Enterokokken-Infektionen

Zusammenfassung

  • Definition:Enterokokken gehören zur normalen Darmflora, können bei Personen mit einem geschwächtem Immunsystem jedoch eine Endokarditis, Harnwegsinfektionen und postoperative Wundinfektionen auslösen. Problematisch sind Antbiotika-resistente Enterokokken, vor allem Vancomycin-resistente Enterkokokken (VRE).
  • Häufigkeit:Ansteckung und Erkrankung treten häufig in stationären Einrichtungen auf; außerhalb nur in Ausnahmefällen. Deutschland gehört zu den wenigen Ländern in Europa mit vergleichsweise hohen Raten an Vancomycin-resistenten Enterokokken.
  • Symptome:Verdacht bei Bakteriämie, Harnwegsinfektion oder postoperativer Wundinfektion bei Personen mit geschwächtem Immunsystem.
  • Befunde:Mögliches klinisches Bild: Fieber bei Personen mit geschwächtem Immunsystem, Harnwegsinfektion, postoperative Wundinfektion.
  • Diagnostik:Stuhlprobe, Abstriche, Blut- und Urinkultur. Das Nationale Referenzzentrum für Staphylo- und Enterokokken sammelt und bewertet entsprechende Proben.
  • Therapie:Typisierung und Resistenzbestimmung, dann Antibiotikatherapie bei entsprechendem klinischem Bild.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Enterokokken sind grampositive Bakterien, die bei Mensch und Tier zur normalen Darmflora gehören und bei immunkompetenten Menschen in der Regel keine Erkrankung verursachen.
  • Enterokokken haben eine geringe Pathogenität, können jedoch bei Immungeschwächten oder Patienten mit schweren Vorerkrankungen intraabdominelle Infektionen, eine Sepsis, eine Endokarditis, Katheterinfektionen (Harnwegsinfektionen) und bei Krankenhauspatienten postoperative Wundinfektionen auslösen.
  • Als Krankheitserreger sind im Wesentlichen 2 Arten von Enterokokken relevant:1
    • Enterococcus faecalis 
    • Enterococcus faecium.
  • Diese beiden Spezies reagieren unterschiedlich empfindlich auf Antibiotika.1
    • Enterococcus faecalis ist in der Regel auf Ampicillin empfindlich.
    • Enterococcus faecium ist resistent gegen Beta-Laktam-Antibiotika, im Fall einer Infektion ist eine Therapie mit einem Glykopeptid (Vancomycin oder Teicoplanin) erforderlich.
      • Problematisch ist die in den letzten Jahren zunehmende Häufigkeit von Infektionen mit Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE), die eine antibiotische Therapie schwierig werden lassen.
  • Deutschland gehört zu den wenigen Ländern in Europa mit vergleichsweise hohen VRE-Raten und einem ansteigenden VRE-Trend.2-3

Häufigkeit

  • Enterokokken sind normaler Bestandteil einer gesunden Darmflora.
  • Zur Inzidenz von Enterokokken-Infektionen liegen keine gesicherten Angaben vor.
  • Ansteckung und Erkrankung treten häufig in stationären Einrichtungen auf; außerhalb nur in Ausnahmefällen.
  • Rund 80 % aller von Enterokokken verursachten Erkrankungen gehen auf Enterococcus faecalis zurück; der Rest wird größtenteils von Enterococcus faecium verursacht.
  • Infektionen mit Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE, > 90 % Enterococcus faecium3) sind in Deutschland in steigender Zahl zu beobachten, wobei bei der häufigsten Form, der sog. VanA-Resistenz, auch Teicoplanin unwirksam ist.1
    • Die Vancomycin-Resistenz bei E.-faecium-Blutkulturisolaten liegt bei über 10 %.2-3
    • Hier gibt es große regionale Unterschiede.4
    • VRE–Infektionen sind in der Regel im Krankenhaus erworben, die Patienten sind multimorbide und mit vielen Antibiotika vorbehandelt.

Ätiologie und Pathogenese

  • Am häufigsten gelangt der Erreger aus dem (eigenen) Darm in andere Körperregionen und verursacht so eine endogene Infektion.
  • Bei geschwächtem Immunsystem infolge einer Erkrankung oder Therapie kann sich das Bakterium in Wunden oder an Kathetern ausbreiten und eine Bakteriämie, Endokarditis, Meningitis sowie Harnwegsinfektionen oder postoperative Wundinfektionen verursachen.
  • Durch mangelnde Hygiene, unzureichendes Händewaschen u. Ä. sind auch nosokomiale Infektionen mit Enterokokken, resp. VRE, möglich.1
    • Enterokokken sind umweltresistent und können auch auf unbelebten Flächen lange überleben.
    • Es ist jedoch unklar, welcher Anteil an einer Besiedelung mit VRE auf Übertragungen im Krankenhaus zurückgeht.
  • Eine Ansteckung über Lebensmittel gilt dagegen als unwahrscheinlich.

Prädisponierende Faktoren

  • Krankenhausaufenthalt
  • Erkrankung oder Therapie, die eine Schwächung des Immunsystems zur Folge hat.
  • Multimorbidität
  • Vorangegangene (häufige) Antibiotikatherapie

ICPC-2

  • D70 Gastrointest. Infekt.

ICD-10

  • A49.9 Bakterielle Infektion, nicht näher bezeichnet
    • A49.1 Streptokokken- und Enterokokkeninfektion nicht näher bezeichneter Lokalisation
  • A40.2 Sepsis durch Streptokokken, Gruppe D, und Enterokokken
  • I33.0 Akute und subakute infektiöse Endokarditis
  • B96.-! Sonstige näher bezeichnete Bakterien als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Infektionskrankheit mit Wachstum von Enterokokken im Probematerial (Abstrich, Blut- oder Urinkultur, Stuhlprobe)

Differenzialdiagnose

  • Infektionen mit anderen bakteriellen Erregern

Anamnese

  • In erster Linie sind Krankenhauspatienten betroffen.
  • Verdacht bei Bakteriämie, Harnwegsinfektion oder Wundinfektion bei Personen mit geschwächtem Immunsystem

Klinische Untersuchung

  • Viele Personen ohne Symptome sind Träger des Bakteriums.
  • Mögliches klinisches Bild:

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Im ambulanten Bereich ist in der Regel keine Diagnostik weiterführend oder erforderlich.
  • Ggf. CRP und BSG

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Zur stationären Behandlung nur bei entsprechender Klinik

Nationales Referenzzentrum (NRZ) für Staphylokokken und Enterokokken

  • Analysiert Proben aus ganz Deutschland (und teilweise dem Ausland) auf Enterokokken sowie Resistenzen.2,4
  • Kann Trends in der Entwicklung der Besiedlungs- und Infektionshäufigkeit zeitnah erfassen.

Therapie

Therapieziele

  • Bei Nachweis einer Infektion Beseitigung des Erregers
  • Die reine Kolonisation/Besiedlung sollte nicht antibiotisch behandelt werden, hier Hygienemaßregeln beachten!

Allgemeines zur Therapie

  • Typisierung und Resistenzbestimmung, dann Antibiotikatherapie bei Infektion

Besiedlung oder Infektion? 

  • Nur ein sehr kleiner Anteil von VRE-besiedelten Patienten erleidet auch eine Infektion mit diesem Erreger.1
    • So kam es z. B. nur bei ca. 1 % einer Gruppe von kolonisierten Intensivpatienten und
    • bei ca. 2 % einer Gruppe von kolonisierten hämato-onkologischen Patienten zu einer Infektion.

Empfehlungen für Patienten

  • Sorgfältige Handhygiene bei der Zubereitung von Mahlzeiten und nach dem Toilettengang

Hygienemaßnahmen/Prävention

  • Große Studien konnten keinen überzeugenden Beleg für einen Benefit (Vermeidung von Infektionen) durch eine Isolierung von asymptomatischen VRE-besiedelten Patienten zeigen.1
    • desgleichen für ein Screening von Risikopatienten auf VRE im Stuhl vor Krankenhausaufnahme
  • Als wirksam stellte sich jedoch eine strikte Handhygiene und die Dekolonisierung von Risikopatienten auf Intensivstationen mit Chlorhexidin heraus.1
  • Erfolgt eine gute (Hand-)Hygiene, kann auf Screening und Isolierung also ggf. verzichtet werden.1,5
    • Die Einhaltung der Basishygiene ist die wichtigste Präventionsmaßnahme.

Medikamentöse Therapie

  • Die meisten Enterokokken-Infektionen können suffizient durch eine Antibiotikagabe therapiert werden.
    • Insbesondere der am häufigsten vorkommende E. faecalis spricht gut auf Ampicillin an.
    • E. faecium ist resistent auf Beta-Laktamase-Antibiotika, spricht aber auf Vancomycin oder Teicoplanin an.
  • Problematisch sind jedoch Vancomycin-resistente Enterokkoken (VRE), die den Einsatz einer Kombination verschiedener Reserve-Antibiotika erfordern.
    • Derzeit werden Linezolid, Daptomycin und Tigecyclin eingesetzt.2

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Prognose

  • Die meisten Enterokokken-Infektionen können durch Antibiotikagabe gut therapiert werden.
  • Bei einer Infektion mit Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) ist häufig eine Kombination unterschiedlicher Wirkstoffe angezeigt.
  • Unklar ist, ob eine invasive VRE-Infektion zu einer erhöhten Mortalität führt.1
    • Enterokokken sind Erreger mit nur geringer Pathogenität im Vergleich zu Staphylococcus aureus oder den meisten gramnegativen Bakterien.
    • Um klinisch bedeutsam zu sein, muss in der Regel bereits eine schwere Grunderkrankung vorliegen, die für die Prognose des Patienten entscheidend ist.

Komplikationen

Verlaufskontrolle

  • Evtl. Stuhlprobe oder Abstrich zwecks Kontrolle und Nachweis der Trägerschaft
    • sinnvoll nur bei Nachweis von Vancomycin-resistenten Enterokokken und auch dann nicht regelhaft1

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patienten informieren?

  • Enterokokken gehören zur gesunden Darmflora und verursachen in der Regel keine Erkrankung.
  • Ursache einer Infektion ist in der Regel ein geschwächtes Immunsystem.

Quellen

Literatur

  1. Vehreschild M, Lemmen S, Fätkenheuer G. Vancomycinresistente Enterokokken (VRE): Ein Grund zur Isolierung? Dtsch Arztebl 2018; 115(27-28): [14]; DOI: 10.3238/PersInfek.2018.07.09.004 www.aerzteblatt.de
  2. Robert Koch Institut. Eigenschaften, Häufigkeit und Verbreitung von Vancomycinresistenten Enterokokken (VRE) in Deutschland Update 2015/2016. Epidemiologisches Bulletin. 16. November 2017 /Nr. 46 www.rki.de
  3. Robert Koch Institut. Eigenschaften, Häufigkeit und Verbreitung Vancomycin-resistenter Enterokokken (VRE) in Deutschland, Update 2013/2014. Epidemiologisches Bulletin 5.10.2015/Nr. 40. Berlin www.rki.de
  4. RKI. Nationales Referenzzentrum (NRZ) für Staphylokokken und Enterokokken. Stand 2015. www.rki.de
  5. Robert Koch Institut (RKI). Infektions- und Krankenhaushygiene, Stand 2018 www.rki.de

Autoren

  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
  • Bertil Christensson, professor och överläkare, Infektionskliniken, Skånes universitetssjukhus
  • Ingard Løge, spesialist allmennmedisin, universitetslektor, institutt for sammfunsmedisinske fag, NTNU, redaktør NEL

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