Dengue-Fieber

Zusammenfassung

  • Definition:Das Dengue-Fieber ist eine durch das Dengue-Virus verursachte Viruserkrankung, die durch Gelbfieber- oder Tigermücken übertragen wird.
  • Häufigkeit:Sie kommt in über 100 tropischen und subtropischen Ländern vor; jährlich wird von bis zu 100 Mio. Erkrankungen ausgegangen.
  • Symptome:Das klassische Dengue-Fieber verursacht eine grippeähnliche Erkrankung mit Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Erythem und Exanthem. Beim hämorrhagischen Dengue-Fieber kommt es außerdem zu Ekchymosen.
  • Befunde:Fieber. Evtl. geschwächter Allgemeinzustand. Bei der Hälfte der Fälle tritt ein Exanthem auf. Bei hämorrhagischem Dengue-Fieber entstehen auch Ekchymosen und evtl. innere Blutungen.
  • Diagnostik:Nichtstrukturproteine sind ab dem 1. Fiebertag nachweisbar. IgM-Schnelltests fallen ca. ab dem 5. Tag positiv aus. Die serologische Untersuchung wird durch ein entsprechendes Labor durchgeführt.
  • Therapie:Die symptomatische Behandlung umfasst die Versorgung mit Flüssigkeit sowie ggf. die Gabe von Paracetamol zur Schmerzlinderung. Bei hämorrhagischem Dengue-Fieber ist die Einweisung in ein Krankenhaus notwendig. Ein Impfstoff zur Prophylaxe ist seit 2018 für Personen zugelassen, die in einem Endemiegebiet leben, und die früher bereits eine im Labor nachgewiesene Dengue-Infektion hatten.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Das Dengue-Fieber ist eine durch Dengue-Viren (DENV) verursachte Viruskrankheit, die durch die urbane Mücke Aedes aegypti oder die Tigermücke Aedes albopictus übertragen wird.1-2
  • Die Mückenarten, die das Virus übertragen, leben bevorzugt in oder in der Nähe von dicht besiedelten Gebieten und Städten und stechen – anders als Malaria übertragende Mückenarten – üblicherweise am Tag.
  • Eine Infektion mit Dengue-Viren kann in der Ausprägung von asymptomatisch oder einer undifferenzierten, fieberhaften Erkrankung über das klassische Dengue-Fieber und das hämorrhagische Dengue-Fieber bis hin zum Dengue-Schocksyndrom variieren.1
  • Das Dengue-Virus gehört zur Gattung der Flaviviren; es ist mit dem Gelbfiebervirus und dem Japanische-Enzephalitis-Virus verwandt.
    • Das Virus kommt in 4 Serotypen vor, DENV-1 bis DENV-4.
    • Die Serotypen sind genetisch unterschiedlich und haben verschiedene antigene Eigenschaften.
    • Die überstandene Krankheit immunisiert nur gegen den jeweiligen Serotyp; es ist daher theoretisch möglich, 4-mal neu infiziert zu werden.
  • Bei einer Erstinfektion treten in der Regel wenige Komplikationen auf (klassisches Dengue-Fieber), während es bei einer Zweitinfektion zum hämorrhagischen Dengue-Fieber und zum Dengue-Schocksyndrom kommen kann.
  • Das Dengue-Fieber ist meldepflichtig bei Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod bei hämorrhagischem Verlauf sowie bei direktem oder indirektem Erregernachweis in Verbindung mit einer akuten Infektion.

Häufigkeit

  • Geographische Ausbreitung siehe Karte des Centers for Disease Control and Prevention
  • Hochrechnungen zufolge geht man von weltweit 390 Mio. (95 % KI: 284–528) Dengue-Infektionen pro Jahr aus, von denen etwa 96 Mio. (95 % KI: 67–136) klinisch in Erscheinung treten.3
  • Inzidenz bei Reisenden
    • Die Inzidenz ist in endemischen Gebieten steigend.
    • Die meisten westeuropäischen Touristen infizieren sich in Südostasien, vor allem in Thailand, Malaysia, Indonesien und den Philippinen.4-5
    • Die Krankheit kommt auch in Süd- und Mittelamerika gehäuft vor; u. a. kam es 2007/2008 in Brasilien zu einer Epidemie.
      • In dieser Region treten die meisten Fälle üblicherweise während der Regenzeit zwischen Januar und Mai auf.
  • Das Dengue-Fieber ist heute eine der am häufigsten diagnostizierten tropischen Viruserkrankungen in Westeuropa und Nordamerika.6
  • In einer israelischen prospektiven Studie lag das Risiko bei ca. 0,3 % pro Aufenthaltswoche in endemischen Gebieten.7
  • In Deutschland schwanken die Fallzahlen je nach Reiseaktivität und Inzidenz in den Endemiegebieten. Im ersten Halbjahr 2019 wurden 634 Infektionen gemeldet.8
    • 2016 erstes Halbjahr: 649
    • 2013 gesamt: 8789
  • Als häufigste Infektionsländer werden vom Robert Koch-Institut Thailand und Indonesien angegeben, aber auch aus anderen Teilen Südostasiens, Süd- und Mittelamerika und Afrika werden Dengue-Fälle importiert.8

Hämorrhagisches Dengue-Fieber

  • Das hämorrhagische Dengue-Fieber ist ein häufiger Grund für Krankenhauseinweisungen in den endemischen Gebieten; bei Kindern in Südostasien ist es eine häufige Todesursache.
  • Das hämorrhagische Dengue-Fieber tritt am häufigsten bei Kindern unter 1 Jahr oder bei Kindern im Alter zwischen 7 und 15 Jahren auf; bei Erwachsenen ist es selten.6

Ätiologie und Pathogenese

  • Dengue-Virus
    • Das Dengue-Virus gehört zur Gattung der Flaviviren und ist eng mit dem Gelbfiebervirus, dem Japanische-Enzephalitis-Virus und dem Zika-Virus verwandt.
    • Es gibt 4 Serotypen (DENV-1 bis -4), die eng miteinander verwandt sind, jedoch haben diese unterschiedliche antigene Eigenschaften. Eine Infektion hat nur die lebenslange Immunität gegen den entsprechenden Serotyp zur Folge.1
  • Übertragung
    • Das Dengue-Virus wird durch Stiche der Mückenarten Aedes aegypti (ägyptische Tigermücke) und Aedes albopictus übertragen.
    • Für die Eiablage und Larvenentwicklung kann die Aedes-Mücke neben natürlichen Gewässern auch künstliche, kleine Wasserreservoirs nutzen, die sich z. B. in Altreifen, Blechdosen usw. bilden.
    • Die Aedes-Mücke sticht im Gegensatz zur Malaria-Mücke vor allem tagsüber. Sie lebt die meiste Zeit in Innenräumen in städtischen Gebieten.
    • Der Stich der Aedes-Mücke ist schmerzlos; im Gegensatz zum Stich der Malaria-Mücke juckt er jedoch meist.
    • Die Krankheit tritt während des ganzen Jahres auf, ist jedoch zur aktiven Mückensaison (bei Hitze) während oder kurz nach der Regenzeit am häufigsten.
  • Keine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch10
    • Der Mensch ist der Hauptwirt des Virus, aber auch Affen können als Wirt dienen.
    • Die Infektion ist nicht direkt von Mensch zu Mensch übertragbar, sondern nur über infizierte Mücken.
  • Hämorrhagisches Dengue-Fieber und Dengue-Schocksyndrom
    • Für diese Formen der Erkrankung sind akute und oft ausgeprägte kapillare Lecks charakteristisch. Zu den klinischen Symptomen gehören Blutdruckabfall, periphere Ödeme, Aszites und Pleuraerguss, wobei ausgeprägte Blutungen ungewöhnlich sind.
    • Hämorrhagisches Dengue-Fieber und Dengue-Schocksyndrom sind häufig der Grund für Krankenhauseinweisungen; bei Kindern in Südostasien sind diese Formen häufige Todesursachen.
    • Das hämorrhagische Dengue-Fieber tritt am häufigsten bei Kindern unter 15 Jahren auf und ist bei Erwachsenen seltener.6
    • Es tritt vor allem bei Menschen auf, die sich zum 2. Mal infiziert haben, nach Infektion mit einem anderen Serotyp oder nach Übertragung von Antikörpern im Mutterleib.
    • Es wird angenommen, dass die Blutungsneigung dadurch zustande kommt, dass die 4 Serotypen untereinander teilweise kreuzreagieren, ohne kreuzneutralisierende Antikörper zu erzeugen. In der Folge kommt es zu einer überschießenden Aktivierung von Zytokinen.11
  • Sekundärinfektion12
    • Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass das größte Risiko für die Entwicklung des hämorrhagischen Dengue-Fiebers oder des Dengue-Schocksyndroms bei einer Sekundärinfektion mit einem anderen Dengue-Serotyp als dem der Primärinfektion besteht.
    • Schwere Erkrankungen treten daher in erster Linie bei Patienten in hyperendemischen Gebieten auf, wo mehrere Serotypen gleichzeitig vorkommen.

Prädisponierende Faktoren

  • Aufenthalt in endemischen Gebieten
  • Die folgenden Faktoren sind für den weltweiten Anstieg der Inzidenz von Bedeutung:6,12-13
    • erhöhte Bevölkerungsdichte und geografische Ausbreitung der Mücke
    • unzuverlässige Bewässerungssysteme
    • wachsendes Abfallproblem
    • erhöhte Reichweite von Viren aufgrund der Luftfahrt
    • erhöhte Bevölkerungsdichte in urbanen Gebieten.
  • Die WHO schätzt, dass die Erhöhung der globalen Temperatur um 1,0–3,5 °C die Übertragungsrate des Virus durch die Verkürzung der externen Inkubationszeit in Mücken erhöhen könnte; dies könnte zu weiteren 20.000–30.000 Todesfällen im Jahr beitragen.13
    • Auch in Deutschland werden vermehrt lokale Tigermücken-Ansiedlungen gemeldet (Stand September 2019).14
  • Komorbiditäten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Allergien erhöhen möglicherweise das Risiko der Entwicklung des hämorrhagischen Dengue-Fiebers.

ICPC-2

  • A77 Virale Erkrankung NNB, andere

ICD-10

  • A97 Dengue
    • A97.0 Dengue ohne Warnzeichen
    • A97.1 Dengue mit Warnzeichen
    • A97.2 Schweres Dengue
    • A97.9 Dengue, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • In endemischen Gebieten meist klinische Diagnose
    • Kann unterschiedlich schwere, grippeähnliche Krankheitsbilder beinhalten, in der Regel stärkere Symptome bei wiederkehrenden Infektionen; oft mit typischen Hautausschlag.
    • Vor allem bei Fieber mit Exanthem, Transaminasenerhöhung und/oder Splenomegalie bei Reiserückkehrer*innen aus tropischen Ländern sollte an Dengue-Fieber gedacht werden.15
  • NS1 (Nichtstrukturprotein 1)
    • Ist zwischen dem 1. und 9./10. Tag nachweisbar.16
    • Wird von allen 4 Serotypen exprimiert.
  • Anstieg der Antikörper – erhöhte Titer erst nach ca. 5 (IgM) und 10–14 (IgG) Krankheitstagen
  • 4 Hauptmerkmale bei hämorrhagischem Dengue-Fieber:
    1. erhöhte vaskuläre Permeabilität
    2. Fieber
    3. Blutungen
    4. deutliche Thrombozytopenie (100.000 Zellen/mm3 oder niedriger).

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Die klinischen Manifestationen reichen vom spontan abklingenden Dengue-Fieber bis hin zum hämorrhagischen Dengue-Fieber mit Schocksyndrom, bei dem die Mortalität hoch ist.
  • Das Risiko einer schweren Erkrankung ist bei einer sekundären Infektion viel höher als bei der ersten Infektion mit Dengue.

Klassisches Dengue-Fieber

  • Inkubationszeit: 2–14 Tage, in der Regel 4–7 Tage
  • Kann nahezu asymptomatisch verlaufen oder auch mit atypischen Symptomen
  • Säuglinge und Kinder unter 15 Jahren
    • Können eine unauffällige Fiebererkrankung mit makulopapulösem Exanthem haben.
  • Bei Kindern über 15 Jahren und Erwachsenen
    • Zeigt sich das klassische Dengue-Fieber sich als grippeähnliche Erkrankung mit hohem Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit, Hautausschlag, Muskel- und Gelenkschmerzen.
    • Die Abwesenheit von Halsschmerzen und Husten hilft bei der Abgrenzung zum grippalen Infekt.18
    • Die Erkrankung beginnt häufig abrupt. Wegen der starken Schmerzen hinter den Augen, im Rücken und in den Extremitäten wird die Erkrankung auch als „Knochenbrecherfieber“ bezeichnet.1,6
    • Die initiale Fieberphase dauert in der Regel 5–7 Tage; häufig folgt darauf eine Remissionsphase von einigen Stunden bis zu 2 Tagen.
    • Bei ca. der Hälfte der Betroffenen kommt es zu Exanthemen der Haut (siehe Abschnitt Klinische Untersuchung); diese treten nach einigen Tagen auf, halten in der Regel 2–4 Tage an und können mit Juckreiz und Schuppenbildung einhergehen.4,19
    • Manche Patient*innen haben leichte Atemwegs- und Magenbeschwerden.
  • Postinfektiöser Krankheitsverlauf
    • Die akute Erkrankung dauert selten länger als 1 Woche, die Rekonvaleszenzphase kann jedoch lange dauern; sie wird häufig von Depressionen und Haarausfall begleitet.
    • Postinfektiöse Komplikationen sind laut einer norwegischen Studie die Regel; 4 Wochen nach dem akuten Krankheitsverlauf wurden Haarausfall, Depression und Fatigue bei jeweils 45 %, 50 % und 100 % der Fälle registriert.
    • In der Regel ist Haarausfall das letzte Symptom. Dazu kommt es in der Regel ca. 2 Monate, nachdem Patient*innen als „gesund“ eingestuft wurden; die Dauer des Haarausfalls wird mit ca. 1 Monat angegeben.

Hämorrhagisches Dengue-Fieber

  • Das Dengue-Fieber kann sich in seltenen Fällen zum hämorrhagischen Dengue-Fieber entwickeln, das von Blutungen in der Haut und den Schleimhäuten dominiert wird.
  • Es tritt in der Regel bei Kindern unter 15 Jahren und vorwiegend bei Einheimischen in Südamerika und Südostasien auf.
  • Es beginnt mit hohem Fieber und allgemeinen Symptomen, wie ein unkompliziertes Dengue-Fieber.
  • Die kritische Phase tritt nach 3–4 Tagen, gleichzeitig mit einem Temperaturabfall, ein.
    • petechialer Ausschlag und gastrointestinale Blutungen
    • gleichzeitige Hepatomegalie, häufig auch Kreislaufversagen
    • Aszites und Pleuraexsudat
  • Eine erneute Infektion mit einem anderen Serotyp des Dengue-Virus kann zur Entwicklung des hämorrhagischen Fiebers oder des Dengue-Schocksyndroms prädisponieren.6,20
    • Bei Ersterkrankungen kommen schwere Verläufe dagegen nur selten vor.21

Klinische Untersuchung

  • Gerötetes Gesicht
    • häufig während der ersten 24–48 Stunden
  • Hautveränderungen
    • Die Hälfte der Patient*innen entwickelt typische Hautveränderungen, die das Dengue-Fieber von Malaria, Gelbfieber und Grippe unterscheidet.
    • Man unterscheidet 2 verschiedene Arten der Hautveränderungen. Zunächst tritt ein diffuses Erythem auf, dann kommt es am 3.–4. Krankheitstag zu einem makulopapulösen oder scharlachartigen Exanthem.
    • Das Exanthem hält 2 Stunden bis mehrere Tagen an; gelegentlich folgt darauf eine Abschuppung.
    • Das Exanthem zeigt die Rekonvaleszenzphase an und geht nicht in hämorrhagische Komplikationen über.
  • Petechien
    • Gelegentlich entstehen unmittelbar vor der kritischen Temperatursenkung Petechien; diese können generalisiert sein.
      • Das Befallsmuster auf der Haut weist in ca. 80 % aller Fälle sehr charakteristische, fast pathognomonische Aussparungen auf.
      • Gleichzeitig tritt auch Thrombozytopenie auf.
    • Die Petechien treten zunächst dorsal an Händen und Füßen auf und verbreiten sich dann auf Arme, Beine, Rumpf und Hals, jedoch selten auf das Gesicht.
    • Blutungsneigung, Ekchymosen, blutiges Erbrechen oder blutiger Stuhlgang weisen auf die Entwicklung des hämorrhagischen Dengue-Fiebers hin.
  • Schockentwicklung
    • Blutungen, Ödeme, fallender Blutdruck und Bewusstseinsstörungen weisen auf die Entwicklung des Dengue-Schocksyndroms hin.
  • Weitere Befunde
    • Weitere Befunde können unter anderem Lymphadenopathie, Hepatomegalie, injizierte Bindehäute und ein entzündeter Rachen sein.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Blutuntersuchungen
    • Leukopenie und Thrombozytopenie sind typisch.
    • Außerdem sind leicht erhöhte Transaminasen (GOT, GPT) feststellbar.
  • Rumpel-Leede-Test (Tourniqet-Test)6
    • Ist bei 50–80 % der Patient*innen mit Dengue-Fieber positiv, dagegen nur bei < 5 % bei Patient*innen mit Malaria und anderen wichtigen Differenzialdiagnosen.
    • Eine Blutdruckmanschette am Oberarm anlegen. Der Druck wird 5 Minuten lang mittig zwischen dem systolischen und diastolischen Blutdruck aufrechterhalten (dies ist für die Patient*innen leider schmerzhaft). Danach wird die Anzahl der Petechien gezählt, die auf einer 2,5 cm x 2,5 cm großen Fläche in der Ellbogenbeuge sichtbar sind; bei einem positiven Test sind > 20 Petechien zu finden.

Diagnostik beim Spezialisten

  • Erregernachweis und Serologie10,22
    • Erregernachweis im Blut über PCR nur in den ersten 4–5 Tagen nach Symptombeginn möglich
    • Das Dengue-NS1-Protein ist etwa 9–10 Tage lang ab Fieberbeginn nachweisbar.
    • Immunglobuline (auch als Schnelltest)
      • IgM etwa ab dem 5. Krankheitstag
      • IgG ab dem 10.–14. Tag

Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung

  • In den meisten Fällen werden die Absprache mit Infektiolog*innen oder Tropenmediziner*innen und möglicherweise die sofortige Überweisung empfohlen. Die Differenzialdiagnostik zur Unterscheidung von anderen potenziell schädigenden Erkrankungen (wie Malaria, Typhus) kann schwierig sein.
  • Bei Verdacht auf das hämorrhagische Dengue-Fieber oder das Dengue-Schocksyndrom sollte eine rasche Klinikeinweisung erfolgen.

Therapie

Therapieziele

  • Symptome lindern und unterstützend behandeln.

Allgemeines zur Therapie

  • Es handelt sich um eine symptomatische Behandlung. Es gibt keine spezifische Behandlung.
  • Bei unkompliziertem Dengue-Fieber
    • Ausschließlich symptomatische Behandlung; es gibt keine spezifische, antivirale Behandlung.
    • Flüssigkeitszufuhr, ggf. intravenös
    • ggf. Paracetamol als Schmerzmittel (ASS ist kontraindiziert)
    • schrittweise Erhöhung des Aktivitätsniveaus während der Rekonvaleszenzphase
  • Bei hämorrhagischem Dengue-Fieber
    • Ist ein Krankenhausaufenthalt und die Behandlung mit intravenösen Flüssigkeiten, evtl. auch mit Blutprodukten sowie ggf. weitere Intensivmaßnahmen erforderlich.
  • Auf Reisen12
    • Bei den meisten Tourist*innen aus nichtendemischen Ländern ist das Risiko, am hämorrhagischen Dengue-Fieber zu erkranken, sehr gering, da sie dem Dengue-Virus zuvor nicht ausgesetzt waren.
    • Immigrant*innen aus endemischen Gebieten, die später in ihr Herkunftsland zurückkehren und Personen, die häufig in solche Länder reisen, können Ausnahmen darstellen.

Medikamentöse Therapie

  • Behandlung mit Schmerzmitteln und bei Bedarf fiebersenkenden Mitteln
    • Paracetamol: 3–4 x 1 g für Erwachsene
    • Paracetamol-Mixtur 24 mg/ml: 3 x 15 mg/kg für Kinder
  • Bei Flüssigkeitsbehandlung
    • strenge Überwachung des Flüssigkeitshaushalts durch wiederholte Untersuchungen von Hämatokrit, Blutdruck, Puls und Urinmenge

Prävention

Mückenstichprophylaxe

  • Für Reisende in endemische Gebiete ist es wichtig, Mückenstiche zu vermeiden.
  • Im Gegensatz zur Malaria-Mücke, die am Abend und in der Nacht aktiv ist, kann Aedes aegypti jederzeit stechen, besonders in Innenräumen und an schattigen Orten.
  • Die Mücke gedeiht besonders in urbanen Regionen, sodass das Risiko einer Infektion auch in Großstädten besteht.
  • Schützende Kleidung tragen.
    • dunkle Oberbekleidung mit langen Ärmeln, lange Hosen und Socken
  • Insektizide/Insektenschutzmittel verwenden, die Diethyltoluamid (DEET) enthalten.
    • Diese Mittel sollten auch tagsüber verwendet werden; mehrmals täglich einreiben, wenn man schwitzt.
    • besondere Vorsicht sowohl in ländlichen als auch in städtischen Umgebungen besonders in den frühen Morgenstunden und in der Abenddämmerung
  • Moskitonetze
    • Unter mit Permethrin imprägnierten Moskitonetzen schlafen und auch die Kleidung mit Permethrin einsprühen.
  • Ggf. Insektenschutzmittel in der Unterkunft versprühen.
  • Lokale Maßnahmen sind u. a. die Drainage von Wasserreservoirs und das Besprühen der Brutstätten der Mücken mit Insektiziden.
  • Während der Reise dem Rat der örtlichen Gesundheitsbehörden folgen.

Personen, die schon einmal am Dengue-Fieber erkrankt waren

  • Diese haben ein erhöhtes Risiko, bei einer erneuten Infektion an der hämorrhagischen Variante zu erkranken und sollten daher besonders darauf achten, Mückenstiche zu verhindern.
    • Der hämorrhagische Krankheitsverlauf wird unter Touristen jedoch nur sehr selten beschrieben.

Impfung

  • Zulassung23
    • Seit Oktober 2018 ist ein tetravalent gegen alle 4 Denguevirus-Serotypen gerichteter Impfstoff zugelassen.
      • Die Zulassung erstreckt sich auf Personen im Alter von 9–45 Jahren, die in einem Endemiegebiet leben und zuvor bereits eine laborbestätigte Dengue-Infektion durchgemacht haben.
      • Zu den Endemieregionen im Zuständigkeitsgebiet der Europäischen Zulassungsbehörde zählen die französischen Übersee-Departements und -Körperschaften wie La Réunion oder Guadeloupe.
      • Für Personen, die in Endemiegebieten außerhalb der EU leben, gelten die Zulassungs­bestimmungen des jeweiligen Landes.
    • Die Anwendung bei Reisenden wäre ein Off-Label-Use.
  • Das Impfschema umfasst 3 Impfdosen (0–6–12 Monate).
  • Wirksamkeitsnachweis
    • Eine Phase-III-Studie in 5 asiatischen Ländern zum tetravalenten Impfstoff ergab durch die Impfung einen Rückgang der Erkrankungen um 56 % (Ib).24
      • Die geimpften Personen gehörten der Altersgruppe zwischen 2 und 14 Jahren an; sie erhielten insgesamt 3 Dosen: jeweils eine nach 0, 6 und 12 Monaten.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Das klassische Dengue-Fieber ist eine selbstlimitierende fieberhafte Erkrankung.
  • Hämorrhagisches Dengue-Fieber
    • Kann in seltenen Fällen tödlich verlaufen.
    • Auch hier ist die Prognose im Allgemeinen gut, die Rekonvaleszenzphase kann jedoch lang sein.

Komplikationen

  • Während der Akutphase können in seltenen Fällen eine aseptische Meningitis, Beeinträchtigungen des Sehvermögens, Myokarditis und andere schwere Komplikationen auftreten. Schwere Blutungen kommen auch bei Erstinfektionen vor.19-20,25
  • Die aseptische Meningitis erfordert eine spezielle Therapie in Zusammenarbeit mit Neurologen.25-26
  • Postinfektiöse Probleme
    • Als langanhaltende, postinfektiöse Beschwerden können Fatigue, Konzentrationsstörungen und Depressionen über Monate nach der Infektion anhalten; insbesondere bei Erwachsenen.

Prognose

  • Bei zuvor gesunden Menschen ist die Prognose gut.
  • Das Dengue-Fieber ist in der Regel selbstlimitierend; die Sterblichkeit liegt bei < 1 %.
  • Immunität
    • Eine Erkrankung führt zu lebenslanger Immunität gegen den jeweiligen Serotyp (Typ 1–4), jedoch nicht zur Kreuzimmunität.
  • Hämorrhagisches Dengue-Fieber und Dengue-Schocksyndrom
    • Die Prognose ist abhängig von der Prävention oder Früherkennung und Behandlung des Schocks.16
    • Die Letalität variiert zwischen 2,5 % und 5 %, kann jedoch bei einer optimalen Intensivbehandlung auf ca. 1 % verringert werden.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Die Vorbeugung gegen Mückenstiche ist wichtig.
  • Die Mücke Aedes aegypti ist auch tagsüber aktiv; insbesondere morgens und gegen Abend.
  • Verbreitung der Mücken auch in Stadtgebieten, besonders in der Nähe von offenen Wasseransammlungen, etwa auch in Regentonnen, Tümpeln oder Pfützen.
  • Bei unklarem Fieber in tropischen Gebieten immer ärztlichen Rat suchen. ASS ist kontraindiziert.
  • In der Regel gutartige Erkrankung mit evtl. langer Rekonvaleszenzphase

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinie

  • Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Virale Meningoenzephalitis. AWMF- Leitlinie Nr. 030-100. S1, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

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Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Birgit Wengenmayer, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Freiburg

Frühere Autor*innen

  • Mogens Jensenius, overlege og dr. med., spesialist i indremedisin og infeksjonssykdommer, Infeksjonsmedisinsk avdeling, Ullevål universitetssykehus, Oslo
  • Svein Gunnar Gundersen, Professor og dr. med, spesialist i indremedisin og infeksjonssykdommer, Sørlandet sykehus HF, Kristiansand

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