Tinea corporis

Zusammenfassung

  • Definition:Pilzinfektion der Haut, verursacht durch Dermatophyten; häufig handelt es sich um eine Zoonose.
  • Häufigkeit:Kommt weltweit häufig vor.
  • Symptome:Wird auch als Ringelflechte bezeichnet und äußert sich in runden Flecken mit ausgeprägtem rotem Rand.
  • Befunde:Die betroffenen Bereiche zeichnen sich durch eine erythematöse Randzone mit leicht schuppender Haut, manchmal mit kleinen Bläschen und Pusteln aus. Die Haut in der Mitte ist blass.
  • Diagnostik:Bei zahlreichen und ausgedehnten Läsionen sollten Proben für Mikroskopie und Kultur genommen werden.
  • Therapie:In der Regel sind topische Antimykotika ausreichend.

Prüfungsrelevant für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin1

Allgemeine Informationen

Definition

Häufigkeit

  • Hautmykosen sind eine der häufigsten Infektionen der Menschen; 20–25 % der Weltbevölkerung sind davon betroffen, Tendenz steigend. 
  • Die meisten Pilzinfektionen werden von Dermatophyten verursacht.3

Ätiologie und Pathogenese

Dermatophyten 

  • Dermatophyten werden in geophile, zoophile und anthropophile Arten unterteilt.4
  • Trichophyton, Epidermophyton und Mikrosporum sind Gattungen der Dermatophyten.
  1. Trichophyton
    • Trichophyton rubrum
      • Steht allein für fast 90 % aller Dermatophyten-Infektionen in Europa.
      • Dieser Fadenpilz ist antropophil und kann zu Infektionen überall an der Körperoberfläche, in Haaren und insbes. Nägeln führen, tritt selten im Gesicht auf.
    • Tricophyton mentagrophytes
      • Weltweit verbreitet, ist zoophil und kann von Tieren (Nagetieren, Rindern, Pferden, Hunden, Katzen) übertragen werden. Beim Menschen kann dieser Fadenpilz alle üblichen Lokalisationen infizieren: Rumpf, Gesicht, Nägel, Haare und Bart.
  2. Epidermophyton
    • Epidermophyton floccosum
      • Anteil an den Dermatophyten in Mitteleuropa ca. 3–5 %; zu 80–90 % sind Männer betroffen.4
  3. Microsporum
    • Microsporum canis
      • weltweit führender zoophiler Dermatophyt
      • Steht für ca. 2 % der Infektionen, kann von Hunden und Katzen übertragen werden. Befällt die Haut, Haare und Bart und manchmal die Nägel.
  • In einigen Fällen kann die Infektion von seltenen oder importierten Dermatophyten verursacht sein.

Prädisponierende Faktoren

  • Infektion durch Tiere
  • Kontakt bei Mini-Epidemien
  • Immunschwäche
  • Feuchtes, warmes Klima
  • Diabetes
  • Gabe von Kortikosteroiden
  • Schwangerschaft
  • Übergewicht
  • Antibiotika
  • Parenterale Ernährung

ICPC-2

  • S74 Dermatophyten

ICD-10

  • B35.- Dermatophytose [Tinea]
    • B35.4 Tinea corporis

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose erfolgt in der Regel anhand der klinischen Untersuchung.
  • Für eine zuverlässige Diagnose sollte eine Abschabung zur mikroskopischen Untersuchung und eine Probe zum Anlegen einer Kultur erfolgen.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

    • Ringelflechte: runder Fleck mit ausgeprägtem rotem Rand
    • Die Patient*innen immer zu möglichen Infektionen von Tieren befragen, vor allem wenn mehrere Ekzeme vorliegen.
      • Nagetiere, Katzen (Microsporum canis), Hunde, Rinder etc.
Bei Tinea corporis sollen die Patient*innen immer zu möglichen Infektionen von Tieren befragt werden, vor allem wenn mehrere Ekzeme vorliegen.
Tinea corporis

Klinische Untersuchung

  • Auf freier Haut wachsen Dermatophyten radiär und bilden kreisförmige oder polyzyklische Läsionen mit erhöhter Aktivität und Entzündungen in der aktiven Randzone der Infektion.
  • In der Randzone findet sich gerötete, leicht schuppende Haut, manchmal mit kleinen Bläschen und Pusteln.
    In der Randzone der Tinea corporis findet sich gerötete, leicht schuppende Haut, manchmal mit kleinen Bläschen und Pusteln.
    Tinea corporis
  • Die Infektion stirbt in der Mitte aufgrund von Substratmangel ab und das Ekzem bildet die typische Ringelflechte.

Tinea corporis gladiatorum

  • Diese spezielle Variante tritt unter Ringern aufgrund des ausgeprägten Hautkontakts auf.
  • Ringförmige Läsionen sind weniger häufig, oft liegen erythematöse, schuppende Papeln und Plaques vor.
  • Typische Lokalisationen sind Kopf, Hals und Arme, häufig auch die Beine.5

Ergänzende Untersuchungen, ggf. bei Spezialist*innen

  • Verschiedene Verfahren, die den Verdacht auf eine Dermatophytose bestätigen:
    • Anfärbungen von Hautgeschabsel
      • Kalilaugen-Nativpräparat
      • Kongorot, Methylenblau, Chlorazol Black
      • Perjodsäure-Schiff-Färbung (PAS) im histologischen Präparat4
    • Kultur oder Mikrokultur
    • Fluoreszenzmikroskopie
    • PCR-gestützte genetische Identifikationsverfahren.
    • Wood-Licht (UV-Licht, 365 nm)
      • Bei Pilzinfektionen, insbes. bei Verdacht auf eine Infektion der Haare mit Epidermophyten, wird die Wood-Lampe häufig als diagnostisches Hilfsmittel verwendet, da einzelne Pilzarten charakteristisch fluoreszieren.
      • Durch die Verwendung einer Wood-Lampe kann zwischen einem Erythrasma und einer Pilzinfektion unterschieden werden.
        • Ein Erythrasma fluoresziert korallenrot.
        • Malassezia furfur (Pityrosporum ovale) fluoresziert gelb.
  • Zur Kultivierung wird viel Patientenmaterial benötigt.
    • Proben sollten besonders aus der Übergangszone zwischen krankem und gesundem Gewebe entnommen werden.
    • Bei Verdacht auf Tinea soll trockenes Probenmaterial eingeschickt werden.
  • Zur Mikroskopie wird wenig Patientenmaterial benötigt.
    • Die direkte Mikroskopie mit 10–20 % Kalilauge erleichtert den Nachweis von Hyphen und Pilzmyzel.
    • Ohne spezielle Ausbildung ist es in der Regel nicht möglich, bei der Mikroskopie zwischen Dermatophyten, Schimmel- oder Hefepilzen zu unterscheiden.
    • Einige Labors bieten die Direktmikroskopie für eingesendetes Material an. Innerhalb von 1–2 Tagen sollte dann ein Ergebnis vorliegen.
  • Wenn Antimykotika verwendet wurden, ist die Anzucht einer Kultur frühestens nach 2 Wochen möglich.
  • Haut
    • Bei der Probenahme von der Haut wird die Epidermis von der aktiven Peripherie der Läsion mit einem scharfen Löffel oder einer Kürette abgeschabt.
      • Dabei soll keine blutende Wunde entstehen.
      • Wenn eine bakterielle Infektion der Haut möglich ist, wird die Haut vor der Probenahme mit 70-prozentigem Alkohol gereinigt.
  • Tiere, die als Infektionsquelle in Verdacht stehen, sollen tierärztlich untersucht werden.
  • Falls Kontakte mit mehreren Tieren vorliegen, kann die Kultur von den Patient*inne Aufschluss darüber geben, welche Tierart am wahrscheinlichsten als Infektionsquelle infrage kommt.
  • Tricophyton rubrum lässt sich schnell (3 Stunden) durch PCR6 nachweisen, das Analyseverfahren ist aber mit hohem Aufwand verbunden und gehört nicht in allen Labors zur Routinediagnostik.

Indikationen zur Überweisung

  • Hartnäckige und ausgedehnte Infektionen
  • Wenn die Therapie keine Wirkung zeigt, oder wenn Zweifel an der Diagnose bestehen.
  • Infektionen mit importierten Pilzarten

Therapie

Therapieziele

  • Die Infektionsquellen vermeiden und behandeln.
  • Die Pilzinfektion eliminieren.
  • Rezidiven vorbeugen.

Allgemeines zur Therapie

  • Sämtliche prädisponierenden Faktoren sollten möglichst behoben werden.
  • In der Regel reicht eine lokale Therapie aus.
  • Bei Epidemien und ausgedehnter Tinea corporis kann eine perorale Therapie angebracht sein.
  • Ein lokales Kortikoid kann in der Anfangsphase bei starkem Juckreiz oder ausgeprägter Entzündungsreaktion zusätzlich hilfreich sein.7

Ansteckungsgefahr

  • Eine Infektion erfolgt bei direktem Kontakt oder Kontakt z. B. über Sportmatten.
  • Unter der Therapie besteht rasch kein Infektionsrisiko mehr; Kinder mit Ringelflechte können prinzipiell nach nur wenigen Tagen wieder in die Schule/Tagesbetreuung gehen.8
  • Bei Epidemien in Kindergärten sollen alle Kinder untersucht und bei Bedarf entsprechend therapiert werden.
  • Tiere als Infektionsquelle sollen zurückverfolgt und tierärztlich untersucht werden.

Medikamentöse Therapie

Lokale Behandlung

  • Oberflächliche Hautmykosen können üblicherweise lokal behandelt werden.
  • Imidazolpräparate (Azole)
    • Folgende Wirkstoffe sind verwendbar: Ketoconazol, Clotrimazol, Econazol und Miconazol.9
    • Das jeweilige Medikament wird 2- bis 3-mal täglich aufgetragen; die Behandlungszeit beträgt meist 3–4 Wochen oder noch ca. 2 Wochen, nachdem die Symptome abgeklungen sind.
  • Allylamine (Terbinafin)
    • Diese wirken ebenso gut wie Imidazolpräparate und wirken bei Fuß- und Nagelpilz schneller (Ia).9
  • Amorolfin
    • Die Wirksamkeit ist den Imidazolpräparaten gleichzusetzen, allerdings ist die Dokumentation weniger eindeutig.
    • Mangels klinischer Erfahrung sollte Amorolfin bei schwangeren Frauen oder stillenden Müttern nicht auf großen Hautflächen, auf entzündeter Haut oder unter Okklusion angewendet werden.
  • Nystatin und Amphotericin haben gegen Dermatophyten keine Wirkung. 

Systemische Therapie

  • Bei ausgedehnter Tinea corporis
  • Systemische Therapie mit Fluconazol oder Itraconazol4
    • Ist eine Alternative zur lokalen Behandlung.
    • Fluconazol 150 mg: 1 Kapsel wöchentlich über 4–6 Wochen
    • Itraconazol 100 mg p. o./d über einen Zeitraum von 2–4 Wochen
  • Systemische Behandlung mit Terbinafin über 2–3 Wochen (in Deutschland noch off label)4
    • Terbinafin Tbl. 250 mg: 1 Tbl. tgl. 
      • Terbenafin sollte nicht bei Leberfunktionsstörungen gegeben werden.
      • Treten unter der Therapie Leberwerterhöhungen auf (eine Kontrolle sollte nach 4–6 Wochen erfolgen), ist die Behandlung abzubrechen.

Kinder

  • Kinder mit Bedarf für eine systemische Therapie sollten an eine dermatologische Praxis überwiesen werden.
  • Für Kinder > 1 Jahr Fluconazol (6 mg/kg KG/d oder 1 x/Woche 8 mg/kg KG/d)
  • Itraconazol oder Terbinafin können nur als individueller Heilversuch (Off-Label-Use) verordnet werden.
    • Dosierung von Terbinafin bei Kindern
      • 12–19 kg: 1 x 62,5 mg/d
      • 20–40 kg: 1 x 125 mg/d
      • > 40 kg: 1 x 250 mg/d

Anerkennung als Berufskrankheit

  • Vom Tier auf den Menschen übertragene Dermatophyten-Infektionen können, sofern ein Kausalzusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit nachweisbar ist, als Berufskrankheiten nach der Ziffer 3102 der Liste der Berufskrankheiten10 anerkannt und entschädigt werden.4
  • Zuständig hierfür sind die gesetzlichen Unfallversicherungsträger.
  • Der Verdacht auf eine Berufskrankheit muss dort gemeldet werden (Meldebogen11).
  • Es wird eine ausführliche Arbeits- und Gefährdungsanamnese erhoben, und ein Gutachten entscheidet über die Anerkennung als Berufskrankheit.
  • Dann können bestimmte Maßnahmen auf Kosten der GUV durchgeführt werden:
    • geeignete Schutzvorrichtungen
    • spezielle therapeutische Maßnahmen
    • Einstellung der gefährdenden Tätigkeit
    • Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zur Zahlung einer Rente.12
  • Manchmal muss die Tätigkeit erst vollständig aufgegeben werden, damit die Anerkennung als Berufskrankheit erfolgen kann.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Prognose

  • Gutes Ansprechen auf die antimykotische Therapie

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Tinea corporis. Auf freier Haut wachsen Dermatophyten radiär und bilden kreisförmige oder polyzyklische Läsionen mit erhöhter Aktivität und Entzündungen in der aktiven Randzone der Infektion.
Tinea corporis. Auf freier Haut wachsen Dermatophyten radiär und bilden kreisförmige oder polyzyklische Läsionen mit erhöhter Aktivität und Entzündungen in der aktiven Randzone der Infektion.
In der Randzone der Tinea corporis findet sich gerötete, leicht schuppende Haut, manchmal mit kleinen Bläschen und Pusteln.
In der Randzone der Tinea corporis findet sich gerötete, leicht schuppende Haut, manchmal mit kleinen Bläschen und Pusteln.
Bei Tinea corporis sollen die Patient*innen immer zu möglichen Infektionen von Tieren befragt werden, vor allem wenn mehrere Ekzeme vorliegen.
Bei Tinea corporis sollen die Patient*innen immer zu möglichen Infektionen von Tieren befragt werden, vor allem wenn mehrere Ekzeme vorliegen.
In der Regel ist bei der Tinea corporis eine lokale Therapie ausreichend, bei Epidemien kann aber eine perorale Therapie indiziert sein.
In der Regel ist bei der Tinea corporis eine lokale Therapie ausreichend, bei Epidemien kann aber eine perorale Therapie indiziert sein.

Quellen

Literatur

  1. Lohnstein M, Eras J, Hammerbacher C. Der Prüfungsguide Allgemeinmedizin - Aktualisierte und erweiterte 3. Auflage. Augsburg: Wißner-Verlag, 2018.
  2. Andrews MD, Burns M. Common tinea infections in children. Am Fam Physician 2008; 77: 1415-20. PubMed
  3. Havlickova B, Czaika VA, Friedrich M. Epidemiological trends in skin mycoses worldwide. Mycoses. 2008 Sep;51 Suppl 4:2-15 www.ncbi.nlm.nih.gov
  4. P. Altmeyer.E. Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin. Zugriff 3.8.2020 www.enzyklopaedie-dermatologie.de
  5. Adams BB. Tinea corporis gladiatorum. J Am Acad Dermatol 2002;47(2):286-90. www.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Miyajima Y, Satoh K, Uchida T, et al. Rapid real-time diagnostic PCR for Trichophyton rubrum and Trichophyton mentagrophytes in patients with tinea unguium and tinea pedis using specific fluorescent probes. J Dermatol Sci. 2013 Mar;69(3):229-35. PubMed
  7. Suttorp N. , Möckel M. et. al.. Harrisons Innere Medizin, Seite 424. Berlin: Thieme, 2016.
  8. Tietz HJ. Mykosen der Haut. MMW Fortschritte der Medizin 1/159. Springer-Verlag 2017 .
  9. Crawford F, Hollis S. Topical treatments for fungal infections of the skin and nails of the foot. Cochrane Database of Systematic Reviews 2007, Issue 3. Art. No.: CD001434 onlinelibrary.wiley.com
  10. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Berufskrankheiten. Zugriff 3.4.2017 www.baua.de
  11. DGVU Formtexte für Ärzte: Ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. www.dguv.de
  12. Mehrtens, G. Valentin, H. Schönberger, A. Arbeitsunfall und Berufskrankheit : rechtliche und medizinische Grundlagen für Gutachter, Sozialverwaltung S.878ff. Berlin: Erich Schmidt Verlag 9: Auflage, 2017.

Autor*innen

  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikel basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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