Sportverletzungen beim Handball

Handball-Verletzungen sind in der Regel Kontaktverletzungen der unteren Gliedmaße (ca. 40 %), am Kopf (ca. 20 %) und der oberen Gliedmaße (20 %).

Wer ist am meisten gefährdet?

Der Handballsport ist bei Frauen die unfallträchtigste Sportart, bei Männern hinter Fußball die zweitunfallträchtigste. Von den etwa 2 Millionen Sportunfällen, die jährlich ärztliche betreut werden, entfallen etwa 21 % bei Frauen und 13 % bei Männern auf Handball.1

Es liegen exakte Daten zu den Verletzungen in der 1. und 2. Handballbundesliga der Saison 2016/2017 vor. 2

Auf 1.000 Spielstunden treten demnach 101 Verletzungen auf. Jeder eingesetzte Handballspieler erlitt pro Saison im Durchschnitt 2,8 Verletzungen und nur 23,1 % der Spieler blieben verletzungsfrei. Vor allem die kurze Saisonvorbereitungsphase mit schnellem Anstieg der Intensität in den ersten beiden Saisonmonaten zeigte ein hohes Verletzungsrisiko. Am Ende der Saison war im Durchschnitt jeder Spieler verletzungsbedingt 30 Tage nicht einsatzbereit.

Dabei war jedoch nur bei jeder 5. Verletzung ein Foul ursächlich, und in den meisten Fällen war ein korrekt geführter Zweikampf mit regulärem Körperkontakt der Auslöser für die Verletzung.

Welche Verletzungen sind am häufigsten?

Am häufigsten betroffen waren in der Saison 2016/2017 das Kniegelenk (14,4 %), Sprunggelenk (13,6 %) und der Oberschenkel (10,8 %), gefolgt von der Schulter (8,5 %).

Am meisten gefürchtet sind hier Kreuzbandverletzungen am Knie und schwere Schulterverletzungen. Die große Mehrheit bilden jedoch kleinere Verstauchungen, die nicht operiert werden müssen und auch nicht zu bleibenden Schäden führen. 15 % der Verletzungen sind Knochenbrüche, weitere 15 % sind Stoß- und Schlagverletzungen. Diese führen häufig zu inneren Blutungen, etwa im Umfeld von Gelenken oder innerhalb oder im Umfeld von Muskeln/Sehnen. Im Bereich von Schulter, Arm und Hand sind die Folgen des „Einhakens“ an der Schulter am schwerwiegendsten. Es kann Verletzungen an Bändern, Gelenkkapseln und Sehnen sowie kleinere Frakturen verursachen. Die weitaus überwiegende Zahl der Verletzungen im Handball sind leichtere Blessuren, und die etwas schwereren Verletzungen führen mit wenigen Ausnahmen nicht zu dauerhaften Schäden.3

Bänderverletzungen

Bänderzerrungen oder -risse treten am häufigsten auf der Außen- oder Innenseite des Knöchels sowie seitlich am Kniegelenk auf. Sie entstehen oft in Verbindung mit einer Verstauchung oder Verdrehung des Knöchels, wenn der Fuß nach einer Sprungaktion falsch aufkommt. Die Genesungsdauer derartiger Verletzungen liegt zwischen einigen Tagen und mehr als einem halben Jahr (Kreuzbandverletzungen). Ist ein Gelenkband erst einmal überdehnt oder gerissen, besteht danach ein höheres Risiko einer erneuten Verletzung, die wiederum zu einer chronischen Instabilität der Bänder führen kann.

Nähere Informationen über die einzelnen Arten von Bänderverletzungen:

Zerrungen

Zerrungen treten am häufigsten an Oberschenkel, Unterschenkel und in der Leistengegend auf. Muskelfaserrisse treten am häufigsten in Verbindung mit einem schnellen Spurt, plötzlichem Abbremsen oder einem abrupten Richtungswechsel auf. Sie entstehen häufiger, wenn die Muskeln vor dem Wettkampf oder Training nicht sorgfältig genug aufgewärmt wurden. Die betroffenen Bereiche sind in der Regel bald wieder hergestellt, in einigen Fällen, beispielsweise bei Verletzung der rückseitigen Oberschenkelmuskulatur, kann es jedoch bis zu einem Monat oder länger dauern, bis die Spielerin oder der Spieler wieder voll eingesetzt werden kann.

Weitere Informationen zu Zerrungen:

Knochenbrüche (Frakturen)

Frakturen können an den meisten Knochen des Körpers auftreten, bei Handballern vor allem an den Fingern, die häufig auch mit Luxationen vergesellschaftet sind. Ursachen sind Zusammenstöße, Verdrehungen, das Zurückhalten des Wurfarmes und falsches Aufkommen. Längere Überlastungen können zu Ermüdungsbrüchen (Stressfrakturen) führen. Frakturen von größeren Knochen als den Fingern sind oft mit langen Ausfallzeiten verbunden.

Nähere Informationen über die häufigsten Frakturen:

Meniskusverletzung

Der Meniskus besteht aus zwei Knorpelscheiben, die als Stoßdämpfer innerhalb des Kniegelenks fungieren. In diesen Knorpelscheiben können im Zusammenhang mit drehenden Kniegelenksbewegungen Risse auftreten, häufig infolge des Versuchs den Gegner vom Ball zu trennen, bei Täuschungsmanövern oder wenn das Knie unter den Körper gerät. Aktive Handballspieler müssen in der Regel operiert werden, um nach einer Meniskusruptur wieder schmerzfrei spielen zu können.

Nähere Informationen über Meniskusverletzungen:

Kreuzbandverletzungen

Das Kniegelenk hat zwei starke Kreuzbänder, das vordere und das hintere Kreuzband. Ein Kreuzband kann beim Handball infolge einer Überdehnung des Kniegelenks oder einer Drehbewegung des Knies reißen. Die Verletzung kann mit und ohne Kontakt mit einem anderen Spieler auftreten, beispielsweise bei Täuschungsmanövern, beim Aufkommen oder beim Versuch, den Gegner vom Ball zu trennen, wenn das Bein am Boden verbleibt. Bei aktiven Handballspielern werden Kreuzbandverletzungen in der Regel operiert. Danach ist eine lange Rehabilitation erforderlich, so dass häufig von mindestens sechs Monaten ausgegangen werden muss, bis die Spielerin/der Spieler wieder eingesetzt werden kann.

Nähere Informationen über Kreuzbandverletzungen:

Sehnenentzündungen

Eine Überlastung über einen längeren Zeitraum oder eine plötzliche Bewegung können die Sehnen und Sehnenansätze verletzen. Handballspieler sind besonders anfällig für Verletzungen der Leistengegend. Solche Verletzungen erfordern Entlastung und Ruhe sowie eine Rehabilitation in Form von Dehn- und Kräftigungsübungen.

Nähere Informationen über relevante Sehnenverletzungen:

Verschiedene Verletzungen

Handballer können darüber hinaus eine Vielzahl weiterer Verletzungen erleiden, zum Beispiel:

Vorbeugende Maßnahmen

Ausrüstung und Spielfeld

  • Die Reibungsverhältnisse zwischen Schuhen und Untergrund beachten.
    • Angemessene Schuhsohlen/Profil auswählen.
  • Sicherheitsabstand halten zu harten und scharfen Gegenständen außerhalb des Spielfelds.

Spielregeln/Disziplin

  • Ahndung gefährlicher Fouls durch den Schiedsrichter und strenge Sanktionierung

Persönliche Maßnahmen

  • Resilienz der Sportler in regelkonformen Kontaktsituationen verbessern.2
    • propriozeptives Training und Kräftigung der gelenkstabilisierenden Muskulatur
    • Risikobehaftete Kontaktsituationen meiden.
  • Gutes Aufwärmtraining
  • Dem Körper ausreichend Erholungszeit nach einer Verletzung geben.
  • Zahnschutz

Allgemeine Maßnahmen

  • Schulung der Spieler für präventives Training in Eigenregie
  • Qualifiziertes ärztliches Personal vor Ort
  • Durch Physiotherapeuten begleiteter, ausreichend langer Rehabilitationsprozess

Weitere Informationen

Illustrationen

Knie, Kreuzband.jpg
Knie, Kreuzband
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Knie, Meniskus Vorderansicht

 

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Menisken, Übersicht

Literatur

  1. Henke T. Sportunfälle. Gesundheitsberichte NRW. Bielefeld 2003. www.lzg.nrw.de
  2. Luig P, Bloch H, Burkhardt K, et al. VBG-Sportreport 2018 – Analyse des Unfallgesche- hens in den zwei höchsten Ligen der Männer: Basketball, Eishockey, Fußball und Handball. Hamburg: VBG, 2018. www.vbg.de
  3. Langevoort G, Myklebust G, Dvorak J, Junge A. Handball injuries during major international tournaments. Scand J Med Sci Sports 2007; 17: 400-7. pmid:17038157 PubMed

Autoren

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt

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