
  • Alle Patient*innen sollen aufgeklärt werden, dass eine zusätzliche Salzzufuhr zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes führen kann.
  • Für Patient*innen, die mit einer diuretischen Therapie gut zu führen sind, ist der Nutzen einer diätetischen Kochsalzrestriktion nicht erwiesen.
    • Patient*innen mit refraktärem oder schwierig zu behandelndem Aszites sollten eine diätetische Kochsalzrestriktion (max. 5 g/d NaCl, entsprechend 85 mmol Natrium) einhalten.
    • Bei Patient*innen mit einem Serum-Natrium von > 125 mmol/l ist eine Flüssigkeitsrestriktion nicht erforderlich.
    • Bei Patient*innen mit einer ausgeprägten Hyponatriämie (< 125 mmol/l) kann eine Flüssigkeitsrestriktion von 1,5 l/d sinnvoll sein.

Medikamentöse Therapie1

  • Als Diuretikum der 1. Wahl soll der orale Aldosteronantagonist Spironolacton eingesetzt werden.
    • Die Initialdosis beträgt in der Regel 100 mg/d.
  • Bei unzureichender Aszitesmobilisation (bei einer Spironolactondosis von 200 mg/d) sollte die Medikation mit einem Schleifendiuretikum (Furosemid, Torasemid) ergänzt werden, z. B. Furosemid 20–40 mg morgens.
    • Kann gesteigert werden: z. B. 200 mg Spironolactton und 80 mg Furosemid.
    • max. 400 mg Spironolacton und 160 mg Furosemid/d
  • Die Kombinationstherapie aus Spironolacton und einem Schleifendiuretikum kann bei Patient*innen mit ausgeprägtem oder länger bestehendem Aszites auch initial erfolgen.
  • Die zusätzliche Gabe von Clonidin und/oder Midodrin kann vor allem bei Patient*innen mit refraktärem Aszites ein verbessertes Ansprechen bewirken.
  • Bei ausgeprägter Hyponatriämie (< 125 mmol/l), klinisch manifester hepatischer Enzephalopathie (ab Grad III) oder einer deutlichen Nierenfunktionsverschlechterung sollte auf Diuretika verzichtet werden.
  • Die Anwendung von Vaptanen zur Langzeitbehandlung des Aszites ist kontraindiziert.
  • Ferner sollte die Gabe von Prostaglandin-Inhibitoren, ACE-Inhibitoren, Alpha-1-Rezeptorblockern und Aminoglykosiden bei Patient*innen mit einer Leberzirrhose und Aszites vermieden werden.
  • Protonenpumpeninhibitoren sollten nur nach strenger Indikationsstellung bei Patient*innen mit Leberzirrhose und Aszites verwendet werden.
  • Die Indikation einer nichtselektiven Betablockertherapie bei Patient*innen mit refraktärem Aszites und Varizen sollte sorgfältig überprüft werden, insbesondere bei Patient*innen mit spontan bakterieller Peritonitis.
    • Bei Anzeichen einer zunehmenden Nierenfunktionsstörung, ausgeprägten Hypotonie oder Hyponatriämie sollte diese unterbrochen oder reduziert werden.

Therapiekontrolle und Therapieanpassung1

  • Der Erfolg der diuretischen Therapie wird durch tägliche Gewichtskontrolle überwacht. Angestrebt wird ein Gewichtsverlust von nicht mehr als 500 g/d bei Patient*innen ohne periphere Ödeme bzw. von nicht mehr als 1.000 g/d bei Patient*innen mit peripheren Ödemen.
    • Ein ausreichender Flüssigkeitsverlust ist erreicht, wenn klinisch kein oder nur eine geringe Menge Aszites vorliegt und keine peripheren Ödeme mehr nachweisbar sind.
    • Regelmäßige Kontrollen der Serumelektrolyte sowie des Serumkreatinins sollten durchgeführt werden.
  • Das Therapieziel ist erreicht, wenn klinisch kein oder nur eine geringe Menge Aszites sowie keine peripheren Ödeme nachweisbar sind.
    • Dann sollte die Diuretikadosis soweit wie möglich reduziert werden.
  • Eine Dosissteigerung sollte erfolgen, wenn es nicht gelingt, einen Gewichtsverlust von mindestens 1 kg in der ersten bzw. 2 kg/Woche in den folgenden Wochen zu erreichen.
  • Eine additive Therapie mit einem Schleifendiuretikum (Furosemid 20–40 mg/d) wird eingeleitet, wenn die Patient*innen auf 200 mg/d Spironolacton in den ersten 2–3 Wochen nicht ausreichend anspricht.
    • Bei nicht ausreichendem Ansprechen kann die Diuretikatherapie bis auf 400 mg/d Spironolacton und 160 mg/d Furosemid gesteigert werden.
      • Bei diesen hohen Dosen ist eher mit Elektrolyt- und Nierenfunktionsstörungen zu rechnen.
    • Nach Möglichkeit sollte Furosemid oral appliziert werden, da die intravenöse Gabe durch die akute Reduktion der glomerulären Filtrationsrate ein höheres Risiko für eine Nierenfunktionsstörung aufweist.
    • Torasemid zeigte sich als mindestens gleich effektiv und sicher wie Furosemid und kann somit als Alternative zu Furosemid angesehen werden.
  • Mittels einer kombinierten Therapie aus kochsalzreduzierter Diät, Spironolacton und Furosemid lässt sich bei bis zu 90 % der Patient*innen mit Aszites und Leberzirrhose ein Therapieerfolg erzielen.
    • Bei Patient*innen, die nicht ausreichend auf die diuretische Therapie ansprechen, sollte die Natriumexkretion im 24-Stunden-Sammelurin gemessen werden, um echte Nonresponder von Patient*innen zu unterscheiden, die keine Kochsalzrestriktion einhalten.
      • Bei einer 24-Stunden-Natriumausscheidung über 85 mmol ohne Gewichtsverlust ist davon auszugehen, dass die Kochsalzaufnahme über 5 g/d liegt.
  • Bei unter Spironolacton auftretender schmerzhafter Gynäkomastie, die einen Abbruch der Therapie erforderlich macht, stellt Amilorid in einer Dosierung von 10–40 mg/d eine Alternative dar.

Therapierefraktärer oder rezidivierender Aszites

  • Bei Leberzirrhose
    • Der therapierefraktäre Aszites spricht nicht auf Medikamente an und kann nicht durch hochdosierte Diuretika behandelt werden.1
      • Diuretikaresistenz bedeutet inadäquates Ansprechen auf Natriumrestriktion und eine hoch dosierte diuretische Therapie (Spironolacton max. 400 mg/d und Furosemid max. 160 mg/d).
    • Beim intraktablen Aszites bestehende Komplikationen wie die hepatische Enzephalopathie oder eine ausgeprägte Hyponatriämie verhindern eine antidiuretische Therapie.1
    • Rezidivierender Aszites ist definiert als Aszites, der trotz Natriumrestriktion und Verschreibung von Diuretika in adäquater Dosierung mindestens 3-mal in einem Zeitraum von 1 Jahr wieder auftritt.1
    • In diesen Fällen kommen entweder wiederholte großvolumige Aszitespunktionen oder eine TIPS-Anlage infrage.5-6
      • Bei großvolumiger Parazentese (> 5 l) kann es zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion kommen, der mit einer Gabe von Albumin entgegengewirkt werden kann.
  • Bei malignem Aszites/Palliativmedizin7
    • Diuretika haben keine gute Wirksamkeit.
    • Therapeutische Parazentesen führen zu einer vorübergehenden Symptomverbesserung, müssen aber häufig wiederholt werden.
    • Alternativen sind Peritonealkatheter, peritonealer Port, peritoneal-venöser Shunt, intraabdominale Verabreichung von monoklonalen Antikörpern oder hypertherme intraabdominale Zytostatikagabe.

Leitlinie: Komplikationen der Leberzirrhose – therapeutische Aszitespunktion1

  • Bei der therapeutischen Punktion des Aszites können Venenverweilkanülen, 17G-Metallkanülen, Pigtailkatheter oder weitere speziell entwickelte Punktionsnadeln mit mehreren Seitenlöchern eingesetzt werden.
  • Bei Durchführung einer großvolumigen Parazentese (> 5 l) soll eine intravenöse Albumingabe (6–8 g/l Aszites) erfolgen.
  • Die häufigste Komplikation der therapeutischen Parazentesen ist mit 5 % ein protrahierter Austritt von Aszites durch den Stichkanal. Dies kann durch Lagerung der Patient*innen auf die dem Stichkanal gegenüberliegende Seite, Wahl eines schrägen Stichkanals, vollständiges Ablassen des Aszites oder ggf. eine Tabaksbeutelnaht verhindert werden.

Leitlinie: Komplikationen der Leberzirrhose – Behandlung bei therapierefraktärem oder rezidivierendem Aszites1

  • Bei therapierefraktärem oder rezidivierendem Aszites soll immer die Lebertransplantation erwogen werden, und die TIPS-Anlage bei fehlenden Kontraindikationen wiederholten großvolumigen Parazentesen vorgezogen werden.
  • Eine TIPS-Anlage zur Aszites-Therapie ist in der Regel kontraindiziert bei vorbestehender chronischer hepatischer Enzephalopathie > Grad 1 oder einem Serumbilirubin > 5 mg/dl.
  • Großvolumige Parazentese kann zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion bis hin zum hepatorenalen Syndrom führen.
    • Bei Durchführung einer großvolumigen Parazentese (> 5 l) soll eine intravenöse Albumingabe (6–8 g/l Aszites) erfolgen.
  • Die (peritoneovesikale) Aszitespumpe kann in erfahrenen Zentren als Alternative der großvolumigen Parazentese in Erwägung gezogen werden.
  • Die Anlage eines peritoneovenösen Shunts ist weniger effektiv als der TIPS und mit mehr Komplikationen behaftet und sollte nur ausgewählten Einzelfällen vorbehalten bleiben.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Sonografie: Gering ausgeprägter Aszites subhepatisch (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Sonografie: Gering ausgeprägter Aszites subhepatisch (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg)
Sonografie: Leberzirrhose mit HCC und Aszites (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Sonografie: Leberzirrhose mit HCC und Aszites (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg)
Sonografie: Aszites bei Peritonealkarzinose (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Sonografie: Aszites bei Peritonealkarzinose (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg)

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Komplikationen der Leberzirrhose. AWMF-Leitlinie Nr. 021-017. S2k, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Komplikationen der Leberzirrhose. AWMF-Leitlinie Nr. 021-017, Stand 2011 www.awmf.org
  2. Wiegand J, Berg T. Ätiologie, Diagnose und Prävention einer Leberzirrhose. Deutsches Ärzteblatt 2013. www.aerzteblatt.de
  3. Canbay A, Tacke F, Hadem J et al. Akutes Leberversagen - Ein lebensbedrohliches Krankheitsbild. Dtsch Artztebl Int 2011. www.aerzteblatt.de
  4. Wiest R, Schölmerich J. Diagnostik und Therapie des Aszites. Dtsch Arztebl Int 2006. www.aerzteblatt.de
  5. Sauerbruch T, Appenrodt B, Schmitz V, Spengler U. The conservative and interventional treatment of the complications of liver cirrhosis: Part 2 of a series on liver cirrhosis. Dtsch Arztebl Int. 2013 Feb;110(8):126-32, I. doi: 10.3238/arztebl.2013.0126. Epub 2013 Feb 22. PMID: 23505400; PMCID: PMC3594709. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. BMJ BestPractice. Cirrhosis. Stand 29.03.2022 (letzter Zugriff am 29.06.2022). bestpractice.bmj.com
  7. Hodge C, Badgwell BD. Palliation of malignant ascites. J Surg Oncol. 2019 Jul;120(1):67-73. doi: 10.1002/jso.25453. Epub 2019 Mar 22. PMID: 30903617. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
  • Miriam Spitaler, Dr. med. univ., Ärztin für Allgemeinmedizin, Innsbruck/Österreich
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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