Wirbelsäulenverkrümmung im Alter (Kyphose)

Mit zunehmendem Alter kommt es bei vielen Menschen zu einer leichten Wirbelsäulenverkrümmung im oberen Bereich der Wirbelsäule, genauer gesagt auf Höhe der Brustwirbelsäule.

Wirbelsäulenverkrümmung im Alter – was ist das?

Eine Wirbelsäulenverkrümmung nach hinten („Buckel") wird in der Medizin als Kyphose bezeichnet. Die normale Krümmung der Brustwirbelsäule kann mit dem Alrter zunehmen. Ist die Verkrümmung besonders stark ausgeprägt, so spricht man von einer Hyperkyphose. Die Ursachen und Folgen einer Hyperkyphose sind bislang nur unzureichend erforscht, fest steht allerdings, dass der altersbedingte Knochenschwund (Osteoporose) dabei eine zentrale Rolle spielt. Eine Hyperkyphose ist nicht nur aus kosmetischen Gesichtspunkten sehr unangenehm, sondern kann auch mit diversen ungünstigen Folgen wie einer verschlechterten Lungenfunktion und einer eingeschränkten Beweglichkeit verbunden sein.

Die Häufigkeit der Hyperkyphose bei älteren Menschen liegt Schätzungen zufolge bei 20‒40 %. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Ursachen

Als zentrale Ursache der Hyperkyphose gilt Osteoporose und damit verbundene Wirbelkörper-Kompressionsbrüche. Tatsächlich sind Wirbelkörperbrüche nur bei rund 35 % aller von einer sehr stark ausgeprägten Hyperkyphose betroffenen Patienten vorhanden. Patienten mit Wirbelbrüchen neigen jedoch zu einer besonders stark ausgeprägten Hyperkyphose.

Auch Haltungsänderungen können zu einer verstärkten Wirbelsäulenverkrümmung auf Höhe der Brustwirbelsäule beitragen. Ältere Frauen haben oft Schwierigkeiten, ihre Körperhaltung hin zu einer aufrechten Haltung zu korrigieren.

Abnutzungserscheinungen an den Bandscheiben können die Verkrümmung der Wirbelsäule verstärken. Auch die Muskelkraft nimmt mit steigendem Alter häufig ab. Eine altersbedingte Schwäche der Bänder im Bereich des Rückens trägt zu einer geringeren Stabilität der Wirbelsäule bei. Mit zunehmendem Alter verliert das Bindegewebe seine Elastizität, zudem kommt es zu Verkalkung und Verknöcherung.

In seltenen Fällen kann eine Hyperkyphose auch erblich bedingt sein. Dies ist bei frühzeitig einsetzenden Beschwerden häufig der Fall und kann auf einer der folgenden Erkrankungen beruhen: Osteogenesis imperfecta („Glasknochenkrankheit"), Ehlers-Danlos-Syndrom, Marfan-Syndrom, zystische Fibrose, Scheuermann-Krankheit.

Negative Auswirkungen

  • Verschlechterte Lungenfunktion
    • Eine starke Kyphose führt zu einer Beeinträchtigung der Lungenfunktion, da sich der Brustkorb nicht mehr so stark ausdehnen kann wie einst.
  • Einschränkungen der Beweglichkeit
    • Eine Hyperkyphose kann auch zu Bewegungseinschränkungen wie einer verminderten Gehfähigkeit oder Problemen beim Aufstehen vom Stuhl führen.
  • Erhöhtes Sturzrisiko
    • Unter Experten herrscht Uneinigkeit darüber, ob sich eine Hyperkyphose auch auf den Gleichgewichtssinn und somit auf die Sturzgefahr auswirkt. Die Forschungsergebnisse zu einem solchen möglichen Zusammenhang sind widersprüchlich.
  • Häufigere Knochenbrüche
    • Im Zusammenhang mit der Hyperkyphose kann ein vermehrtes Auftreten von Wirbelkörperbrüchen der Brustwirbelsäule beobachtet werden. Die vornübergebeugte Haltung führt zu einer Veränderung des Körperschwerpunkts, sodass das Risiko für Wirbelkörper-Kompressionsbrüche zunimmt.
    • Zudem scheint ein erhöhtes Risiko für Oberschenkhals- und Handgelenksbrüche zu bestehen.
  • Lebensqualität
    • Zwischen Rückenschmerzen und dem Vorliegen einer Hyperkyphose besteht ein deutlicher Zusammenhang. Die Kombination von Osteoporose und Hyperkyphose beeinflusst in mehrfacher Hinsicht die Lebensqualität der Betroffenen.
  • Erhöhtes Sterberisiko
    • Einige Forschungsstudien konnten nachweisen, dass die Hyperkyphose bei älteren Menschen geschlechtsunabhängig mit einem leicht erhöhten Sterberisiko einhergeht.

Symptome

Anfangs schreitet die Hyperkyphose ohne spezielle Symptome und Beschwerden voran. Akute Wirbelkörperbrüche können allerdings wiederholt zu Phasen mit starken Rückenschmerzen führen. Solche Vorfälle treten häufig in Verbindung mit ungünstigen Bewegungsabläufen auf, etwa wenn Sie sich herabbeugen, stark husten oder etwas anheben. Chronische Rückenschmerzen können mit der Zeit zum Problem werden, insbesondere bei Personen, die wiederholt Wirbelkörperbrüche erleiden.

Einige der Betroffenen beobachten, dass sie dicker werden, ohne allerdings an Gewicht zuzunehmen. Ihnen fällt auf, dass der Bauchumfang zunimmt, die Kleidung nicht mehr passt und die Taille verschwindet. Dies sind Symptome für eine Abnahme der Körpergröße. Wenn die Wirbelsäule in sich zusammensackt und sich verkrümmt, führt dies nicht selten dazu, dass sich der Abstand zwischen Brustkorb und Beckenkamm verringert und der Bauch nach vorn gedrückt wird.

Patienten mit stark ausgeprägter Kyphose könenn unter Muskelschmerzen im Nackenbereich leiden; diese beruhen auf einer erhöhten Beanspruchung der Nackenmuskulatur, um die Halswirbelsäule zu strecken und nach vorne zu schauen.

Darüber hinaus können Atembeschwerden auftreten, weil das Lungenvolumen abnimmt. Die Rippen können schmerzen, wenn sie gegen den Beckenkamm stoßen.

Bei einer ausgeprägten Wirbelsäulenverkrümmung können die Betroffenen Probleme bei der Ausführung bestimmter Bewegungen haben: dem Beugen des Oberkörpers, dem Anheben von Gegenständen, dem Treppensteigen oder dem Verrichten von Alltagstätigkeiten, wie z. B. Kochen.

Diagnostik

Die Diagnose ist offensichtlich: Es liegt eine verstärkte Verkrümmung der Brustwirbelsäule vor. Häufig ist auch die Körpergröße reduziert. Das Röntgen der Wirbelsäule kann nützliche Zusatzinformationen zu einer eventuell vorhandenen Osteoporose, früheren oder akuten Wirbelbrüchen und dem Krümmungswinkel liefern. Bei Verdacht auf Osteoporose ist eine Bestimmung der Knochendichte sinnvoll.

Therapie

Eine Standardbehandlung bei altersbedingter Hyperkyphose existiert nicht. Bei vorliegender Osteoporose und Wirbelkörperbrüchen können eine medikamentöse Osteoporosebehandlung (z. B. mit Bisphosphonaten) oder andere Therapiemaßnahmen eingeleitet werden. Ob die medikamentöse Therapie von geringer Knochendichte zur Linderung einer Hyperkyphose beitragen kann, ist bislang nicht bekannt.

Durch regelmäßige körperliche Aktivität lassen sich die negativen Auswirkungen einer Alterskyphose teilweise ausgleichen. Insbesondere wird die Beweglichkeit verbessert und das Sturzrisiko verringert. Hören Sie mit dem Rauchen auf: Nikotinkonsum zählt zu den Risikofaktoren für Osteoporose. Alkohol sollte nur in Maßen genossen werden, da durch übermäßigen Alkoholkonsum die Sturzgefahr und damit die Gefahr für Knochenbrüche bei einer Osteoporose deutlich erhöht ist.

Wichtig ist die angemessene Behandlung von Rückenschmerzen, um der Entwicklung von chronischen Schmerzen vorzubeugen. Dazu werden Schmerzmittel und Physiotherapie eingesetzt.

Ob das Tragen eines Korsetts oder regelmäßige Rückenübungen eine Wirbelsäulenverkrümmung bessern, ist noch umstritten.

Bei schmerzhaften Wirbelkörperbrüchen können kleinere operative Eingriffe (Vertebroplastie und Kyphoplastie) Linderung verschaffen und unter Umständen zu einer Verringerung der Wirbelsäulenverkrümmung beitragen. Dabei wird mittels Injektion Knochenzement in die eingefallenen Wirbelkörper eingebracht. Patienten, bei denen die Rippen gegen den Beckenkamm stoßen und aus diesem Grunde schmerzen, kann unter Umständen die Entfernung der äußeren zwei Drittel der untersten Rippe Linderung verschaffen. Umfangreichere chirurgische Eingriffe sind mit einem hohen Komplikationsrisiko (33 %) verbunden.

Prognose

Eine Hyperkyphose entwickelt sich langsam über mehrere Jahre. Einmal vorhanden, bildet sie sich normalerweise nicht wieder zurück und kann mit fortschreitendem Alter weiter zunehmen.

Bei einem von fünf Patienten mit Wirbelkörperbruch kommt es im Laufe eines Jahres zu einem erneuten Vorfall.

Um Wirbelkörperbrüchen vorzubeugen, sollte eine vorhandene Osteoporose behandelt werden.

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  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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References

Based on professional document Hyperkyphose im Alter. References are shown below.

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