Plattenepithelkarzinom der Haut

Zusammenfassung

  • Definition:Maligner Tumor der Haut, der von Keratinozyten in der Epidermis ausgeht. Hauptursache Exposition UV-Strahlung (Sonne). Immunsuppressive Therapien erhöhen das Risiko.
  • Häufigkeit:Zweithäufigster Hautkrebs. Jährliche Inzidenz in Deutschland 29.300 Männer und 20.100 Frauen, Tendenz zunehmend.
  • Symptome:Geschwulstbildung der Haut mit Schorf und nicht verheilende Geschwüre an sonnenexponierten Arealen.
  • Befunde:Hyperkeratotische Papel bzw. hyperkeratotische, infiltrierte Plaque, die sich oft auf dem Boden einer aktinischen Keratose entwickelt.
  • Diagnostik:Verdachtsdiagnose durch klinisches Bild, Bestätigung durch Biopsie.
  • Therapie:Kurative Therapie der lokalisierten Form durch Exzision oder Radiatio bei inoperablem Befund. Bei fortgeschrittenem, metastasiertem Stadium Systemtherapie mit PD-1-Antikörper möglich. Prävention durch an UV-Index und individuellen Hauttyp angepasstes Verhalten.

Prüfungsrelevant für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin1

Allgemeine Informationen

Definition

  • Synonyme: Spinaliom, Stachelzellkarzinom
  • Epithelialer Hauttumor, der durch maligne Proliferation von Keratinozyten der Haut oder Hautanhangsgebilden charakterisiert ist.2
    • Auftreten de novo, aus Vorläuferläsionen oder chronischen Wunden
    • Vorläuferläsionen sind M. Bowen und aktinische Keratose.
      • Morbus Bowen: Intraepidermale Proliferation hochgradiger atypischer und polymorpher Keratinozyten, die die gesamte Breite der Epidermis einnimmt.3
      • Aktinische Keratose: Hyperplasie atypischer epidermaler Keratinozyten, die keinen basaloiden Phänotyp aufweisen.3

Klassifikation

  • Mittels TNM-Klassifikation, Differenzierungsgrad sowie Histomorphologie3
    • adenosquamös
    • akantholytisch (Syn. adenoid oder pseudoglandulär)
    • Bowen-Karzinom/bowenoid differenziert
    • desmoplastisch
    • Keratoakanthom-artig/Keratoakanthom
    • Lymphoepitheliom-artig
    • pseudovaskulär (Syn. pseudoangiosarkomatös, pseudoangiomatös)
    • spindelzellig (Syn. sarkomatoides)
    • verrukös (Syn. Epithelioma cuniculatum

Häufigkeit

  • Inzidenzen variieren im internationalen Ländervergleich erheblich und sind stark von Hautfarbe und geografischer Breite abhängig.3-4
    • Hellhäutige Menschen, die in tropischen Gebieten leben, weisen höchste Inzidenz auf.
  • Plattenepithelkarzinom3
    • zweithäufigster Hauttumor nach dem Basalzellkarzinom
    • zu 80 % im Kopf- und Gesichtsbereich oder anderen sonnenexponierten Körperstellen2
    • jährliche Inzidenz in Deutschland 29.300 Männer und 20.100 Frauen
      • Anstieg der Inzidenz in den letzten 30 Jahren um das Fünffache5
      • weiterer Anstieg in den nächsten Jahren wegen mangelnder Prävention gegenüber Sonneneinstrahlung prognostiziert5

Ätiologie und Pathogenese

  • Ausgehend von Keratinozyten in der Epidermis
  • Multifaktorielle Genese
    • neben einer genetischen oder immunologischen Veranlagung durch exogene Triggerfaktoren, insbesondere UVB-Strahlung, bedingt2
  • Sonnenlicht und andere Faktoren, die auf die Haut einwirken (z. B. chemische Kanzerogene wie Arsen), können DNA-Schäden in den sich teilenden Zellen verursachen und so allmählich zu Tumorbildung führen.
    • Eine positive Korrelation für Auftreten von Plattenepithelkarzinomen mit kumulativer UV-Dosis ist belegt.6
    • Bei > 90 % der Tumoren kann Mutation des Tumorsuppressorgens p53 nachgewiesen werden.7
      • Folge ist gestörte Apoptose von mutierten Zellen.
  • Der Hauttumor kann sich aus einer aktinischen Keratose entwickeln, aber auch aus älteren, chronisch gewordenen Läsionen, wie z. B. einem Ulcus cruris oder vernarbten Brandwunden oder auch aus klinisch normaler Haut.2
    • Bis zu 60 % der Tumoren entwickeln sich aus aktinischen Keratosen.8
    • Andererseits sind aktinische Keratosen sehr häufig, und nur wenige entwickeln sich zu Plattenepithelkarzinom.

Prädisponierende Faktoren

  • Risikofaktoren für Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms der Haut
    • Exposition gegenüber UV-Strahlung (Sonnenlicht), in den letzten Jahren zunehmend durch vermehrte Outdoor-Aktivitäten, Ozonloch und verändertem Kleidungsstil5
    • helle Hauttypen (Hauttyp 1 und 2)9
      • Das Risiko ist 3-mal höher als für Personen mit dunkleren Hauttypen.
    • aktinische Keratose
      • Bei Vorliegen mehrerer aktinischer Keratosen (> 15) ist das Risiko um den Faktor 10–15 erhöht.9
    • Solariumnutzung geht mit einem erhöhten Risiko einher, am deutlichsten ist die Korrelation bei jüngeren Menschen.
      • Das Risiko bei Personen, die schon einmal ein Solarium benutzt haben, gegenüber denen, die nie eines genutzt haben, ist um 70 % erhöht.10
    • Hydrochlorothiazide sind mit dem Auftreten von Plattenepithelkarzinomen an der Lippe stark assoziiert, wahrscheinlich aufgrund einer fotosensibilisierenden Wirkung.11
    • Immunsuppression2
  • Prädisponierende Erkrankungen2
    • genetisch bedingte Syndrome mit erhöhter Anfälligkeit oder unzureichenden Reparaturfähigkeit von UV-Noxen
      • Xeroderma pigmentosum, okulokutaner Albinismus, Epidermodysplasia verruciformis oder Dyskeratosis congenita
    • chronisch entzündliche Erkrankungen
    • chronische Narbenbildung
      • Verbrennungen oder Spätfolgen einer Radiodermatitis
    • chronische Hautinfektionen
      • Beispielsweise Lupus vulgaris kann mit der späteren Entwicklung von kutanen PEK korrelieren.
  • Umweltfaktoren, die die Entstehung von Plattenepithelkarzinomen in anderen Organen begünstigen, sind:

ICPC-2

  • S77 Bösartige Neubildung Haut

ICD-10

  • C44 Sonstige bösartige Neubildungen der Haut

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Charakteristische Effloreszenz ist die hyperkeratotische Papel bzw. eine hyperkeratotische, infiltrierte Plaque, die sich auf dem Boden einer aktinischen Keratose entwickelt.2
  • Bestätigt wird die Diagnose durch die Histologie.

Leitlinie: Diagnostik3

  • Die Diagnosestellung erfolgt durch klinische Untersuchung und Inspektion.
  • Dermatoskopie, konfokale Lasermikroskopie und optische Kohärenztomografie können zur Diagnostik von aktinischer Keratose (AK) und kutanem Plattenepithel-Ca (PEK) bei klinisch unklaren Befunden eingesetzt werden.
  • AK bedürfen keiner histologischen Diagnostik, wenn ein typischer klinischer Befund vorliegt.
  • Bei Therapieresistenz und klinisch unklarem Befund soll eine Gewebeprobe gewonnen werden.
  • Bei klinischem Verdacht auf ein PEK oder M. Bowen soll die Gewinnung einer Histologie auch zur Abgrenzung einer anderen benignen oder malignen Neoplasie erfolgen.
    • Präoperativ sollte der maximale Durchmesser der Neoplasie dokumentiert werden.
  • Je nach klinischer Situation sind Stanzbiopsien, flache Abtragungen („Shave"-Exzisionen) oder Exzisionsbiopsien geeignet.
  • Ist das klinische Bild für ein PEK eindeutig, kann eine komplette Resektion ohne vorherige probebioptische Abklärung erfolgen.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Berufsanamnese obligat2
  • Vorerkrankungen
    • Insbesondere solche, die für aggressiveren Verlauf sprechen (z. B. Immunsuppression nach Organtransplantation).2
  • Typisch sind leichtblutende Hautgeschwüre, die schlecht verheilen.
  • Oft hat sich relativ schnell eine Geschwulst bzw. Papel mit Neigung zur Ulzeration entwickelt, in der Regel an sonnenexponierten Hautstellen.

Klinische Untersuchung

  • Inspektion des gesamten, entkleideten Integuments
  • Das klinische Bild entspricht zumeist dem einer hyperkeratotischen Plaque, einem flachen Ulkus mit Randwall oder einem keratotischen Knoten mit oder ohne Ulzeration.3
  • Die Größe reicht von einigen Millimetern bis zu mehreren Zentimetern.
    • Angabe der max. horizontalen Tumorausdehnung essenziell (prognostischer Parameter)2
  • Oft liegen gleichzeitig aktinische Keratosen und andere Zeichen einer Sonnenschädigung vor wie Lentigo solaris, Depigmentierung, solare Elastose oder Teleangiektasien.
    • meist rötliche, raue, schuppige Veränderungen der Hautoberfläche
  • Morbus Bowen imponiert in der Regel als schuppende oder schorfbedeckte erythematöse Plaque.
  • Palpation der lokalen Lymphknoten

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Biopsieentnahme kann in der hausärztlichen Praxis durchgeführt werden oder nach Überweisung an dermatologische Praxis.

Indikationen zur Überweisung

  • Die Therapie sollte in Abstimmung mit einer dermatologischen Facharztpraxis durchgeführt werden.
  • Im Gesicht und bei größeren Tumoren ist in der Regel die Einbindung der plastischen Chirurgie sinnvoll.
  • Zur Ausbreitungsdiagnostik bei Verdacht auf Metastasierung

Leitlinie: Ausbreitungsdiagnostik3

  • Inspektion des gesamten Hautorgans
  • Die lokoregionäre Lymphknoten-Sonografie soll bei Verdacht auf lokoregionäre Metastasen und/oder dem Vorliegen von Risikofaktoren (Vorhandensein von klinisch positiven LK, fortgeschrittene lokale Erkrankung oder perineurale Ausbreitung in der Histologie sowie bei Patient*innen unter Immunsuppression) durchgeführt werden.
    • Metastasen treten in ca. 80 % der Fälle lokoregionär als Satelliten-, In-transit-Metastasen oder als lokoregionäre Lymphknotenmetastasen auf.
  • Bei Verdacht auf eine Metastasierung in der klinischen Untersuchung oder LK-Sonografie soll eine Schnittbilddiagnostik durchgeführt werden.

Checkliste zur Überweisung

Hautkrebs

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Wann ist die Hautveränderung zum ersten Mal aufgetreten? Verlauf und Entwicklung?
    • Lokalisation und Ausbreitung? Beschwerden?
    • Andere relevante Krankheiten? Immunsuppression?
    • Beruf?
  • Klinische Untersuchung
    • Hautstatus: Lokalisation, Größe
    • Hinweis auf pathologische Lymphknoten?
    • Allgemeinzustand

Therapie

Therapieziele

  • Nach Möglichkeit Exzision als kurative Therapieoption bei nichtmetastasiertem Tumor
  • Verhinderung lokaler Komplikationen
  • Reduktion der Mortalität

Allgemeines zur Therapie

  • Behandlung richtet sich nach dem Risiko für Rezidiv (niedriges oder hohes Risiko), basierend auf verschiedenen Risikofaktoren.12
    • ausschlaggebend für Größe des Sicherheitsabstands bei Exzision und mögliche adjuvante Radiatio

Leitlinie: Therapie3

Exzision

  • Als Standardtherapie soll die Exzision mit histologischer Kontrolle durchgeführt werden.
  • Das Ziel der Operation des PEK soll eine vollständige Exzision (R0) mit histologischer Abklärung sein inkl. der peripheren und tiefen Schnittränder.
    • Bei klarer klinischer Diagnose kann eine Exzisionsbiopsie oder auch eine therapeutische Exzision mit entsprechendem Sicherheitsabstand erfolgen.
  • Bei kleinen Tumoren ist die horizontale Abtragung (tiefe „Shave"-Exzision) eine Alternative.
  • Solange eine R0-Resektion histologisch nicht bestätigt ist, soll ein Wundverschluss nur erfolgen, wenn die Resektionsräder postoperativ eindeutig zuzuordnen sind (z. B. keine Verschiebelappen).
  • Eine prophylaktische Lymphadenektomie soll nicht durchgeführt werden.
  • Eine regionäre (therapeutische) Lymphadenektomie sollte bei einer klinisch manifesten Lymphknotenmetastase erfolgen.

Radiatio

  • Bei lokal nicht in sano resezierbaren Tumoren oder inoperablen Patient*innen sollte eine Radiotherapie durchgeführt werden.
  • Eine postoperative Radiotherapie sollte durchgeführt werden bei:
    • R1- bzw. R2-Resektion (bei fehlender Möglichkeit der Nachresektion)
    • ausgedehntem Lymphknotenbefall (> 1 befallenem Lymphknoten, Lymphknotenmetastase > 3 cm, Kapseldurchbruch)
    • intraparotidealem Lymphknotenbefall.
  • Eine adjuvante Radiotherapie sollte bei Vorliegen von Risikofaktoren durchgeführt werden.
    • bei knappem Resektionsrand (< 2 mm, bei fehlender Möglichkeit der Nachresektion)
    • bei ausgedehnter Perineuralscheideninfiltration

Therapie des lokalen Rezidivs

  • Ein lokoregionäres Rezidiv soll, wenn klinisch lokal möglich, chirurgisch entfernt werden.
    • Dabei soll die mikrografisch kontrollierte Chirurgie zur Anwendung kommen.
  • Falls sich im Verlauf der Resektion eine nicht weiter resektable R1-bzw. R2-Situation ergibt, sollte eine Nachbestrahlung an der R1-bzw. R2-Lokalisation erfolgen.
  • Bei interdisziplinär festgestellter Inoperabilität sollte eine Strahlentherapie erfolgen.
  • Zur Therapie eines lokalen bzw. lokoregionären Rezidivs sollte die Indikation zur Elektrochemotherapie oder eine Systemtherapie geprüft werden, sofern keine chirurgischen oder strahlentherapeutischen Optionen zur Verfügung stehen.

Therapie im fernmetastasierten Stadium

  • Es gibt keine kontrollierten oder randomisierten Studien zum Nutzen der systemischen Therapie beim metastasierten PEK.
  • Wenn eine systemische Therapie eingesetzt wird, sollte die Behandlung vorzugsweise im Rahmen klinischer Studien erfolgen.
  • Die Indikation und Festlegung der Systemtherapie sollte in einem interdisziplinären Tumorboard gestellt werden.

Operation

  • Der Tumor wird chirurgisch unter Einhaltung eines Sicherheitsabstandes, abhängig von Größe, Lokalisation und Risikofaktoren entfernt.
  • Geringes Risiko bei klar abgegrenzten oberflächlichen Tumoren
  • Hohes Risiko bei Tumoren12
    • mit einer Größe ≥ 20 mm am Rumpf oder den Extremitäten, ≥ 10 mm auf Wangen, Stirn, Hals oder prätibial, ≥ 6 mm im Gesicht zentral oder auf, vor oder hinter dem Ohr, am Scheitel, den Genitalien, Händen oder Füßen
    • mit schlecht abgrenzbaren Rändern
    • mit einer Tiefe ≥ 2 mm
    • die schnell wachsen
    • auf Haut nach vorausgegangener Strahlenbehandlung oder einer chronischen Entzündung
    • mit neurologischen Ausfällen
    • mit definierten histologischen Charakteristika.
  • Nach europäischen Empfehlungen liegt der Sicherheitsabstand bei Läsionen mit niedrigem Risiko bei mindestens 5 mm und bei 10 mm oder mehr bei Läsionen mit einem hohen Risiko.12
  • Ist der Tumor im Gesicht lokalisiert, sollte der Eingriff von Ärzt*innen der plastischen Chirurgie vorgenommen werden.

Bestrahlung

  • Kann entweder als alleinige Therapie oder postoperativ eingesetzt werden.
  • Besonders geeignet bei schwierigen Lokalisationen, wie z. B. an den Ohren oder im Bereich der Nase.
  • Strahlentherapie auch anwendbar als palliative Behandlung

Medikamentöse Therapie

  • Im lokal fortgeschrittenen bzw. metastasierten Stadium PD-1-Antikörper Cemiplimab seit 2019 zur Systemtherapie zugelassen
    • Gut verträgliches Medikament, mit dem 40 % der Patient*innen eine nachhaltige Remission erreichen.13
    • Laut der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft ist jedoch ein Zusatznutzen nicht belegt.14
    • Bei Kontraindikationen können verschiedene Chemotherapeutika und Anti-EGFR(„Epidermal Growth Factor Receptor")-Inhibitoren eingesetzt werden.2

Prävention

S3-Leitlinie: Prävention von Hautkrebs15

Primärprävention

  • Im ärztlichen Gespräch zu Hautkrebsprävention sollen folgende Empfehlungen gegeben werden:
    • Aufklärung über die Gefährdung durch übermäßige UV-Strahlung
    • Motivation zur Verhaltensänderung
    • Starke Sonnenstrahlungsexpositionen vermeiden.
      • Bei mittlerer und hoher UV-Exposition (UV-Index 3–7) in der Mittagszeit Schatten suchen.
      • Bei sehr hoher UV-Exposition (UV-Index 8 und höher) Aufenthalt im Freien während der Mittagszeit möglichst vermeiden. Wenn dies nicht möglich ist, unbedingt Schatten suchen.
      • Ggf. Aktivitäten im Freien in die Morgen- und Abendstunden verlegen.
      • Auf jeden Fall einen Sonnenbrand vermeiden.
    • Schützende Kleidung tragen.
    • Sonnenschutzmittel benutzen, ohne die Expositionszeit zu verlängern.
      • Individuelle Hautempfindlichkeit beachten.
      • Über die verschiedenen Hauttypen informieren.
    • Beratung über individuelle Schutzmaßnahmen in Abhängigkeit vom Hauttyp der Patient*innen
    • Auf mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten in der Sonne achten.
    • Besonders Säuglinge und Kinder schützen.
    • Sonnenstudios meiden.
    • Sonnenbrille tragen.

Sekundärprävention

  • Die Hautselbstuntersuchung soll empfohlen werden.
  • Zum Screening von Hautkrebs soll eine Ganzkörperinspektion durchgeführt werden.
    • Daten zu dem Hautkrebs-Screening in Deutschland belegen, dass das bevölkerungsweite Angebot einer standardisierten Untersuchung der Haut am gesamten Körper durch geschulte Ärzt*innen zu einer initial betonten Steigerung der Inzidenz entdeckter Fälle melanozytärem und nichtmelanozytärem Hautkrebs führt.
    • Negative Folgen eines Hautkrebs-Screenings bestehen in Exzisionen mit gutartiger Histologie (falsch-positive Tests).
    • Die in Studien beschriebene Number-Needed-to-Excise reicht hierbei von 3,25 bis 179, d. h. zwischen 3,25 und 179 Exzisionen sind nötig, um einen malignen Hauttumor histologisch zu bestätigen.
  • Ein Hautkrebs-Screening soll nur von approbierten Ärzt*innen durchgeführt werden, die eine qualitätsgesicherte, anerkannte Fortbildung zur Durchführung eines Hautkrebs-Screenings erfolgreich absolviert haben.
  • DEGAM-Sondervotum
    • DEGAM bewertet Evidenz für den Nutzen eines generellen Hautkrebs-Screenings im Vergleich zu einem opportunistischen Screening weiterhin als unzureichend.
    • Seit der Einführung des Hautkrebs-Screening ist die Mortalität am Hautkrebs in Deutschland nicht gesunken.
    • Daher soll kein anlassloses Hautkrebs-Screening angeboten werden.
    • Im Einzelfall kann eine Früherkennung auf Hautkrebs nach ausgewogener Aufklärung über Vor- und Nachteile durchgeführt werden, insbesondere bei Menschen mit erhöhtem Risiko.

UV-Index

  • Der UV-Index sollte als Teil von Sonnenschutzempfehlungen stärker kommuniziert, in den Medien verankert und als Hilfsmittel im Rahmen von UV-Schutz-Kampagnen genutzt werden.
  • UV-Index (UVI) 15
    • International einheitliches Maß für erythemwirksame (= sonnenbrandwirksame) Bestrahlungsstärke
    • Indikator für hautschädigendes Potenzial der auf die Erdoberfläche auftreffenden solaren UV-Strahlung
    • Je höher der UVI, desto schneller kann bei ungeschützter Haut ein Sonnenbrand auftreten.
    • Ab einem UVI von 3 werden Schutzmaßnahmen empfohlen (in der Mittagszeit Schatten suchen, textiler Sonnenschutz, Nutzung von Sonnenschutzmitteln).
    • Nur 9 % der Deutschen können UVI korrekt interpretieren und kennen eigenen Hauttyp, sodass sie das durch den UVI empfohlene Sonnenschutzverhalten korrekt praktizieren können.
  • Sonnenschutz
    • Einer Studie zufolge reduzierte sich die Inzidenz von Plattenepithelkarzinomen bei täglicher Anwendung von Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor von 15 oder höher an Kopf, Nacken, Armen und Händen um 40 % gegenüber einer nur gelegentlichen Anwendung.16
  • Nicotinamid (Vitamin B3) Tabletten 2 x 500 mg
    • Reduziert nachweislich Auftreten neuer Tumoren und aktinischer Keratosen bei Patient*innen, die wegen Basalzellkarzinomen oder spinozellulärer Tumoren behandelt werden.17
    • Nach 1 Jahr der Behandlung lag die durchschnittliche Zahl der Tumoren bei 1,7 in der Behandlungsgruppe, verglichen mit 2,4 in der Kontrollgruppe. Die Zahl der aktinischen Keratosen war ebenfalls signifikant reduziert.
    • Die 1 Jahr dauernde Therapie wurde gut vertragen.
    • Die Häufigkeit von spinozellulären Tumoren stieg an, nachdem Therapie beendet worden war. Die Langzeitwirkung ist daher fraglich.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Unbehandelt können sich Präkanzerosen wie der M. Bowen und die aktinische Keratose zu einem Plattenepithelkarzinom entwickeln.

Prognose

  • Abhängig von Lokalisation, Größe, histologischem Muster, Tiefe der Invasion, der perineuralen Invasion bzw. Dissemination und davon, ob Patient*innen immunsupprimiert sind.4
  • Prognose von Läsionen, die kleiner als 2 cm sind, im Vergleich zu Läsionen, die größer als 2 cm sind:4
    • Metastasierungsrate 9 % versus 30 %.
  • Insgesamt beträgt das Risiko einer Metastasierung beim Plattenepithelkarzinom:18
    • für das Ohr 11 %
    • für die Lippe 14 %
    • und für sonstige Partien 5 %.
  • 5-Jahres-Überlebensrate für Patient*innen mit adäquat therapiertem, lokal begrenztem Plattenepithelkarzinom liegt bei über 90 %.4
  • Bei Lymphknotenmetastasen liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei 25–45 %.4

Verlaufskontrolle

  • Follow-up sollte in Absprache mit Spezialist*innen erfolgen.
     

Leitlinie: Nachsorge3

  • Die Nachsorge von Patient*innen mit kutanem PEK sollte in risikoadaptierten Intervallen nach nachfolgendem Schema angeboten werden:
  • Jahr 1–2
    • geringes bis mittleres Risiko 6-monatlich
    • hohes Risiko 3-monatlich
  • Jahr 3–5
    • geringes bis mittleres Risiko jährlich
    • hohes Risiko 6-monatlich
  • Jahr 6–10
    • geringes bis mittleres Risiko keine Kontrollen mehr
    • hohes Risiko jährlich.
  • Inspektion des gesamten Hautorgans sowie eine Inspektion und Palpation der Primärexzisionsstelle, der In-transit-Strecke und der regionären Lymphknotenstation
  • Lymphknoten-Sonografie bei Patient*innen mit erhöhtem Metastasierungsrisiko bzw. bei unklarem Palpationsbefund
  • Risikofaktoren für Lokalrezidiv bzw. lokoregionäre Metastasierung:3
    • Tumordurchmesser > 20 mm
    • Infiltrationstiefe > Level 3 (d. h. bis ins Stratum reticulare hineinreichend)
    • Entdifferenzierung
    • perineurale Invasion
    • Lokalisation Ohr und Unterlippe
    • Immunsuppression
    • histologische Tumordicke > 6 mm
    • Desmoplasie.

Anerkennung als Berufskrankheit

  • Treten Plattenepithelkarzinom oder multiple aktinische Keratosen durch natürliche UV-Strahlung im Zusammenhang mit beruflicher Tätigkeit auf, kann die Erkrankung als Berufskrankheit (Nummer 5103) anerkannt werden.19
  • Zuständig hierfür sind die gesetzlichen Unfallversicherungsträger.
  • Der Verdacht auf eine Berufskrankheit muss dort gemeldet werden (Meldebogen20).
  • Erhebung ausführlicher Arbeits- und Gefährdungsanamnese. Ein Gutachten entscheidet anschließend über die Anerkennung als Berufskrankheit.
  • Dann können bestimmte Maßnahmen auf Kosten der GUV durchgeführt werden:
    • spezielle therapeutische Maßnahmen
    • Einstellung der gefährdenden Tätigkeit
    • Minderung der Erwerbsfähigkeit bis zur Zahlung einer Rente.21
  • Manchmal muss die Tätigkeit erst vollständig aufgegeben werden, damit eine Anerkennung als Berufskrankheit erfolgen kann.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Weitere Informationen

Illustrationen

4211-2-spinocelluler-cancer-invasiv.jpg
Spinozelluläres Karzinom, invasiv
277-2-plateepitelcarcinom.jpg
Spinozelluläres Karzinom: Sonnengeschädigte Haut mit schnellwachsendem, ulzerierendem Tumor
291-2-skiveepitelcancer.jpg
Lokal fortgeschrittenes Plattenepithelkarzinom

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Prävention von Hautkrebs. AWMF-Leitlinie Nr. 032-052OL. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut. AWMF-Leitlinie Nr. 032–022OL. S3, Stand 2019. www.awmf.org

Literatur

  1. Lohnstein M, Eras J, Hammerbacher C. Der Prüfungsguide Allgemeinmedizin - Aktualisierte und erweiterte 3. Auflage. Augsburg: Wißner-Verlag, 2018.
  2. Leiter U, Gutzmer R, Alter M. et al. Kutanes Plattenepithelkarzinom. Hautarzt 2020. link.springer.com
  3. Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut. AWMF-Leitlinie Nr. 032–022OL. S3, Stand 2019. www.awmf.org
  4. Monroe MM. Cutaneous squamous cell carcinoma. Medscape, last updated Jul 08, 2020. emedicine.medscape.com
  5. Leiter U, Eigentler T, Garbe C. Epidemiology of Skin Cancer. Adv Exp Med Biol 2014; 810: 120-40. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Schmitt J, Seidler A, Diepgen TL, et al. Occupational ultraviolet light exposure increases the risk for the development of cutaneous squamous cell carcinoma: a systematic review and meta-analysis. Br J Dermatol 2011; 164(2): 291-307. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Brash DE. Roles of the transcription factor p53 in keratinocyte carcinomas.. Br J Dermatol 2006; 154(1): 8-10. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Jerant AF, Johnson JT, Sheridan CD, Caffrey TJ. Early detection and treatment of skin cancer. Am Fam Physician 2000; 62: 357-68, 375-6, 381-2. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  9. English DR, Armstrong BK, Kricker A, Winter MG, Heenan PJ, Randell PL. Demographic characteristics, pigmentary and cutaneous risk factors for squamous cell carcinoma: a case-control study. Int J Cancer 1998; 76: 628-34. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  10. Wehner MR, Shive ML, Chren M-M, et al. Indoor tanning and non-melanoma skin cancer: systematic review and meta-analysis. BMJ 2012; 345: e5909. BMJ (DOI)
  11. Pottegård A, Hallas J, Olesen M, et al. Hydrochlorothiazide use is strongly associated with risk oflip cancer. J Intern Med 2017. pmid:28480532 PubMed
  12. Stratigos A, Garbe C, Lebbe C et al. Diagnosis and treatment of invasive squamous cell carcinoma of the skin: European consensus-based interdisciplinary guideline. Eur J Cancer 2015; 51: 1989-2007. pmid:26219687 www.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie. Stellungnahme zu Cemiplimab. 22.11.2019. www.dgho.de
  14. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Stellungnahme zu Cemiplimib. 22.11.2019. www.akdae.de
  15. Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Prävention von Hautkrebs. AWMF-Leitlinie Nr. 032 - 052OL. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  16. Green A, Williams G, Neale R, et al. Daily sunscreen application and betacarotene supplementation in prevention of basal cell and squamous-cell carcinomas of the skin: a randomised controlled trial. Lancet 1999; 354: 723-9. PubMed
  17. Chen AC, Martin AJ, Choy B, et al. A phase 3 randomized trial of nicotinamide for skin-cancer chemoprevention. N Engl J Med 2015; doi: 10.1056/NEJMoa1506197 DOI
  18. Rowe DE, Carroll RJ, Day CL. Prognostic factors for local recurrence, metastasis, and survival rates in squamous cell carcinoma of the skin, ear, and lip. J Am Acad Dermatol 1992; 26: 976-90. PubMed
  19. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Dortmund. Merkblätter und wissenschaftliche Begründungen zu den Berufskrankheiten der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), zuletzt aktualisiert durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 22. Dezember 2014. Zugriff 24.1.2017. www.baua.de
  20. DGVU Formtexte für Ärzte: Ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. www.dguv.de
  21. Mehrtens, G. Valentin, H. Schönberger, A. Arbeitsunfall und Berufskrankheit : rechtliche und medizinische Grundlagen für Gutachter, Sozialverwaltung S.878ff. Berlin: Erich Schmidt Verlag 9: Auflage, 2017.

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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