Zytomegalievirus

In der Regel verläuft eine Infektion mit dem Zytomegalievirus (CMV) ohne Symptome oder mit nur geringen, uneindeutigen Symptomen wie Halsschmerzen, Husten, Fieber, Kopfschmerzen und Müdigkeit. Bei einer erstmaligen Infektion in der Schwangerschaft kann die Infektion auf das ungeborene Kind übergehen und zu schweren Schäden führen. Auch immungeschwächte Personen können durch eine CMV-Infektion lebensbedrohliche Organschäden erleiden.

Was ist das Zytomegalievirus?

Definition

Das Zytomegalievirus (CMV) gehört zur Gruppe der Herpesviren und wird auch als humanes Herpesvirus 5 (HHV-5) bezeichnet. Wie alle Herpesviren verbleibt CMV nach der erstmaligen Infektion ein Leben lang im menschlichen Körper.

Die Infektion mit CMV verläuft bei immungesunden Personen in den meisten Fällen ohne oder mit leichten Symptomen wie Halsschmerzen, Husten, Fieber, Kopfschmerzen und Müdigkeit. Liegt jedoch eine Immunschwäche vor, kann die Infektion einen schweren Verlauf nehmen und z. B. zu Schäden der Netzhaut des Auges und der Lunge führen. Eine erstmalige Infektion während einer Schwangerschaft ist besonders gefürchtet, da eine Übertragung auf das ungeborene Kind in manchen Fällen zu schweren Organschäden beim Kind führen kann.

Symptome

In den meisten Fällen verläuft die Erkrankung symptomlos. In manchen Fällen bestehen bei einer CMV-Infektion auch nur uneindeutige Symptome eines viralen Infekts, z. B. Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Halsschmerzen und Husten.

Manche Betroffene zeigen das Bild einer Mononukleose, die oft nicht vom Pfeiffer-Drüsenfieber durch das Epstein-Barr-Virus (EBV) zu unterschieden ist. Es kommt zu Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen sowie zu Veränderungen der Zusammensetzung der weißen Blutkörperchen. Bei der CMV-bedingten Mononukleose treten weniger häufig Mandelentzündungen (Tonsillitis), Vergrößerungen der Milz (Splenomegalie), vergrößerte Lymphknoten, Hautausschläge und Blutarmut (Anämie) auf.

Ursachen

Die Erkrankung wird durch eine Infektion mit dem Zytomegalievirus hervorgerufen. Da das Virus nach einer erstmaligen Infektion in einigen Körperzellen verbleibt, kann es immer wieder zur Reaktivierung und Vermehrung des Virus kommen. Die Reaktivierung verläuft, ebenso wie die Erstinfektion, meist symptomlos. Eine Ansteckung durch einen Träger ist somit lebenslang möglich.

Das Virus kann in allen Körperflüssigkeiten vorhanden sein, z. B. Tränenflüssigkeit, Speichel, Urin, Genitalsekrete sowie Blut. Die Übertragungswege sind demnach Küssen, Sexualkontakte, Bluttransfusionen sowie Organ- und Knochenmarkstransplantationen. Da CMV auch in der Muttermilch ausgeschieden wird, werden mehr als 1/3 aller Säuglinge während des Stillens infiziert.

Die Inkubationszeit (Zeitraum zwischen Infektion und Krankheitsausbruch) beträgt 4−6 Wochen.

Risiko in der Schwangerschaft

Ein besonders hohes Risiko für das ungeborene Kind besteht bei einer Erstinfektion der Mutter während des ersten Schwangerschaftsdrittels. Innerhalb dieses Zeitraums wird das Virus in 1 von 5 Fällen auf den Fötus übertragen. Bei etwa der Hälfte der neu infizierten Ungeborenen kommt es zu schweren bleibenden Fehlbildungen. Im letzten Schwangerschaftsdrittel beträgt die Übertragungsrate auf das ungeborene Kind 80 %. In dieser Phase verursacht die Infektion aber vermutlich keine Schädigungen mehr.

Risikofaktoren

Vor oder nach der Geburt infizierte Kinder können bis zum 3. Lebensjahr oft hohe Virusmengen ausscheiden. Bei einigen hält die Virusausscheidung bis zum 8. Lebensjahr an. Es besteht deshalb ein hohes Übertragungsrisiko beim Kontakt zu Schwangeren oder Personen mit Immunschwäche.

Durch den engen Kontakt mit Infizierten, die eine hohe Viruslast aufweisen (z. B. Kleinkinder), sind einige Personengruppen gefährdeter als andere (z. B. Personen, die in Kinderbetreuungseinrichtungen arbeiten). Eine ausreichende Händehygiene durch das regelmäßige Waschen der Hände mit Seife und Wasser ist hier deshalb besonders wichtig.

Eine Immunschwäche durch Medikamente, z. B. nach einer Transplantation, oder durch Erkrankungen, z. B. HIV, begünstigt ebenfalls die Infektion mit CMV.

Häufigkeit

Zytomegalie ist die häufigste Virusinfektion bei Neugeborenen. Ca. 50 % der Bevölkerung hatten Schätzungen zufolge bereits einmal Kontakt zu CMV.

Untersuchungen

  • Besteht der Verdacht auf eine Infektion mit dem Zytomegalievirus (CMV), wird zunächst die Krankengeschichte erörtert (z. B. ob Kontakt zu Kleinkindern besteht).
  • Bei der ärztlichen Untersuchung werden Herz und Lunge abgehört, Haut und Schleimhäute in Mund und Rachen begutachtet und der Bauch abgetastet.
  • Ggf. wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, um eine vergrößerte Leber oder Milz zu erkennen.
  • Zudem wird Blut abgenommen und die Zusammensetzung der Immunzellen sowie Leberwerte überprüft.
  • Ggf. wird auch auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen CMV getestet (Serologie). Liegen Antikörper vor, deutet dies darauf hin, dass Kontakt zum Zytomegalievirus bestand. Je nach Art der Antikörper kann rückgeschlossen werden, ob eine Neuinfektion mit CMV vorliegt.
  • Eine aktive Virusinfektion kann auch mit einem PCR-Test bestätigt werden.
  • Ggf. wird auch auf Antikörper gegen andere Viren (u. a. EBV) getestet, da sie ein ähnliches Krankheitsbild hervorrufen können.
  • Eine Labortestung aller Schwangeren auf CMV ist in den Mutterschaftsrichtlinien nicht vorgesehen. Bei Schwangeren mit erhöhtem Risiko für eine CMV-Infektion, vor allem bei Schwangeren mit Kontakten zu Kindern unter 3 Jahren, wird die Bestimmung von CMV-Antikörpern empfohlen.

Behandlung

  • Bei immungesunden Personen ist in der Regel keine Behandlung nötig. 
  • Bei immungeschwächten Personen können bei einer CMV-Infektion sog. virostatische Medikamente (v. a. Ganciclovir) verabreicht werden, die die Vermehrung des Virus hemmen und in der Regel eine gute Wirkung zeigen.
  • Ein sog. Off-Label-Use, d. h. eine Anwendung trotz fehlender Zulassung für virostatische Medikamente bei Kindern unter 12 Jahren, ist bei infizierten Neugeborenen möglich.
  • Die virostatische Behandlung von Schwangeren und Stillenden wird nicht empfohlen.

Vorbeugung

  • Schwangere Frauen, die keine Antikörper gegen CMV besitzen (seronegativ sind), sowie immungeschwächte seronegative Personen sollten vorbeugende Maßnahmen ergreifen.
  • Vermeiden Sie den Kontakt mit Urin, Speichel und anderen Körperflüssigkeiten – besonders von Kleinkindern.
  • Bestand Kontakt zu möglicherweise infizierten Körperflüssigkeiten (z. B. beim Windelwechsel, Füttern, Waschen, Naseputzen und mit Spielzeug, das in den Mund genommen wurde), sollten die Hände gründlich mit Wasser und Seife gewaschen werden.
  • In Einrichtungen des Gesundheitswesens sollte zusätzlich Händedesinfektionsmittel mit begrenzt viruzider Wirksamkeit verwendet werden.
  • Auf eine gemeinsame Benutzung von Geschirr, Besteck, Zahnbürsten, Handtüchern und Waschlappen sollte verzichtet werden.

Prognose

Die Infektion bleibt lebenslang bestehen. Eine vorübergehende Reaktivierung der Infektion ist jederzeit möglich und verläuft ebenfalls meist symptomlos. Dann besteht erneut ein Ansteckungsrisiko für Kontaktpersonen.

Komplikationen

Bei Personen mit einer erworbenen (z. B. AIDS) oder angeborenen Immunschwäche oder unter immununterdrückender (medikamentöser) Therapie sowie bei Neugeborenen kann die Infektion Komplikationen hervorrufen und zahlreiche Organsysteme schädigen, z. B. Lunge (Pneumonie), Leber, Darm und Augen.

Bei einer CMV-Infektion im Mutterleib kann es beim Kind u. a. zu Hör- und Sehstörungen, Gehirnschäden, Lernschwierigkeiten oder Wachstums- sowie Entwicklungsverzögerungen kommen.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Zytomegalie. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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  2. Mombelli M, Manuel O. Cytomegalovirus infection. BMJ Best Practice. Last reviewed: 14 Jun 2022; last updated: 16 Feb 2022. bestpractice.bmj.com
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  8. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung („Mutterschafts-Richtlinien“). Zuletzt geändert am 16. September 2021; in Kraft getreten am 1. Januar 2022. www.g-ba.de