Pemphigoid

Pemphigoid oder bullöses Pemphigoid ist eine relativ gutartige Erkrankung, die durch pralle, subepidermale Blasen (bullae) und lästigen Juckreiz gekennzeichnet ist.

Was ist Pemphigoid?

Pemphigoid oder bullöses Pemphigoid ist eine relativ gutartige Erkrankung, die durch pralle, subepidermale Blasen (bullae) und lästigen Juckreiz gekennzeichnet ist. Bullae sind scharf abgegrenzte Blasen, die mit einer gelben Flüssigkeit gefüllt sind und einen Durchmesser von über 5 mm haben. Die Blasen bilden sich bei physischen oder chemischen Verletzungen der Haut und gehören bei zahlreichen aktiven Hauterkrankungen zum Symptombild. Die Haut kann gerötet sein oder ein normales Aussehen haben. Die Erkrankung kann in unterschiedlichen Formen auftreten, unter anderem lokalisiert, mit kleinen Bläschen (vesikulär), rötlich (erythematös) und mit Knötchen (nodulär).

Das Pemphigoid ist in Zentraleuropa eine der häufigsten Immunerkrankungen der Haut mit ca. 13 Neuerkrankungen pro 1 Million Einwohner pro Jahr. Die Krankheit kommt vor allem bei älteren Personen vor, meist in der Altersgruppe von 65 bis 75 Jahren. Ein Schleimhautpemphigoid kommt selten vor. Der typische Patient ist eine ältere Frau.

Symptom

Das bullöse Pemphigoid beginnt meist mit starkem Juckreiz und einem nesselnden Hautausschlag, in dessen Verlauf sich große, prall gefüllte Blasen auf normaler oder geröteter Haut bilden, häufig in der Armbeuge oder in der Kniekehle. Die Krankheit kann in der frühen Phase durch roten Ausschlag mit Kratzspuren aufgrund des starken Juckreizes gekennzeichnet sein. Die Erkrankung kommt am häufigsten bei älteren Menschen vor. Bei bis zu einem Drittel der Patienten sind zudem die Schleimhäute im Mund oder in oder im Bereich der Geschlechtsorgane und der Enddarmöffnung betroffen. Die Blasen in der Mundschleimhaut platzen leicht auf und hinterlassen kleine, brennende Wunden. Diese heilen ohne Narbenbildung ab.

Schleimhautpemphigoid ist eine Erkrankung, bei der immer die Mundschleimhaut und die Bindehaut des Auges (Konjunktiva) betroffen sind, andere Schleimhäute sind in variierendem Grad betroffen. Die Blasen in der Mundschleimhaut sind häufig größer als bei bullösem Pemphigoid. Sie hinterlassen schmerzende Wunden, bei dessen Verheilen häufig Narben zurück bleiben. Verwachsungen zwischen Augenlid und Augapfel (Symblepharon) sind eine gefürchtete Komplikation, die in manchen Fällen zum Erblinden führen kann. Bei 30–50 % der Patienten treten Hautausschläge auf, meist in der Kopf-Hals-Region und im oberen Bereich des Rumpfes.

Ursachen

Die Krankheit wird von zirkulierenden Antikörpern (Proteinen im Blut) ausgelöst, die sich mit Strukturen in der Epidermis verbinden. Wenn Antikörper das körpereigene Gewebe auf diese Art angreifen, werden sie als Autoantikörper bezeichnet, daher werden Pemphigoide zur Gruppe der autoimmunen Erkrankungen gezählt. Der Angriff der Autoantikörper führt zu einer Entzündung, bei der sich subepidermale Blasen bilden. Die Ursache hierfür ist unbekannt.

Diagnose

Die Krankheit ist durch große, prall gefüllte, bis zu mehrere Zentimeter große Blasen gekennzeichnet, die auf der Haut verteilt auftreten. Vor der Blasenbildung treten für mehrere Monate an Nesselsucht erinnernde Ausschläge und Schwellungen auf. Schleimhautveränderungen im Mund werden bei einem Drittel der Betroffenen entdeckt, und die Bindehaut des Auges kann ebenfalls entzündet sein. Hierbei kann es zu Narbenbildung und zu Verwachsungen zwischen Augenlid und Augapfel kommen. Das so genannte Nikolski-Phänomen ist positiv. Bei diesem Test wird Druck auf eine Blase ausgeübt, wodurch sich diese nach außen in Richtung umgebende Haut verschiebt.

Bei Blutuntersuchungen können bei 70 % zirkulierende Autoantikörper nachgewiesen werden. Gewebeproben (Biopsie) der Hautveränderungen ermöglichen eine sichere Diagnose durch Mikroskopie, unter anderem mithilfe verschiedener Färbemethoden, mit denen unterschiedliche Krankheitsprozesse aufgezeigt werden können.

Behandlung

Die Behandlung zielt darauf ab, die Entzündung zu lindern. Bei leichteren Fällen von Pemphigoid reicht es mitunter aus, eine lokal wirkende, starke Kortisonsalbe zu verwenden. Alternativ zu Kortison in Tablettenform wird heutzutage zweimal täglich eine starke, lokal wirkende Kortisonsalbe auf den gesamten Körper aufgetragen, bis eine Symptomkontrolle erreicht ist. Beim Einsatz von Kortisontabletten wird mit einer Dosierung von 0,75 mg pro kg Körpergewicht/Tag begonnen, die nach Eintreten des Therapieerfolgs reduziert wird.

Bei schwereren Fällen wird Kortison in Tablettenform in Kombination mit anderen Medikamenten verabreicht, die die Entzündung dämpfen. Die Erkrankung wird auch mit Antibiotika (Tetracyclin) behandelt, die zudem eine entzündungsdämpfende Wirkung haben. Tetracycline werden häufig zusammen mit dem Wirkstoff Nikotinamid verabreicht. Diese Kombination wird in seltenen Fällen eingesetzt, wenn Kortison aufgrund von Nebenwirkungen nicht eingesetzt werden kann.

Eine weitere Behandlungsmethode, die eingesetzt werden kann, ist die Plasmapherese. Hierbei handelt es sich um eine Spezialbehandlung, die im Krankenhaus durchgeführt wird. Bei diesem Verfahren wird das Blut aus dem Körper entnommen, die Blutzellen werden vom Blutplasma getrennt und danach dem Patienten wieder zugeführt. Auf diese Art wird ein Teil des Blutes, in dem die schädlichen Antikörper vorkommen, entfernt. Plasmapherese kann den Bedarf von medikamentöser Behandlung reduzieren.

Neuere Behandlungsmethoden sind z. B. intravenös verabreichtes Immunglobulin und/oder Rituximab, ein mithilfe von Gentechnik entwickelter Antikörper.

Das Schleimhautpemphigoid ist schwieriger zu behandeln als das bullöse Pemphigoid, d. h. der Therapieerfolg der Medikamente ist geringer. Das Risiko schwerwiegender Komplikationen rechtfertigt eine aggressivere, immunsupprimierende Therapie.

Prognose

Die Erkrankung ist langwierig, die Symptome können jedoch beim Schleimhautpemphigoid nach fünf bis sechs Jahren und beim bullösen Pemphigoid bereits nach einem Jahr abklingen. Bei einem herkömmlichen Krankheitsverlauf kommt es zu Variationen mit guten und weniger guten Perioden. Bei korrekter Behandlung ist die Prognose gut.

Es kann zu Komplikationen kommen, wenn andere Erkrankungen aufgrund von Therapieformen aufblühen, bei denen die körpereigene Abwehr geschwächt wird. Der Einsatz von Kortisonpräparaten kann zudem Nebenwirkungen verursachen, die ihrerseits zu Osteoporose, Gewichtszunahme und Depressionen führen.

Wollen Sie mehr wissen?

Autoren

  • Philipp Ollenschläger, Medizinjournalist, Köln

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit

Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Pemphigoid. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Petronic-Rosic V. Bullous pemphigoid. BestPractice, last updated Oct 07, 2013.
  2. Schmidt E, Zillikens D: The diagnosis and treatment of autoimmune blistering skin diseases. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(23): 399–405 www.aerzteblatt.de
  3. Jung M, Kippes W, Messer G, et al. Increased risk of bullous pemphigoid in male and very old patients: A population-based study on incidence. J Am Acad Dermatol 1999;41:266-268. PubMed
  4. Liu Z. Are anti-BP180 IgG1 or IgG4 autoantibodies pathogenic? J Invest Dermatol 2002;119:989-990. PubMed
  5. Wakugawa M, Nakamura K, Hino H, et al. Elevated levels of eotaxin and interleukin-5 in blister fluid of bullous pemphigoid: Correlation with tissue eosinophilia. Br J Dermatol 2000;143:112-116. PubMed
  6. Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Pemphigus vulgaris und bullöses Pemphigoid, Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 013-071. Stand 2019 www.awmf.org
  7. Lamb PM, Abell E, Tharp M, et al. Prodromal bullous pemphigoid. Int J Dermatol 2006;45:209-214. PubMed
  8. Chan LS. Bullous penphigoid. Medscape, last updated Jul, 2017. emedicine.medscape.com
  9. Regezi JA, Scuibba JJ, Jordan RCK. Oral pathology. Clinical pathologic correlations. 4. utg. St. Louis, MO: Saunders, 2003.
  10. Chan LS, Ahmed AR, Anhalt GJ et al. he first international consensus on mucous membrane pemphigoid. Arch Dermatol 2002; 138: 370-9. pmid:11902988 PubMed
  11. P. Altmeyer. Bullöses Pemphigoid. Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin. Berlin, Heidelberg, New York: Springer Zugriff 21.3.2020 www.enzyklopaedie-dermatologie.de
  12. Chalmers JR, Wojnarowska F, Kirtschig G, et al. A randomised controlled trial to compare the safety, effectiveness and cost-effectiveness of doxycycline (200 mg/day) with that of oral prednisolone (0.5 mg/kg/day) for initial treatment of bullous pemphigoid: the Bullous Pemphigoid Steroids and Tetracyclines (BLISTER) trial. Health Technol Assess 2017; 21: 1-90. pmid:28406394 PubMed
  13. Williams HC, Wojnarowska F, Kirtschig G, et al. Doxycycline versus prednisolone as an initial treatment strategy for bullous pemphigoid: a pragmatic, non-inferiority, randomised controlled trial. Lancet 2017; 389: 1630-8. pmid:28279484. www.ncbi.nlm.nih.gov
  14. Wetter DA, Davis MD, Yiannias JA, et al. Effectiveness of intravenous immunoglobulin therapy for skin disease other than toxic epidermal necrolysis: A retrospective review of mayo clinic experience. Mayo Clin Proc 2005;80:41-47. PubMed
  15. Schmidt E, Bröcker EB, Goebeler M. Rituximab in treatment-resistant autoimmune blistering skin disorders. Clin Rev Allergy Immunol 2008 Feb;34(1):56-64. PubMed