Lungenödem

Als Lungenödem wird eine vermehrte Flüssigkeitsansammlung in der Lunge bezeichnet, die verschiedene Ursachen haben kann. Typische Symptome bei einem Lungenödem sind Atemnot und Husten. Je nach Ursache und Ausmaß der Beschwerden kann eine notfallmäßige Behandlung im Krankenhaus notwendig sein.

Was ist ein Lungenödem?

Die Lunge besteht aus Millionen von kleinen elastischen Lungenbläschen, den sogenannten Alveolen. Mit jedem Atemzug wird Sauerstoff von den Alveolen in das Blut abgegeben. Umgekehrt wird Kohlendioxid aus dem Blut ausgeschieden und abgeatmet. Normalerweise verläuft dieser Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid problemlos.

Bei einem Lungenödem kommt es zum Austritt von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in das Lungengewebe und die Alveolen. Dadurch kann die Sauerstoffaufnahme gestört sein, was letztendlich zu Atemnot führt. Ein Lungenödem ist häufig eine medizinische Notfallsituation und sollte dann sofort im Krankenhaus behandelt werden.

In den meisten Fällen wird ein Lungenödem durch eine Herzerkrankung, z. B. eine Herzinsuffizienz oder einen Herzinfarkt hervorgerufen. Hierbei kommt es durch Pumpversagen des Herzens zu einem Rückstau von Blut in den kleinen Lungenkreislauf. Seltener sind andere Ursachen für ein Lungenödem, bei der im Rahmen einer Erkrankung die Durchlässigkeit der Blutgefäße erhöht ist und so Flüssigkeit in die Lunge austreten kann. Dies können z. B. eine schwere Lungenentzündung oder die Höhenkrankheit sein.

Symptome

Je nach Ursache können die Symptome eines Lungenödems plötzlich (akut) auftreten oder sich über längere Zeit (chronisch) entwickeln.

Symptome eines akuten Lungenödems, die plötzlich auftreten, sind häufig schwerwiegender. Das wesentliche Symptom ist eine ausgeprägte Atemnot, die auch ohne körperliche Anstrengung auftritt. Daneben führt ein Lungenödem oft zu Husten mit schaumigem Auswurf. In manchen Fällen kann der Auswurf durch Blutbeimengung rot-bräunlich verfärbt sein. Die Betroffenen leiden bei ausgeprägten Beschwerden unter starker Unruhe und Angst zu ersticken. Auch ein lautes Atemgeräusch kann Ausdruck eines Lungenödems sein. Begleiterscheinungen können kaltschweißige, blasse Haut, Fieber oder Bewusstseinsminderung sein. Sollte das Lungenödem als Folge eines Herzinfarktes treten zudem häufig Brustschmerzen auf.

Bei einem sich langsam entwickelnden Lungenödem können die Beschwerden zu Beginn milde ausgeprägt sein. Die Atemnot tritt dann verstärkt im Liegen auf und kann zu nächtlichem Erwachen führen. Liegt dem Lungenödem eine Herzschwäche zugrunde, können weitere Symptome der chronischen Herzinsuffizienz, wie z. B. Beinödeme hinzukommen.

Ursachen

Ein akut aufgetretenes Lungenödem beruht in der Mehrzahl der Fälle auf einer Herzerkrankung, kann jedoch auch andere Ursachen haben.

Wenn die Pumpfunktion des Herzens durch eine Erkrankung beeinträchtigt ist, kann das Blut nicht ausreichend schnell abtransportiert werden. Es kommt daher zum Rückstau in die Gefäße des Lungenkreislaufes. Hier kommt es dann durch den erhöhten Druck zum Austritt von Flüssigkeit in das Gewebe und die Alveolen und es entsteht ein Lungenödem. Mögliche Ursachen für eine eingeschränkte Herzfunktion sind ein Herzinfarkt, eine Herzmuskelentzündung, Herzrhythmusstörungen oder Herzklappenerkrankungen wie die Aortenstenose.

Seltener kann ein Lungenödem ohne vorliegende Herzerkrankung entstehen. Der Mechanismus ist in diesem Fall meist eine erhöhte Durchlässigkeit der Blutgefäßwand, über die die Flüssigkeit austreten kann. Mögliche Ursachen sind beispielsweise eine schwere Lungenentzündung, eine Blutvergiftung (Sepsis) oder eine Rauchgasvergiftung.

Diagnostik

Ein Lungenödem ist ein potenziell lebensbedrohlicher Zustand und sollte insbesondere bei plötzlichem Auftreten im Krankenhaus behandelt werden. Kommt es zu einer ausgeprägten Atemnot in Ruhe mit schäumendem Auswurf beim Husten, lauten Atemgeräuschen und Erstickungsangst, sollte der Rettungsdienst verständigt werden.

Die Diagnose wird anfänglich anhand der geschilderten Beschwerden und der ärztlichen Untersuchung gestellt. Wichtig ist zudem, ob bereits Erkrankungen der Lunge oder des Herzens bekannt sind. Neben dem Abhören der Lunge wird in der Regel der Blutdruck, die Herzfrequenz und die Temperatur gemessen. In schweren Fällen kann eine kontinuierliche Überwachung der Vitalparameter und der Sauerstoffsättigung des Blutes (Pulsoxymetrie) auf der Intensivstation notwendig sein. Mit Hilfe eines Elektrokardiogramm (EKG) lassen sich Rückschlüsse auf einen möglichen Herzinfarkt oder eine Herzrhythmusstörung ziehen. Mit Hilfe einer Blutuntersuchung kann der Sauerstoff- und Kohlendioxidgehalt ermittelt werden und weitere Parameter bestimmt werden, die auf die zugrundeliegende Ursache hinweisen. Zum Nachweis des Lungenödems wird in der Regel eine Röntgenuntersuchung der Lunge (Röntgenthorax) durchgeführt. Eine weitere Untersuchung, die zum Einsatz kommt um die Herzfunktion zu beurteilen, ist die Echokardiografie. Erhärtet sich der Verdacht auf einen Herzinfarkt als Ursache des Lungenödems, wird schnellstmöglich eine Herzkatheteruntersuchung mit entsprechender Behandlung durchgeführt.

Therapie

Bei einem Lungenödem unterscheidet man die Erstmaßnahmen mit ggf. weiteren intensivmedizinischen Maßnahmen und die Behandlung der Ursache. Ziel der Therapie ist eine Stabilisierung von Atmung und Kreislauf, eine Symptomlinderung und die Behandlung der Grunderkrankung.

Wichtige Erstmaßnahmen in der Behandlung, um die Atemnot zu lindern, sind eine Oberkörperhochlagerung und die Verabreichung von Sauerstoff, meist über eine Gesichtsmaske oder eine Nasenbrille. Zusätzlich kommen Medikamente zum Einsatz, um die Symptome zu lindern, das Herz zu entlasten oder vermehrt Flüssigkeit über den Harn auszuscheiden. Je nach Ursache und Schwere des Lungenödems kommen weitere Behandlungen, ggf. auch auf der Intensivstation zum Einsatz. Wenn keine effektive Sauerstoffversorgung möglich ist, kann eine Intubation mit künstlicher, invasiver Beatmung notwendig sein.

Parallel zu dieser symptomatischen Behandlung erfolgt die Diagnostik und Therapie der Grunderkrankung. Bei einem Herzinfarkt beispielsweise wird in der Regel schnellstmöglich eine Herzkatheteruntersuchung mit Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes durchgeführt. Bei einer Lungenentzündung hingegen kommen Antibiotika zum Einsatz. Eine chronischen Herzinsuffizienz mit langsamer Entwicklung eines Lungenödems muss meist dauerhaft medikamentös behandelt werden.

Prognose

Ein schweres, akutes Lungenödem ist ein potenziell lebensbedrohlicher Zustand und kann insbesondere unbehandelt zum Tod führen. Bei entsprechender Behandlung ist die Prognose jedoch gut. Meist ist ein längerer Krankenhausaufenthalt notwendig. Der weitere Verlauf hängt dann in erster Linie von der Grunderkrankung ab. Nach einem akuten Lungenödem durch Herzversagen liegt die Wahrscheinlichkeit für einen erneuten Krankenhausaufenthalt in den nächsten 12 Wochen bei über 20 %. Häufig sind daher nach einem Lungenödem eine längerfristige Behandlung und ggf. eine Lebensstiländerung zur Vorbeugung weiterer Herzerkrankungen notwendig.

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  • Jonas Klaus, Arzt, Freiburg i. Br.

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