Cholera

Cholera ist eine bakterielle Erkrankung, die mit schwerem Durchfall einhergehen kann. Die Krankheit wird meist durch verunreinigtes Wasser übertragen; dabei kann es in Gegenden mit schlechten hygienischen Verhältnissen schnell zu Epidemien kommen.

Was ist Cholera?

Definition

Cholera ist eine akute Durchfallerkrankung, die durch das Bakterium Vibrio cholerae verursacht wird. Zwei Serogruppen (O1 und O139) sind dafür bekannt, die Krankheit zu verursachen. Cholera wird üblicherweise in Regionen mit schlechter hygienischer Situation übertragen und führt zu Flüssigkeitsmangel.

Symptome

Viele Betroffene entwickeln milde Beschwerden mit vorübergehendem leichtem Durchfall. Eine schwere Erkrankung wird durch plötzlich einsetzende, schwere und wässrige Durchfälle gekennzeichnet; das Durchfallvolumen kann bis zu 1 Liter pro Stunde umfassen. Der Stuhl ist grau und trübe („Reiswasserstuhl”) und ohne Stuhlgeruch, Blut oder Eiter. Es kann schnell zu einem Flüssigkeitsmangel, niedrigem Blutdruck und Kreislaufversagen kommen.

Der Schweregrad hängt von vielen Faktoren ab, vor allem von der lokalen Immunität in der Darmschleimhaut, von der Menge der Bakterien, die aufgenommen wurde, von der Wirksamkeit der Säurebarriere im Magen sowie von der Blutgruppe der infizierten Person.

Ursachen

Cholera wird meist durch verunreinigtes Wasser übertragen; dabei kann es schnell zu großen Epidemien kommen. Das Krankheitsbild wird durch ein vom Bakterium gebildetes Toxin (Gift) verursacht, das die Zellen in der Schleimhaut des Dünndarms befällt. Als Folge der Wirkung des Toxins scheidet der Darm große Mengen von Wasser und Salzen aus. Dies verursacht starke wässrige Durchfälle von bis zu 15 Litern pro Tag. Der ausgeprägte Flüssigkeitsverlust kann zum Tod führen.

Cholera kann auch über Lebensmittel übertragen werden, die mit kontaminiertem Wasser behandelt wurden. Bei der fäkal-oralen Ansteckung werden Keime aus dem Stuhl von Erkrankten über den Mund aufgenommen. Die Inkubationszeit, d. h. die Zeitspanne zwischen Ansteckung und Auftreten der Symptome, beträgt durchschnittlich 24 Stunden, kann aber von 2 Stunden bis zu 5 Tage dauern.

Häufigkeit

Cholera verursacht häufig Epidemien, vor allem in Südasien (Ganges-Delta-Region) und dort, wo sich viele Menschen auf engem Raum bei schlechten hygienischen Verhältnissen aufhalten. Epidemien treten besonders häufig nach Naturkatastrophen oder während Hungersnöten und Kriegen, z. B. in Flüchtlingslagern, auf. In Gebieten, in denen Cholera endemisch, also ständig weit verbreitet ist, treten die meisten Neuerkrankungen bei Kindern im Alter von 2–4 Jahren auf. In anderen Gebieten sind alle Altersgruppen betroffen. Die WHO schätzt, dass jedes Jahr 1,3–4 Millionen Menschen von Cholera betroffen sind, von denen 21.000–143.000 sterben.

Cholera ist stark saisonabhängig. In Bangladesch, wo die Krankheit endemisch ist, gibt es zwei Hauptrisikozeiten pro Jahr, die der heißen Jahreszeit vor und nach dem Monsun entsprechen.

Untersuchungen

  • Die Diagnose wird auf Grundlage der Symptome und der Information über eine Reise in endemische Gebiete oder einen Kontakt zu infizierten Personen der Patient*innen gestellt.
  • Anfänglich sind die Erkrankten unruhig und sehr durstig, beim späteren Volumenmangel werden sie apathisch und schließlich bewusstlos.
  • In der Regel tritt kein Fieber auf.
  • Anzeichen für Dehydrierung sind trockene Schleimhäute, stehende Hautfalten, eingefallene Augen und eine abnehmende Harnausscheidung.
  • Bei erheblichem Blutdruckabfall hat die betroffene Person bereits mehr als 10 % des Körpergewichts verloren.
  • Im Labor werden der Elektrolyt- und Säure-Basen-Status sowie die Nierenfunktion überprüft.
  • Die Bakterien können mikroskopisch in Stuhlproben oder in Erbrochenem nachgewiesen werden.

Behandlung

  • Die Behandlung zielt darauf ab, einen schweren Flüssigkeitsverlust aufgrund der Durchfälle zu verhindern. Die wichtigste Behandlungsmaßnahme ist die Zufuhr von Flüssigkeit, zuerst intravenös (in die Vene), anschließend wird die Flüssigkeit als Getränk verabreicht. Personen, die an einer milden Form der Erkrankung leiden, können mit einer Flüssigkeitszufuhr durch Trinken behandelt werden.
  • Sobald die Patient*innen essen können, d. h. wenn das Erbrechen nachgelassen hat, können sie langsam über mehrere Stunden feste Nahrung zu sich nehmen. Säuglinge und Kleinkinder, die noch gestillt werden, können auch während der Erkrankung weiterhin gestillt werden.
  • Bei Kindern kann eine Zinkzufuhr die Dauer des Durchfalls verkürzen.
  • Antibiotika können die Durchfallphase bei den am schwersten Erkrankten verkürzen.
  • Patient*innen mit milden Symptomen benötigen keine Antibiotika. Dies gilt auch für Personen, die nur Kontakt zu Cholera-Patient*innen hatten. Antibiotika sollten nicht präventiv verabreicht werden.

Vorbeugung

  • Trinkwasserhygiene ist am wichtigsten. Wenn Sie beabsichtigen, sich in Gebieten mit Cholera-Epidemie aufzuhalten, ist es wichtig, das verwendete Wasser zu kochen oder zu desinfizieren.
  • Essen Sie keine Schalentiere oder Salate.
  • Waschen Sie Obst und Gemüse mit desinfiziertem Wasser. Baden Sie nicht in Schwimmbecken und potenziell kontaminierten Gewässern.
  • Die Impfung wird nur bei besonderer Gefährdung empfohlen, z. B. bei Reisen in Cholera-Epidemiegebiete.
    • Der Totimpfstoff, der in Deutschland zugelassen ist, schützt zu 50–60 % während der ersten 2 Jahre nach der Impfung. Soll der Impfschutz länger anhalten, wird eine weitere Impfung nach 2 Jahren empfohlen.
    • Der Impfstoff wird als zweimalige Schluckimpfung bei Erwachsenen und dreimalige Schluckimpfung bei Kindern von 2–5 Jahren verabreicht. Für Kinder unter 2 Jahren ist der Impfstoff nicht zugelassen.
  • Bei Choleraerkrankten und Personen, die Choleravibrionen ausscheiden, kann z. B. für Personen in Küchen von Gaststätten durch das Gesundheitsamt ein Tätigkeits- und Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Choleraerkrankte in Gemeinschaftseinrichtungen dürfen keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort betreuten Personen haben.

Prognose

  • In 95 % der Fälle verläuft Cholera asymptomatisch.
  • Die meisten Erkrankten zeigen einen milden Verlauf mit wässrigen Durchfällen ohne bedeutsamen Flüssigkeitsmangel.
  • In schweren Fällen, die von einem starken Flüssigkeitsverlust geprägt sind, liegt die Sterblichkeit ohne Behandlung bei bis zu 60 %. Dabei kann der Verlauf so schnell sein, dass die erkrankte Person aufgrund des hohen Wasserverlusts innerhalb weniger Stunden stirbt.
  • Die meisten Todesfälle sind am ersten Tag zu verzeichnen.
  • Mit der richtigen Flüssigkeitszufuhr ist die Prognose sehr gut mit einer Überlebensrate von beinahe 100 %. Dies hängt aber davon ab, ob die Behandlung früh genug begonnen wurde.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Cholera. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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