Koronare Herzkrankheit
Das Herz ist ein starker Muskel, der das Blut durch den Körper pumpt. Da dieser Muskel ununterbrochen arbeitet, benötigt er eine kontinuierliche Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffen. Diese Versorgung wird durch das Blut gewährleistet, welches durch die Herzkranzgefäße (Koronararterien) zum Herzmuskel gelangt. Zwei Herzkranzgefäße entspringen vom ersten Teil der Hauptschlagader. Das linke Gefäß teilt sich kurz nach dem Abgang in zwei Gefäße auf. Diese drei Koronararterien versorgen nahezu das gesamte Herz mit Blut, indem sie sich weiter in kleinere Äste aufzweigen.
Im Laufe des Lebens kommt es bei vielen Menschen in westlichen Ländern im Rahmen einer Arteriosklerose zu Fettablagerungen und Entzündungen in den Gefäßwänden. Derartige Fettablagerungen, auch Plaque genannt, können den Blutfluss durch die Gefäße behindern. Betrifft die Arteriosklerose die Herzkranzgefäße spricht man von einer koronaren Herzkrankheit. Durch die Einengung der Gefäß kommt es zu einer Unterversorgung von Teilen des Herzmuskels mit Sauerstoff und Nährstoffen. Dies kann Beschwerden in Form von anfallsartigen Brustschmerzen, Angina pectoris (Brustenge) genannt, verursachen. Bei einem Herzinfarkt wird ein Herzkranzgefäß durch ein Blutgerinnsel vollständig verschlossen - das dahinter liegende Herzmuskelgewebe droht abzusterben.
Koronararterien-Bypass
Eine Behandlungsmöglichkeit bei fortgeschrittener koronarer Herzkrankheit stellt die Koronararterien-Bypass-Operation (engl. bypass = Umleitung, Umgehung) dar. Hierbei wird ein Blutgefäß aus dem Bein oder Brustkorb zum Herzen verpflanzt, um die Engstelle des Herzkranzgefäßes zu überbrücken. Eine solche Operation wird nur in Erwägung gezogen, wenn sich bei einer Herzkatheter-Untersuchungen massive Verengungen in einem oder mehreren Herzkranzgefäßen gezeigt haben.
Ablauf der Operation
Der Koronararterien-Bypass ist ein großer Eingriff, der unter Narkose erfolgt. Zunächst wird das Brustbein eröffnet, um Zugang zum Herzen zu bekommen. Gleichzeitig zur Eröffnung des Brustkorbs erfolgt die Entnahme des zu verpflanzenden Blutgefäßes. Dieses wird anschließend mit einem Ende an die Hauptschlagader (Aorta) angenäht und mit dem anderen Ende mit dem Herzkranzgefäß hinter der Engstelle verbunden. In vielen Fällen werden mehrere neuen Blutgefäße verpflanzt. Während der Operation wird das Herz meist in einen künstlichen Stillstand versetzt und seine Funktion durch eine sogenannte Herz-Lungen-Maschine übernommen.
Der Patient kann meist etwa eine Woche nach der Operation aus dem Krankenhaus entlassen werden. Häufig schließt sich eine Rehabilitation an, in welcher der Patient wieder trainiert.
Nach der Operation
Auch die neu verpflanzten Gefäße können sich wieder verschließen. Um dies zu verhindern, wird empfohlen lebenslang sogenannte Plättchenhemmer wie Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin) einzunehmen. Darüber hinaus wirken sich Betablocker und Cholesterin-senkende Medikamente wie Statine positiv auf den Verlauf der koronaren Herzerkrankung aus.
Vor- und Nachteile der Bypass-Operation
Eine Bypass-Operation ist derzeit der einzige Eingriff, der die Lebenserwartung eines Patienten mit koronarer Herzkrankheit verbessern kann. Insbesondere bei Patienten mit Diabetes mellitus kann sie die Prognose verbessern. Bei manchen Patienten können so Herzinfarkte verhindert werden. Darüber hinaus lindert eine solche Operation bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten die Beschwerden.
Allerdings handelt es sich um eine große Operation mit den entsprechenden Gefahren: Es kann zu Blutungen und Infektionen kommen, Wunden können schlecht heilen, Schmerzen auftreten und Patienten können bei der Operation Schlaganfälle erleiden. Auch ist die Rehabilitation und der Weg zurück in den Alltag oft langwierig.
Alternativen
In den letzten Jahren hat die Zahl der Bypass-Operationen in Deutschland zugunsten von Herzkatheter-Eingriffen abgenommen. Hierbei führt man einen dünnen Kunststoffschlauch (Katheter) in ein Blutgefäß der Leiste oder des Handgelenks ein. Dieser wird bis zu den Herzkranzgefäßen vorgeschoben. Das verengte Blutgefäß wird durch Aufblasen eines Ballons geweitet. Meist setzt man auch ein Röhrchen aus Drahtgeflecht, den sogenannten Stent, in das Gefäß ein, um es dauerhaft offenzuhalten. Der Eingriff erfolgt mit lokaler Betäubung an der Einstichstelle, während der Patient bei Bewusstsein ist.
Durch Erweiterung der Herzkranzgefäße mit Herzkatheter können Beschwerden gelindert werden, allerdings seltener als durch eine Bypass-Operation. Bisher konnte jedoch nicht bewiesen werden, dass das Einsetzen eines Stents auch die Lebenserwartung verbessert oder Herzinfarkte verhindert. Nebenwirkungen sind bei Herzkatheter-Eingriffen seltener als bei Bypass-Operationen.
Ein Kardiologe kann individuelle Ratschläge zur jeweils besten Behandlungsform geben. Auch informiert eine Patientenbroschüre der Nationalen VersorgungsLeitlinie über die Vor- und Nachteile beider Behandlungsmethoden (s. u.).
Weitere Informationen
- Angina pectoris
- Herzinfarkt
- Perkutane Koronarintervention (PCI)
- Nationale VersorgungsLeitlinie – Patienteninformation: Verdacht auf koronare Herzkrankheit: Brauche ich eine Herzkatheter-Untersuchung?
- Nationale VersorgungsLeitlinie – Entscheidungshilfe: Katheter-Untersuchung bei koronarer Herzkrankheit: Stents einsetzen oder erstmal abwarten?
- Nationale VersorgungsLeitlinie – Entscheidungshilfe: Verengte Herzkranzgefäße: Stent oder Bypass?
Autoren
- Dietrich August, Arzt, Freiburg im Breisgau
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Literatur
Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Koronarbypass. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.
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