Primär biliäre Cholangitis (PBC)

Die primär biliäre Cholangitis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich die körpereigene Immunabwehr gegen die Zellen der intrahepatischen Gallengänge richtet.

Primär biliäre Cholangitis – was ist das?

Die primär biliäre Cholangitis (PBC) ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich die körpereigene Immunabwehr gegen die im Inneren der Leber gelegenen (intrahepatischen) Gallengänge richtet. Sie führt in der Leber zu einer Entzündung und zu Vernarbungen (Fibrose) und geht in ihrem Endstadium in eine Leberzirrhose über. Zu den frühen Anzeichen zählen Kraftlosigkeit und starker Juckreiz. Später können Symptome wie Fettstühle (fettreicher Stuhlgang) und Knochenprobleme auftreten. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu Gelbsucht, Pigmentstörungen und Fettknötchen in der Haut.

Die PBC ist eine seltene Erkrankung. Auf 1 Million Menschen kommen etwa 150–400 Erkrankte. Die Häufigkeit variiert weltweit und ist in Nordeuropa am höchsten. Rund 90 % der Betroffenen sind weiblich, die meisten befinden sich zum Diagnosezeitpunkt im Alter von ca. 40–60 Jahren. Vor dem 30. Lebensjahr ist die PBC sehr selten.

Es ist wichtig, dass die Erkrankung frühzeitig diagnostiziert wird, da sich mit einer entsprechenden medikamentösen Therapie der Krankheitsverlauf bremsen und das Überleben ohne Lebertransplantation verlängern lässt.

Ursachen

Wieso das Immunsystem das körpereigene Gewebe angreift, weiß man bislang nicht. Als Auslöser werden Umweltgifte, Bakterien und Viren oder chemische Stoffe vermutet. Genetische Faktoren spielen möglicherweise ebenfalls eine Rolle: In einigen Fällen lässt sich eine familiäre Erkrankungshäufung beobachten.

Symptome

Die Symptome beruhen auf dem Versagen der Leberfunktion und dem zunehmenden Druck in der Pfortader (Portalvene, Vena portae, über die die Leber mit nährstoffreichem Blut versorgt wird).

Aufgrund von entzündlichen Reaktionen in den Gallenwegen kommt es zu Vernarbungen; die Gallengänge werden enger (stenosieren) und verschließen sich, sodass keine Galle mehr in den Darm abgegeben werden kann. Folglich sammelt sich die Galle im Körper an und führt zur Gelbsucht. Der Mangel an Gallensaft im Dünndarm führt wiederum zu einer unzureichenden Aufspaltung von Fetten, was sich in Form von Fettstühlen äußert. Der erhöhte Druck in der zur Leber führenden Portalvene führt zu Ausbuchtungen in den Blutgefäßen der Speiseröhre. Blutungen dieser Krampfadern verursachen blutiges Erbrechen und möglichen schweren Blutverlust.

Die reduzierte Aktivierung von Vitamin D in der Leber kann eine Osteoporose zur Folge haben.

Diagnostik

Leber und Gallenblase
Leber und Gallenblase

Wegweisend für die Verdacht auf PBC sind die typischen Symptome wie ein reduzierter Allgemeinzustand, Juckreiz und eventuell Gelbsucht. Die Blutuntersuchungen können den Verdacht erhärten und andere mögliche Lebererkrankungen ausschließen. Aufgrund der geschädigten Leberzellen sind die Werte der Leberenzyme im Blut erhöht. Die Leberfunktionswerte wiederum sind durch das Leberversagen erniedrigt. Der Bilirubinwert (Gallenpigmentwert) liegt über der Norm. Im Blut lässt sich meist eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an antimitochondrialen Antikörpern (AMA) nachweisen, die auf eine Autoimmunreaktion hindeuten.

Eine Ultraschalluntersuchung der Leber dient dem Nachweis anderer eventuell vorhandener Erkrankungen in der Leber oder den Gallengängen. Bei unsicherer Diagnose können im Rahmen einer Biopsie durch die Haut Gewebeproben der Leber entnommen werden. Dadurch lässt sich, wenn nötig, die Diagnose absichern und feststellen, in welchem Stadium sich die Erkrankung befindet.

Therapie

Die Behandlung bei einer PBC zielt auf die Linderung der Symptome ab, gleichzeitig soll ein schnelles Fortschreiten der Erkrankung verhindert werden. Die Therapie erfolgt durch eine Fachärztin/einen Facharzt für Hepatologie. Das Mittel der Wahl ist die Ursodesoxycholsäure (UDCA).

Dabei handelt es sich um eine Gallensäure, die eine geringere schädliche Wirkung auf die Leber hat als die lebereigenen Gallensäuren. UDCA konkurriert mit den körpereigenen Gallensäuren im hinteren Bereich des Dünndarms um die Aufnahme ins Blut. Erfolgt eine kontinuierliche Behandlung mit UDCA, so wird diese zur dominanten Gallensäure im Blut. Die Therapie führt zur Linderung der Symptome, nach einigen Wochen und Monaten fallen auch die Lebergewebeproben bei den meisten Patienten deutlich besser aus. Früher waren viele der Betroffenen auf eine Lebertransplantation angewiesen, diese könnte mit UDCA verzögert werden.

Die Therapie mit Ursodesoxycholsäure eignet sich für Patienten, bei denen sich antimitochondriale Antikörper und erhöhte Leberfunktionswerte nachweisen lassen. Bislang ist unklar, ob auch Patienten mit normalen Leberfunktionswerten von einer solchen Behandlung profitieren. Das Medikament wird einmal täglich verabreicht. Die Dosierung kann über 2 Wochen schrittweise erhöht werden, um unangenehme Nebenwirkungen wie Juckreiz und Durchfall zu vermeiden. Allerdings ist die Behandlung sehr teuer und muss über einen langen Zeitraum durchgeführt werden.

Seit einigen Jahren wird mit Obeticholsäure eine weitere Gallensäure zur Therapie der PBC eingesetzt. Diese kann entweder gemeinsam mit Ursodesoxycholsäure oder alleine verwendet werden. Dazu kann die Erkrankung anhand der jeweiligen Symptome behandelt werden. Wenn die PBC zu einem Leberversagen führt, ist eine Lebertransplantation erforderlich.

Prognose

Die PBC entwickelt sich schleichend, viele Patienten zeigen erst nach mehreren Jahren mit der Erkrankung Symptome. Der Krankheitsverlauf ist interindividuell verschieden und lässt sich daher kaum vorhersagen.

Die Therapiemöglichkeiten der PBC haben sich in den vergangenen Jahren stark verbessert. Bei einem frühzeitigen Therapiebeginn haben Patienten, die heutzutage die Diagnose primär biliäre Cholangitis erhalten, Aussicht auf eine nahezu normale Lebenserwartung.

Weitere Informationen

Autoren

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Primär biliäre Cholangitis (PBC). Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Autoimmune Lebererkrankungen. AWMF-Leitlinie Nr. 021-027. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
  2. Prince MI, Chetwynd A, Diggle P, Jarner M, Metcalf JV, James OF. The geographical distribution of primary biliary cirrhosis in a well-defined cohort. Hepatology 2001; 34: 1083-88. PubMed
  3. Lazaridis KN, Talwalkar JA. Clinical epidemiology of primary biliary cirrhosis: incidence, prevalence, and impact of therapy. J Clin Gastroenterol 2007; 41: 494-500. PubMed
  4. Kim WR, Lindor KD, Locke GR III, et al. Epidemiology and natural history of primary biliary cirrhosis in a US community. Gastroenterology 2000; 119: 1631-6. Gastroenterology
  5. Kaplan MM, Gershwin ME. Primary biliary cirrhosis. N Engl J Med 2005; 353: 1261-73. New England Journal of Medicine
  6. Lindor K. Ursodeoxycholic acid for the treatment of primary biliary cirrhosis. N Engl J Med 2008; 357: 1524-9. PubMed
  7. He XS, Ansari AA, Ridgway WM, Coppel RL, Gershwin ME. New insights to the immunopathology and autoimmune responses in primary biliary cirrhosis. Cell Immunol 2006; 239: 1-13. PubMed
  8. Selmi C, Balkwill DL, Invernizzi P, et al. Patients with primary biliary cirrhosis react against a ubiquitous xenobiotic-metabolizing bacterium. Hepatology 2003; 38: 1250-7. PubMed
  9. Ueno Y, Moritoki Y, Shimosegawa T, Gershwin ME. Primary biliary cirrhosis: what we know and what we want to know about human PBC and spontaneous PBC mouse models. J Gastroenterol 2007; 42: 189-95. PubMed
  10. Scheuer PJ. Primary biliary cirrhosis: diagnosis, pathology and pathogenesis. Postgrad Med J 1983; 59 Suppl 4:106-15. PMID: 6359113 PubMed
  11. Ludwig J, Dickson ER, McDonald GS. Staging of chronic nonsuppurative destructive cholangitis (syndrome of primary biliary cirrhosis). Virchows Arch A Pathol Anat Histol 1978; 379(2):103-12. PMID: 150690 PubMed
  12. Jones DE, Watt FE, Metcalf JV, Bassendine MF, James OF. Familial primary biliary cirrhosis reassessed: a geographically-based population study. J Hepatol 1999; 30: 402-7. PubMed
  13. Jones DE. Pathogenesis of primary biliary cirrhosis. J Hepatol 2003; 39: 639-48. PubMed
  14. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2020. Stand 20.09.2019; letzter Zugriff 29.10.2019. www.dimdi.de
  15. Boberg KM, Chapman RW, Hirschfield GM et al. Overlap syndromes: the International Autoimmune Hepatitis Group (IAIHG) position statement on a controversial issue. J Hepatol 2011; 54: 374–385. PMID: 21067838 PubMed
  16. Howel D, Fischbacher CM, Bhopal RS, Gray J, Metcalf JV, James OF. An exploratory population-based case-control study of primary biliary cirrhosis. Hepatology 2000; 31: 1055-60. PubMed
  17. Jones DEJ. Pathogenesis of Primary Biliary Cirrhosis. Gut 2007; 56(11): 1615-1624. www.ncbi.nlm.nih.gov
  18. Crippin JS, Lindor KD, Jorgensen RA, et al. Hypercholesterolemia and atherosclerosis in primary biliary cirrhosis: what is the risk? Hepatology 1992; 15: 858-62. PubMed
  19. Angulo P, Lindor KD. Primary biliary cirrhosis and primary sclerosing cholangitis. Clin Liv Dis 1999; 3: 529-70. PubMed
  20. Zein CO, Angulo P, Lindor KD. When is a liver biopsy needed in the diagnosis of primary biliary cirrhosis? Clin Gastroenterol Hepatol 2003; 1: 89-96. PubMed
  21. Lazaridis KN, Gores GJ, Lindor KD. Ursodeoxycholic acid "mechanisms of action and clinical use in hepatobiliary disorders." J Hepatol 2001; 35: 134-46. www.ncbi.nlm.nih.gov
  22. Paumgartner G, Beuers U. Ursodeoxycholic acid in cholestatic liver disease: mechanisms of action and therapeutic use revisited. Hepatology 2002; 36: 525-31. PubMed
  23. Rodrigues CMP, Fan G, Ma X, Kren BT, Steer CJ. A novel role for ursodeoxycholic acid in inhibiting apoptosis by modulating mitochondrial membrane perturbation. J Clin Invest 1998; 101: 2790-9. PubMed
  24. Rudic JS, Poropat G, Krstic MN et al. Ursodeoxycholic acid for primary biliary cirrhosis. Cochrane Database of Systematic Reviews, Dec 2012, CD000551.pub3. Cochrane (DOI)
  25. Talwalkar JA, Lindor KD. Primary biliary cirrhosis. Lancet 2003; 362: 53-61. PubMed
  26. Goulis J, Leandro G, Burroughs A. Randomized controlled trials of ursodeoxycholic acid therapy for primary biliary cirrhosis: a meta-analysis. Lancet 1999, 354: 1053-60. www.ncbi.nlm.nih.gov
  27. Corpechot C, Carrat F, Bahr A, Chrétein Y, Poupon RE, Poupon R. The effect of ursodeoxycholic acid therapy on the natural course of primary biliary cirrhosis. Gastroenterology 2005; 128: 297-303. PubMed
  28. Poupon RE, Ouguerram K, Chretien Y et al. Cholesterol-lowering effectof ursodeoxycholic acid in patients with primary biliary cirrhosis.Hepatology 1993; 17: 577–582. PMID: 8477962 PubMed
  29. Heathcote EJ. Management of primary biliary cirrhosis. Hepatology 2000; 31: 1005-13. PubMed
  30. Ozaslan E, Efe C, Heurgué-Berlot A3, et al. Factors associated with response to therapy and outcome of patients with primary biliary cirrhosis with features of autoimmune hepatitis. Clin Gastroenterol Hepatol 2014 doi:10.1016/j.cgh.2013.09.021 DOI
  31. Angulo P, Dickson ER, Therneau TM, et al. Comparison of three doses of ursodeoxycholic acid in the treatment of primary biliary cirrhosis: a randomized trial. J Hepatol 1999; 30: 830-5. PubMed
  32. Siegel JL, Jorgensen R, Angulo P, Lindor KD. Treatment with ursodeoxycholic acid is associated with weight gain in patients with primary biliary cirrhosis. J Clin Gastroenterol 2003; 37: 183-5. PubMed
  33. Prince MI, Burt AD, Jones DE. Hepatitis and liver dysfunction with rifampicin therapy for pruritus in primary biliary cirrhosis. Gut 2002; 50: 436-39. Gut
  34. Zein CO, Jorgensen RA, Clarke B, et al. Alendronate improves bone mineral density in primary biliary cirrhosis: a randomized placebo-controlled trial. Hepatology 2005; 42: 762-71. PubMed
  35. Singal AK, Guturu P, Hmoud B et al. Evolving frequency and outcomes of liver transplantation based on etiology of liver disease. Transplantation 2013; 95(5): 755-60. PMID: 23370710 PubMed
  36. Carbone M, Bufton S, Monaco A et al. The effect of liver transplantation on fatigue in patients with primary biliary cirrhosis: a prospectivestudy. J Hepatol 2013; 59: 490–49. PMID: 23628322 PubMed
  37. Liermann Garcia RF, Evangelista Garcia C, McMaster P, Neuberger J. Transplantation for primary biliary cirrhosis: retrospective analysis of 400 patients in a single center. Hepatology 2001; 33: 22-27. PubMed
  38. Longo M, Crosignani A, Battezzati M, et al. Hyperlipidemic state and cardiovascular risk in primary biliary cirrhosis. Gut 2002; 51: 265-69. Gut
  39. Shi J, Wu C, Lin Y, Chen YX, Zhu L, Xie WF. Long-term effects of mid-dose ursodeoxycholic acid in primary biliary cirrhosis: a meta-analysis of randomized controlled trials. Am J Gastroenterol 2006; 101: 1529-38. PubMed
  40. ter Borg PCJ, Schalm SW, Hansen B, van Buuren HR. Prognosis of ursodeoxycholic acid-treated patients with primary biliary cirrhosis: results of a 10-yr cohort study involving 297 patients. Am J Gastroenterol 2006; 101: 2044-50. PubMed