Husten

Prüfungsrelevant für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin1

Red Flags und abwendbar gefährliche Verläufe2-4

Red Flags

Abwendbar gefährlicher Verlauf

Stridor

Verlegung der Atemwege (Fremdkörper), Aspiration

Dyspnoe, Tachypnoe

Lungenembolie, Asthmaanfall, exazerbierte COPD, Herzinsuffizienz, Lungenödem, Bronchialkarzinom, schwerwiegender Infekt (z. B. COVID-19)

Tachykardie

Lungenembolie, hochfieberhafter Infekt

Thoraxschmerz

Lungenembolie, Pleuritis, Pleuraempyem, Pneumothorax

Fieber > 38,5 °C

Pneumonie

Hämoptoe

Pneumonie, Lungenembolie, Tuberkulose, Bronchialkarzinom, Bronchiektasie

Schaumiger Auswurf

Lungenödem

Schluckschwierigkeiten, Speichelfluss

Anaphylaxie, Epiglottitis

Husten > 8 Wochen, Tabakkonsum

Bronchialkarzinom

Nachtschweiß, Gewichtsverlust

Bronchialkarzinom, Tuberkulose

Kürzliches Thoraxtrauma

Rippenserienfraktur, Pleuraverletzung, Pneumothorax, Spannungspneumothorax

Rauchgasinhalation oder Inhalation schädlicher Substanzen/Reizgas

Intoxikation, Lungenödem, Ödem der oberen Atemwege, Bronchospasmus, Kohlenmonoxidvergiftung

Neuaufgetretener, relevanter Abfall der Sauerstoffsättigung

Infektionen, schwerwiegende Atemwegs- und Herzerkrankungen

Schwere Immunsupression mit Infekt

u. a. Neutropenie (< 1.000/μl Neutrophile), unbehandelte/ungenügend behandelte HIV-Infektion

Gebrechlichkeit (Frailty)

fulminante Verläufe von Infektionserkrankungen auch ohne Fieber oder klassische Symptomatik möglich

Dysphagie, Mangelernährung, Exsikkose

(Mikro-)Aspirationen

Allgemeine Informationen

Definition

  • Husten beschreibt plötzlichen Atemstoß nach kurzem Stimmritzenschluss.
  • Kann durch entzündliche, chemische oder physikalische Reizungen der Schleimhaut der oberen und unteren Atemwege ausgelöst werden sowie durch mechanische Veränderungen (Atelektase, Verminderung der Lungencompliance).4
  • Husten spielt eine entscheidende Rolle für das Abwehrsystem der unteren Atemwege.
  • Zusammen mit mukoziliärer Clearance beschützt der Hustenreflex die unteren Atemwege vor Fremdkörpern und schädlichen Aspiraten und hilft, Schleim zu entfernen, der Luftstrom in die Bronchien behindert.
  • Es gibt sowohl die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)4 als auch der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie  und Beatmungsmedizin (DGP)6.
    • Auf unterschiedliche Empfehlungen wird im Artikel hingewiesen.
  • Einteilung nach DEGAM4
    • akuter Husten: < 3 Wochen (DGP < 2 Wochen)
    • subakuter Husten: 3–8 Wochen (DGP 2–8 Wochen)
    • chronischer Husten: > 8 Wochen
    • rezidivierender akuter Husten: mehrmals im Jahr auftretende jeweils bis zu 2 Wochen anhaltende Episoden von Husten

Häufigkeit

  • Husten durch virale Infektion der oberen und/oder der unteren Atemwege ist weltweit der häufigste Grund für eine ärztliche Konsultation.6
  • Zur Prävalenz des Hustens gibt es keine verlässlichen Daten für Deutschland.6
  • Weltweite Prävalenz von chronischem Husten 9,6 %, in Europa 12,7 %7
  • Häufung im Winter, altersabhängige und geschlechtsspezifische Schwankungen
    • Sensitivität des Hustenreflexes bei Kindern, Frauen und Nichtraucher*innen stärker ausgeprägt6,8

Pathophysiologie

  • Pathophysiologie nach der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie6
  • Hustenreiz wird üblicherweise durch vagal-sensible Afferenzen vermittelt.
    • Nervenendigungen der vagal-sensiblen Nervenfasern, die sog. Husten-Rezeptoren, befinden sich im Epithel des Atemtraktes (Nase, Rachen, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien).
    • Aktivierung durch mechanische und chemische Reize sowie freigesetzte Entzündungsmediatoren (Bradykinin und Prostaglandine)
    • Weiterleitung vom Hustenreiz zum Hirnstamm, wo über Motoneurone (Diaphrama, Bauch-, Interkostal- und Laryngealmuskulatur) reflexartig Husten induziert wird.
  • Regulation des Hustenreizes über trigeminale sensible Nervenfasern in Nase und Nasennebenhöhlen, die Reiz sowohl verstärken als auch vermindern können.
    • Nasal appliziertes Menthol, Eukalyptus und Campher wirken beispielsweise beruhigend.
  • Hypersensitivität durch „Plastizität des Hustenreflexes" vermutlich Ursache für chronisch-idiopathischen Husten
    • gesteigerte Empfindlichkeit der Hustenrezeptoren in peripheren Afferenzen bei entzündlichen Prozessen und/oder veränderte zentrale Hustenprozesse

Diagnostische Überlegungen

  • Vorrang besitzen die Abgrenzung des harmlosen vom schwerwiegenden Husten und das Erkennen von zugrunde liegenden Erkrankungen.4

DGP-Leitlinie: Diagnostik6

  • Husten ist ein sehr häufiges Symptom verschiedenster Erkrankungen und sollte zum Zwecke der diagnostischen Abklärung und therapeutischen Intervention nach Dauer klassifiziert werden.
  • Falls keine Alarmzeichen vorliegen, reichen für Diagnostik des akuten und subakuten Hustens in der Regel Anamnese und körperliche Untersuchung aus.
  • Bei Vorliegen von Alarmzeichen weiterführende Diagnostik/Therapie unverzüglich einleiten.
  • Bei chronischem Husten Diagnostik mit Röntgenaufnahme der Thoraxorgane und Lungenfunktionsprüfung unverzüglich einleiten.

ICPC-2

  • R05 Husten

ICD-10

  • R05 Husten

Akuter Husten bei Erwachsenen

Definition

  • Husten < 8 Wochen
  • Nachfolgende Ausführungen behandeln das Symptom bei Erwachsenen.

Gefährliche Verläufe 

  • Von der DEGAM genannte gefährliche Verläufe bei (sub)akutem Husten4
  • Lungenembolie (Tachykardie, Tachypnoe, Dyspnoe, Thoraxschmerz)
  • Schwere bis sehr schwere Exazerbation einer COPD (Zunahme der Dyspnoe, des Hustens, des Sputumvolumens und der Sputumpurulenz mit ggf. schlechtem Allgemeinzustand, rasch progrediente Symptomatik, Bewusstseinstrübung, Zunahme peripherer Ödeme, instabile Komorbidität(en), zentrale Zyanose und Versagen der ambulanten Therapie)
  • Schwere Pneumonie (Hohes Fieber, Dyspnoe, Tachypnoe, Zyanose, Tachykardie, Bewusstseinstrübung)
  • Lungenödem (Tachypnoe, Dyspnoe, verschärftes Atemgeräusch, feuchte RGs)
  • Status asthmaticus (exspiratorischer Stridor, trockene RGs; cave: „Silent Chest“!)
  • Pneumothorax (stechender Thoraxschmerz, asymmetrische Thoraxbewegung, einseitig abgeschwächtes Atemgeräusch, hypersonorer Klopfschall)
  • Fremdkörperaspiration (inspiratorischer Stridor)
  • In Notfallsituationen: sofortiges Handeln mit Wiederherstellung und Sicherung der Vitalfunktionen; in der Regel Einweisung in ärztlicher Begleitung!

Anamnese

DEGAM-Leitlinie: Husten4

  • Folgende Aspekte der Anamnese beim akuten/subakuten Husten bedenken:
    • Symptom Husten
    • weitere Symptome
      • Atembeschwerden: z. B. neuaufgetretene (Belastungs-)Dyspnoe, Tachypnoe, Zyanose, Stridor
      • Schmerzen: Thorax, Kopf, Rachen, Gliedmaßen
      • Infektzeichen: Fieber, Nasensekretion, Krankheitsgefühl
    • Vorerkrankungen
    • Exposition
      • Tabakrauchen
      • berufliche Noxen
      • Medikamente
      • Tierkontakte
      • Migrations- und Reiseanamnese
      • Infekte des näheren Umfelds
      • Kontakt zu Kindergartenkindern und Tätigkeit in Gesundheitsberufen
    • patientenspezifische Faktoren
      • Alter
      • Gebrechlichkeit
      • Tuberkulose-Risikogruppe?
      • psychische Situation: z. B. Tumorangst
  • Siehe auch nachfolgenden Algorithmus (Quelle: S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patient*innen mit Husten AWMF-Register-Nr. 020-003. Stand 2019, S. 66/67).
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Körperliche Untersuchung

DEGAM-Leitlinie: Husten4

  • Folgende Aspekte der körperlichen Untersuchung ggf. differenzialdiagnostisch bedeutsam, jeweiliger Untersuchungsumfang richtet sich nach Anamnese/Symptomatik.
    • Haut: Inspektion
    • Mund, Rachen, Nase: Inspektion
    • Hals: Inspektion und Palpation Lymphknoten
    • Thorax: Inspektion und Auskultation
    • Herz: Auskultation
    • Blutdruckmessung
    • Knöchel: Inspektion
    • Allgemeinzustand: Beobachten und gezielt erfragen.

Wichtige Differenzialdiagnosen

  • Kurzbeschreibungen gemäß der DEGAM4

Erkältung (Common Cold) und akute Bronchitis

  • Häufigste Ursache von akutem Husten6
  • Unterscheidung zwischen Erkältung und akuter Bronchitis kaum möglich9
  • Typische Befunde
    • allgemeine Abgeschlagenheit
    • kein oder geringes Fieber
    • mäßige Halsschmerzen/mäßiger Husten
    • Schnupfen (anfangs wässrig, nach 3–4 Tagen purulent)
    • Kopf- und Gliederschmerzen/Abgeschlagenheit
    • behinderte Nasenatmung
    • geröteter Rachenring
    • in der Regel unauffälliger Auskultationsbefund, manchmal Obstruktion bei Bronchitis
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Anamnese und körperliche Untersuchung
    • Bestätigung der Diagnose durch Nachlassen der Symptome nach 2–3 Tagen
  • Therapie
    • keine Antibiotika
    • Aufklärung der Patient*innen über Spontanverlauf eines akuten Erkältungshustens
    • ausreichende Trinkmenge
    • Analgetika bei Bedarf zur Symptomlinderung (z. B. Paracetamol, Ibuprofen)
    • ggf. Expektorantien (Sekretolytika, Mukolytika)
      • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie: nur für Ambroxol methodisch akzeptable Studien6
        • subjektiv gute Ergebnisse, innerhalb von 60 min bei > 90 % der Patient*innen deutliche Symptomlinderung10
      • DEGAM: Behandlung eines akuten Atemweginfekts mit Expektorantien nicht empfohlen4
    • Antitussiva nur in Ausnahmefällen (stark gestörter Nachtschlaf)
      • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie: Bei belastendem akutem trocknem Reizhusten sollte Dextrometorphan für Dauer von etwa 7 Tagen verordnet werden.6
        • DEGAM: Sieht nur begrenzten Nutzen von Dextrometorphan und dem gegenüber Missbrauchspotenzial sowie Reihe von Interaktionen.4
      • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie: Bei akutem Erkältungshusten sollen Opiate (Ausnahme Dextrometorphan) nicht eingesetzt werden, da sie nicht besser wirken als Placebo.6
        • DEGAM: Codeinhaltige Präparate können Nachtschlaf verbessern. Bei ausgesprochenem Patientenwunsch dürfen diese bei nicht-produktivem und quälendem Reizhusten kurzfristig zur Nacht angewendet werden.4
    • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie: einige Phytopharmaka mit nachgewiesener Wirksamkeit auf Dauer und Intensität des akuten Hustens gegenüber Placebo bei Erkältungsinfekten6
      • Efeu
      • Cineol
      • Myrtol
      • Pelargonium sidoides
      • Kombinationspräparate Efeu und Thymian sowie Primeln und Thymian
        • Cave: Mögliche Hepatotoxizität beachten!
    • DEGAM: Bei entsprechendem Therapiewunsch der Patient*innen können bestimmte Phytopharmaka, für die eine verfügbare Evidenz eine Wirksamkeit nahelegt, zur moderaten Symptomlinderung bzw. -verkürzung bei akutem Husten im Rahmen eines Atemwegsinfektes erwogen werden.4
      • Als zusätzliche Therapieoption nennt die DEGAM eine Anwendung ätherischer Öle.

Rhinosinusitis

  • Typische Befunde
    • einseitiger Kopf-, Gesichts-, und Zahnschmerz
    • blockierte Nasenatmung
    • einseitige Sekretion
    • oft keine Besserung unter abschwellendem Nasenspray (Dekongestiva)
    • unspezifische Zeichen: Fieber, Klopf- und Vorbeugeschmerz
  • Diagnostisches Vorgehen
    • typische Klinik
    • ggf. Sekretstraße an Rachenhinterwand
  • Therapie
    • Symptomatische Therapie mit heißen Dämpfen, Nasenspülung mit Salzlösungen, patentiertem (Misch-)Extrakt (BNO 1016) oder definierten Eucalyptusextrakten, abschwellenden Nasentropfen und Bedarfsanalgesie mit z. B. Ibuprofen
    • Antibiotische Therapie erwägen bei besonderen Risikofaktoren (z. B. Immunsuppression), sehr starken Schmerzen plus Entzündungswerten oder hoher Wahrscheinlichkeit für bakterielle Ursache (Fieber > 38,5 °C, Persistenz über 2 Wochen).

Pneumonie 

  • Typische Befunde
    • produktiver Husten
    • Fieber > 38,5 °C
    • Tachypnoe, Tachykardie
    • Cave: ältere oder immunsupprimierte Patient*innen teils mit unspezifischen Symptomen und fehlendem Fieber!
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Anamnese und körperliche Untersuchung
    • evtl. CRP-Bestimmung 
      • Vermeidung unnötiger Antibiotika-Therapien möglich
    • Röntgenthorax, insb. bei differenzialdiagnostischer Unklarheit, schwerer Erkrankung oder Begleiterkrankungen
    • Pulsoxymetrie zur Bestimmung der arteriellen Sauerstoffsättigung
    • keine routinemäßige Sputumdiagnostik bei ambulant erworbener Pneumonie
  • Therapie
    • Allgemeine Maßnahmen (siehe Erkältung)
    • rasche Einleitung einer Antibiose 
    • Für Wahl der Antibiose siehe Artikel Pneumonie, der die aktuellen Leitlinien-Empfehlungen enthält.
    • Bei Entscheidungsfindung zur stationären Einweisung scheint der CRB-65-Score in der primärärztlichen Versorgung das Risiko zu hoch einzuschätzen.
      • individuelle Risikoeinschätzung daher ergänzend sinnvoll

Influenza

  • Typische Befunde
    • plötzlicher Beginn mit hohem Fieber
    • starkes Krankheitsgefühl
    • Muskel- und/oder Kopfschmerzen
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Anamnese und körperliche Untersuchung
    • Durch ein ähnliches Symptombild bei COVID-19 wird eine rein klinische Diagnosestellung erschwert.
      • Zur Testung bei gleichzeitig auftretenden Epidemien und Pandemien wird jeweils auf aktuelle Empfehlungen des RKI verwiesen.
  • Therapie
    • allgemeine Maßnahmen (siehe Erkältung)
    • nur im Einzelfall Neuraminidaseinhibitoren (schlechte Kosten-Nutzen-Relation, nur bis 48 h nach Symptombeginn sinnvoll)
    • Bei älteren und multimorbiden Patient*innen stationäre Einweisung erwägen.

COVID-19

  • Typische Befunde
    • Gleichzeitiges Auftreten von akutem Husten mit weiteren COVID-19-typischen Symptomen wie Fieber, Atemnot und plötzlichem Riech- und Geschmacksverlust
    • auch asymptomatische Verläufe möglich
    • Singuläres Auftreten von akutem Husten, wenn ein Kontakt zu positiv getesteten Personen bestand.
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Aktuelle, regionale Inzidenzlage in Teststrategie einbeziehen.
    • Antigen-Schnelltest und/oder PCR-Abstrich
    • bei Lungenbeteiligung Thorax-Sonografie und Thorax-CT
    • nach Erkrankung ggf. ELISA-Antikörper
  • Therapie
    • symptomatische Therapie
    • bei schwerem Verlauf bzw. Entwicklung einer Pneumonie zügige Einweisung ins Krankenhaus

Weitere Erkrankungen bei akutem Husten

  • Weitere von DEGAM und DGP als relevant angesehene Differenzialdiagnosen4,6
  • Bei bekannter Atopie, Rhinitis, Konjunktivitis und Allergenexposition an allergische Rhinosinusitis oder allergisches Asthma denken.
  • Pertussis: bellender Husten, besonders wahrscheinlich bei Erkrankungen im Umfeld, oft atypischer Verlauf bei Erwachsenen
  • Exazerbation einer COPD mit verstärkter Dyspnoe und Husten, Zunahme von Sputummenge und/oder Viskosität, Brustenge und gelegentlich Fieber
  • Akute kardiale Erkrankungen (Linksherzinsuffizienz, hypertensive Entgleisung) mit Lungenödem
  • Pleuritis sicca mit atemabhängigen Thoraxschmerzen, Fieber, trockenem Husten, Pleurareiben und erhöhten Entzündungsparametern

Allgemeine Beratung

  • Beratung kann bestehenden Fehlannahmen zu Ursachen, Dauer und Behandlung von Atemwegsinfekten entgegenwirken und das Behandlungsergebnis verbessern.4

DEGAM-Leitlinie: Husten4

  • Folgende Punkte unterstützen das Beratungsgespräch bei Patient*innen mit akutem Husten.
  • Erwartungen erfragen:
    • bei Wunsch nach Medikamentenverordnung Aufklärung über Wirksamkeit und Nebenwirkungen von Antitussiva und Antibiotika
  • Spontanverlauf
    • Hinweis auf Harmlosigkeit, Selbstlimitierung und mögliche längere Hustendauer nach Infekt (postinfektöser Husten)
  • Beratung zum Selbstmanagement
    • Rauchkarenz
    • Rezeptfreie Medikamente (OTC): Über Wirksamkeit und Kosten informieren, bei Dauermedikation auch Wechselwirkungen besprechen.
    • ausreichende Trinkmenge: v. a. bei fieberhaften Infekten
    • Es sind keine Vorteile von übermäßig erhöhter Flüssigkeitszufuhr und Inhalationen zu erwarten.
  • Arbeitsfähigkeit abklären:
    • Arbeitsunfähigkeit in Abhängigkeit von Symptomatik (z. B. bei Fieber) und Beruf (z. B. bei schwerer körperlicher Tätigkeit, Außendienst)
    • Ansteckungsgefahr z. B. bei V. a. COVID-19 und Influenza klären.
  • Bei Raucher*innen
    • verlängerte Krankheitsdauer und häufigere Infekte
    • Tumorangst abklären.
  • Wiedervorstellung
    • Sollte erfolgen, wenn der Husten länger als vermuteter Spontanverlauf andauert oder weitere Symptome (Red Flags) hinzukommen.
  • Infozept

Verlaufskontrolle

  • DGP: Bei akutem Husten sollten die Patient*innen 4 Wochen nach Konsultation befragt werden, ob der Husten abgeklungen ist.6

Prävention von akuten Atemwegserkrankungen

  • Gesicherte Präventionsmaßnahmen:4

Subakuter Husten bei Erwachsenen

Definition

  • Husten 3–8 Wochen (DEGAM) bzw. 2–8 Wochen (DGP)
  • Falls keine Alarmsymptome vorhanden sind, ist eine abwartende Haltung bis zu 8 Wochen ohne weitere Diagnostik akzeptabel.6
  • Meistens postviraler Genese6
    • länger anhaltender Infekt durch vor allem Adenovirus, Respiratory Syncytial Virus, Bordatella Pertussis und Influenzavirus11

Gefährliche Verläufe

Anamnese

  • Siehe Akuter Husten.
  • Siehe auch nachfolgenden Algorithmus (Quelle: S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten AWMF-Register-Nr. 020-003. Stand 2019, S. 66/67).
Subakuter_Husten.jpg

Körperliche Untersuchung

Wichtige Differenzialdiagnosen

  • Erkrankungsbeschreibungen laut DGP6

Pertussis

  • Typische Befunde
    • akut auftretender und charakteristischer „pertussiformer" langanhaltender Stakkato-Husten
    • bei erwachsenen Patient*innen typischerweise Erbrechen nach dem Husten und kein Fieber12
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Frage nach Impfstatus
      • Cave: Schutzwirkung der Impfwirkung kann im Laufe der Zeit verloren gehen!13
    • Direktnachweis von B. pertussis auf Agarplatte nach Anhusten
  • Therapie
    • Makrolid-Antibiotika

Postvirale Sinusitis

  • Typische Befunde
    • Schmerzen im Gesicht, Druckempfindlichkeit, zähflüssiges Nasensekret
    • biphasischer Verlauf über bis zu 12 Wochen möglich
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Diagnosestellung in aller Regel durch Anamnese und Untersuchungsbefunde möglich
    • Routinemäßig sollten keine bildgebenden Verfahren eingesetzt werden.
  • Therapie
    • symptomatische Behandlung mit NSAR, salinischen Spülungen, Wärmeanwendungen und Inhalationen

Postinfektiöser Husten

  • Typische Befunde
    • Hustenpersistenz nach akutem Infekt der oberen/unteren Atemwege
    • verschiedene Hypothesen zum Pathomechanismus
      • Epithelschädigung mit Offenlegung der „Irritant"-Rezeptoren der Bronchialschleimhaut
      • persistierende Entzündung
      • Steigerung der bronchialen Reaktionsbereitschaft mit Triggerung des Hustenreflexes
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Ausschlussdiagnose
  • Therapie
    • bei persistierender Entzündung und/oder bronchialer Hyperreagibilität Einsatz von inhalativen Glukokortikoiden (ICS)

DGP-Leitlinie: Zusammenfassung subakuter Husten6

  • Ursachen für einen subakuten Husten sind langsam abklingende virale und postvirale Sinusitiden, Infekte durch Bordatella pertussis oder Mycoplasma pneumoniae oder infektbedingte vorübergehende bronchiale Hyperreagibilität.
  • Falls keine Alarmsymptome vorliegen, ist eine abwartende Haltung bis zu 8 Wochen ohne weitere Diagnostik akzeptabel.
  • Bei subakutem Husten durch Bordatella pertussis sind Antibiotika nur in ersten 10 Tagen des Infektes wirksam.
  • Nur bei Vorliegen infektbedingter bronchialer Hyperreagibilität – meist mit erhöhten FeNO (Fraction of Exhaled Nitric Oxide) Werten – ist die ICS-Therapie wirksam.
    • Die Stickstoffmonoxid-Fraktion in der Ausatemluft ist ein Biomarker für die inflammatorische Aktivität in den Atemwegen14 (Anmerkung der Redaktion).
    • Subakuter postinfektiöser Husten infolge vorübergehender bronchialer Hyperreagibilität sollte mit inhalativen Kortikosteroiden oder mit inhalativen Beta2-Adrenergika jeweils für etwa 2 Wochen Dauer behandelt werden.
  • Phytotherapeutika, Dextrometorphan und Ambroxol – die bei akutem Husten in randomisierten kontrollierten Studien positive Ergebnisse gezeigt haben – können, allerdings ohne Evidenz, auch bei subakutem Husten verordnet werden.
  • Bei subakutem Husten sollen Patient*innen 4–8 Wochen nach der ersten Konsultation befragt werden, ob der Husten abgeklungen ist.

Chronischer Husten bei Erwachsenen

Definition

  • Husten > 8 Wochen

Gefährliche Verläufe 

  • Siehe Red Flags.
  • Von der DEGAM genannte gefährliche Verläufe:4
    • Neoplasien: insbesondere bei Raucher*innen (cave: Änderung der Hustenqualität) oder beruflicher Exposition zu Karzinogenen (z. B. Asbest); Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Leistungsminderung, Hämoptysen, Thoraxschmerz, Heiserkeit
    • Lungenembolie: kleine rezidivierende Lungenembolien z. T. schwer erkennbar, öfter bei Patient*innen mit Erkrankungen des Gerinnungssystems und malignen Erkrankungen, dominierende Symptome: Belastungsdyspnoe, schnelle Erschöpfung
    • Fremdkörperaspiration: mögliche Ursache für länger bestehenden Husten, insbesondere bei Kindern und älteren Menschen
    • Untere Atemwegsinfekte durch chronische Aspiration: vor allem bei Patient*innen nach Schlaganfall oder bei chronisch neurologischen Erkrankungen
    • chronische Linksherzinsuffizienz mit Lungenstauung: Belastungsdyspnoe, Beinödeme

Anamnese

DEGAM-Leitlinie: Husten4

  • Immer Erfragen bei chronischem Husten: Raucheranamnese
    • Eine amerikanische Leitlinie wertet folgende Konstellationen als abklärungsbedürftig:15
      • Rauchende Patient*innen > 45 Lebensjahre mit neu aufgetretenem Husten oder Veränderung des bestehenden Hustens oder gleichzeitiger Heiserkeit
      • Patient*innen > 55 Lebensjahre (aktuell rauchend oder Rauchstopp innerhalb der letzten 15 Jahre) mit mehr als 30 Pack Years
  • Zudem Erfragen von Cannabiskonsum
    • Cannabisraucher*innen husten häufiger und klagen vielfach über Luftnot, Giemen (Wheezing) und Thoraxschmerzen.
  • Weitere Fragen
    • Symptom Husten
    • weitere Symptome
      • Atembeschwerden: z. B. (Belastungs-)Dyspnoe, Stridor  
      • Schmerzen: Thorax, Kopf, Rachen
      • Fieber
      • ungewollter Gewichtsverlust
      • Refluxsymptome: Sodbrennen, Aufstoßen, epigastrische Schmerzen  
      • Überempfindlichkeit auf Duftstoffe, Kälte etc.
      • Stimmveränderung (Heiserkeit) und Veränderung des Sprechens
      • Husten im Zusammenhang mit Essen, Trinken und Hinlegen
    • Vorerkrankungen
    • Exposition (abgesehen von Rauchen, s.o.)
      • berufliche Noxen
      • Tierkontakte
      • Infekte des näheren Umfelds/Kontakt zu Kindergartenkindern
      • Migrations- und Reiseanamnese
    • Medikamente
      • hustenauslösende Medikamente (z. B. ACE-Hemmer)
      • bronchokonstriktorisch wirksame Medikamente (z. B. Betablocker)  
      • prothrombotisch wirksame Medikamente (z. B. Antikonzeptiva)  
      • lungentoxische Medikamente (z. B. Zytostatika, Amiodaron)
    • patientenspezifische Faktoren
      • Tuberkulose-Risikogruppe?
      • psychische Situation: z. B. Tumorangst
      • sprechbelastender Beruf
      • Berücksichtigung von Alter und Gebrechlichkeit
    • Beratung, u. a.:
      • Ernstnehmen des Problems
      • Aufklärung über Abklärungsalgorithmus.

Differenzialdiagnosen

  • Relevante Differenzialdiagnosen und ihre Charakteristika gemäß DGP und DEGAM4,6

Upper Airway Cough Syndrom

  • Umfasst persistierende allergische Rhinitis und nichtallergische, chronische Rhino-/Sinusitis mit oder ohne Nasenpolypen
  • Typische Befunde
    • Rhinorrhö
    • häufiges Räuspern („Freihusten“ vor dem Sprechen)
    • chronisch oder intermittierend behinderte Nasenatmung
    • bei Mundhöhleninspektion
      • pflastersteinartige Schleimhaut (submuköse kleine Lymphknoten der hinteren Rachenwand, auch als „Granulationen" bezeichnet)
      • mukopurulentes Sekret an Rachenhinterwand
    • „Frosch im Hals", Globusgefühl
    • Kopf-/Gesichtsschmerz
    • Riech- und Schmeckverlust
  • Diagnostisches Vorgehen
    • DGP: Meist ist eine Überweisung der Patient*innen in die HNO-Praxis erforderlich, da entsprechenden Untersuchungstechniken nicht zur Verfügung stehen.
    • Nasenendoskopie, im Einzelfall ergänzt durch Computertomografie oder digitale Volumentomografie
  • Therapie
    • Bei chronischer Rhinosinusitis Therapie topisch mit nasalen Glukokortikosteroiden für mindestens 6 Wochen
    • ggf. operative Maßnahmen

Chronische Erkrankungen von Pharynx und Larynx

  • Umfassen u. a. Pharyngitis sicca, Malignome, postoperative Defektzustände und seltener ösophagotracheale Fisteln
  • Typische Befunde
    • chronischer Husten mit Änderung des Stimmklangs (Heiserkeit, z. T. Aphonie)
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Überweisung zu Spezialist*innen zur Larynxendoskopie, ggf. in Kombination mit einer Stroboskopie und Elektromyografie des Larynx
  • Therapie
    • abhängig vom Befund topische Kortikosteroide, physikalische Maßnahmen (Inhalationen), mikrochirurgische und laserchirurgische Maßnahmen und/oder logopädische Therapie

Chronische Ohraffektionen

  • Typische Befunde
    • Irritation des N. auricularis kann Hustenreiz auslösen16, z. B. bei:
      • festsitzendem Zerumen
      • Fremdkörper
      • Manipulationen z. B. bei Gehörgangsekzemen
      • Tumoren.
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Otoskopie
  • Therapie
    • Entfernung der Reizursache des N. auricularis

VCD („Vocal Cord Dysfunction"), Pseudoasthma

  • Typische Befunde
    • intermittierend auftretende inspiratorische, ggf. auch exspiratorische Adduktion der Stimmbänder
    • Räusperzwang, Hüsteln und trockener Husten
    • Trigger durch Stress, Angstgastroösophagealen Reflux, Pharyngitis und Laryngitis
  • Diagnostisches Vorgehen
    • typische Anamnese
    • nach Möglichkeit Laryngoskopie im Anfall
  • Therapie
    • Aufklärung, logopädische, atemphysiotherapeutische und verhaltenstherapeutische Intervention

Chronische Bronchitis/COPD

  • Typische Befunde
    • Raucheranamnese sowie Passivrauchen oder (berufliche) Exposition gegenüber chemischen Noxen und organischen wie nichtorganischen Stäuben
    • Husten und Auswurf an den meisten Tagen des Jahres, jedoch mindestens 3 Monate lang in 2 aufeinander folgenden Jahren
    • bei COPD zusätzlich: Dyspnoe, auskultatorisches Giemen, verlängertes Exspirium
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Anamnese und körperliche Untersuchung
    • Lungenfunktionstest (Spirometrie)
      • Obstruktion?
    • Röntgen Thorax
  • Diagnose
    • Nichtobstruktive Bronchitis: keine Obstruktion, Röntgen Thorax unauffällig
    • Chronische Bronchitis: nur bei adäquater inhalativer Noxe (Rauchen, Schadstoffexposition am Arbeitsplatz) zu diagnostizieren.
  • Maßnahmen/Therapie
    • Rauchstopp
      • bei chronischer, nichtobstruktiver Bronchitis häufig erst Zunahme des Hustens, nach 48 Wochen jedoch Besserung
    • Siehe Artikel COPD.

Asthma

  • Typische Befunde
    • variable, anfallsartige Atemnot und Husten, insbesondere nachts und am frühen Morgen
      • oft im Zusammenhang mit Auslösern (z. B. Allergene, Atemwegsinfekte, körperliche Belastung)
    • teilweise zähglasiger Auswurf
    • im Anfall auskultatorisch Giemen, verlängertes Exspirium
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Anamnese und körperliche Untersuchung
    • Spirometrie
      • Obstruktion gut reversibel: (FEV1 > 15 %), variabel, episodisch
  • Maßnahmen/Therapie
    • Siehe für Stufentherapie Artikel über Asthma.

Husten als Asthmaäquivalent 

  • Synonyme: Husten infolge von bronchialer Hyperreagibilität, Cough-Type-Asthma, asthmoider Husten, Variant-Asthma
  • Häufigste oder zweithäufigste Ursache für chronischen Husten bei unauffälliger Bildgebung und Lungenfunktionstestung
  • Typische Befunde
    • trockener Husten mit unspezifischer bronchialer Hyperreagibilität, oft auch nachts
    • häufig positive Infekt- und/oder Allergieanamnese
    • mögliche Auslöser Temperaturwechsel, inhalative Reize, Lachen und Sport
    • Kardinalsymptome des Asthmas (Atemnot sowie Pfeifen und Brummen) fehlen.
  • Diagnostisches Vorgehen
    • bronchiale Hyperreagibilität im unspezifischen inhalativen Provokationstest (Metacholin)
    • Ansprechen auf antiasthmatische Therapie
  • Therapie
    • bei erwachsenen Patient*innen mit Husten und Verdacht auf zugrunde liegende bronchiale Hyperreagibilität probatorische Behandlung mit inhalativem Kortikosteroid (ICS) für 4 Wochen Dauer

Eosinophile Bronchitis

  • In bis zu 13 % der Fälle die Ursache für chronischen Husten
  • Typische Befunde
    • abgesehen von chronischem trockenem Husten keine spezifischen Symptome
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Nachweis Eosinophilie (> 3 %) im spontanen oder induzierten Sputum
    • DEGAM: Untersuchung nur in pneumologischen Zentren und Notwendigkeit erfahrener Spezialist*innen zur Auswertung
  • Therapie
    • probatorisch inhalative Kortikosteroide bei befundloser Lungenfunktionsdiagnostik

Bronchiektasie

  • Irreversibel dilatierte Bronchien mit entzündlicher Wandverdickung
  • Typische Befunde
    • Husten mit voluminösem Auswurf (mindestens > 30 ml, entsprechend 2 vollen Esslöffeln in 24 Stunden)
    • teilweise Hämoptoe
  • Diagnostisches Vorgehen
    • CT Thorax
    • mikrobiologische Sputumuntersuchung
  • Therapie
    • Physio- und Atemtherapie
    • Pharmakotherapie zur Sekretelimination
    • in Einzelfällen chirurgische Resektion, falls Bronchiektasen auf wenige Segmente begrenzt
    • Antibiotika bei Exazerbationen für mindestens 14 Tage
    • Bei ≥ 3 Exazerbationen im Jahr antibiotische Dauertherapie in Erwägung ziehen.

Medikamenteninduzierter Husten

  • Typische Befunde
    • Einnahme von Arzneimitteln, die Husten als mögliche Nebenwirkung haben, u. a.:
      • ACE-Inhibitoren: nichtproduktiver Husten mit irritierenden, kitzelnden oder kratzenden Empfindungen im Hals
      • Amiodaron: Bronchiolitis und interstitielle Lungenerkrankung
      • Betablocker: Bronchospasmen
      • inhalative Medikamente (Kortikosteroid, Beta-2-Adrenergika, Ipratropium): protussive Wirkung
      • Methotrexat, Bleomycin, Mitomycin C, Busulfan, Checkpoint Inhibitors (lungentoxische Chemo-/Immuntherapien)
      • Gliptine.
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Anamnese und körperliche Untersuchung
    • Auslassversuch
  • Therapie
    • Umstellung der Medikation
    • Nach Absetzen des ACE-Hemmers klingt der Husten in der Regel innerhalb von 1–4 Wochen ab.

Lungenfibrose

  • Typische Befunde
    • progrediente Belastungsdyspnoe
    • auskultatorisch feinblasige diskontinuierliche Geräusche dorsobasal („Fibroserasseln")
  • Diagnostisches Vorgehen
    • CT Thorax
    • Ausschluss anderer Ursachen einer interstitiellen Lungenerkrankung
  • Therapie
    • nichtmedikamentöse Maßnahmen wie Rauchstopp, körperliche Aktivität und Gewichtskontrolle
    • antifibrotische Medikamente (Pirfenidon, Nintedanib)
    • kurativ Lungentransplantation

Sarkoidose

  • Typische Befunde
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Röntgen Thorax und histopathologische Sicherung
    • ACE und löslicher IL2-Rezeptor als Aktivitätsmarker im Serum
  • Therapie
    • meist selbstlimitierend
    • bei komplikativem oder chronischem Verlauf Glukokortikoide

Gastroösophagealer Reflux (GERD)

  • Typische Befunde
    • Refluxbeschwerden: Sodbrennen, Aufstoßen
    • trockener, nichtproduktiver Husten mit nächtlicher oder postprandialer Komponente
  • Diagnostisches Vorgehen
    • primär anhand typischer Klinik oder auch mit Hilfe der deutschen Version des Hull Cough Hypersensitivity-Fragebogens (Wert ≥ 24)
    • Bei unklarer Anamnese: laryngoskopische Untersuchung mit geröteter Schleimhaut im hinteren Kehlkopfbereich
    • Bei Hustensymptomatik > 3 Monate unter leitliniengerechter Refluxtherapie ausführliche gastroenterologische Diagnostik (Endoskopie, Ösophagusmanometrie und 24h-Impedanz-pH-Metrie mit Symptomassoziation Reflux-Husten)
  • Therapie
    • diätetische und Verhaltensempfehlungen
      • Schrägstellung des Bettes
      • Gewichtsreduktion bei Übergewicht/Adipositas
      • moderate körperliche Aktivität
      • Nahrungskarenz bis zu 4 Stunden vor dem Einschlafen
      • Ernährungsumstellung: fettarme Kost, Vermeiden von Kaffee, Schokolade, Alkohol, Zitrusfrüchten, scharfen Gewürzen
      • Nikotinkonsum einstellen.
      • Kleine Mahlzeiten, langsam essen.
      • Engsitzende Kleidung vermeiden.
      • Kopfüber-Positionen, gebückter Haltung vermeiden.
    • Protonenpumpenhemmer nur bei Refluxsymptomatik
      • bei positiven Ergebnissen der Refluxdiagnostik hochdosierte PPI-Therapie mit 2 x täglicher Gabe über 60–90 Tage
      • Besserung der Hustensymptomatik oft erst nach 3 Monaten
      • Auslassversuch nach 1 Jahr empfohlen
      • Falls PPI-Therapie des refluxbedingten Hustens erfolgreich ist, sollte die Indikation zur chirurgischen Therapie geprüft werden.
        • Cave: Kritische Indikationsstellung, nur bei einwandfreiem Nachweis des pathologischen Refluxes, positiver pH-Metrie und nachgewiesener Korrelation zwischen Refluxepisoden und Symptom-Episoden!
        • Therapie der Wahl laparoskopische Fundoplicatio
      • Cave: Probetherapie einer gastroösophagealen Refluxkrankheit mit ausschließlich extraösophagealer Symptomatik (chronischer Husten ohne Sodbrennen oder Aufstoßen) soll nicht durchgeführt werden.

Tuberkulose

Somatisches Husten-Syndrom (früher psychogener oder habitueller Husten) und Husten-Tic

  • Typische Befunde
    • Somatisierung psychogener Belastung mit Husten
    • Patient*in beschäftigt sich überproportional mit Husten, misst ihm große Bedeutung zu.
  • Diagnostisches Vorgehen
    • Ausschlussdiagnose
  • Therapie
    • psychiatrische Intervention

Lungenkarzinom

Chronischer idiopathischer bzw. therapierefraktärer Husten

  • Bei bis zu 46 % der Patient*innen bleibt die Ursache des Hustens unklar bzw. Behandlung der vermuteten Ursache bringt keine Besserung.
    • Verhältnis Frauen zu Männer = 2:1
  • Diagnose soll nur gestellt werden, wenn in Kooperation mit Pneumolog*in und HNO-Ärzt*in keine therapierbare Ursache gefunden wird.
  • Ursächlich vermutlich Steigerung der Sensitivität des Hustenreflexes, die bei unterschwelligen Reizen zum Husten führt.
  • Nur symptomatische Therapie möglich, z. B. Inhalation von Lokalanästhetika
  • Bei Patientenwunsch, hohem Leidensdruck und umfassender Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen kann eine Therapie mit Gabapentin oder niedrig dosiertem Morphin angeboten werden.
    • Gabapentin hat laut der DEGAM in Bezug auf Toleranzentwicklung und Abhängigkeitspotenzial ein günstigeres Nebenwirkungsprofil und ist in Studien bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit ausführlicher untersucht als Morphin.4
    • empfohlene Dosierungen gemäß DEGAM4
      • Morphin: 10 mg als Retardmittel 1 x/d
      • Gabapentin: vorsichtige Aufdosierung (Start: z. B. 1 x 300 mg tgl.) angepasst an individuelles Ansprechen und Nebenwirkungen (Sehstörungen, Schwindel, Desorientiertheit und Mundtrockenheit).

DGP-Leitlinie: Zusammenfassung chronischer Husten6

  • Die häufigsten Erkrankungen, die sich mit chronischem (über mindesten 8 Wochen anhaltenden) Husten präsentieren, können durch Röntgenaufnahme der Thoraxorgane und Lungenfunktionsprüfung, die stets bei Erstuntersuchung dieser Patient*innen durchgeführt werden sollen, abgeklärt werden.
  • Vor weiterer Diagnostik ggf. ACE-Hemmertherapie probatorisch ersetzen.
    • Mit Ausnahme von Patient*innen, die ACE-Hemmer einnehmen (der dann ersetzt werden sollte), sind beim chronischen Husten gleich bei der ersten Vorstellung der Betroffenen Röntgenaufnahme der Thoraxorgane und Lungenfunktionsprüfung indiziert.
  • Wenn Röntgen- und Lungenfunktionsdiagnostik nicht richtungsweisend sind, an chronischen Husten getriggert durch Erkrankung im Bereich der oberen Atemwege, gastroösophagealen Reflux und Husten als Asthma-Äquivalent denken.
  • Bei weiterem diagnostischem Vorgehen ist an seltene Erkrankungen des Tracheobronchialsystems (einschließlich Bronchiektasie), Medikamente, die Husten auslösen können, Herzerkrankungen mit Lungenstauung, Pertussis, Tuberkulose und Frühstadien diffuser Lungenparenchym-Erkrankungen zu denken.
  • Die weiterführende Diagnostik umfasst meist Multislice-Computertomografie der Thorakalorgane einschließlich 1 mm Rekonstruktionen und ggf. Bronchoskopie.
    • Jede betroffene Person mit letztlich ungeklärt gebliebenem Husten sollte bronchoskopiert werden.
  • Wenn der chronische Husten bei Patient*innen mit Reflux, Asthma oder Sinusitis auf entsprechende Therapie nicht anspricht, liegt ein chronisch refraktärer Husten (CRC) vor. Häufig betroffen sind Frauen im mittleren Lebensalter. Ursache ist Steigerung der Sensitivität des Hustenreflexes, die zum Husten führt.
  • Bei einigen Patient*innen mit chronischem Husten findet sich keine Ursache und kein Trigger. Diese Personen leiden an chronisch idiopathischem Husten (CIC).
  • Antitussiva sollten beim chronischen Husten nur bei Pertussis oder gut kontrolliertem Asthma mit persistierendem Husten vorübergehend verwendet werden.
  • Inhalative oder nasale Kortikosteroide sollen nur für Indikationen Husten als Asthma-Äquivalent, eosinophile Bronchitis bzw. Rhinosinusitis (Upper Airway Cough Syndrom) verordnet werden.
  • Bei chronischem Husten soll 8–12 Wochen nach eingeleiteter Therapie der Therapieerfolg überprüft werden.
  • Siehe auch nachfolgenden Algorithmus (Quelle: S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patient*innen mit Husten AWMF-Register-Nr. 020-003. Stand 2019, S. 66/67).
Chronischer_Husten.jpg

Maßnahmen und Empfehlungen

  • Erheben und dokumentieren Sie regelmäßig den Raucherstatus Ihrer Patient*innen.
  • Motivationale Gesprächstechniken sind hilfreich, um einen Raucherstopp zu bewirken.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Weitere Informationen

Video

Illustrationen

Verschiedene Lungenerkrankungen
Verschiedene Lungenerkrankungen

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Akuter und chronischer Husten. AWMF-Leitlinie Nr. 053-013. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP). Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten. AWMF-Leitlinie Nr. 020-003. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
  • CHEST Expert Cough Panel (USA). Classification of Cough as a Symptom in Adults and Management Algorithms: CHEST Guideline and Expert Panel Report. Stand 2018. www.pubmed.gov

Literatur

  1. Lohnstein M, Eras J, Hammerbacher C. Der Prüfungsguide Allgemeinmedizin - Aktualisierte und erweiterte 3. Auflage. Augsburg: Wißner-Verlag, 2018.
  2. Schaufelberger M, Meer A, Furger P, Derkx H et al.. Red Flags - Expertenkonsens - Alarmsymptome der Medizin. Neuhausen am Rheinfall, Schweiz: Editions D&F, 2018.
  3. Fleischmann T. Fälle Klinische Notfallmedizin - Die 100 wichtigsten Diagnosen. München, Deutschland: Elsevier, 2018.
  4. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Husten. AWMF S3 Leitlinie Nr. 053-013. Stand 2021. www.awmf.org
  5. Benich JJ, Carek PJ. Evaluation of the patient with chronic cough. Am Fam Physician 2011; 84: 887-92. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP). Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten. AWMF-Leitlinie S2k Nr. 020-003. Stand 2019. www.awmf.org
  7. Song WJ, Chang YS, Faruqi S et al. The global epidemiology of chronic cough in adults: a systematic review and meta-analysis. Eur Respir J 2015; 45: 1479-1481. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Kanezaki M, Ebihara S, Nikkuni E et al. Perception of urge-to-cough and dyspnea in healthy smokers with decreased cough reflex sensitivity. Cough 2010; 6: 1 . www.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Kardos P, Malek FA. Common Cold - an Umbrella Term for Acute Infections of Nose, Throat, Larynx and Bronchi. Pneumologie 2017; 71: 221-6. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  10. Kardos P, Beeh KM, Sent U et al. Characterization of differential patient profiles and therapeutic responses of pharmacy customers for four ambroxol formulations. BMC Pharmacol Toxicol 2018; 19: 40-49. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  11. Weinberger R, Riffelmann M, Kennerknecht N et al. Long-lasting cough in an adult German population: incidence, symptoms, and related pathogens. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2018; 37: 665-672. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  12. Moore A, Ashdown HF, Shinkins B et al. Clinical Characteristics of Pertussis-Associated Cough in Adults and Children: A Diagnostic Systematic Review and Meta-Analysis. Chest 2017; 152: 353-67. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Roger B, Joan B, Ali R et al. Effectiveness of pertussis vaccines for adolescents and adults: case-control study. BMJ 2013; 347: 4249. www.bmj.com
  14. Miskoff JA, Dewan A, Chaudhri M. Fractional Exhaled Nitric Oxide Testing: Diagnostic Utility in Asthma, Chronic Obstructive Pulmonary Disease, or Asthma-chronic Obstructive Pulmonary Disease Overlap Syndrome. Cureus 2019; 11(6): e4864. www.ncbi.nlm.nih.gov
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Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Allgemeinmedizin, Frankfurt
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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