Aortenaneurysma

Zusammenfassung

  • Definition:Dilatation der Aorta, die mit zunehmender Größe rupturieren kann.
  • Häufigkeit:Männer deutlich häufiger betroffen, Prävalenz bei Männer 1,3–1,7 %.
  • Symptome:In der Regel asymptomatisch.
  • Befunde:Evtl. pulsierende Resistenz im Bauch palpabel.
  • Diagnostik:Abdominalsonografie bzw. Echokardiografie. Ein sonografisches Screening auf ein AAA sollte allen männlichen Patienten > 65 Jahre angeboten werden.
  • Therapie:Abhängig von Größe und Risikofaktoren regelmäßige Überwachung, OP oder Stent.

Allgemeine Informationen

Definition

Abdominales Aortenaneurysma (AAA)

  • Abdominale Aortenerweiterung > 3 cm1
  • Unterschieden werden 3 Typen:2
    1. Am häufigsten sind wahre Aneurysmen mit Aussackung aller Wandschichten.
    2. Seltener ist das Aneurysma dissecans als Folge einer stattgehabten Dissektion.
    3. Sehr selten sind falsche Aneurysmen (Aneurysma spurium, Hämatomhöhle extravasal)
  • Die meisten abdominalen Aortenaneurysmen sind bis zur Ruptur, die in 65–80 % der Fälle zum Tod führt, asymptomatisch.1,3

Thorakales Aortenaneurysma (TAA)

  • Erweiterung der Aorta auf > 150 % des erwarteten – geschlechts-, alters- und körpergrößenabhängigen – Durchmessers4
  • Wesentlich seltener als AAA

Klassifikation

  • Erfolgt nach Lokalisation des Aneurysmas
  • AAA: hinsichtlich Abgang der Nierenarterien2
    • infrarenal
    • juxtarenal
      • Ausdehnung bis zu Nierenarterienabgängen, schließt diese jedoch nicht komplett ein.
    • pararenal
      • Nierenarterienabgänge miteingeschlossen
    • suprarenal
  • TAA
    • A. ascendens
    • Aortenbogen
    • A. descendens

Häufigkeit

  • AAA
    • Prävalenz bei Männern 1,3–1,7 %5-6
    • Bei Frauen ist die Prävalenz etwa 6-mal niedriger.7
    • deutliche Zunahme mit Lebensalter8
      • bei Männern > 85 Jahre Prävalenz von 22 %
      • bei Frauen > 85 Jahre Prävalenz von 6,2 %
  • TAA9
    • Inzidenz 5–10 pro 100.000 Patientenjahren
    • Häufigkeitsgipfel 6.–7. Lebensdekade
    • Männer sind 2- bis 4-mal häufiger als Frauen betroffen.

Ätiologie und Pathogenese

  • Aussackung der Gefäßwand durch Verlust der elastischen Lamina und glatter Muskelzellen im Endothel, ausgelöst durch proinflammatorische Faktoren und gesteigerte Aktivität von Matrix-Metalloproteasen10

Abdominales Aortenaneurysma

  • Die häufigsten und wesentlichen Risikofaktoren sind neben dem Alter männliches Geschlecht (Odds Ratio 5,69) und Rauchen (OR 2,41) 2
  • Weitere prädisponierende Faktoren11
  • Zusätzlich erhöhtes Risiko durch Behandlung mit Gyrasehemmer (Fluorchinolone)12
    • Neuere Daten relativieren diesen Zusammenhang. 13

Thorakales Aortenaneurysma

  • Ursachen in absteigender Häufigkeit9
    • Degeneration
    • Bindegewebserkrankungen
      • Instabilität der extrazellulären Matrix (z. B. Marfan-Syndrom, Loeys-Dietz-Syndrom)
    • Anlagestörungen der Aortenklappe (z. B. bikuspide Klappe
      • veränderte Hämodynamik)
    • genetische Ursachen
      • Mutationen in Genen für die Funktion glatter Gefäßmuskelzellen
    • Aortitis
      • postinflammatorische Dilatation

ICPC-2

  • K99 Herz-/Gefäßerkrankung, andere

ICD-10

  • I71 Aortenaneurysma und -dissektion
    • I71.2 Aneurysma der Aorta thoracica, ohne Angabe einer Ruptur
    • I71.4 Aneurysma der Aorta abdominalis, ohne Angabe einer Ruptur

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Der maximale Gefäßdurchmesser ist entscheidend.9
  • Diagnostik per Abdomen-Sonografie (AAA) bzw. transthorakaler Echokardiografie (TAA)
    • bei echokardiografisch dilatierter Aorta oder schlechter Darstellbarkeit Computertomografie oder Magnetresonanztomografie 9

Differenzialdiagnosen

Symptomatisches Aortenaneurysma

Leitlinie: Früherkennung und Überwachung2

  • Ein Screening der Bevölkerung für ein AAA mit Ultraschall
    • soll allen Männern > 65 Jahre empfohlen werden (Kassenleistung).
    • soll Frauen > 65 Jahre mit einer jetzigen oder vergangenen Raucheranamnese empfohlen werden (bei Frauen allerdings keine Kassenleistung).
    • sollte Nichtraucherinnen mit fehlender Familienanamnese nicht empfohlen werden.
    • sollte bei Geschwistern 1. Grades einer Patientin/eines Patienten mit AAA erwogen werden (keine Kassenleistung).
  • Das Gefäß sollte senkrecht durchgemessen werden.
  • Überwachungsintervalle kleiner asymptomatischer AAA bei Männern
    • alle 2 Jahre für AAA mit einem Durchmesser von 3,0–3,9 cm
    • 1-mal jährlich für AAA mit einem Durchmesser 4,0–4,9 cm
    • Alle 6 Monate für AAA mit einem Durchmesser 5,0-5,4 cm
  • Überwachungsintervalle kleiner asymptomatischer AAA bei Frauen
    • alle 2–3 Jahre für AAA mit einem Durchmesser von 3,0–3,9 cm
    • alle 6 Monate für AAA mit einem Durchmesser von 4,0–4,5 cm*
    • alle 3 Monate für AAA mit einem Durchmesser von > 4,5–4,9 cm*

* Bei Größenkonstanz kann das Intervall verlängert werden.

Anamnese

  • Zur Anamneseerhebung gehören laut Leitlinie:2
    • kardiale Vorgeschichte
    • Medikamentenanamnese
    • Raucherstatus der Patient*innen
    • Hinweise auf eingeschränkte Lungen- und Nierenfunktion, auf PAVK, Hypertonie und Diabetes
    • bei älteren Patient*innen die Evaluation ihres funktionellen Status.
  • Zudem Frage nach positiver Familienanamnese, anderen arteriosklerotischen Erkrankungen sowie möglichen Symptomen eines Aneurysmas
    • In der Regel ist ein Aneurysma symptomfrei, sofern es nicht schnell expandiert, entzündet ist oder rupturiert.
  • Symptome sind aufgrund des Drucks auf umgebende Strukturen möglich.
    • abdominales Aortenaneurysma
      • Rücken- und Bauchschmerzen, oft anhaltend
      • Schmerzen in der Gesäßmuskulatur, Leiste, Hoden und Knochen14
      • distale Mikroembolisation mit ischämischen Symptomen der unteren Extremitäten
    • thorakales Aortenaneurysma
      • Brustschmerzen oder Symptome aufgrund des Drucks auf Ösophagus (Dysphagie) oder Nervus laryngeus recurrens (Heiserkeit
      • Hämoptyse aufgrund trachealer oder bronchialer Kompression oder Fistel

Klinische Untersuchung

Abdominales Aortenaneurysma

  • Kann häufig als pulsierende Resistenz im Abdomen palpiert werden.
    • Die Sensitivität liegt bei 61 % für Aneurysmen mit einer Größe von 3,0–3,9 cm, bei 69 % für Aneurysmen mit einer Größe von 4,0–4,9 cm und bei 82 % für Aneurysmen mit einer Größe über 5,0 cm.15
      • Sensitivität umgekehrt proportional zum Taillenumfang der Patient*innen
  • Schnell wachsende Aneurysmen, die innerhalb kürzester Zeit reißen können, sind häufig schmerzempfindlich.
  • Es sollte auch auf Aneurysmen in der Leiste oder den Kniekehlen geachtet werden.

Thorakales Aortenaneurysma

  • Das Aneurysma wird meist zufällig bei einem Röntgenthorax oder einer Echokardiografie entdeckt.
  • Folgende Symptome können u. a. auftreten:

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Screening

  • Deutsche Leitlinie2
  • Cochrane
    • Einem Cochrane-Review zufolge kommt es nachweislich zu einer signifikanten Reduzierung der Mortalität infolge eines abdominalen Aortenaneurysmas bei Männern in der Altersklasse von 65–79 Jahren, die an einem Screening mittels Ultraschall teilgenommen haben.16Bei 5–10 % der Männer in dieser Altersgruppe findet sich ein Aneurysma. Dieses reißt in 2 % bei unter 4 cm Durchmesser des Aneurysmas, in 25 % bei Durchmesser über 5 %. 80 % der Personen, die mit Aortenruptur eine Klinik erreichen, sterben.
    • Es gibt keine ausreichenden Belege, um die Situation von Frauen zu beurteilen.
    • Der Kostenfaktor gilt als akzeptabel.
  • Bei asymptomatischen Männern ab 65 Jahren einmalig durchgeführtes AAA-Screening kann die Mortalität infolge eines abdominalen Aortenaneurysmas (AAA) um 40 % reduzieren.17  
  • Großbritannien
    • In Großbritannien wurde ein Screening für alle Männer über 65 Jahre eingeführt (2010).18
    • Dieses Screening von Männern ≥ 65 halbierte die krankheitsspezifische Mortalität.19
  • Schweden
    • Ein Ultraschallscreening auf AAA bei 65-jährigen Männern beeinflusste die Mortalität infolge eines Aneurysmas nachweislich positiv und ist jetzt in den meisten schwedischen Regionen umgesetzt worden.20 
    • Eine große Kohortenstudie (2018) erbrachte ein kritischeres Ergebnis:20
      • Demnach müssen 10.000 Männer gescreent werden, um bei 2 Patienten einen Tod durch ein AAA zu verhindern.
      • Auf der anderen Seite wurde bei 49 von 10.000 Männern, denen ein Screening angeboten wurde, ein AAA diagnostiziert (Überdiagnostik) und bei 19 eine vermeidbare Operation mit entsprechenden Risiken durchgeführt.
      • Der in Schweden beobachtete Rückgang von AAA wurde von den Autoren nicht auf das Screening, sondern auf den Rückgang des Rauchens zurückgeführt.
  • USA
    • Die US-amerikanische Screening-Behörde USPSTF empfiehlt ein einmaliges Screening bei 65–75 Jahre alten rauchenden Männern und eingeschränkt bei gleichalten Nichtrauchern.21

Indikationen zur Überweisung

  • Überweisung zur Gefäßchirurgie bei bestehender OP-Indikation
  • Patient*innen mit einem symptomatischen Aneurysma sollen schnellstmöglich in ein Krankenhaus eingewiesen werden.
  • Bei V. a. rupturiertes Aneurysma absolute OP-Notfallindikation!

Maßnahmen vor und nach dem Transport

  • Besteht der Verdacht einer Ruptur, ist Vorsicht bei der Verabreichung von intravenöser Flüssigkeit geboten.
  • Permissive Hypotonie mit systolischem Blutdruck von 80 mmHg empfohlen2
  • Die Patient*innen sollen notfallmäßig ins Krankenhaus gebracht werden.

Checkliste zur Überweisung

Aortenaneurysma

  • Zweck der Überweisung
    • Bestätigung der Diagnose? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Beginn und Dauer? Entwicklung, evtl. Progression? Grunderkrankung: Koronarerkankung, Hypertonie, Diabetes mellitus, sonstige Erkrankungen?
    • Evtl. Symptome? Größe des Aneurysmas?
    • Familienanamnese? Rauchen? Derzeitige Medikamente?
    • Konsequenzen: Sozialleben, körperliche Aktivität, sonstige?
  • Klinische Untersuchung
    • Allgemeinzustand der Patient*innen? Pulsierende Resistenz im Abdomen: evtl. schmerzempfindlich bei Palpation?
    • Blutdruck, Puls, Anzeichen von Stauungen?
  • Laboruntersuchung
    • nur zur präoperativen Planung notwendig
  • Bildgebung
    • Befunde von Ultraschall, CT von Thorax oder Abdomen?

Therapie

Therapieziele

  • Bei großen und/oder progredienten und/oder symptomatischen Aneurysmen Rekonstruktion der Aorta, um einer Ruptur vorzubeugen.22
  • Bei Ruptur: Lebensrettung

Allgemeines zur Therapie

  • Der Nachweis eines Aortenaneurysmas ist ein Anzeichen einer allgemeinen Herz-Kreislauf-Erkrankung, und die Patient*innen sollten im Hinblick auf die Verringerung der Progression und Gesamtsterblichkeit infolge der Herz-Kreislauf-Erkrankung behandelt werden.23
  • Die Behandlung eines asymptomatischen AAA hängt von seiner Größe und dem Rupturrisiko ab, das gegen das Operationsrisiko des prophylaktischen Eingriffs abgewogen werden muss.2
  • Medikamentöse Therapie
    • Dient der Reduktion der Wandspannung und Minimierung kardiovaskulärer Risikofaktoren.9
  • Operation
    • bei offener Operation Einsatz einer Gefäßprothese 
    • alternativ endovaskuläre Stent-Einlage24
  • Die Versorgung des AAA soll in spezialisierten Zentren erfolgen.2
    • Durch ein hohes Therapievolumen und eine hohe Qualität, d. h. erfahrene Chirurg*innen, kommt es zu einer niedrigeren Sterblichkeit bei elektiven Operationen eines abdominalen Aortenaneurysmas.25-26

Leitlinie: Empfehlungen zur Therapie beim AAA2

  • Asymptomatische AAA
    • von 4,0–5,4 cm Durchmesser sollen regelmäßig überwacht werden.
    • Patient*innen mit einem infrarenalen oder juxtarenalen AAA 5,5 cm oder größer sollen einer elektiven AAA-Versorgung zugeführt werden.
    • Bei infrarenalem oder juxtarenalem AAA mit Durchmesser 5,0–5,4 cm kann eine Therapie erwogen werden.
    • Bei Frauen sollte die invasive Versorgung in Betracht gezogen werden, wenn der maximale Aortendurchmesser 5,0 cm erreicht hat.
    • Bei einer AAA-Größenzunahme von > 10 mm/Jahr soll unabhängig vom AAA-Durchmesser eine Indikation zur konventionellen OP oder EVAR (endovaskuläre Aortenreparatur) gestellt werden.
  • Zur Behandlung des symptomatischen AAA
    • Patient*innen mit symptomatischem AAA sollen zum nächstmöglichen Elektivtermin invasiv behandelt werden.
    • Patient*innen mit symptomatischem AAA sollten – falls technisch geeignet – endovaskulär behandelt werden.
  • Bei Patient*innen mit dialysepflichtiger Niereninsuffizienz und Patient*innen mit sauerstoffpflichtiger COPD ist der Nutzen einer elektiven AAA Versorgung nicht gesichert.
  • AAA bei angeborenen Bindegewebserkrankungen sind eine Rarität. Wenn eine Intervention indiziert ist, sollte in Fällen von Marfan-Syndrom und anderen hereditären Bindegewebsschwächen der offene chirurgische Eingriff als Erstoption indiziert werden. Die Sekundärtherapie kann endovaskulär erfolgen.

Empfehlungen zur Therapie beim TAA

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
  • Indikationen zum elektiven chirurgischen Aortenersatz
    • ≥ 50 mm für Patient*innen mit Marfan-Syndrom
    • ≥ 45 mm für Patient*innen mit Marfan-Syndrom und mindestens 1 Risikofaktor
      • familiäre Disposition
      • Wachstumsgeschwindigkeit > 5 mm/Jahr
      • Aortenklappenmorphologie (unikuspid, bikuspid)
      • korrigierte oder unkorrigierte Aortenisthmusstenose
    • ≥ 50 mm mit bikuspider Klappe und mindestens 1 Risikofaktor
    • ≥ 55 mm bei allen anderen Patient*innen

Empfehlungen für Patient*innen

  • Raten Sie den Patient*innen mit dem Rauchen aufzuhören, denn die Geschwindigkeit der Größenzunahme des Aneurysmas wird dadurch reduziert.27
  • Um Blutdruckspitzen zu vermeiden, ist ein Verzicht auf Leistungssport ab einem thorakalen Aortendurchmesser > 40 mm indiziert.2

Operative Therapie

Leitlinie: Präoperative Maßnahmen2

  • Vor AAA-Versorgung sollte bei Patient*innen mit akutem Herzinfarkt mit oder ohne ST-Erhöhung, instabiler Angina oder stabiler Angina mit Erkrankung des linken Hauptstamms oder Dreiefäßerkrankung eine Koronarrevaskularisation erfolgen.
  • Bereits präprozedural sollte eine Statintherapie bei Patient*innen mit Gefäßeingriff erwogen werden, idealerweise wenigstens 2 Wochen vor dem Eingriff.
  • Präprozedural sollte eine Duplexsonografie der A. Carotiden erfolgen.
  • Für die präprozedurale Risikoabschätzung EVAR (endovaskuläre Aortenreparatur) versus OR (offene Rekonstruktion) kann der BAR-Score genutzt werden.
  • Bei Patient*innen mit AAA soll perioperativ die Gabe von ASS im Rahmen der Sekundärprävention fortgesetzt werden.
    • Absetzen erfolgt nur aufgrund individueller Risikoabwägung.
  • Patient*innen sollen präprozedural sowohl bei OR als auch bei EVAR über eine mögliche Verschlechterung der Sexualfunktion nach dem Eingriff aufgeklärt werden.

Chirurgische Eingriffe für AAA

  • Für Patient*innen mit akzeptablem periprozeduralem Risiko sollen EVAR (endovaskuläre Aortenreparatur) und OR (offene Rekonstruktion) in gleicher Weise empfohlen werden, anatomische Machbarkeit von EVAR vorausgesetzt.2
    • Bei der Auswahl des Eingriffsverfahrens soll die Patientenpräferenz berücksichtigt werden, wobei auf Unterschiede zwischen EVAR und OR im periprozeduralen Verlauf, der Reinterventionshäufigkeit, der Nachsorge und der aneurysmabezogenen Langzeitsterblichkeit hingewiesen werden soll.2
  • Offene Operation
    • Einsetzen einer Gefäßprothese 
    • Laparoskopische Verfahren befinden sich in der Erprobung.28
      • Der Stellenwert ist aktuell noch unklar.2
  • Endovaskulärer Eingriff
    • Das Verfahren führt zu einem geringeren Trauma als eine offene Operation und eignet sich für die Aorta abdominalis und die Aorta thoracica.
    • Der Stent wird in der Regel über die Leiste eingesetzt.
    • Während des Eingriffs kommt es zu geringeren Blutungen und weniger kardiovaskulären Blutungen, er kann unter Lokalanästhesie durchgeführt werden und hat eine kürzere Rekonvaleszenzzeit.29
      • Die langfristige Überlebenszeit ist nicht höher als bei einer offenen Operation.
    • Der Eingriff wird verstärkt durchgeführt, ist aber in einigen Kreisen umstritten, da es wenige randomisierte Langzeitstudien gibt.
      • Einige Studien zeigen eine niedrigere perioperative Mortalität30-31, aber es gibt keine signifikanten Unterschiede in der Mortalität nach 232 oder 6 Jahren.33
      • In einer randomisierten kontrollierten Studie kam es bei dem endovaskulären Eingriff zu einer niedrigeren Mortalität kurz nach dem Eingriff (NNT 40), mit der Zeit glich sich dieser Vorteil jedoch aus, und es kam zu mehr Komplikationen, neuen Interventionen und höheren Kosten.34
      • Eine Studie kam zu dem Schluss, dass ein endovaskulärer Eingriff bei einem Aneurysma im Vergleich zu der traditionellen offenen Operation keine Vorteile für Patient*innen hat, die vor dem Eingriff in einem guten medizinischen Allgemeinzustand waren.32
      • Bis 1 Jahr nach dem Eingriff wird für EVAR im Vergleich zu OR ein Vorteil in der Lebensqualität gesehen.2

Chirurgische Eingriffe für TAA9

  • Eine operative Korrektur richtet sich nach der Lokalisation des Aneurysmas.
    • Distal des sinutubulären Übergangs ist die Implantation einer Rohrprothese ausreichend.
    • Involviert das Aneurysma die Aortenwurzel, besteht häufig eine Aortenklappeninsuffizienz.
      • neben Aortenprothese auch Klappenrekonstruktion notwendig

Leitlinie: Supportive Maßnahmen bei AAA2

  • Patient*innen sollen von den behandelnden Ärzt*innen angehalten werden, das Rauchen aufzugeben, speziell auch nach AAA-Versorgung.
  • Eine Kontrolle des Blutdrucks und Therapie der Hypertonie soll bei allen Patient*innen mit AAA zur Prävention kardiovaskulärer Komplikationen durchgeführt werden.
  • Patient*innen mit einem AAA und kardiovaskulärer Komorbidität sollen zur kardiovaskulären Protektion Statine erhalten, sofern keine Kontraindikationen bestehen.
  • Bei kardiovaskulärer Komorbidität sollte Patient*innen mit AAA die Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern empfohlen werden.

Supportive Maßnahmen bei TAA

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.9
  • Aufgrund der Bedeutung der Atherosklerose ist eine Minimierung kardiovaskulärer Risikofaktoren obligat.
  • Entscheidend ist eine Blutdruckkontrolle: Für Patient*innen mit Diabetes mellitus sollte der Wert < 140/90 mmHg sein, bei Patient*innen mit Niereninsuffizienz < 130/80 mmHg.
  • Bei Patient*innen mit Marfan-Syndrom reduziert eine prophylaktische Betablockade mit Propranolol die Progression der Aortendilatation und das Auftreten von Komplikationen.
    • Für Aneurysmen anderer Ätiologie existiert keine Evidenz für einen spezifischen Nutzen von Betablockern.

Prävention

  • Moderate körperliche Aktivität wirkt auf die Progression atherosklerotisch bedingter Aneurysmen vermutlich präventiv.2 

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Ein Aortenaneurysma kann ein Leben lang symptomfrei verlaufen.
  • Große und expandierende Aneurysmen können später zu Symptomen wie Schmerzen im Rücken/Epigastrium oder Symptomen aufgrund der Kompression benachbarter Strukturen führen.
  • Bei Größenprogredienz kann es im Verlauf zur Ruptur kommen, an der Betroffene, ohne vorher andere Symptome gezeigt zu haben, sterben können.

Komplikationen

Allgemeines

  • Verlegung von Abgängen der Aorta
  • Ischämischer Insult durch Bildung von Thromben
  • Ruptur1
    • akute Symptome
      1. Plötzliche Schmerzen im Bauch oder der Flanke, die in das Skrotum ausstrahlen können.
      2. hämorrhagischer Schock
    • Eine freie Ruptur mit Blutfluss in die freie Bauchhöhle ist kaum zu überleben.
    • Eine retroperitoneal gedeckte Ruptur, wobei das retroperitoneale Gewebe als Tamponade wirkt, hat eine deutlich bessere Prognose.

Postoperative Komplikationen

  • Bei endovaskulärer Reparatur2
    • akute Nierenfunktionseinschränkung
    • Endoleak: persistierender Blutfluss außerhalb des Lumens des Endografts, aber innerhalb des Aneurysmasacks
    • Stentgraftmigration
    • iliakaler Schenkelverschluss mit akuter Beinischämie
      • Abknickens des Stents in einer gewundenen Iliakalarterie
    • Graftinfektion
    • aortoenterale Fistel
    • Endorganischämie
  • Bei offener Rekonstruktion2
    • Protheseninfektion
    • Anastomosenaneurysma
    • Narbenhernie
      • mit Abstand häufigste Komplikation
    • aortoenterale Fistel
    • sexuelle Dysfunktion
    • Bridenileus

Prognose

  • Die Prognose hängt von der Größe und Lokalisation des Aneurysmas ab.
  • Abdominales Aortenaneurysma2
    • Rupturrisiko
      • 3–5,5 cm: Rupturrisiko pro Jahr 0–1,61 %
      • 5,5–6 cm: Rupturrisiko pro Jahr 3,5 %
      • 6,1–7 cm: Rupturrisiko pro Jahr 4,1 %
      • > 7 cm: Rupturrisiko pro Jahr 6,3 %
    • Operation
      • Mortalität 4 Wochen postoperativ bei endovaskulärem Eingriff im Vergleich zu offener Operation niedriger: 1,2 % vs 4,8 %35
        • Unterschiede gleichen sich mit der Zeit aus und nach 5 Jahren ist die Mortalität in beiden Gruppen gleich hoch.
      • Erfolgreich operierte Patient*innen haben eine vergleichbare Lebenserwartung wie die altersentsprechende Normalbevölkerung.36
  • Thorakales Aortenaneurysma9
    • Rupturrisiko
      • > 60 mm: Rupturrisiko pro Jahr 6,9 %, Mortalität 11,8 %
      • 50–59 mm: etwa halb so hohe Ruptur- und Mortalitätsrate
    • Operation
      • perioperative Mortalität zwischen 1 % bei jungen and > 5 % bei älteren Patient*innen

Verlaufskontrolle

  • Für die Verlaufskontrollen bei konservativem Vorgehen siehe die Leitlinienempfehlungen.
  • Die postoperativen Kontrollen erfolgen nach Rücksprache mit den Operateur*innen.
    • Patient*innen nach OR können in 5-jährigen Abständen einer CT-Kontrolle unterzogen werden.2
    • Patient*innen mit EVAR sollten sonografisch verlaufskontrolliert werden. Die regelmäßige postprozedurale Nachsorge sollte durch das implantierende Gefäßzentrum organisiert werden.2
  • Patient*innen nach OR oder EVAR bleiben kardiovaskuläre Höchstrisikopatient*innen.2

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Kleine Aneurysmen haben ein geringes Rupturrisiko und können verlaufskontrolliert werden.2
  • Bei plötzlichen akuten Bauch- bzw. Rückenschmerzen und bekanntem Aneurysma sollte sofort ein Krankenhaus aufgesucht werden.
  • Rauchen ist der wichtigste modifizierbare Risikofaktor und sollte dringend aufgegeben werden.2

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Bauchaortenaneurysma, Querschnitt, Sonografie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Bauchaortenaneurysma, Querschnitt, Sonografie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Aortenaneurysma, Querschnitt, CT
Aortenaneurysma, Querschnitt, CT

Quellen

Leitlinie

  • European Society of Cardiology. Guidelines on the diagnosis and treatment of aortic diseases, Stand 2015. www.escardio.org
  • Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG). Screening, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Bauchaortenaneurysmas. AWMF-Leitlinie 004-014. S3, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

  1. Sakalihasan N, Limet R, Defawe OD. Abdominal aortic aneurysm. Lancet 2005; 365: 1577-89. PubMed
  2. Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG). S3-Leitlinie zu Screening, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Bauchaortenaneurysmas. AWMF-Leitlinie 004-014. Stand 2018. www.awmf.org
  3. Kniemeyer HW, Kessler T, Reber PU, Ris HB, Hakki H and Widmer MK. Treatment of ruptured abdominal aortic aneurysm, a permanent challenge or a waste of resources? Prediction of outcome using a multi-organ-dysfunction score. Eur J Vasc Endovasc Surg 2000; 19: 190-6. PubMed
  4. Hiratzka LF, Bakris GL, Beckman JA, et al. ACCF/AHA/AATS/ACR/ASA/SCA/SCAI/SIR/STS/SVM guidelines for the diagnosis and management of patients with thoracic aortic disease: a report of the American College of Cardiology Foundation/ American Heart Association Task Force on Practice Guidelines, American Association for Thoracic Surgery, American College of Radiology, American Stroke Association, Society of Cardiovascular Anesthesiologists, Society for Cardiovascular Angiography and Interventions, Society of Interventional Radiology, Society of Thoracic Surgeons, and Society for Vascular Medicine. Circulation 2010; 121: 266-369. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Anjum A, Powell JT. Is theincidence of abdominal aortic aneurysm declining in the 21st century? Mortality and hospital admissions for England & Wales and Scotland. Eur J Vasc Endovasc Surg 2012; 43: 161-6. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Benson RA, Poole R, Murray S, et al. Screening resultsfrom a large United Kingdom abdominal aortic aneurysm screening center in the context of optimizing United Kingdom National Abdominal Aortic Aneurysm Screening Programme protocols. J Vasc Surg 2016; 63: 301-4. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Ashton HA, Gao L, Kim LG, et al. Fifteen-year follow-up of a randomized clinical trial of ultrasonographic screening for abdominal aortic aneurysms. Br J Surg 2007; 94: 696-701. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Khashram M, Jones GT, Roake JA. Prevalence of abdominal aortic aneurysm (AAA) in a population undergoing computed tomography colonography in Canterbury, New Zealand. Eur J Vasc Endovasc Surg 2015; 50: 199-205. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Lavall D, Schäfers HJ, Böhm M, et al. Aneurysmen der Aorta ascendens. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(13): 227-33. www.aerzteblatt.de
  10. Stather PW, Sidloff DA, Dattani N, et al. Meta-analysis and meta-regression analysis of biomarkers for abdominal aortic aneurysm. Br. J. Surg 2014; 101: 1358–1372. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  11. Altobelli E, Rapacchietta L, Profeta VF, et al. Risk Factors for Abdominal Aortic Aneurysm in Population-Based Studies: A Systematic Review and Meta-Analysis. Int J Environ Res Public Health 2018; 15(12): 2805. www.ncbi.nlm.nih.gov
  12. Lee CC, Lee MG, Cheng YS et al. Risk of Aortic Dissection and Aortic Aneurysm in Patients Taking Oral Fluoroquinolone. JAMA Intern Med. doi:10.1001/jamainternmed.2015.5389. www.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Gopalakrishnan C, Bykov K, Fischer MA, Connolly JG, Gagne JJ, Fralick M. Association of Fluoroquinolones With the Risk of Aortic Aneurysm or Aortic Dissection. JAMA Intern Med. 2020. PMID: 32897307. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  14. Upchurch GR, Schaub TA. Abdominal aortic aneurysm. Am Fam Physician 2006; 73: 1198-204. PubMed
  15. Fink HA, Lederle FA, Roth CS, Bowles CA, Nelson DB and Haas MA. The accuracy of physical examination to detect abdominal aortic aneurysm. Arch Intern Med 2000; 160: 833-6. PubMed
  16. Cosford P, Leng G. Screening for abdominal aortic aneurysm. Cochrane Database Syst Rev, issue 2, 2007. www.cochrane.org
  17. Ali MU, Fitzpatrick-Lewis D, Miller J, et al. Screening for abdominal aortic aneurysm in asymptomatic adults. J Vasc Surg 2016; 64(6): 1855-1868. pmid:27871502 PubMed
  18. Metcalfe D, Holt PJE, Thompson MM. The management of abdominal aortic aneurysms. BMJ 2011; 342: d1384. BMJ (DOI)
  19. Thompson SG, Ashton HA, Gao L, et al. Screening men for abdominal aortic aneurysm: 10 year mortality and cost effectiveness results from the randomised Multicentre Aneurysm Screening Study. BMJ 2009; 338: b2307. BMJ (DOI)
  20. Wanhainen A, Hultgren R, Linné A et al. Outcome of the Swedish nationwide abdominal aortic aneurysm screening program. Circulation 2016;134:1141. www.ncbi.nlm.nih.gov
  21. LeFevre M für die USPSTF. Screening for abdominal aortic aneurysm: U.S. preventive services task force recommendation statement Ann Intern Med. doi:10.7326/M14-1204. annals.org
  22. The UK Small Aneurysm Trial Participants. Mortality results for randomised controlled trial of early elective surgery or ultrasonographic surveillance for small abdominal aortic aneurysms. Lancet 1998; 352: 1649-55 PubMed
  23. European Society of Cardiology. Guidelines on the diagnosis and treatment of aortic diseases, Stand 2015. www.escardio.org
  24. Lederle FA (ed). Abdominal aortic aneurysm - open versus endovascular repair. N Engl J Med 2004; 351: 1677-9. New England Journal of Medicine
  25. Dimick JB, Cowan JA, Stanley JC, Henke PK, Pronovost PJ, Upchurch GR. Surgeon speciality and provider volumes are related to outcome of intact abdominal aortic aneurysm repair in the United States. J Vasc Surg 2003; 38: 739 - 44. PubMed
  26. Holt PJ, Poloniecki JD, Gerrard D, Loftus IM, Thompson MM. Meta-analysis and systematic review of the relationship between volume and outcome in abdominal aortic aneurysm surgery. Br J Surg 2007; 94: 395-403. PubMed
  27. Brady AR, Thompson SG, Fowkes FG, Greenhalgh RM and Powell JT. Abdominal aortic aneurysm expansion: risk factors and time intervals for surveillance. Circulation 2004; 110: 16-21. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  28. Coggia M, JaverliatI, Centa Di et al. Total laparoscopic infrarenal aortic aneurysm repair: preliminary results. J Vasc Surg 2004; 40: 448-54. PubMed
  29. Jordan WD, Alcocer F, Wirthlin DJ, Westfall AO, Whitley D. Abdominal aortic aneurysms in "high-risk" surgical patients: comparison of open and endovascular repair. Ann Surg 2003;237: 623-9. PubMed
  30. Prinssen M, Verhoeven EL, Buth J et al. A randomized trial comparing conventional and endovascular repair of abdominal aortic aneurysms. N Engl J Med 2004; 351: 1607-18. New England Journal of Medicine
  31. Greenhalgh RM, Brown LC, Kwong GP et al. Comparison of endovascular aneurysm repair with open repair in patients with abdominal aortic aneurysm (EVAR trial 1), 30-day operative mortality results: randomised controlled trial. Lancet 2004; 364: 843-8. PubMed
  32. EVAR trial participants. Endovascular aneurysm repair versus open repair in patients with abdominal aortic aneurysm (EVAR trial 1): randomised controlled trial. Lancet 2005; 365: 2179-86. PubMed
  33. EVAR trial participants. Endovascular aneurysm repair and outcome in patients unfit for open repair of abdominal aortic aneurysm (EVAR trial 2): randomised controlled trial. Lancet 2005; 365: 2187-92. PubMed
  34. The United Kingdom EVAR Trial Investigators. Endovascular versus open repair of abdominal aortic aneurysm. N Engl J Med 2010; 362: 1863-71. PubMed
  35. Schermerhorn ML, O'Malley AJ, Jhaveri A, et al. Endovascular vs. open repair of abdominal aortic aneurysm in the medicare population. N Engl J Med 2008; 358: 464-74. New England Journal of Medicine
  36. Rahimi SA. Abdominal Aortic Aneurysm. Medscape, last updated Jan 08, 2019. emedicine.medscape.com

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Günther Egidi, Dr. med., Arzt für Allgemeinmedizin, Bremen (Review)

Frühere Autor*innen

  • Torbjørn Dahl, överläkare på kirurgavdelningen, St. Olavs Hospital i Trondheim

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit