Chronische Mittelohrentzündung

Von einer chronische Mittelohrentzündung spricht man, wenn die Entzündung länger als drei Monate andauert.  Flüssigkeit läuft wiederholt aus dem Ohr, und die Betroffenen hören schlechter.

Was ist eine chronische Mittelohrentzündung?

Definition

Von einer chronische Mittelohrentzündung spricht man, wenn die Entzündung länger als drei Monate andauert.

Das Trommelfell trennt das Mittelohr vom Gehörgang und vom Außenohr. Bei einer chronischen Mittelohrentzündung entsteht ein Loch im Trommelfell, das nicht verheilt und aus dem meist fortwährend etwas Sekret in den äußeren Gehörgang fließt. Meist ist das Hörvermögen auf dem betroffenen Ohr schlechter als auf der gesunden Seite.

Ohr, innen
Ohr, innen

Symptome

Die typischen Symptome einer chronischen Mittelohrentzündung sind Schwerhörigkeit und andauernder Ausfluss aus dem betroffenen Ohr. Auch Schmerzen im Ohr können auftreten.

Ursachen

Das Mittelohr ist durch die sog. Ohrtrompete (Tuba auditiva), eine Art winziger Tunnel, mit dem Rachenraum verbunden und so normalerweise gut belüftet. Dies ist für die Gesundheit des Mittelohrs entscheidend. Ist die Ohrtrompete durch anatomische Besonderheiten, vergrößerte Rachenmandeln, Tumoren o. Ä. verstopft, so entsteht im Mittelohr ein Unterdruck, der das Trommelfell schädigen kann. Die Folge ist ein Riss des Trommelfells. Erreger können nun von außen in das Mittelohr oder auch über die Ohrtrompete eindringen und eine Infektion verursachen. Aufgrund der mangelhaften Belüftung des Ohrs kann die Infektion nicht gut ausheilen. Zudem verhindert einwachsendes Gewebe des Trommelfells, dass sich der Riss wieder schließen kann.

Cholesteatom

Eine Besonderheit der chronischen Mittelohrentzündung ist die Bildung eines sog. Cholesteatoms, einer Ansammlung von Gewebe im Bereich des Mittelohrs, das dort Schäden verursacht (bis zu Knochenabbau). Die Entzündung führt in vielen Fällen auch zu einer Schädigung im Ohr und damit zu einer Schwächung des Hörvermögens.

Risikofaktoren

Untersuchungen

  • Die Diagnostik erfolgt in der Regel in der HNO-Praxis. Bei der Untersuchung mit dem Ohrmikroskop können Ärzt*innen das Loch im Trommelfell und eine mögliche Eiterbildung im Mittelohr direkt erkennen.
  • Evtl. muss der Gehörgang zunächst gereinigt werden, um eine gute Übersicht über das Trommelfell zu bekommen.
  • Um das Hörvermögen zu beurteilen, werden weitere Untersuchungen durchgeführt (Stimmgabelprüfung und Audiometrie).
  • Bei einem Cholesteatom ist eine bildgebende Untersuchung (Röntgen oder Computertomografie) nützlich.

Behandlung

Die chronische Mittelohrentzündung wird in Kooperation mit HNO-Fachärzt*innen behandelt.

Medikamente

  • Zunächst wird der Gehörgang vorsichtig gereinigt. 
  • Anschließend werden lokale Antiseptika (z. B. Wasserstoffperoxid) und/oder lokale Antibiotika aufgetragen.
  • Unter Umständen ist auch die Einnahme von Antibiotika erforderlich.

Operation

  • Wenn die o. g. Maßnahmen keine Besserung bringen, wird eine Operation empfohlen. Auch bei einem Cholesteatom ist fast immer eine Operation notwendig.
  • Bei der Operation wird das Trommelfell mit körpereigenem Gewebe repariert.
  • Beschädigte Gehörknöchelchen können ggf. durch Prothesen ersetzt werden.
  • Ein mögliches Cholesteatom wird vollständig entfernt.
  • Auch nach der Operation sollten Sie regelmäßig Kontrolluntersuchungen in der HNO-Praxis wahrnehmen.

Was können Sie selbst tun?

  • Sie sollten das Ohr trocken halten und darauf achten, dass keine Flüssigkeit ins Mittelohr eindringt. 
  • Sie sollten weder mit Watte noch mit Wattestäbchen im Gehörgang hantieren.
  • Infektionen im Mund-/Rachenraum oder der Nase sollten stets sehr sorgfältig behandelt werden, damit keine weiteren Keime ins Mittelohr gelangen.

Prognose

Abgesehen von wenigen Ausnahmen geht eine akute Mittelohrentzündung bei guter Funktion der Ohrtrompete nicht in eine chronische Mittelohrentzündung über.

Bei der Entwicklung eines Cholesteatoms ist die Prognose ungünstiger und hängt davon ab, ob der Abbau von Knochengewebe frühzeitig gestoppt werden kann.

Komplikationen

Die Infektion kann sich ausbreiten und zu Komplikationen führen. Es können sich Abszesse oder Infektionen in den angrenzenden Strukturen oder sogar im Bereich der Hirnhäute und des Gehirns entwickeln. Dann ist eine sofortige Behandlung bzw. Einweisung ins Krankenhaus erforderlich.

Ein Cholesteatom kann die umgebenden Gewebe zudem so schädigen, dass es zu Nervenschäden kommt, z. B. des Gesichtsnervs (Taubheit im Bereich des Gesichts, hängender Mundwinkel etc). In solchen Fällen ist ebenfalls eine rasche fachärztliche Untersuchung oder Einweisung ins Krankenhaus nötig.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Otitis media, chronische. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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