Nasenbluten, Symptom

Red Flags und abwendbar gefährliche Verläufe1-2

Red Flags

Abwendbar gefährlicher Verlauf

Anhaltender Blutverlust (> 20 min, trotz Abdrücken)

Geschätzter Blutverlust > 3 l

starker Blutverlust, drohender Schock

Bekannte hämorrhagische Diathese (Gerinnungsstörung, Antikoagulation, Thrombozytenaggregationshemmer, bestehende Anämie, akut im Blutungsbereich voroperierte Patient*innen)

nur schwer stillbare Blutung, drohender Schock

Gesichtsschädeltrauma

Verletzung eines größeren Blutgefäßes, drohender Schock

Nasenoperation in den letzten 2 Wochen

Nachblutung

Hypertonus, RR sys > 180 mmHg

hypertensive Gefahrensituation, hypertensiver Notfall

Orthostase

starker Blutverlust, drohender Schock

Allgemeine Informationen

Definition

  • Blutung aus der Nase (Epistaxis)
  • Man unterscheidet Blutungen aus dem vorderen Bereich der Nase, dem Locus Kiesselbachi oder aus dem hinteren Bereich (5–10 % der Fälle).3
  • Weitere Informationen finden Sie im Artikel Nasenbluten (Epistaxis).

Häufigkeit

  • Bis zu 60 % der Bevölkerung haben im Laufe ihres Lebens Nasenbluten.4
  • Alter und Geschlecht
    • Kinder unter 10 Jahren und Erwachsene über 50 Jahren sind am häufigsten betroffen.3
    • Männer haben häufiger Nasenbluten als Frauen.4
    • Bei Kindern unter 2 Jahren tritt Nasenbluten fast nur traumatisch, durch nasale Fremdkörper oder systemische Erkrankungen auf.5
  • In den meisten Fällen (ca. 90 %) treten die Blutungen im vorderen Bereich der Nase auf.5

Diagnostische Überlegungen

  • Meist tritt Nasenbluten in leichter Form auf und kann mittels einfacher Maßnahmen gestillt werden.
  • Tritt häufig rezidivierend auf.
  • Beim gesunden Menschen häufigste Ursachen für Nasenbluten: 
    • Trauma oder
    • digitale Manipulation.
  • Die Blutung lässt normalerweise innerhalb weniger Minuten nach.
  • Nasenbluten kann aber auch im Zusammenhang mit Erkrankungen der Nase und der Nebenhöhlen oder bei Krankheiten mit erhöhter Blutungsneigung auftreten und in seltenen Fällen sogar lebensbedrohlich sein.
    • Schwerere Formen bis hin zu lebensbedrohlichen Blutungen können eine stationäre und ggf. operative Therapie erforderlich machen.4
  • Die Abgrenzung bei massiven Blutungen zu einer Blutung aus dem Gastrointestinaltrakt kann schwierig sein.

Prädisponierende Faktoren

  • Häufige Auslöser sind:
    • Nasenbohren
    • Traumata
    • lokale Infektionen
    • Erkrankungen der Nase und Nasennebenhöhlen
    • Nebenwirkungen von Medikamenten.
  • Niedrige Luftfeuchtigkeit
  • Trockene kalte Jahreszeit
  • Temperatur- und Luftdruckschwankungen
  • Allergene

ICPC-2

  • R06 Nasenbluten/Epistaxis

ICD-10

  • R04.0 Epistaxis

Differenzialdiagnosen

Traumatische Ursachen

  • Schlag/Druck auf die Nase
  • Mechanisch (Nasebohren), häufigste Ursache
  • Fremdkörper in der Nase
  • Iatrogen (nasale Sonde, chirurgische Intervention)4

Lokale Ursachen

  • Formstörungen der Nase6
    • Septumdeviation
    • Septumperforation3
  • Entzündung der Nasenhöhle/Nebenhöhlen (Rhinosinusitis)
    • akut oder chronisch entzündlicher Schleimhautschaden unterschiedlicher Ursache7
  • Trockene Schleimhaut (Rhinitis sicca)
    • Heterogene Gruppe von Krankheitsbildern, die zu trockener Nasenschleimhaut mit teilweise fötider Krustenbildung führt.
      • Diagnose durch Inspektion und nasale Endoskopie: trockene Schleimhäute und Krusten8
  • Allergische Rhinitis
    • IgE-vermittelte Entzündung der Nasenschleimhaut nach Allergenkontakt
    • Bis zu 25 % der Erwachsenen in Deutschland und Europa sind von allergischer Rhinitis betroffen.
    • typische Symptome: Niesen, juckende Nase, verstopfte Nase9
  • Akute Infektionskrankheiten des oberen Respirationstraktes können zu einer Entzündung der Nasenschleimhaut mit Blutungen führen.
  • Medikamentöse Rhinitis
    • entzündliche Hypertrophie der Nasenschleimhaut mit sporadischen Blutungen4
    • Auslösende Medikamente für die medikamentöse Rhinitis können sein: 
      • Betablocker, ACE-Hemmer, Antihypertensiva, Antipsychotika, orale Kontrazeptiva, lokal abschwellende Nasensprays, intranasale Steroide, Salizylate, PDE-5-Inhibitoren10-11
  • Neoplastische Veränderungen
    • Hämangiom der Nase
      • Äußert sich in der Regel im Kindesalter.12
    • juveniles Nasenrachenangiofibrom
      • sehr selten, fast ausschließlich männliche Adoleszenten betroffen13
    • malignes Melanom
    • Nasopharynxkarzinom

Systemische Ursachen

  • Hypertonie
    • Zum Zeitpunkt der Epistaxis findet man häufig einen erhöhten Blutdruck, ob eine arterielle Hypertonie zu einem erhöhten Risiko für Nasenbluten führt oder das Nasenbluten und die damit verbundene Situation zu einem erhöhten Blutdruck, ist bisher nicht geklärt.15-16
  • Erhöhte Blutungsneigung bei:4
  • Urämie
  • Phäochromozytom mit Blutdruckkrise
  • Im Rahmen von allgemeinen degenerativen Gefäßveränderungen kann es bei älteren Menschen zu schweren hinteren Blutungen kommen.
  • Idiopathisch – ohne bekannte Ursache17

Nebenwirkungen von Medikamenten

Anamnese

  • Beginn und Intensität der Blutung
  • Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme (insbesondere Antikoagulanzien)

Klinische Untersuchung

Labor

Ergänzende Untersuchungen bei Spezialist*in

Endoskopie

  • Vordere und hintere Rhinoskopie, um die Blutungsquelle zu bestimmen.

MRT/CT

  • Bei klinisch stabilem, nicht stillbarem oder rezidivierendem Nasenbluten zur Abklärung einer Entzündung, nach einem Trauma oder bei Verdacht auf einen Tumor18

Angiografie 

  • Bei unstillbarer Blutung kann eine Angiografie mit Embolisation erfolgen.18

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • In die HNO-Praxis
    • Blutungen, die sich nicht stillen lassen.
    • wiederholte schwere Blutungen
    • bei Verdacht auf eine schwere Grunderkrankung oder Neubildungen
  • Bei Schockzeichen: unverzügliche Krankenhauseinweisung

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Video

Abbildungen

Querschnitt der Nasenhöhle mit typischer Blutungsquelle
Querschnitt der Nasenhöhle mit typischer Blutungsquelle

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Formstörungen der inneren und äußeren Nase (mit funktioneller und/oder ästhetischer Beeinträchtigung). AWMF-Leitlinie Nr. 017-070. S2k, Stand 2022. www.awmf.org
  • Deutsche Röntgengesellschaft. Radiologische Diagnostik im Kopf-Hals-Bereich. AWMF-Leitlinie Nr. 039-093. S1, Stand 2020. www.awmf.org

Literatur

  1. Schaufelberger M, Meer A, Furger P, Derkx H et al.. Red Flags - Expertenkonsens - Alarmsymptome der Medizin. Neuhausen am Rheinfall, Schweiz: Editions D&F, 2018.
  2. Fleischmann T. Fälle Klinische Notfallmedizin - Die 100 wichtigsten Diagnosen. München, Deutschland: Elsevier, 2018.
  3. Womack JP, Kropa J, Jimenez Stabile M. Epistaxis: Outpatient Management. Am Fam Physician. 2018 Aug 15;98(4):240-245. www.aafp.org
  4. Beck R, Sorge M, Schneider A, Dietz A: Current approaches to epistaxis treatment in primary and secondary care. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 12–22. www.aerzteblatt.de
  5. Morgan DJ, Kellerman R. Epistaxis: evaluation and treatment. Prim Care. 2014 Mar;41(1):63-73. doi: 10.1016/j.pop.2013.10.007 www.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Formstörungen der inneren und äußeren Nase (mit funktioneller und/oder ästhetischer Beeinträchtigung). AWMF-Leitlinie Nr. 017-070, S2k, Stand 2022. www.awmf.org
  7. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Rhinosinusitis. AWMF-Leitlinie Nr. 053-012 und 017-049. S2k, Stand 2017 (abgelaufen). www.awmf.org
  8. Hildenbrand T, Weber RK, Brehmer D. Rhinitis sicca, dry nose and atrophic rhinitis: a review of the literature. Eur Arch Otorhinolaryngol 2011; 268: 17-26. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Klimek L. Allergische Rhinitis – Diagnostik und Therapieoptionen. Drug Res 2020; 70: 7-9. www.thieme-connect.com
  10. Giannetta E, Feola T, Gianfrilli D, et al.: Is chronic inhibition of phosphodiesterase type 5 cardioprotective and safe? A meta-analysis of randomized controlled trials. BMC Med 2014; 12: 185. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  11. Ramey JT, Bailen E, Lockey RF. Rhinitis medicamentosa. J Investig Allergol Clin Immunol. 2006;16(3):148-55. www.jiaci.org
  12. Novoa M, Baselga E, Beltran S, Giraldo L, Shahbaz A, Pardo-Hernandez H, Arevalo-Rodriguez I. Interventions for infantile haemangiomas of the skin. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Apr 18;4(4). pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Cortes-Santiago N, Patel K. Review of Pediatric Head and Neck Neoplasms that Raise the Possibility of a Cancer Predisposition Syndrome. Head Neck Pathol. 2021 Mar;15(1):16-24. www.ncbi.nlm.nih.gov
  14. Wiegand S, Wichmann G, Dietz A. Update: Nasopharynxkarzinome. Nasopharynxkarzinome und EBV. Onkologie heute. 2018. 37-40. cme.mgo-fachverlage.de
  15. Kikidis D, Tsioufis K, Papanikolaou V, Zerva K, Hantzakos A: Is epistaxis associated with arterial hypertension? A systematic review of the literature. Eur Arch Otorhinolaryngol 2014; 271: 237–43. link.springer.com
  16. Min HJ, Kang H, Choi GJ, Kim KS. Association between Hypertension and Epistaxis: Systematic Review and Meta-analysis. Otolaryngol Head Neck Surg. 2017 Dec;157(6):921-927. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  17. Qureishi A, Burton MJ. Interventions for recurrent idiopathic epistaxis (nosebleeds) in children. Cochrane Database Syst Rev 2012 Sep 12;9:CD004461. www.cochranelibrary.com
  18. Deutsche Röntgengesellschaft. Radiologische Diagnostik im Kopf-Hals-Bereich. AWMF-Leitlinie Nr. 039-093. S1, Stand 2020. www.awmf.org

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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