Schwangerschafts-Pemphigoid

Zusammenfassung

  • Definition:Autoimmunerkrankung mit bullösem Ausschlag bei Schwangeren
  • Häufigkeit:Die Inzidenz beträgt 0,5 pro 1 Million, d. h. 1,2 Neuerkrankungen pro Jahr in Norwegen.
  • Symptome:Die Symptome beginnen in der Regel als juckender urtikariaartiger Ausschlag am Bauch oder an den Extremitäten. Der Hautausschlag erweitert sich allmählich.
  • Befunde:Die initialen klinischen Befunde sind periumbilikale Bullae, evtl. erythematöse Papeln, Plaques, Bläschen und große Bullae.
  • Diagnose:Indizierte Zusatzuntersuchungen sind Biopsie mit Histologie.
  • Behandlung:Die Behandlung besteht bei leichten Fällen in lokalen Steroiden und Antihistaminika. Bei schwereren Erkrankungen wird mit systemischem Kortison behandelt.

Grundinformationen

Definition

  • Seltene, chronische, autoimmunologische Schwangerschaftsdermatose, die vorwiegend in der 2. Schwangerschaftshälfte oder postpartal auftritt und durch Ausbildung großer, meist erheblich juckender entzündlicher Plaques und subepithelialer Blasen gekennzeichnet ist.1
  • Synonyme: Pemphigus gravidarum; Dermatitis multiformis gestationis; Hidroa gestationis; Herpes gestationis; PG; gestational pemphigoid1
  • Mit einem erhöhten Risiko für den Fötus assoziiert.2

Häufigkeit

  • Inzidenz: 1–2 von 50.000–60.000 Schwangerschaften
  • Die Krankheit tritt erstmalig auf im
    • Ersten Trimester: 18 %
    • Zweiten Trimester: 34 %
    • Dritten Trimester: 34 %
    • Nach der Geburt: 14 %

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Pathogenese ist nicht vollständig erforscht.
  • Es gibt eine genetische Assoziation zu HLA-DR3 und HLA-DR4 bei Müttern und zu HLA-DR2 bei Vätern.
  • Es werden eine Abscheidung von C3 in der Basalmembranzone und subepidermale Bullae beobachtet.
    • IgG ist tritt seltener auf.
  • Wahrscheinlich werden Antikörper auf Autoimmunbasis gegen die Plazenta und gegen das eigene kutane Basalmembran-Antigen gebildet.

Prädisponierende Faktoren

  • Schwangerschaft
  • Die Erkrankung wird auch mit Trophoblasterkrankungen assoziiert.
  • Die Verwendung von Östrogen kann neue Ausbrüche zu provozieren.

ICPC-2

  • S99 Hautkrankheit, andere

ICD-10

  • O26.4 Herpes gestationis

Diagnose

Diagnostische Kriterien

  • Typische Klinik und Immunfluoreszenzuntersuchung

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Die Krankheit tritt erstmalig vor allem im zweiten oder dritten Trimester der Schwangerschaft auf.
  • Sie beginnt meistens als juckender papulourtikarrieller Ausschlag im Bauchbereich mit erythematöser Plaque. Sie kann auch an den Extremitäten beginnen.
  • Der Ausschlag breitet sich schnell, häufig im Laufe von Wochen, bis zum Rumpf, zum Gesäß und zu den Extremitäten aus. Das Gesicht, die Kopfhaut und die Schleimhäute weisen in der Regel keine Veränderungen auf.
  • Schließlich werden die erythematösen Plaques deutlicher bullös.
  • Viele Betroffene erleben eine Verschlechterung um die Geburt herum.

Klinische Befunde

  • Klassische Lokalisation des Schwangerschafts-Pemphigoids. Abbildung aus Ugeskriftet, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.
    Klassische Lokalisation des Schwangerschafts-Pemphigoids. Abbildung aus Ugeskriftet, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.
    Schwangerschafts-Pemphigoid
    Schwangerschafts-Pemphigoid
    Schwangerschafts-Pemphigoid
    Schwangerschafts-Pemphigoid
    Besonders in den frühen Phasen kann es schwierig sein, die Erkrankung von polymorpher Schwangerschaftsdermatose zu unterscheiden.
  • Häufig eine Periode mit Juckreiz und weniger, nicht-bullösen Elementen vor der Bildung der typischen Bullae.
  • Die Bullae treten häufig zunächst periumbilikal auf, und es können erythematöse Papeln, Plaques, Vesikeln und große Bullae auftreten.
  • Später sind besonders der Hüftbereich, die Handflächen und Fußsohlen betroffen, selten das Gesicht und die Mundschleimhaut.

Zusatzuntersuchungen in der Allgemeinarztpraxis

  • Hautbiopsie evtl.
    • Das Vorkommen von eosinophilen Granulozyten in subepidermalen Bullae bei gewöhnlicher Lichtmikroskopie
  • Nachweis von Antikörpern
    • Mittels ELISA-Methode (BP180 NC16A) lassen sich Antikörper nachweisen, die mit der Krankheitsaktivitat korrelieren und der Therapieüberwachung dienen können.
    • Diese Methode ist sensitiv und für das Schwangerschafts-Pemphigoid spezifisch.3  

Andere Untersuchungen

  • Die Immunfluoreszenz zeigt typische Muster mit Reduktion von C3 und möglicherweise IgG in der Basalmembranregion.
    • Die Immunfluoreszenz ist negativ bei polymorpher Schwangerschaftsdermatose.
    • Es ist keine Ablagerung von IgA wie bei der Dermatitis herpetiformis zu beobachten.

Wann überweisen

  • Überweisung zum Hautarzt/zur Hautklinik bei Verdacht auf Schwangerschafts-Pemphigoid

Therapie

Behandlungsziel

  • Reduzierung der Krankheitsaktivität
  • Verhinderung von Komplikationen beim Fötus

Eigenbehandlung

  • Fetthaltige Feuchtigkeitscremes können den Juckreiz reduzieren.

Medikamentöse Behandlung

  • Bei leichten Fällen
    • Die Erkrankung wird mit mit lokalen Steroiden und Antihistaminika ruhig gehalten.
  • Bei Blasenbildung und allgemeinerer Erkrankung
    • Es kann notwendig sein, systemische Steroide zu verwenden.
    • Die Dosierung beträgt 40 mg Prednisolon pro Tag, mit einer schnellen Dosisreduktion auf 10 mg pro Tag als Erhaltungstherapie.
    • Häufig ist eine temporäre Dosiserhöhung nach der Geburt erforderlich.
  • Lokale Steroide der Gruppe IV (Clobetasol) werden als juckreizstillende Mittel auf den urtikariellen Elementen vorgeschlagen.
  • Sedierendes Antihistaminikum kann als juckreizstillende Medizin verwendet werden (Hydroxyzin).
  • Bei schlechtem Ansprechen auf Steroide kann eine Plasmapherese ausprobiert werden.
  • Bei Krankheitsaktivität nach der Geburt können andere Immunsuppressiva ausprobiert werden.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Vaginale Geburt und Stillen werden empfohlen.
  • Die Krankheit ist selbst limitierend und heilt meist ohne Narbenbildung.
  • Erhebliche Unterschiede in der Dauer der Erkrankung, von Wochen bis Jahren In einer Studie mit 87 Patienten betrug die mediane Dauer der Erkrankung 4 Monate.4
  • Die Erkrankung geht häufig vor der Geburt zurück, aber bei 75 % flammt sie postpartum wieder auf.
  • Bei nachfolgender Schwangerschaft erleiden 95 % einen neuen Krankheitsausbruch, in der Regel bereits früher in der Schwangerschaft als beim vorherigen Ausbruch5-6 und mit stärkerer Erkrankung.

Komplikationen

  • Es wurden keine Komplikationen bei der Mutter nachgewiesen.
  • Östrogenhaltige Kontrazeptiva führen bei ungefähr 10–25 % der Frauen zu einem neuen Ausbruch und sind kontraindiziert.
    • Es ist wahrscheinlich, dass Progesteron enthaltende Kontrazeptiva verwendet werden können.
  • Das Risiko für den Fötus ist kleiner als bisher angenommen, beinhaltet jedoch eine erhöhte Neigung zu Frühgeburten, intrauterinem fetalem Tod und niedrigem Geburtsgewicht („small for gestational age“, SGA-Kinder).7-8
    • Von 61 Frauen mit Schwangerschafts-Pemphigoid hatten in einer retrospektven Studie 34 % Frühgeburten und 34 % SGA-Kinder.7 
  • 10 % der Kinder haben vesikulobullöse Läsionen aufgrund der transplazentaren Übertragung von Antikörpern, heilen aber spontan innerhalb von sechs Wochen.

Prognose

  • Bei den meisten Betroffenen geht die Erkrankung innerhalb von Wochen bis Monaten nach der Geburt spontan zurück.

Illustrationen

Schwangerschafts-Pemphigoid. Häufig zunächst Juckreiz und wenige nicht-bullöse Elemente vor der Bildung der typischen Bullae.
Schwangerschafts-Pemphigoid. Häufig zunächst Juckreiz und wenige nicht-bullöse Elemente vor der Bildung der typischen Bullae.
Schwangerschafts-Pemphigoid. Die Bullae treten häufig zunächst periumbilikal auf, später können erythematöse Papeln, Plaques, Bläschen und große Bullae hinzukommen.
Schwangerschafts-Pemphigoid. Die Bullae treten häufig zunächst periumbilikal auf, später können erythematöse Papeln, Plaques, Bläschen und große Bullae hinzukommen.
Klassische Lokalisation des Schwangerschafts-Pemphigoids. Abbildung aus Ugeskriftet, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.
Klassische Lokalisation des Schwangerschafts-Pemphigoids. Abbildung aus Ugeskriftet, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung.

Quellen

Literatur

  1. Altmeyer P. Pemphigoid gestationis. Enzyklopädie Dermatologie, Springer 2016. www.enzyklopaedie-dermatologie.de
  2. Huilaja L, Mäkikallio K, Tasanen K. Gestational pemphigoid. Orphanet J Rare Dis 2014; 9: 136. pmid:25178359 PubMed
  3. Powell AM, Sakuma-Oyama Y, Oyama N, et al. Usefulness of BP180 NC16a enzyme-linked immunosorbent assay in the serodiagnosis of pemphigoid gestationis and in differentiating between pemphigoid gestationis and pruritic urticarial papules and plaques of pregnancy. Arch Dermatol 2005; 141: 705. pmid:15967916 PubMed
  4. Jenkins RE, Hern S, Black MM. Clinical features and management of 87 patients with pemfigoid gestationis. Clin Exp Dermatol 1999; 24: 255-9. PubMed
  5. Teran VA. Pemphigoid gestationis. Medscape, last updated Jun 02, 2017 emedicine.medscape.com
  6. Jenkins RE, Hern S, Black MM. Clinical features and management of 87 patients with pemphigoid gestationis. Clin Exp Dermatol 1999; 24:255.
  7. Chi CC, Wang SH, Charles-Holmes R, et al. Pemphigoid gestationis: early onset and blister formation are associated with adverse pregnancy outcomes. Br J Dermatol 2009; 160: 1222. pmid:19298272 PubMed
  8. Shornick JK, Black MM . Fetal risks in herpes gestationis. J Am Acad Dermatol 1992 Jan; 26(1): 63-8. pmid:1732338 PubMed

Autoren

  • Tore Särnhult, överläkare, Hudmottagningen, Kungsbacka (Medibas)
  • Kristin Ryggen, overlege, Hudavdelingen, Regionsykehuset i Trondheim

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