Virale Gastroenteritis

Zusammenfassung

  • Definition:Durch ein Virus hervorgerufene Darminfektion. Noroviren kommen in allen Altersklassen häufig vor. Rota- und Adenoviren treten insbesondere bei Kindern auf. Die Hauptübertragungswege sind fäkal-oral von Mensch zu Mensch.
  • Häufigkeit:Es handelt sich um eine häufige Erkrankung bei Kindern unter 4–5 Jahren. Durchfallerkrankungen treten gehäuft in den Herbst- und Wintermonaten auf. Es kann zu schnellen Infektionsausbreitungen von Noro- und Rotaviren innerhalb von Krankenhäusern, Pflege- und Gemeinschaftseinrichtungen kommen.
  • Symptome:Symptome sind Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen und Durchfall.
  • Befunde:Leichtes Fieber ist möglich. Anzeichen von Dehydratation, insbesondere bei Kindern. In schweren Fällen und bei Säuglingen besteht die Gefahr einer Exsikkose.
  • Diagnostik:Stuhlkulturen sind meist nicht notwendig. Stuhlproben sollten nur in besonderen Situationen entnommen werden.
  • Therapie:Rehydratation und Vermeidung von Elektrolytstörungen sind die wichtigsten Therapien. Medikamentöse Therapie von Übelkeit oder sehr starker Diarrhö nur in Ausnahmefällen. Die meisten Erkrankungen sind selbstlimitierend. Sorgfältiges Händewaschen ist präventiv wirksam.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Eine virale Gastroenteritis ist eine durch ein Virus hervorgerufene Magen-Darm-Infektion, die sich durch Übelkeit, Erbrechen und akuten Durchfall äußert.1
  • Akuter Durchfall ist ein Ungleichgewicht zwischen Sekretion und Resorption im Darm und kann durch unterschiedliche Ursachen hervorgerufen werden.2
  • Die Symptomatik dauert nicht länger als 14 Tage.3
  • Infektionen werden nach dem ätiologischen Erreger eingeteilt.
  • Es treten 3 oder mehr ungeformte Stühle mit meist hohem Wassergehalt innerhalb von 24 Stunden auf.1
  • Unter den häufigsten Verursachern sind Noroviren und Rotaviren.

Häufigkeit

  • Durchfall gehört zu den 20 häufigsten Beratungsanlässen in der Hausarztpraxis. 
    • Durchfallerkrankungen treten gehäuft in den Herbst- und Wintermonaten auf.4-5
  • Die Erkrankung tritt global und in allen Altersklassen auf.
    • Die meisten Fälle von AGE (akuter Gastroenteritis) treten im Kleinkindesalter auf und werden durch Viren verursacht.3
    • Bei Erwachsenen ebenfalls meist viral verursacht durch Noroviren (am häufigsten) oder Rotaviren (am zweithäufigsten)6
      • Von den ca. 100.000 stationären Aufnahmen von Kindern aufgrund einer akuten infektiösen Gastroenteritis in Deutschland werden ca. 25.000 durch Rotaviren verursacht.7
    • Hospitalisierungsrate bei Rotavirus-Infektion bei unter 15-Jährigen und über 69-Jährigen 63 %8

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Ansteckung erfolgt hauptsächlich fäkal-oral von Mensch zu Mensch.
  • Norovirus (Calicivirus)4
    • Sehr hohe Infektiosität, die minimale Infektionsdosis liegt bei ca. 10–100 Viruspartikeln. 
    • Die Übertragung erfolgt fäkal-oral oder über Tröpfchen, von Mensch zu Mensch die beim schwallartigen Erbrechen entstehen.
      • Sehr rasche Infektionsausbreitung innerhalb von Krankenhäusern, Pflege- und Gemeinschaftseinrichtungen.
    • Infektionen können aber auch von kontaminierten Speisen (Salate, Krabben, Muscheln u. a.) oder Getränken (verunreinigtes Wasser) ausgehen.
      Eine Ansteckung über die Luft ist ebenfalls möglich (über Aerosole nach Erbrechen).
    • Inkubationszeit ca. 6–50 Stunden
    • Personen sind während der akuten Erkrankung hoch ansteckungsfähig.
    • Das Virus kann in der Regel noch 7–14 Tage über den Stuhl ausgeschieden werden.
      • in Ausnahmefällen aber auch noch über Wochen nach einer akuten Erkrankung
    • ganzjähriges Auftreten, saisonaler Gipfel in den Monaten Oktober bis März.
  • Rotavirus (Rheovirus)5
    • Übertragung fäkal-oral besonders durch Schmierinfektion, aber auch durch kontaminiertes Wasser und Lebensmittel.
    • Sehr leicht übertragbar; bereits 10 Viruspartikel reichen aus, um ein Kind zu infizieren.
    • Die Symptomatik reicht von subklinischen Infektionen über leichte Diarrhöen bis zu schweren Erkrankungen.
    • Inkubationszeit: 1–3 Tage
    • Die Ansteckungsgefahr ist in den ersten 4 Tagen der Erkrankung am größten.
    • Eine Ansteckungsfähigkeit besteht während des akuten Krankheitsstadiums und solange das Virus mit dem Stuhl ausgeschieden wird. In der Regel erfolgt eine Virusausscheidung nicht länger als 8 Tage.
    • Rotavirusenteritiden im Kindesalter (< 5 Jahre) sind häufig mit einem schweren Verlauf assoziiert.3

Sonstige wichtige virale Erreger

  • Adenovirus 40/41
  • Andere Viren der Familie Caliciviridae
  • Astrovirus

Prädisponierende Faktoren

  • Schlechte Handhygiene, insbesondere beim Besuch von Krankenhäusern, Pflege- und Gemeinschaftseinrichtungen

ICPC-2

  • D70 Darminfektion
  • D73 Gastroenteritis vermutlich infektiös

ICD-10

  • A08 Virusbedingte und sonstige näher bezeichnete Darminfektionen
    • A08.0 Enteritis durch Rotaviren
    • A08.1 Akute Gastroenteritis durch Norovirus [Norwalk-Virus]
    • A08.2 Enteritis durch Adenoviren
    • A08.3 Enteritis durch sonstige Viren
    • A08.4 Virusbedingte Darminfektion, nicht näher bezeichnet
    • A08.5 Sonstige näher bezeichnete Darminfektionen
  • A09 Sonstige Gastroenteritis und Kolitis infektiösen und nicht näher bezeichneten Ursprungs

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Bei unproblematischen Verläufen einer Gastroenteritis wird selten eine Stuhlkultur abgenommen, und die Ätiologie einer viralen Gastroenteritis bleibt damit oft unbekannt.
  • Rotavirus5
    • Die labordiagnostische Methode der Wahl ist der Nachweis eines gruppenspezifischen Antigens des inneren Kapsids aus dem Stuhl mit dem „Enzym-Immun-Test" (EIA).
  • Norovirus4
    • Für den Nachweis von Noroviren im Stuhl stehen derzeit 3 verschiedene Nachweismethoden zur Verfügung:
      1. die Amplifikation viraler Nukleinsäuren (RT-PCR)
      2. der Nachweis viraler Proteine (Antigen-EIA) und
      3. der elektronenmikroskopische Nachweis von Viruspartikeln.
    • Indikation insbesondere bei Häufungen von Durchfall und Erbrechen in Krankenhäusern, Pflege- und Gemeinschaftseinrichtungen frühzeitiges Anstreben einer Diagnose
    • Diagnostik nicht indiziert bei:
      • untypischer Symptomatik
      • Umgebungsuntersuchungen bei asymptomatischen Personen.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Allgemeine Inkubationszeit
  • Hauptsymptome sind Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
    • Beim Norovirus treten Übelkeit und Erbrechen am häufigsten auf, teilweise schwallartig.
    • In der Regel muss sich die betroffene Person nach 1–2 Tagen nicht mehr übergeben.
    • Die Diarrhö kann 4–6 Tage anhalten: beim Norovirus ist die Dauer kürzer, beim Adenovirus länger.
  • Erfragen von weiteren Fällen in der Umgebung, Auslandsreisen, Tierkontakt und Aufnahme potenziell kontaminierter (infektiöser) Nahrungsmittel und Getränke.3

Klinische Untersuchung

  • Meist tritt kein oder nur leichtes Fieber auf.
  • Untersuchung auf Anzeichen einer Exsikkose
    • Trockene Windeln sind bei Kindern ein deutliches Warnzeichen.
    • Es kommt zu Müdigkeit, Durst, Oligurie, akutem Gewichtsverlust, trockenen Schleimhäuten, eingesunkenen Augen, verringertem Hautturgor, im späteren Verlauf auch Tachykardie und evtl. niedriger Blutdruck.
  • Einteilung der Dehydratation
    • leichte Dehydratation: akuter Verlust unter 5 % des Körpergewichts
    • mäßige Dehydratation: Verlust von ca. 5 % des Körpergewichts
    • schwere Dehydratation: Verlust von ca. 10 % oder mehr des Körpergewichts
  • Zeichen einer vitalen Gefährdung beim Kind3
    • eingeschränktes Bewusstsein
    • kaltschweißige Haut
    • extrem eingesunkene Augen (ggf. Fontanelle)
    • trockene Schleimhäute (Zunge)
    • fehlende Tränen
    • schlaffer Muskeltonus
    • > 10 % Verlust des Körpergewichts
    • verlängerte kapilläre Füllungszeit (> 3 sec)
    • Tachypnoe/Azidose-Atmung
    • Tachykardie
    • Anurie

Ergänzende Untersuchungen

  • Stuhluntersuchung
    • keine routinemäßige Stuhluntersuchung bei allen Patient*innen indiziert1
    • Stuhluntersuchung auf Adenoviren hat keine therapeutische oder hygienerelevante Konsequenz und kann somit in der Regel unterbleiben.
    • Das RKI empfiehlt zwar die Diagnostik auf Noro- und Rotavirus bei Durchfall und Erbrechen, die Leitlinien empfehlen eine Erregerdiagnostik nur in folgenden Situationen:1,3
      • Vorliegen relevanter Komorbiditäten
      • Patient*innen mit Immundefizienz
      • blutige Diarrhö
      • schweres Krankheitsbild
      • diarrhöbedingte Hospitalisierung
      • Verdacht auf eine Häufung, bei der ein epidemiologischer Zusammenhang vermutet werden kann.
      • vor Einleitung einer antibiotischen Therapie
      • bei nosokomialer Diarrhö
      • Patient*innen, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder Lebensmittel- verarbeitenden Institutionen arbeiten.
      • Bei Personen mit stattgehabter Antibiotika-Einnahme innerhalb der letzten 3 Monate.1,3
  • Evtl. Blutuntersuchung
    • Nachweis von Elektrolytstörungen

Indikationen zur Klinikeinweisung

  • Säuglinge unter 18 Monaten mit einem Krankheitsverlauf über 2–3 Tage sollten eingewiesen werden, wenn die Flüssigkeitsaufnahme eingeschränkt ist.
    • Eine Exsikkose bei Säuglingen kann sich schnell entwickeln und lebensbedrohlich werden!
  • Großzügige Indikationsstellung auch bei der Überweisung/Einweisung bei dehydrierten Kleinkindern.
  • Erwachsene bei schwerer Dehydratation

Therapie

Therapieziele

  • Dehydratation vorbeugen.
  • Verbreitung des Virus verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Die meisten älteren Kinder und Erwachsene benötigen keine Therapie, denn die Erkrankung ist selbstbegrenzend.
  • Es gibt allerdings auch Fälle, in denen die Therapie der Dehydratation und möglicher Elektrolytstörungen angezeigt ist.
    • Hauptbehandlungsmethode ist die orale Rehydratation, die der intravenösen Therapie, wenn möglich, vorzuziehen ist.9-10

Orale Rehydratation

  • Das American College of Gastroenterology empfiehlt bei milder Ausprägung einer Dehydratation verdünnte Fruchtsäfte, Soft Drinks, Brühne und Suppen sowie gesalzene Cracker.11
  • Bei stärkerer Dehydratation können orale Rehydratationslösungen gegeben werden.
  • Bei Kindern3
    • Bei Dehydratation soll eine orale Rehydration mit einer Glukose-Elektrolytlösung (Natrium 60 mmol/l, Glukose 74–111 mmol/l) rasch begonnen werden.
    • Koffeinhaltige Getränke, Limonaden oder unverdünnte Fruchtsäfte sollten bei Dehydration nicht zur oralen Rehydration verwendet werden.
    • Auch bei Erbrechen sollte die orale Rehydration z. B. löffelweise versucht werden.
    • Wenn die orale Rehydration nicht gelingt: Flüssigkeitsapplikation über nasogastrale Sonde oder i. v.
  • Im Vergleich zur intravenösen Therapie führt die orale Rehydration oft zu kürzeren Aufenthaltszeiten im Krankenhaus und einer geringeren Arbeitsbelastung des Pflegepersonals.12-13
  • Eine Metaanalyse hat gezeigt, dass nur jedes 25. stationär behandelte Kind mit einer intravenösen Rehydration behandelt werden muss.14
  • Indikationen für eine i. v. Flüssigkeitstherapie: 
    • schwere Dehydratation
    • Bewusstseinsstörungen/Lethargie
    • bei Scheitern einer oralen oder nasogastralen Rehydration
    • bei Schockzustand
    • schwere Azidose, Elektrolytstörungen
    • Ileussymptomatik, galliges Erbrechen.3

Empfehlungen für Patient*innen

  • Pragmatische Empfehlungen bei mildem Krankheitsbild und allenfalls milder Dehydratation
    • Ausreichend trinken, am besten Apfelschorle, Tee oder leicht salzige Brühe.
    • Feste Nahrung sollte in Form von Reis, Bananen, Zwieback oder Salzstangen erfolgen.
    • Bei milden Formen einer Gastroenteritis kann man auf die Signale des Körpers hören, und das essen und trinken, worauf man Appetit hat.
  • Die Betroffenen sollten trotz Erbrechen möglichst weiterhin altersgerecht essen. Die Portionen sollten kleiner sein, dafür aber häufiger zu sich genommen werden.3,9-10,15
  • Für Kinder von 2–10 Jahren
    • erhöhte Flüssigkeitszufuhr in Form von Wasser oder verdünntem Saft
    • Kürzlich konnte gezeigt werden, dass Apfelsaftschorle (ohne Kohlensäure) bei Kindern eine günstigere Wirkung hat als fertige Elektrolytlösungen.16
    • bei Erbrechen: kleinere Mengen Flüssigkeit in häufigeren Intervallen, ggf. löffelweise
  • Bei Durchfall und Anzeichen von Austrocknung kann auch eine frei verkäufliche, hypoosmolare Zucker-Salzlösung empfohlen werden.9,15
    • In der Apotheke sind z. B. fertige Elektrolytlösungen erhältlich.
    • 50–100 ml Rehydratationslösung sollte pro kg über 4 Stunden gegeben werden, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.
    • Kinder sollten mindestens 10 ml pro kg Körpergewicht nach jedem Erbrechen zu sich nehmen, d. h. etwa 200 ml bei einem 20 kg schweren Kind.
  • Probiotika 
    • Der Einsatz bestimmter Probiotika in Ergänzung zur Rehydration kann bei Kindern erwogen werden.3
    • Eine generelle Empfehlung für den Einsatz von Probiotika zur Therapie der akuten infektiösen Enteritis von Erwachsenen kann derzeit nicht gegeben werden.1

Medikamentöse Therapie

  • Medikamente zur Verringerung der Übelkeit werden nur selten eingesetzt.
  • Bei Kindern: lt. Leitlinie keine Gabe von Aniemetika zur Therapie der akuten Gastroenteritis empfohlen3
  • Bei Erwachsenen können Antiemetika bei Erbrechen gegeben werden.1
    • Dimenhydrinat
      • Dosierung: 3 x tgl. 50 mg p. o. bei Erwachsenen
      • Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Schläfrigkeit, Benommenheit, Schwindel, Muskelschwäche, Sehstörungen, eine Erhöhung des Augeninnendrucks und ein schneller Herzschlag. Dimenhydrinat kann müde machen und soll nicht mit Alkohol kombiniert werden.
      • Laut Drug-Safety-Mail der AKDÄ (Dezember 2018) gibt es Berichte zu schwerwiegenden Nebenwirkungen bei Kleinkindern.17
    • Metoclopramid (MCP)
      • Dosierung: 3 x tgl. 10 mg p. o. bei Erwachsenen
      • unter Beachtung der vielfältigen UAW
    • Domperidon
      • Dosierung: bis zu 3 x tgl. 10 mg p. o. bei Erwachsenen
      • Überwindet nicht die Blut-Hirn-Schranke und löst keine extrapyramidalen Bewegungsstörungen aus. Domperidon kann das QT-Intervall verlängern und besonders bei Patient*innen mit kardialen Vorerkrankungen zu Herzrhythmusstörungen führen.
  • Antidiarrhoika
    • Loperamid
      • für Kinder lt. Leitlinie nicht empfohlen3
      • Einsatz bei Erwachsenen nur bei unkompliziertem Verlauf1
      • Dosierung: 4 mg zu Beginn der Behandlung, dann 2 mg nach jedem ungeformten Stuhlgang, Tageshöchstdosis 16 mg bei Erwachsenen 
      • Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Verstopfung, Blähungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel.
    • Racecadotril
      • Kann lt. Leitlinie bei Kindern erwogen werden.
      • Dosierung: 1,5 mg/kg pro Einn. (entspr. 1–2 Beuteln), 3-mal tägl. in regelmäßigen Abständen für Kinder ab 4 Monaten.
  • Butylscopolaminbromid
    • bei Bauchkrämpfen aufgrund erhöhter Peristaltik oder bei Meteorismus symptomatisch einsetzbar
    • Ist ein krampflösender Wirkstoff aus der Gruppe der Parasympatholytika.
    • Es wird als Tablette verabreicht kaum in den Blutkreislauf aufgenommen und wirkt hauptsächlich lokal im Darm. Deshalb sind systemische und zentrale anticholinerge unerwünschte Wirkungen selten.
    • Dosierung: 3 x tgl. 10–20 mg p. o.
    • Zugelassen ab 6 Jahren, wird in der Leitlinie für Kinder nicht erwähnt, bei Erwachsenen kann es angewendet werden.1,3

Prävention

  • Sorgfältige Handhygiene
    • Aktionen zum Händewaschen vor dem Essen und nach dem Toilettenbesuch mit Kindern im Kindergarten haben zu einem Rückgang der Durchfallerkrankungen um 30 % geführt.18
  • Kindergarten
    • Kinder mit einer akuten Durchfallerkrankung können wieder in die Tagesbetreuung gehen, wenn sie 2 Tage symptomfrei waren; dies gilt auch für Wickelkinder.
  • Pflegeeinrichtung
    • Patient*innen mit akuter Gastroenteritis sollten den Kontakt zu Mitbewohner*innen meiden. Grundlegende Hygienevorschriften müssen im Gesundheitswesen immer befolgt werden. Das Zimmer sollte ein eigenes Bad mit Toilette haben.
    • Mitarbeiter*innen der Einrichtung mit einer viralen Gastroenteritis sollen zu Hause bleiben und können nach 2 symptomfreien Tagen wieder zurückkehren.
    • Nach dem Kontakt mit Patient*innen oder evtl. kontaminierten Gegenständen sollen die Hände gewaschen werden.
  • Rotavirus 
    • Seit Juli 2013 ist die routinemäßige Rotavirus-Impfung von unter 6 Monate alten Säuglingen von der STIKO empfohlen.5
    • Ausweitung der allgemeinen Hygienemaßnahmen zur Vermeidung einer Übertragung auf fäkal-oralem Wege oder beim Erbrechen, insbesondere in der symptomatischen Phase
      • Absonderung der erkrankten Personen, ggf. Kohortenisolierung/-pflege, Tragen von Handschuhen, Schutzkittel, ggf. geeigneter Atemschutz zur Vermeidung einer Infektion im Zusammenhang mit Erbrechen, konsequente Händehygiene, Händedesinfektion, Desinfektion von patientennahen Flächen, Toiletten, Waschbecken, Türgriffen5
  • Norovirus
    • Es gibt keinen Impfstoff.
    • Das Virus wird in der Regel noch 7–14 Tage, in Ausnahmefällen aber auch noch über Wochen nach einer akuten Erkrankung über den Stuhl ausgeschieden.
      • Daher ist auch nach der akuten Phase eine sorgfältige Sanitär- und Händehygiene noch weiter erforderlich.4

Meldepflicht

Kindergarten/Schule

  • Leiter*innen von Gemeinschaftseinrichtungen haben gemäß § 34 Abs. 6 IfSG das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich zu benachrichtigen, wenn in ihrer Einrichtung betreute Kinder, die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, an infektiöser Gastroenteritis erkrankt oder dessen verdächtigt sind.

Pflegeeinrichtung

  • Dem Gesundheitsamt wird gemäß § 7 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) der direkte Nachweis von Noro- oder Rotavirus aus Stuhl, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet.
  • Des Weiteren ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 IfSG der Verdacht auf und die Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis meldepflichtig, wenn die betroffene Person Umgang mit Lebensmitteln hat oder in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (z. B. Küchen, Gaststätten) beschäftigt ist, zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Prognose

  • Normalerweise geht die Krankheit nach 4–6 Tagen von selbst vorüber.
  • Nach viralen Gastroenteritiden kann eine vorübergehende, sekundäre Laktosemalabsorption auftreten (entzündlich bedingte Dünndarmzottenregression mit konsekutivem Mangel an Laktaseenzym), sodass der Verzicht auf Milchprodukte vorübergehend sinnvoll sein kann.19

Komplikationen

  • Dehydratation
    • Besonders gefährdet sind Säuglinge und Kleinkinder < 2 Jahre, Kinder und Jugendliche nach ausgedehnten Darmresektionen und solche mit Immundefizienz, Diabetes mellitus, Stoffwechseldefekten oder Malnutrition.3
  • Störungen im Elektrolythaushalt

Verlaufskontrolle

  • Patient*innen mit akuter Gastroenteritis müssen zu Hause bleiben, bis sie 2 Tage symptomfrei waren.
  • Kontrollstuhlproben werden bei einer viralen Gastroenteritis nicht durchgeführt.

Kindergarten/Schule

  • Kinder können nach 48 symptomfreien Stunden wieder in die Tagesbetreuung oder die Schule zurückkehren.
    • Kontrolluntersuchungen sind bei einer viralen Gastroenteritis nicht notwendig.
  • Bei einem Ausbruch im Kindergarten oder der Schule
    • Kinder mit Symptomen müssen zu Hause bleiben.
    • Die Hände sollten oft gewaschen werden und Wickeltische und Spielsachen müssen gut gereinigt werden.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung. Akute infektiöse Gastroenteritis im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 068-003. S2k, Stand 2019. www.awmf.org

RKI-Ratgeber

  • Robert Koch-Institut. Infektionskrankheiten A-Z. Stand: 11.06.2020: Noroviren
  • Robert Koch-Institut. Infektionskrankheiten A-Z. Stand: 08.02.2019: Rotavirus-Infektionen

Literatur

  1. Deutsch Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen: Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple. AWMF-Leitliniennr. 021-024, Stand 2015 www.awmf.org
  2. Herold G (Hrsg.), Innere Medizin, Gerd Herold, Köln, 2022; S. 458-461.
  3. Gesellschaft für pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung. Akute infektiöse Gastroenteritis im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter. AWMF-Leitlinie Nr. 068-003. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
  4. Robert Koch Institut. Infektionskrankheiten A-Z. Stand: 11.06.2020. Noroviren. www.rki.de
  5. Robert Koch Institut. Infektionskrankheiten A-Z. Stand: 08.02.2019. Rotavirus-Infektionen. www.rki.de
  6. Bresee JS, Marcus R, Venezia RA, Keene WE, Morse D, Thanassi M, Brunett P, Bulens S, Beard RS, Dauphin LA, Slutsker L, Bopp C, Eberhard M, Hall A, Vinje J, Monroe SS, Glass RI; The etiology of severe acute gastroenteritis among adults visiting emergency departments in the United States. US Acute Gastroenteritis Etiology Study; J Infect Dis. 2012 May;205(9):1374-81. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Kowalzik, F., et al., Disease Burden of Rotavirus Gastroenteritis in Children Residing in Germany: A Retrospective, Hospital-based Surveillance. Pediatr Infect Dis J, 2016. 35(1): p. 97-103. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Robert Koch-Institut; Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2020, Berlin 2021. www.rki.de
  9. Guarino A, Albano F, Ashkenazi et. al. European Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology, and Nutrition/European Society for Paediatric Infectious Diseases evidence-based guidelines for the management of acute gastroenteritis in children in Europe: executive summary. J Pediatr Gastroenterol Nutr 2008; 46: 619-621. PubMed
  10. King CK, Glass R, Bresee JS, et al. Managing acute gastroenteritis among children: oral rehydration, maintenance, and nutritional therapy. MMWR Recomm Rep 2003; 52: 1-16. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  11. Riddle M, DuPont HL, Connor BA, ACG Clinical Guideline: Diagnosis, Treatment, and Prevention of Acute Diarrheal Infections in Adults; Am J Gastroenterol; 2016 May;111(5):602-22. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  12. Atherly-John YC, Cunningham SJ, Crain EF. A randomized trial of oral vs intravenous rehydration in a pediatric emergency department. Arch Pediatr Adolesc Med 2002; 156: 1240-3. PubMed
  13. Spandorfer PR, Alessandrini EA, Joffe MD, Localio R, Shaw KN. Oral versus intravenous rehydration of moderately dehydrated children: A randomized, controlled trial. Pediatrics 2005; 115: 295-301. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  14. Hartling L, Bellemare S, Wiebe N, Russell K, Klassen T, Craig W. Oral versus intravenous rehydration for treating dehydration due to gastroenteritis in children. Cochrane Database Syst Rev 2006; 3: CD004390. Cochrane (DOI)
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  16. Freedman SB, Willan AR, Boutis K. Effect of Dilute Apple Juice and Preferred Fluids vs Electrolyte Maintenance Solution on Treatment Failure Among Children With Mild Gastroenteritis. A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2016;315(18):1966-1974. doi:10.1001/jama.2016.5352 DOI
  17. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Information zu Dimenhydrinat- und Diphenhydramin-haltigen Arzneimitteln: Überdosierung oraler und rektaler Darreichungsformen bei Kindern bis drei Jahre, AkdÄ Drug Safety Mail 72-2018. www.akdae.de
  18. Ejemot RI, Ehiri JE, Meremikwu MM, Critchley JA. Hand washing for preventing diarrhoea. Cochrane Database of Systematic Reviews, Issue 1, 2008. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  19. Macgillivray S, Fahey T, McGuire W. Lactose avoidance for young children with acute diarrhoea. Cochrane Database Syst Rev 2013; 10: CD005433. doi:10.1002/14651858.CD005433.pub2. DOI

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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