Toxoplasmose

Zusammenfassung

  • Definition:Infektion mit dem Parasiten Toxoplasma gondii. Übertragung über Katzenkot, Fleisch, verunreinigtes Gemüse oder Trinkwasser oder plazentar.
  • Häufigkeit:Toxoplasma gondii kommt weltweit vor, die Seroprävalenz liegt zwischen 20,0 % in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen (18–29 Jahre) und 76,8 % der Älteren.
  • Symptome:Infektion bei 80 % asymptomatisch. Kann zu Fieber und einer influenzaähnlichen Erkrankung führen. Bei Immunsupprimierten sind schwere Krankheitsbilder möglich. Bei Schwangeren kann die Ansteckung zu einer Erkrankung des Fetus führen mit dem Risiko einer frühen spontanen Fehlgeburt oder angeborenen Hirn- oder Sehschäden.
  • Befunde:Ggf. Lymphknotenschwellungen, Fieber; in schweren Fällen Enzephalitis, interstitielle Pneumonie, Leberbefall, okulärer Beteiligung, Multiorganbefall.
  • Diagnostik:Serologischer Nachweis spezifischer Antikörper.
  • Therapie:Bei immunologisch gesunden Personen keine Behandlung. Antibiotika werden bei Ansteckung in der Schwangerschaft individuell erwogen. Immunsupprimierte Personen werden mit Antibiotika behandelt.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die Toxoplasmose ist eine Infektion mit dem Parasiten Toxoplasma gondii, der zu den Protozoen gehört.1
  • Eine Infektion kann beim Menschen vielzählige Symptome aufweisen.
  • Eine akute Infektion verläuft bei immunkompetenten Personen meist asymptomatisch, kann aber zur lebenslangen Persistenz von Zysten im Gewebe führen.2
  • Bei Menschen mit eingeschränktem Immunsystem kann es durch eine akute Infektion oder Reaktivierung einer latenten Infektion zu schwerwiegenden neurologischen (insbes. reaktivierte Toxoplasma-Enzephalitis)3 oder ophthalmologischen Erkrankungen kommen.4
  • Eine Ansteckung während oder kurz vor der Schwangerschaft kann, abhängig vom Zeitpunkt der Infektion, zu Fehlgeburt, Totgeburt oder Fehlbildungen oder auch Augenbeteiligung und psychomotorischer Retardierung beim Kind führen (kongenitale Toxoplasmose).

Häufigkeit

  • Toxoplasma gondii kommt weltweit vor, vor allem in warmen und feuchten Gegenden.
  • Ca. 30 % der Weltbevölkerung sind mit Toxoplasma gondii infiziert.5 
  • In den Jahren 2008–2011 lag in Deutschland die Seroprävalenz bei 20,0 % in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen (18–29 Jahre) und steigt mit dem Alter auf 76,8 % bei den Senior*innen (70–79 Jahre).5 
  • Die T.-gondii-Seroprävalenz bei Erwachsenen in Deutschland  betrug 2016 49,1 %.6
  • Männer sind häufiger betroffen.
  • Geschätzt treten Infektionen bei ca. 1 % aller Schwangeren bzw. 1,3 % aller seronegativen Schwangeren auf, und bei ca. 1.300 Feten pro Jahr besteht eine Infektion bzw. ca. 340 Neugeborene pro Jahr haben eine symptomatische Toxoplasmose.7
  • Vegetarier*innen sind seltener betroffen.

Ätiologie und Pathogenese

  • Toxoplasmosis gondii ist ein Protozoon, das intrazellulär lebt.
    • Es zählt zu den am häufigsten vorkommenden Parasiten.
  • Katzen sind die Endwirte der Toxoplasmen, in ihrem Darmepithel findet die geschlechtliche Vermehrung der Parasiten statt.4
  • Durch Gartenarbeit oder Kontakt zu Katzen oder Katzenkot kann es zur Aufnahme von sporulierten Oozysten kommen.
  • Aus den Oozyten entstehen im Darmtrakt der Zwischenwirte, zu denen auch der Mensch gehört, die Tachyzoiten, hieraus wiederum bilden sich die Bradyzoiten, die in Zysten insbesondere im Gehirn, in der Retina und in der Skelett- und Herzmuskulatur jahrelang persistieren können.
  • Als Zwischenwirt können auch andere Warmblüter (Schweine, andere Schlachttiere und Geflügel) dienen, sodass eine Infektion durch Aufnahme von rohem oder ungenügend behandeltem, zystenhaltigem Fleisch bzw. Fleischprodukten möglich ist.
  • Ansteckung von Mensch zu Mensch erfolgt im Prinzip nur vertikal, d. h. über die Plazenta von der Mutter auf das Kind. Dies kann nur geschehen, wenn eine Frau sich im Lauf der Schwangerschaft zum ersten Mal infiziert.
    • Das größte Gesundheitsrisiko für ein konnatal infiziertes, symptomatisches Kind besteht bei Serokonversion in der 24.–30. Schwangerschaftswoche.7
  • Eine Parasitenübertragung bei Transplantation oder versehentlicher Inokulation ist ebenfalls möglich.
    • Das höchste Risiko für eine Reaktivierung besteht bei seropositiven Empfängern allogener, seronegativer Stammzelltransplantate mit einer hohen Mortalitätsrate.3
  • Die Inkubationszeit beträgt 2–3 Wochen.
  • Unter hochpotenten Immunsuppressiva, z. B. TNF-Blockern, tritt eine klinisch relevante, reaktivierte Toxoplasmose bislang nur in wenigen Fällen auf.3

Prädisponierende Faktoren

  • Immuninsuffizienz
  • Eine Infektion bei HIV steht eng mit der Anzahl der CD4-Zellen in Verbindung.
  • Adipositas5
  • Bewohner*innen kleinerer Gemeinden
  • Katzenhaltung
  • Mangelhafte Küchenhygiene

Pathophysiologie

  • Es werden verschiedene Formen der Toxoplasmose beobachtet.4
  • Die akute Toxoplasmose bei immunkompetenten Personen verläuft meist asymptomatisch, oder es kommt zu einer grippeähnlichen Erkrankung mit Fieber und Lymphadenitis, die selbstlimitierend ist.
  • Bei immunsupprimierten Personen kann die Toxoplasmose entweder akut oder durch Reaktivierung zu einem lebensbedrohlichen Krankheitsbild führen mit Enzephalitis, interstitiellen Pneumonie, Leberbefall, okulärer Beteiligung (Chorioretinitis/Retinochorioiditis toxoplasmotica) oder im Rahmen einer disseminierten, generalisierten Form zu einem Multiorganbefall.
  • Bei einer Erstinfektion während einer Schwangerschaft kann es beim Fetus zu einer pränatalen Toxoplasma-Infektion kommen. Je nach Zeitpunkt der Infektion nach der Gestation, der Infektionsdosis, der Erregervirulenz und der immunologischen Kompetenz der Mutter kommt es zu folgenden Problemen:
    • Im 1. Trimenon kommt es meist zu einem Abort.
    • Spätere Infektionen können zu neonataler Wachstumsretardierung, Hydrozephalus und intrazerebrale Verkalkungen führen.
    • Am häufigsten kommt es zu einer Retinochoroiditis, die zur Erblindung führen kann.
    • Die Inzidenz der transplazentaren Infektion ist im 3. Trimenon am höchsten, allerdings sind dann die Symptome beim Kind perinatal am geringsten ausgeprägt, es kann jedoch auch noch später zu Lernstörungen und neurologischen Folgeschäden oder auch okulärer Beteiligung kommen.2
  • Die okuläre Toxoplasmose manifestiert sich als Retinochoroiditis mit nekrotisierenden Entzündungen von Netz- und Aderhaut.
    • In den meisten Fällen entsteht die Infektion während der Geburt, aber auch durch Aktivierung bestimmter Serotypen der Toxoplasmen kommt es zu einer Augenbeteiligung.8

ICPC-2

  • A78 Infektionskrankheit IKA

ICD-10

  • P37.1 Toxoplasmose, angeboren
  • B58 Toxoplasmose
    • B58.0 Toxoplasma-Okulopathie
    • B58.1 Toxoplasmahepatitis
    • B58.2 Toxoplasmameningocephalitis
    • B58.3 Pulmonale Toxoplasmose
    • B58.8 Toxoplasmose mit anderer spezifizierter Organaffektion
    • B58.9 Toxoplasmose, unspezifiziert

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die akute postnatale Toxoplasmose-Infektion verläuft manchmal wie eine grippeähnliche Erkrankung, meist aber asymptomatisch, kann aber zu lebenslang persistierenden Zysten im Gewebe führen. Diese können nach Reaktivierung Lymphadenopathie, Enzephalitis, Myokarditis, interstitielle Pneumonie oder Retinochoroiditis hervorrufen.
  • Kongenital infizierte Kinder können ein breites Spektrum von Störungen aufweisen, können aber auch zunächst völlig asymptomatisch sein:

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Verzehr von kontaminiertem Fleisch oder Gemüse, Auslandsaufenthalt, Kontakt mit Katzen?
  • Mehr als 80 % aller Infektionen verlaufen symptomfrei.
  • Vorbestehende Erkrankungen, insbesondere immunsupprimierende Erkrankungen
  • Unwohlsein, Fieber, influenzaähnliche Krankheit, Müdigkeit
  • Geschwollene Lymphknoten bei ca. 10 %
  • Myalgien, Nacken-Hals-Schmerzen
  • Arthralgien
  • Kopfschmerzen

Klinische Untersuchung

Primäre Infektion

  • Leichtes Fieber
  • Häufigster Befund: nicht schmerzende, geschwollene Lymphknoten
  • Die Patient*innen können einen makulopapulären oder urtikariellen Hautausschlag entwickeln.

Kongenitale Infektion

  • Als typische Trias einer konnatalen Toxoplasmose gelten Hydrozephalus, intrazerebrale Verkalkung und Chorioretinitis oder Mikrophthalmie.
  • Weitere Manifestationen bei kongenitaler Infektion sind:
    • Mikrozephalie7
    • geistige und psychomotorische Entwicklungsstörungen
    • Lernschwäche
    • Epilepsie
    • Strabismus.

Chorioretinitis

  • Strabismus und Nystagmus (eher bei Kleinkindern)
  • Visusminderung
  • Glaskörpertrübungen
  • Bei okulärer Toxoplasmose liegt ein typischer Retinabefund vor, ggf. ist der Nachweis intraokulärer Antikörper bzw. PCR im Kammerwasser- oder Glaskörperproben möglich.3

Reaktivierte Krankheit bei immunsupprimierten Personen

  • Die Infektion kann sich in spezifischen Organen (am häufigsten in Gehirn, Lunge oder Augen, es können jedoch auch Herz, Magen-Darm und Leber betroffen sein) oder als disseminierte, generalisierte Krankheit zeigen.
  • Besonders Patient*innen mit AIDS bekommen oft fokale oder diffuse intrazerebrale Läsionen. Diese sind häufig mit folgenden klinischen Befunden assoziiert:

Ergänzende Untersuchungen 

Serologische Tests

  • Antikörpernachweis aus Serum oder Plasma mit quantitativer Bestimmung von IgG- und IgM-Antikörpern.
    • Sind beide Tests negativ, dann besteht weder eine Infektion noch eine Immunität.4
    • Bei jeder Schwangeren mit positivem Toxoplasma-IgM-Antikörperbefund sollte nach ca. 14 Tagen eine serologische Kontrolle erfolgen.
    • Eine serologische Überprüfung auf Toxoplasmose gehört zur Basisdiagnostik einer neu aufgetretenen HIV-Erkrankung.9 
    • Zum Toxoplasma-Abklärungsverfahren zählen die Bestimmung der Avidität von IgG-Antikörpern, die IgA-Antikörperbestimmung, der Immunoblot und quantitative Untersuchungsverfahren.
  • Direkter Erregernachweis per PCR (Polymerasekettenreaktion) aus Gewebe oder Körperflüssigkeiten (ggf. Fruchtwasser und Nabelschnurblut) kann die Diagnose sichern.

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • CT oder MRT werden eingesetzt, um die typischen zentralnervösen Läsionen bei ZNS-Infektion nachzuweisen.10
  • Ein Röntgenthorax kann eine interstitielle Pneumonie aufzeigen.

Indikationen zur Überweisung

  • Die akute Toxoplasmose bei immunkompetenten Personen bedarf keiner speziellen Therapie, die Behandlung aller weiteren Toxoplasmose-Infektionen sollten Spezialist*innen übernehmen.

Therapie

Therapieziele

  • Die akute Infektion bekämpfen und Folgeschäden minimieren.
  • Evtl. Übertragung auf den Fetus verhindern.
  • Schäden beim Fetus vorbeugen.
  • Schwere Infektion und Tod bei immunsupprimierten Patient*innen verhindern.
  • Eine unkomplizierte Infektion bei Personen mit gesundem Immunsystem bedarf der Überwachung, aber keiner Therapie.4

Allgemeines zur Therapie

  • Bei einer aktiven Toxoplasma-Infektion bei immunsupprimierten Patient*innen, einer okulären Toxoplasmose sowie prä- und postnatal sollte eine Therapie mit Antibiotika durchgeführt werden.

Medikamentöse Behandlung

  • Am häufigsten werden die folgenden Präparate eingesetzt: Spiramycin, Pyrimethamin, Sulfadiazin, Clindamycin und ggf. Atovaquone.4

Zerebrale Toxoplasmose

  • Standardtherapie ist eine Kombination von Pyrimethamin und Sulfadiazin (alternativ Pyrimethamin mit Clindamycin oder Pyrimethamin mit Atovaquon).
    • Zusätzlich sollte mit Folinsäure behandelt werden.
    • Therapiedauer mindestens 4–6 Wochen
  • Bei erhöhtem Hirndruck oder ausgeprägten Ödemen ist die Gabe von Steroiden zu
    erwägen (Dexamethason 3–4 x 4–8 mg/d).11
  • Bei epileptischen Anfällen evtl. eine antiepileptische Therapie
  • Siehe Tabelle Therapie und Prophylaxe der zerebralen Toxoplasmose.11

Behandlung von Schwangeren

  • Schwangere bis zur 16. Schwangerschaftswoche sollten Spiramycin (3,0 g = 9 MIU/d) erhalten.4,7
  • Ab der 16. Schwangerschaftswoche wird für mindestens 4 Wochen die Kombination aus Pyrimethamin (50 mg am 1. Tag, 25 mg ab 2. Tag) und Sulfadiazin (50 mg/kg KG/d; 3 g/d bei < 80 kg KG; 4 g/d bei ≥ 80 kg KG) empfohlen. Zusätzlich ist die gleichzeitige Verabfolgung von 10–15 mg Folinsäure/d erforderlich.4

Toxoplasma-Chorioretinitis

  • Die Behandlung sollte durch Spezialist*innen erfolgen.
  • Hier kann neben der o. g. Kombinationstherapie auch Clindamycin (1,2–2,4 g/d) eingesetzt werden.
  • Der Effekt der Antibiotikatherapie auf akute Symptome, den Visusverlust und die Häufigkeit der Rezidive wird dennoch kontrovers diskutiert.12

Prävention

Vorbeugung der Ansteckung, Primärprophylaxe

  • Schwangere, Frauen mit Kinderwunsch und Immunsupprimierte, die noch nicht mit Toxoplasmen infiziert sind (negativ im IgG- und IgM-Suchtest), sollten folgende Maßnahmen beachten:4,13
    • Keine rohen oder nicht ausreichend erhitzten oder gefrosteten Fleischprodukte essen.
    • Rohes Gemüse und Früchte gründlich waschen.
    • Rohe und gekochte Speisen sollten voneinander getrennt gehalten werden.
    • Lebensmittel sollten sicher und kühl gelagert werden.
    • Vor dem Essen Hände waschen.
    • Nach dem Zubereiten von rohem Fleisch, nach Garten-, Feld- oder anderen Erdarbeiten und nach dem Besuch von Sandspielplätzen Hände waschen.
    • Küche, Kochbereich und Nahrungsmittel sollten von Tieren und Insekten frei gehalten werden.13
    • Eine Katze, die innerhalb der Wohnung in der Umgebung einer Schwangeren gehalten wird, sollte mit Dosen- und/oder Trockenfutter ernährt werden. Die Kotkästen, insbesondere freigehaltener Katzen, sollten täglich durch eine nicht schwangere Person mit heißem Wasser gereinigt werden.4
  • Ausreichende Schadnagerbekämpfung und -kontrolle
  • Katzen sollten von lebensmittelliefernden landwirtschaftlichen Tierbeständen (Stallungen) ferngehalten werden.3
  • Es gibt keinen Impfstoff für Menschen.

Primärprophylaxe z.B. bei HIV

  • Bei Patient*innen mit positiver TG-Serologie und mit weniger als 200 CD4-
    Zellen/µl sollte eine Primärprophylaxe mit TMP/SMX (Trimethoprim und Sulfamethoxazol) oder Dapson/Pyrimethamin oder Dapson hoch dosiert durchgeführt werden, bis die CD4-Zellen unter antiretroviraler Therapie mindestens 3 Monate über 200/µl liegen.11
    • Eine Sekundärprophylaxe kann u. U. lebenslang erforderlich sein.
  • Bei Transplantationen wird u. U. eine längerfristige medikamentöse Prophylaxe mit Cotrimoxazol empfohlen.3

Screening

  • Das Screening zur Frühentdeckung einer Toxoplasma-Infektion in der Schwangerschaft oder bei der Geburt wird diskutiert.14-15
    • Der Antikörperstatus bei Frauen sollte vor oder möglichst früh in der Schwangerschaft bekannt sein; wird in Deutschland gegenwärtig jedoch nur bei begründetem Verdacht auf Toxoplasmose als Kassenleistung durchgeführt.
    • Seronegative Schwangere sind während der Schwangerschaft möglichst regelmäßig zu untersuchen.4
  • Frauen mit gesicherter akuter Toxoplasmose sollten darüber aufgeklärt werden, bis zu 6 Monate nach der Infektion eine ausreichende Schwangerschaftsverhütung durchzuführen.2
  • Während einer HIV-Schwangerschaft sollte ein Toxoplasmose-Screening zu Beginn der Schwangerschaft sowie im 2. und 3. Trimenon zur Diagnose einer Neuinfektion oder Toxoplasmosereaktivierung durchgeführt werden.16

Meldepflicht gemäß IfSG

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.4
  • Dem RKI wird gemäß § 7 Abs. 3 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von Toxoplasma gondii bei konnatalen Infektionen nichtnamentlich gemeldet.
    • Die Meldungen müssen spätestens 2 Wochen nach erlangter Kenntnis vorliegen.
  • In Sachsen erfolgt die Meldung auch namentlich an das Gesundheitsamt.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

  • Die akute Toxoplasmose bei immunkompetenten Personen verläuft meist asymptomatisch und selbstlimitierend.
  • Im Rahmen einer Immunsuppression (HIV, Chemotherapie) kann es zu einer Reaktivierung kommen.
  • Eine Chorioretinitis kann rezidivieren.

Primärinfektion

  • Akute, leichte, febrile multisystemische Krankheit, die fluktuiert; bei den meisten kommt es jedoch im Verlauf von einigen Monaten zu einer spontanen Remission.
  • Bei Immunsuppression kann die Erkrankung durch schwere Pneumonie, Meningoenzephalitis, Hepatitis, Myokarditis und Chorioretinitis verkompliziert werden.

Kongenitale Infektion

  • Ist Folge einer Infektion bei seronegativen Frauen während der Schwangerschaft.
  • Abhängig von dem Zeitpunkt, an dem es in der Schwangerschaft zur Ansteckung kommt, kommt es zur Übertragung auf den Fetus und zu möglichen Folgen.
  • Nach einer Toxoplasmose-Infektion in der Schwangerschaft sollte ein Follow-up des Kindes postnatal für mind. 2 Jahre erfolgen.7

Chorioretinitis

  • Graduelle Entwicklung über Wochen bis Jahre nach einer kongenitalen Infektion oder äußerst selten nach einer erworbenen Infektion bei jungen Menschen.
  • Der entzündliche Prozess entwickelt sich über Wochen bis Monate als fokale nekrotische retinale Läsionen mit undeutlichen Grenzen.
  • Die Prognose hängt vom Ort der Infiltration ab, kann aber bis zur Erblindung führen.
  • Nach dem Ausheilen bleiben weiße oder dunkle, pigmentierte Narben zurück.
  • Rezidive sind möglich.

Reaktivierte Krankheit bei immunsupprimierten Patient*innen

  • Reaktivierte Toxoplasmose kommt bei Patient*innen mit AIDS, Malignomen oder bei Personen, die immunsupprimierende Medikamente einnehmen, vor.
  • Die zerebrale Toxoplasmose ist potenziell lebensbedrohlich, oft verbleiben neurologische Residualsyndrome.11

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG). HIV-Therapie in der Schwangerschaft und bei HIV-exponierten Neugeborenen. AWMF-Leitlinie Nr. 055-002. S2k, Stand 2020. www.awmf.org
  • Gesellschaft für Neuropädiatrie. Klassifikation und Diagnostik der Mikrozephalie. AWMF- Leitlinie Nr. 022-028. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG). Antiretrovirale Therapie der HIV-Infektion bei Kindern und Jugendlichen. AWMF-Leitlinie Nr. 048-011. S2k, Stand 2019. www.awmf.org

Literatur

  1. Montoya JG, Liesenfeld O. Toxoplasmosis. Lancet 2004; 363: 1965-76. PubMed
  2. Vogtmann M, Suttorp N. Toxoplasmose. In: Suttorp N, Möckel M, Siegmund B et al. Hrsg. Harrisons Innere Medizin. 19. Auflage. Berlin 2016. S. 1712ff.
  3. Pleyer U, Gross U, Schlüter D, Wilking H, Seeber F: Toxoplasmosis in Germany -epidemiology, diagnosis, risk factors, and treatment. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 435–44. www.aerzteblatt.de
  4. Robert Koch-Institut. Infektionskrankheiten A-Z: Toxoplasmose. Stand 2018. Zugriff 5.12.2020 www.rki.de
  5. Robert Koch-Institut. Vorkommen und Bedeutung von Toxoplasma gondii in Deutschland. Stand 3.2016. Zugriff 27.05.2019 www.rki.de
  6. Wilking H, Thamm M, Stark K, Aebischer T, Seeber F: Prevalence, incidence estimations, and risk factors of Toxoplasma gondii infection in Germany: a representative, cross-sectional, serological study. Sci Rep 2016; 6: 22551 www.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Gesellschaft für Neuropädiatrie. Klassifikation und Diagnostik der Mikrozephalie. AWMF- Leitlinie Nr. 022-028. Stand 2019. www.awmf.org
  8. Shobab L, Pleyer U. Toxoplasma serotype is associated with development of ocular toxoplasmosis. Journal of Infectious Diseases 2013; 208: 1520–8. www.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG). Antiretrovirale Therapie der HIV-Infektion bei Kindern und Jugendlichen. AWMF-Leitlinie Nr. 048-011. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
  10. Pfäfflin F, Suttorp N. 245e Labordiagnostik parasitärer Infektionen. In: Suttorp N, Möckel M, Siegmund B et al. Hrsg. Harrisons Innere Medizin. 19. Auflage. Berlin: ABW Wissenschaftsverlag; 2016.
  11. Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG). Therapie und Prophylaxe opportunistischer Infektionen bei erwachsenen HIV-infizierten Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 055-006. S2k, Stand 2015 (abgelaufen). daignet.de
  12. Pradhan E, Bhandari S, Gilbert RE, Stanford M. Antibiotics versus no treatment for toxoplasma retinochoroiditis. Cochrane Database of Systematic Reviews 2016; Issue 5: Art. No.: CD002218. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  13. WHO. Five keys to safer food manual. Zugriff 27.05.2019 www.who.int
  14. Stray-Pedersen B, Jenum P. Economic avaluation of preventive programmes against toxoplasmosis. Scand J Infect Dis 1992, Suppl 84, 86-96. www.ncbi.nlm.nih.gov
  15. Eskild A, Oxman A, Magnus P, Bjørndal A, Bakketeig L. Screening for toxoplasmosis in pregnancy: what is the evidence of reducing a health problem? J Med Screen 1996, 3, 188-94. www.ncbi.nlm.nih.gov
  16. Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG). HIV-Therapie in der Schwangerschaft und bei HIV-exponierten Neugeborenen. AWMF-Leitlinie Nr. 055-002. S2k, Stand 2020. www.awmf.org

Autor*innen

  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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