Zusammenfassung
- Definition:Die Dyshidrosis, die bei schwerem Verlauf auch als Pompholyx bezeichnet wird, ist eine juckende, rezidivierende oder chronische vesikuläre palmoplantare Dermatitis.
- Häufigkeit:Betroffen sind rund 0,5–1 % der Bevölkerung.
- Symptome:Juckreiz an Händen und Füßen mit Blasenbildung.
- Befunde:Rötung der Hand- und Fußinnenflächen oder -kanten mit Bläschenbildung, stark juckend.
- Diagnostik:Abklärung von Grunderkrankungen, evtl. allergische Diagnostik.
- Therapie:Lokal wirkende Kortikosteroide.
Allgemeine Informationen
Definition
- Dyshidrosis ist eine juckende, rezidivierende oder chronische vesikuläre palmoplantare Dermatitis unbekannter Ursache.1
- Eine schwere Verlaufsform wird auch Pompholyx genannt.2
Häufigkeit
- Die Erkrankung ist nicht selten und betrifft 0,5–1 % der Bevölkerung.
- Patient*innen mit Handekzemen sind in 5–50 % aller Fälle von Dyshidrosis betroffen.
- Die Erkrankung ist häufiger in warmem/feuchtem Klima sowie im Frühling und Sommer.
- Sie kommt in allen Altersstufen vor, und es gibt keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern.
Ätiologie und Pathogenese
- Die Ursache ist unbekannt, es wird aber angenommen, dass viele Faktoren beteiligt sind.1
- Die Erkrankung wird als Reaktionsmuster auf unterschiedliche endogene und exogene Faktoren angesehen.
- Die Dyshidrosis scheint oft mit anderen Hauterkrankungen wie atopischem Ekzem, Kontaktdermatitis, Metallallergie3, Dermatophyteninfektionen und bakteriellen Infektionen sowie Umweltfaktoren und emotionalem Stress in Verbindung zu stehen.
- Die Hälfte aller Patient*innen mit Dyshidrosis leiden unter einem atopischen Ekzem.3-5
- Eine Pilzinfektion an anderer Stelle des Körpers kann eine Dyshidrosis begünstigen, die dann nach Behandlung der Pilzinfektion wieder abklingt.
- Auch Stress kann zu einer Dyshidrosis führen.
Prädisponierende Faktoren
- Kontaktreizstoffe und -allergene
- Atopie
- Immunglobulintherapie
- Stress
- Arbeiten mit sehr warmem oder sehr kaltem Wasser
- Nikotin
- HIV-Infektion
ICPC-2
- S88 Allergische-/Kontaktdermatitis
ICD-10
- L30.- Sonstige Dermatitis
- L30.1 Dyshidrosis [Pompholyx]
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Die klinische Diagnose basiert auf Anamnese und Untersuchung.
Differenzialdiagnosen
- Kontaktekzem
- Porphyria cutanea tarda
- Psoriasis pustulosa palmoplantaris
- Pilzinfektionen der Haut
- Pemphigoid
Anamnese
- Rötung der Haut
- Jucken an Handflächen und Fußsohlen
- Dauer und Häufigkeit der Episoden
- Kontakt mit Metallen und Allergenen, Medikamenteneinnahme
- Vorerkrankungen (atopische Erkrankungen, Immunerkrankungen, HIV)
- Familiäre Belastung
Klinische Untersuchung
- Symmetrische Eruption klarer Vesikel und/oder Bullae in den Handflächen und an den Außenseiten der Finger sind typisch für Dyshidrosis.
- Lokalisation
- In 80 % der Fälle befindet sich der Ausschlag nur an den Händen, in 10 % nur an den Füßen und in 10 % an beiden Arealen.
- Die Füße, Fußsohlen und die Außenseiten der Zehen können ebenfalls betroffen sein.
- In milden Fällen befinden sich die Vesikel nur an den Außenseiten der Finger und manchmal an den Füßen und Zehen.
- Hauptelemente
- Die Vesikel sitzen tief mit umgebendem Erythem. Sie können groß werden, zusammenfließen und Blasen bilden.
- In der Regel gehen sie zurück ohne zu platzen, gefolgt von Abschuppung.
- Begleiterscheinungen
- Bei lang anhaltenden Erkrankungen können die Fingernägel der Betroffenen dystrophische Veränderungen zeigen: unregelmäßige, quer verlaufende Erhebungen und Furchen, Verdickungen und Verfärbungen.
- Bei längerem Bestehen kann es zu Schuppungen und hyperkeratotischen Plaques kommen.
- Auch wenn keine Dermatophyteninfektion vorliegt, kommt es häufig zu einer interdigitalen Mazeration und Abschälung.
- Komplikationen
- Durch das Aufkratzen erhöht sich die Gefahr einer Superinfektion (Impetiginisation).
- An Bläschen und Blasen kann es zu Sekundärinfektionen kommen, und es können können pustulöse Läsionen entstehen.
- Es kann zu Phlegmone und Lymphangitis kommen.
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Bei Verdacht auf atopische Komponente Epikutantest (Patch-Test)
- Ggf. Hautbiopsie, um andere Erkrankungen auszuschließen.6
- Ggf. Ausschluss einer Pilzinfektion durch Kultur oder Fluoreszenzmikroskopie oder PCR-gestützte genetische Identifikationsverfahren.
Indikationen zur Überweisung
- Schlechtes Ansprechen auf die Therapie
- Anzeichen für systemische Erkrankung
Therapie
Therapieziel
- Kontrolle der Symptome
Allgemeines zur Therapie
- Behandlung evtl. vorliegender Grunderkrankungen, z. B. einer Tinea
- Wenn möglich, bekannte Auslöser vermeiden.
- Bei initialen Veränderungen sind adstringierende Bäder und Salben mit Gerbstoff hilfreich.2
- Die Grundbehandlung bei nichtinfektiöser Ursache sind lokal wirkende Kortikosteroide.7
Empfehlungen für Patient*innen
- Siehe Abschnitt Prävention.
Medikamentöse Therapie
Lokale Behandlung
- Adstringierende Badezusätze (z. B. synthetische Gerbstoffe, wie Phenol-Methanal-Harnstoff-Polykondensat)2
- Steroidhaltige Tinkturen, Salben oder Cremes, auf betroffene Stellen 1–2 x tgl. dünn auftragen.
- Im akuten Stadium eher Tinkturen, bei Schuppung eher Cremes2
- Klasse I: z. B. Hydrocortison, Dexamethason
- Klasse II: z. B. Prednicarbat, Clobetasonbutyrat, Triamcinolon
- Klasse III: z. B. Momethasonfuroat, Betamethasondipropionat, Methylprednisolonaceponat
- Begleitend rückfettende Salben
Systemische Therapie
- Bei ausgeprägter sekundärer bakterieller Infektion antibiotische Systemtherapie möglichst nach vorherigem Antibiogramm
- Möglich sind Clindamycin 3 × 600 mg oral oder Amoxicillin/Clavulansäure 2 × 875/125 mg oral.8
- bei einer Penicillin- und Clindamycin-Unverträglichkeit Moxifloxacin 1 × 400 mg oral
- Ebenfalls eingesetzt werden können Cefadroxil (1–2 × 1 g) oder Cefalexin (3–4 × 1 g), Roxithromycin (1 × 0,3 g) oder Clarithromycin (2 × 0,5 g).8
- Indikationen für eine stationäre parenterale Antibiotikatherapie besteht bei:9
- schweren Infektionen mit Zeichen einer beginnenden Sepsis
- kritischen Lokalisationen mit dem Risiko gravierender Folgen (z. B. Hand- oder Gesichtsbereich)
- Komorbiditäten (z. B. Durchblutungsstörungen, gastrointestinale Resorptionsstörungen)
- Immunsuppression.
Weitere Therapien
- Bei einigen Patient*innen ist eine Biofeedback-Therapie zur Stressreduktion hilfreich.
- Auch eine Leitungswasser-Iontopherese kann lindernd sein.10
- Eine UVA-Therapie, z. B. mit lokal angewendetem Psoralen, mindert Ausbrüche und Juckreiz, wenn sie 2- bis 3-mal pro Woche erfolgt.11
- Manchmal helfen Injektionen von Botulinumtoxin.1
Prävention
- Bekannte Kontaktreizstoffe und -allergene vermeiden.
- Extreme Temperaturen vermeiden.
- Stress so weit wie möglich vermeiden.
- Regelmäßig Feuchtigkeitscreme anwenden.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Bei einzelnen Patient*innen mit mildem Erkrankungsbild zeigt sich innerhalb von 2–3 Wochen eine spontane Verbesserung.
Komplikationen
- Sekundäre bakterielle Infektionen können zu Phlegmone, Lymphangitis und in sehr seltenen Fällen zu einer Sepsis führen.
- Dystrophische Nagelveränderungen
- Durch Schmerzen an den Händen entstehen oft Einschränkungen beim Benutzen der Hände.
Prognose
- Die Dyshidrosis hat einen chronischen, intermittierenden Verlauf.
- Über die Jahre mindert sich die Häufigkeit der Episoden.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
- Kontakt mit Allergenen oder Reizstoffen wie z. B. Nickel vermeiden.
- Sorgfalt bei der Handhygiene, um Reizstoffe zu vermeiden.
- Extreme Temperaturen vermeiden.
- Regelmäßig rückfettende Salben anwenden.
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Kontaktekzem. AWMF-Leitlinie Nr. 013-055. S1, Stand 2013. www.awmf.org
- Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. (PEG). Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2018. AWMF-Leitlinie Nr. 082-006. S2k, Stand 2018. www.awmf.org
Literatur
- Amini S. Dyshidrotic eczema. Medscape, last updated Aug 2020 emedicine.medscape.com
- Altmeyers Enzyklopädie Dermatologie. Dyshidrosis. Zugriff 16.08.2021 www.enzyklopaedie-dermatologie.de
- Magina S, Barros MA, Ferreira JA, Mesquita-Guimaraes J. Atopy, nickel sensitivity, occupation, and clinical patterns in different types of hand dermatitis. Am J Contact Dermat 2003; 14: 63-8. PubMed
- Jain VK, Aggarwal K, Passi S, Gupta S. Role of contact allergens in pompholyx. J Dermatol 2004; 31: 188-93. PubMed
- Lofgren SM, Warshaw EM. Dyshidrosis: epidemiology, clinical characteristics, and therapy. Dermatitis 2006; 17:165. PubMed
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Kontaktekzem. AWMF-Leitlinie Nr. 013-055. S1, Stand 2013. www.awmf.org
- Wollina U, Abdel Naser MB: Pharmacotherapy of pompholyx. Expert Opin Pharmacother 2004; 5: 1517-22. PubMed
- Fabri M. Kutane Infektionen durch Staphylokokken und Streptokokken. hautnah dermatologie. 2021;37(Suppl 1):34–42. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. (PEG). Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2018. AWMF-Leitlinie Nr. 082-006. S2k, Stand 2018 www.awmf.org
- Togel B, Greve B, Raulin C (2002) Current therapeutic strategies for hyperhidrosis: a review. Eur J Dermatol 12: 219-223 www.ncbi.nlm.nih.gov
- Petering H, Breuer C, Herbst R, et al: Comparison of localized high-dose UVA1 irradiation versus topical cream psoralen-UVA for treatment of chronic vesicular dyshidrotic eczema. J Am Acad Dermatol 2004; 50: 68-72. PubMed
Autor*innen
- Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).