Pilzinfektionen der Fußnägel sind weitaus häufiger als Pilzinfektionen der Fingernägel.3
Ätiologie und Pathogenese
Eine Onychomykose geht oft einher mit einer Pilzinfektion der Haut (Fußpilz, Tinea pedis).
Häufigste Erreger der Onychomykose sind Dermatophyten, insbesondere Trichophyton rubrum, gefolgt von Hefepilzen (21–29 %) und Schimmelpilzen (3–30 %).2
In 5–15 % handelte es sich um Mischinfektionen.
Infektionsquellen sind Familienangehörige, Pools, Schwimmbäder, Saunen, Sporthallen etc.
Die Infektion beginnt häufig distal oder lateral im Nagel und breitet sich proximal aus.
Der Nagel wird gelb.
Die Nageloberfläche ist zunächst glatt und eben, aber allmählich entsteht distal unter dem Nagel zunehmend Hyperkeratose, der Nagel verdickt sich und löst sich vom Nagelbett.
Im Laufe der Zeit wird der gesamte Nagel zerstört.
Manchmal dringen die Pilze von der Oberfläche der Nagelplatte aus ein, oder die Infektion erfolgt über das Nagelhäutchen.
Bei der selteneren, ausschließlich die Zehennägel betreffenden, weißen superfiziellen Onychomykose (Leukonychia trichophytica) erfolgt das Eindringen der Pilze von der Oberfläche der Nagelplatte aus.2
Prädisponierende Faktoren
Trauma und wiederholte Mikrotraumen (z. B. falsches Schuhwerk)
Genetische Faktoren (autosomal-dominantes Vererbungsmuster bei distaler subungualer Onychomykose durch T. rubrum)2
ICPC-2
S74 Dermatophyten
ICD-10
B35 Dermatophytose [Tinea] Inkl.: Favus Infektionen durch Arten von Epidermophyton, Microsporum und Trichophyton Tinea jeden Typs, mit Ausnahme der unter B36.- aufgeführten Typen
B35.1 Tinea unguium Dermatophytose der Nägel Mykose der Nägel Onychia durch Dermatophyten Onychomykose
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Eine rein klinische Diagnosestellung einer Onychomykose kann nicht als ausreichend angesehen werden.2
Für eine zuverlässigere Diagnose sollte Geschabsel für die Anlage einer Pilzkultur entnommen werden.
Nagelveränderungen bei internistischen Erkrankungen
Verminderte periphere Durchblutung
Bakterielle Nagelinfektion
Sub- und periunguale Tumoren
Anamnese
Nagelerkrankungen, die durch Pilze verursacht werden, zeichnen sich aus durch:
verdickte Nägel
Farbveränderungen
Der Nagel löst sich vom Nagelbett (Onycholyse).
Zehennägel sind viel häufiger von Pilzinfektionen betroffen als Fingernägel.
Es kann zu Schmerzen kommen, am ehesten suchen die Patient*innen wegen der Verformungen ärztlichen Rat.8
Häufig tritt die Pilzinfektionen auch an der Haut zwischen den Zehen, um die Nägel herum oder an den Fußsohlen auf.
Klinische Untersuchung
Nagelpilz an den Füßen breitet sich in der Regel asymmetrisch aus.
Nagelpilz
Der Nagel ist matt, gelblich verfärbt, Hyperkeratose, Onycholyse, ist brüchig und wird allmählich durch den Nagelpilz verformt.
Ergänzende Untersuchungen ggf. in der dermatologischen Praxis
Mikroskopische Untersuchung von Nagelgewebe, entweder im Kalilaugen- Nativpräparat, mit der Fluoreszenzmikroskopie oder bestimmten Färbeverfahren
PCR-gestützte genetische Identifikationsverfahren
Pilzkultur zur Identifikation des Erregers (Nachteil: lange Dauer des Anbrütens erforderlich)
Wenn Patient*innen lokale Antimykotika angewendet haben, können erst 4 Wochen später zuverlässige Untersuchungen durchgeführt werden.
Nach systemischer Behandlung können 6 (tablettenfreie) Monate vor der Probenahme erforderlich sein.
Ggf. histologische Untersuchung von Nagelmaterial
Therapie
Therapieziel
Beseitigung der Infektion
Allgemeines zur Therapie
Ein Nagelpilz heilt nicht spontan ab.
Je nach Ausmaß der Erkrankung ist eine Kombination von topischer und systemischer Behandlung am erfolgreichsten.
Durchblutungsverhältnisse verbessern, kein einengendes Schuhwerk, keine luftundurchlässigen Schuhe und/oder Strümpfe tragen, Desinfektion des Schuhwerkes, Feuchtigkeit meiden, Hände und Füße gründlich abtrocknen, häufiger Wäschewechsel, Socken möglichst bei 95 °C kochen.1
Die Patient*innen auf die langwierige, über mehrere Monate dauernde Behandlung hinweisen.
Eine Arzneimittelbehandlung muss für lange Zeit fortgeführt werden, und es besteht ein hohes Risiko für einen Rückfall. Fingernägel reagieren besser als die Zehennägel.
Schimmelpilze (bis auf Aspergillus) sprechen nicht auf eine systemische antimykotische Therapie an.1
Medikamentöse Therapie
Lokaltherapie
Die lokale Therapie ist kann bei lokalisiertem Befall (< 50 % der Nageloberfläche) ohne Matrixbefall erfolgreich sein.
Lokaltherapie mit modernen Breitband-Antimykotika wie 1 % Bifonazol, 8 % Ciclopirox oder 5 % Amorolfin über mehrere Monate9
Lösung oder Creme 1- bis 2-mal/Tag auftragen, Nagellacke 1- bis 2-mal/Woche auf den befallenen Nagel auftragen.1
Bei ausgedehntem Befall kann es hilfreich sein, den erkrankten Nagel mit 40-prozentiger Harnstoffsalbe und Bifonazol aufzuweichen.7
Systemische Therapie
Das passende Antimykotikum sollte gemäß Erregerart ausgesucht werden.
fungizide Wirkung bei Dermatophyten und Schimmelpilzen und fungistatische Wirkung auf Hefen
Terbinafin in Tablettenform, 250 mg: 1 Tabl. tgl. 6 Wochen (Fingernägel) oder 12 Wochen (Zehennägel) lang
Nach 12 Wochen Therapie wurde weitere 36 Wochen lang Terbinafin in den Fußnägeln nachgewiesen.
1–2 Jahre nach Beendigung der Behandlung liegt > 85 % der Fälle eine mykologische und klinische Heilung vor.11
Terbinafin kann ebenfalls bei Hefepilz- und Schimmelpilzinfektionen verwendet werden, aber die Wirkung ist schlechter.
Die Behandlung sollte frühstens nach 9 Monaten wiederholt werden, wenn die Behandlung fehlschlägt und eine neue Kultur positiv ist.
Terbenafin sollte nicht bei Leberfunktionsstörungen gegeben werden.
Treten unter der Therapie Leberwerterhöhungen auf (eine Kontrolle sollte nach 4–6 Wochen erfolgen), ist die Behandlung abzubrechen.
Wechselwirkungen von Terbinafin mit trizyklischen Antidepressiva und selektiven Serotonin‐Wiederaufnahmehemmern sind möglich.12
Itraconazol
Itraconazol wirkt sowohl bei Infektionen mit Dermatophyten, Hefen wie auch Schimmelpilzen.
Stoßbehandlung mit Itraconazol 2 x 200 mg über 7 Tage
Die Behandlung wird 3-mal wiederholt, jeweils mit 3 Wochen Abstand.
Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, nach einer kurzen Sättigungsphase von 7 Tagen mit 200 mg/Tag anschließend eine Dosis pro Woche.7
Itraconazol sollte aufgrund potenzieller toxischer Effekte nur max. 3 Monate verschrieben werden.
Bei Patient*innen mit erhöhten Leberenzymen, bestehender Lebererkrankung oder bei Personen, bei denen eine hepatotoxische Lebererkrankung nach Anwendung anderer Arzneimittel aufgetreten ist, sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung.
In diesen Fällen ist laut Fachinformation eine Überwachung der Leberenzyme notwendig.
Fluconazol
1-mal/Woche 150 oder 300 mg p. o. bis zur Heilung (meist 6 Monate für die Fingernägel und 12 Monate für die Fußnägel)
Vorsichtige Anwendung bei Patient*innen mit Leberfunktionsstörung
Itraconazol, Terbinafin oder Fluconazol können nur als individueller Heilversuch (Off-Label-Use) verordnet werden.7
Dosierung von Terbinafin bei Kindern
12–19 kg: 1 x 62,5 mg
20–40 kg: 1 x 125 mg
> 40 kg: 1 x 250 mg
Dosierung von Fluconazol
3–6 mg/kg KG 1 x wöchentlich über 12 Wochen für die Fingernägel und 26 Wochen für die Zehennägel
Dosierung von Itraconazol
5 mg/kg/KG, aufgeteilt auf 2 Dosen pro Tag für 7 Tage, gefolgt von einer Einnahmepause von 3 Wochen, insgesamt 3 Zyklen
Operation
Entfernen des mit Pilz infizierten Nagels, mit oder ohne gleichzeitige systemische antimykotische Therapie, hat sich nicht als wirksam erwiesen und wird nicht empfohlen.
Licht- und Lasertherapie
Die alleinige Lasertherapie ist selten erfolgreich und ist kritisch zu bewerten; sie eignet sich ggf. als Zusatztherapie.
Empfehlung für Patient*innen
Patient*innen mit Fußpilz sollten atmungsaktive Schuhe und Baumwollsocken tragen, die bei 60 °C (besser 95 °C) gewaschen werden sollten.8
Nach dem Baden oder Duschen ist es wichtig, die Zehenzwischenräume gründlich zu trocknen.
Um die Übertragung auf andere zu vermeiden, sollten die Patient*innen im Badezimmer und in öffentlichen Bädern Badeschuhe tragen.
Schulkinder sollten in Innenräumen ihre Schuhe ausziehen dürfen.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Durch Behandlung mit Terbinafin werden im besten Fall 80 % geheilt.13
Nach der erfolgreichen Behandlung von Nagelpilz ist in der Regel vollständiges Nachwachsen erforderlich, bevor der Nagel klinisch normal wird, das dauert 6–8 Monate bei Finger- und 12–18 Monate bei Zehennägeln.
Komplikationen
Unter Immunsuppression, bei Durchblutungsstörungen oder bei Diabetes mellitus ist die Gefahr einer Ausbreitung der Pilzinfektion hoch, und es kann zu bakteriellen Superinfektionen kommen.8
Prognose
Das Rezidivrisiko ist hoch und wird mit 20 % nach 3 Jahren angegeben. Dies beruht darauf, dass bei Patient*innen mit Pilzinfektionen häufig eine erblich bedingte beeinträchtigte Widerstandskraft gegen Dermatophyten vorliegt.
Dauerhafte klinische Normalisierung wird im besten Fall bei etwa 60–80 % der behandelten Patient*innen erreicht.
Bei lange bestehendem Nagelpilzbefall besteht die Gefahr einer bösartigen Entartung, hier sollte eine histologische Untersuchung erfolgen.14
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Autor*innen
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).