Zusammenfassung
- Definition:Hyponatriämie ist definiert als eine Serum-Natriumkonzentration < 135 mmol/l.
- Häufigkeit: Häufigste Störung des Elektrolythaushaltes. Mit dem Alter zunehmende Prävalenz, Vorkommen bei 7 % ambulanter Patient*innen.
- Symptome:Bei schneller Entwicklung einer Hyponatriämie (<48 h) schwere Symptome wie starkes Erbrechen, Krampfanfälle, Somnolenz/Koma. Bei chronischer Hyponatriämie häufig uncharakteristische Symptome wie Adynamie, Gangstörungen mit Sturzneigung und leichte kognitive Einschränkungen.
- Befunde:Wichtig für die Differenzialdiagnose ist die Beurteilung des Volumenstatus, je nach Auslöser der Hyponatriämie kann Hypovolämie, Normovolämie oder Hypervolämie vorliegen.
- Diagnostik:Bestimmung eines erniedrigten Natriumspiegel im Serum. Zur genaueren Eingrenzung erfolgt neben der klinischen Beurteilung des Volumenstatus die Bestimmung von Serumosmolalität, Urinosmolalität und Natriumausscheidung im Urin.
- Therapie: Eine akute lebensbedrohlicher Hyponatriämie wird initial mit Infusion von hypertoner Kochsalzlösung behandelt. Bei chronischer Hyponatriämie Behandlung abhängig von der Ursache: Absetzen von auslösenden Medikamenten (v. a. Thiazide und SIADH-verursachenden Medikamente). Bei hypervolämer Hyponatriämie (v. a. bei Nieren-/Herzinsuffizienz) Behandlung der Grunderkrankung, bei hypovolämer Hyponatriämie mit Exsikkose Volumensubstitution mit isotoner Kochsalzlösung. Bei der häufigen normovolämen Hyponatriämie (DD SIADH) steht Trinkmengenrestriktion im Vordergrund, evtl. Gabe von Kochsalz- oder Harnstofftabletten in Kombination mit Schleifendiuretika.
Allgemeine Informationen
Definition
- Hyponatriämie ist definiert als eine Serum-Natriumkonzentration < 135 mmol/l.1
- Differenzierung nach laborchemischem Schweregrad:1-2
- milde Hyponatriämie: 130–135 mmol/l
- mäßige Hyponatriämie: 120–129 mmol/l
- schwere Hyponatriämie: < 120 mmol/l.
Häufigkeit
- Die Hyponatriämie ist die häufigste Störung des Elektrolythaushaltes.3
- Zwischen 15 und 20 % der Patient*innen im stationären und etwa 7 % im ambulanten Bereich weisen eine Hyponatriämie auf.2,4
- Das Risiko für eine Hyponatriämie ist mit dem Alter ansteigend.2
- Bei Älteren kommen Hyponatriämien 3-mal so häufig vor wie bei Jüngeren.5
Problemstellung für die Hausarztpraxis
- Hyponatriämie im klinischen Alltag nicht selten unterschätzt aufgrund des variablen Erscheinungsbildes und der häufig schwierigen Abgrenzung zu anderen Erkrankungen und Komorbiditäten.4
- Vor allem bei „Alterssymptomen" wie Gangstörungen, kognitiven Störungen oder Wesensveränderungen sollte differenzialdiagnostisch eine Hyponatriämie erwogen werden.6
- Das höchste Risiko für stark ausgeprägte Hyponatriämien besteht bei geriatrischen Patient*innen.7
- Es besteht aufgrund einer häufigen Gangunsicherheit ein erhöhtes Sturz- und Frakturrisiko.8
- Das relative Risiko für Stürze ist bei „asymptomatischer" chronischer Hyponatriämie auf fast das 10-Fache erhöht.9
- auch eine Osteoporose wird begünstigt10
- Eine chronische Hyponatriämie ist auch prognostisch relevant mit erhöhter Mortalität.11
Ätiologie und Pathogenese
- Ursache einer Hyponatriämie ist primär eine Störung des Flüssigkeitshaushaltes, es besteht im Allgemeinen ein Überschuss an Wasser im Verhältnis zur Natriummenge.12
- Das antidiuretische Hormon (ADH) spielt dabei eine entscheidende Rolle, eine Hyponatriämie ist häufig mit einer gesteigerten ADH-Sekretion verbunden.
- Diese sog. hypotonen („echten") Hyponatriämien weisen ein erniedrigtes Serumnatrium sowie eine erniedrigte Plasmaosmolalität (< 275 mOsm/kg) auf.
- Eine klinische Symptomatik entsteht nur, wenn die Hyponatriämie mit einer Hypoosmolalität im Serum einhergeht.
- Davon abzugrenzen sind seltene Formen wie isotone (275–295 mOsm/kg) oder hypertone (> 295 mOsm/kg) Hyponatriämien.
- Durch den Überschuss osmotischer Substanzen (Glukose, Triglyceride, Proteine) kommt es zwar zu einem Abfall des Serum-Natriums, aber nicht zu einer Hypoosmolalität, somit kein Korrekturbedarf für Natrium.13
- Bei rascher Entwicklung einer hypotonen Hyponatriämie besteht die Gefahr eines osmotisch bedingten Hirnödems mit Hirndrucksymptomatik.
- Die hypotonen Hyponatriämien können anhand des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens kategorisiert werden:1
- hypovolämische Hyponatriämie
- normovolämische Hyponatriämie (am häufigsten2)
- hypervolämische Hyponatriämie.
- Die Einteilung entsprechend dieser 3 verschiedenen Pathomechanismen ermöglicht eine differenzialdiagnostische Zuordnung, speziell die Unterscheidung zwischen Hypovolämie und Euvolämie ist klinisch-praktisch aber häufig nicht einfach.
Hypovolämische Hyponatriämie
- Kombinierter Salz- und Wassermangel mit nur relativem Wasserüberschuss
- Niedriges intravaskuläres Volumen stimuliert die Sekretion von ADH mit Verstärkung der Hyponatriämie.
- Ursachen der hypovolämischen Hyponatriämie
- renale Verluste
- Diuretika (v. a. Thiazide)
- renales Salzverlustsyndrom (angeboren oder erworben)
- Mineralokortikoidmangel (M. Addison)
- zerebrales Salzverlustsyndrom (z. B. nach Schädel-Hirn-Trauma)
- osmotische Diurese (z. B. bei Diabetes mellitus)
- extrarenale Verluste
- Erbrechen, Diarrhö
- Flüssigkeitsverlagerung (Pankreatitis, Sepsis, Ileus, Peritonitis)
- Verbrennungen
- starkes Schwitzen (Ausdauersportler)
- renale Verluste
Isovolämische Hyponatriämie
- Leicht erhöhtes extrazelluläres Volumen ohne eigentlichen Salzmangel
- Ursachen der isovolämischen Hyponatriämie
- SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Produktion) ist die häufigste Ursache, mögliche Auslöser:
- Medikamente14
- Antidepressiva und Antipsychotika
- Zytostatika, z. B.Cyclophosphamid
- Antiepileptika
- antiretrovirale Medikation und Interferone
- Opiate
- NSAR
- Protonenpumpeninhibitoren
- u. a.
- (Thiaziddiuretika verursachen SIADH-ähnliches Syndrom, aber kein eigentliches SIADH)
- Drogen (Ecstasy)8
- Malignome (z. B. Bronchialkarzinom)1
- ZNS-Erkrankungen1
- pulmonale Erkrankungen1
- andere Ursachen, z. B.:1
- Schmerz
- Stress
- Übelkeit/Erbrechen.
- Medikamente14
- Hypothyreose
- sekundäre Nebenniereninsuffizienz
- primäre Polydipsie
- exzessiver Bierkonsum („Beer Potomania")
- postoperativ durch hypotone Spülflüssigkeit
- SIADH (Syndrom der inadäquaten ADH-Produktion) ist die häufigste Ursache, mögliche Auslöser:
Hypervolämische Hyponatriämie
- Retention von Natrium und Wasser mit relativem Wasserüberschuss und dadurch Hyponatriämie
- Ursachen der hypervolämischen Hyponatriämie:
- Herzinsuffizienz
- Leberinsuffizienz
- chronische Nierenkrankheit/Niereninsuffizienz, nephrotisches Syndrom
Klassifikation nach zeitlichem Verlauf und Schweregrad
Klassifikation nach dem zeitlichen Verlauf
- Akute Hyponatriämie: Entwicklung < 48 h1
- Chronische Hyponatriämie: Entwicklung > 48 h1
- Bei anhaltender Hyponatriämie kommt es nach ca. 48 h zu Adaptationsmechanismen.7
- Bei unklarer Dauer sollte primär von einer chronischen Hyponatriämie ausgegangen werden.1,15
Klassifikation nach dem klinischen Schweregrad1,7,16
- Leicht
- Adynamie
- Konzentrationsstörungen
- Wesensveränderung
- Gangstörung mit Fallneigung
- Geschmacksstörung (Dysgeusie)
- Mittelschwer
- Übelkeit ohne Erbrechen
- Verwirrtheit
- Kopfschmerzen
- Schwer
- Erbrechen
- kardiorespiratorische Instabilität
- susgeprägte Somnolenz
- Krampfanfälle
- Koma (GCS < 8)
Prädisponierende Faktoren
- Medikamente
- Thiaziddiuretika
- Medikamente, die ein SIADH induzieren (s. o.)
- Grunderkrankungen, die mit Hyponatriämie assoziiert sein können, u. a.:
- Nebenniereninsuffizinez
- Herzinsuffizienz
- Leberinsuffizienz
- chronische Nierenkrankheit
- Malignome
- Lungenerkrankungen
- ZNS-erkrankungen
- Hypothyreose
- u. a.
ICPC-2
- T99 Endokrine/metabolische/Ernährungserkrankungen
ICD-10
- E87 Sonstige Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes sowie des Säure-Basen-Gleichgewichts
- E87.1 Hypoosmolalität und Hyponatriämie
- E87.1B Hyponatriämie
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Allgemeine Feststellung einer Hyponatriämie durch Bestimmung des Natriumgehalts im Serum
- Zur genaueren Eingranzung Fokus der Diagnostik auf:7
- Symptomen
- Volumenstatus
- Laboruntersuchungen
- Serum
- Urin.
Differenzialdiagnosen
- Nebennierenrindeninsuffizienz
- Hypothyreose
- Herzinsuffizienz
- Leberinsuffizienz
- Gastroenteritis
- Chronische Nierenkrankheit
- Erkrankungen des ZNS
- Psychiatrische Erkrankungen
- Hypertensive Krise
Anamnese und klinische Untersuchung
- Symptome
- Die Symptomatik wird durch das Ausmaß der Hyponatriämie bestimmt, noch stärker aber durch die Akuität des Auftretens:4
- Adynamie
- Kopfschmerzen
- Konzentrations-, Gedächtnisstörungen
- Apathie, Desorientiertheit, Verwirrtheit
- Muskelschwäche
- Gang-, Standunsicherheit
- Sturzneigung
- Übelkeit, Erbrechen
- Synkopen
- Krampfanfälle
- Stupor, Koma
- Atemstillstand.
- Die Symptomatik wird durch das Ausmaß der Hyponatriämie bestimmt, noch stärker aber durch die Akuität des Auftretens:4
- Begleit- und Vorerkrankungen
- akuter Infekt (Gastroenteritis, Harnwegsinfekt, Pneumonie)
- St. n. OP mit Applikation hypotoner Spülflüssigkeit (z. B. Prostata-, Uterus-OP)
- Herzinsuffizienz
- chronische Nierenkrankheit/Niereninsuffizienz
- Leberkrankheit
- Malignom
- Nebenniereninsuffizienz
- Hypothyreose
- Hinweise für Polydipsie
- Medikation
- Diuretika
- Thiaziddiuretika
- Aldosteronantagonisten
- (Schleifendiuretika verursachen im Allgemeinen keine Hyponatriämie)
- mögliche Auslöser eines SIADH, u. a.:
- Antidepressiva17/Antipsychotika
- Zytostatika, z. B.Cyclophosphamid
- Antiepileptika
- antiretrovirale Medikation
- Interferone
- Opiate
- NSAR
- Protonenpumpeninhibitoren.
- Glukokortikoide in der Vergangenheit18
- Diuretika
- Klinische Einschätzung des Volumenstatus12
- Blutdruck, Puls
- Orthostasereaktion
- Halsvenen
- Lunge/Herz
- Rasselgeräusche
- 3. HT
- Aszites/Anasarka
- periphere Ödeme
- Neurologische Untersuchung
- Bewusstseinsstörung
- kognitive Einschränkungen
- Gangstörungen
Ergänzende Untersuchungen – Labor und Bildgebung
Blut
- Elektrolyte: Natrium, Kalium
- leichte Hyponatriämie: 130–135 mmol/l
- mäßige Hyponatriämie: 120–129 mmol/l
- schwere Hyponatriämie: < 120 mmol/l
- Glukose
- Die häufigste Ursache einer hypertonen Hyponatriämie ist eine Hyperglykämie (> 500 mg/dl).18
- Lipide (Gesamtcholesterin, LDL, HDL, Triglyzeride)
- bei starker Erhöhung mögliche Ursache einer Pseudohyponatriämie
- Gesamt-Eiweiß
- bei Erhöhung (mögliche Ursache einer Pseudohyponatriämie) ggf. ergänzend Eiweißelektrophorese, Immunelektrophorese
- Nierenretentionswerte: eGFR, Kreatinin, Harnstoff
- bei V. a. chronische Nierenkrankheit/Niereninsuffizienz
- Leberwerte: GOT, GPT, Gamma-GT, Quick, Albumin, Cholinesterase
- bei V. a. Leberinsuffizienz
- NT-proBNP
- bei V. a. Herzinsuffizienz
- TSH
- bei V. a. Hypothyreose
- Kortisol
- bei V. a. Nebenniereninsuffizienz
- ADH
- Eine direkte Messung ist im Allgemeinen nicht erforderlich, da die einfach zu bestimmende Urinosmolalität die ADH-Wirkung anzeigt.13
- Serum-Osmolalität
- Einteilung: hypoton < 275 mOsm/kg, isoton 275–295 mOsm/kg, hyperton > 295 mOsm/kg
- Differenzierung zwischen
- hypotoner („echter") Hyponatriämie
- hypertoner (v. a. bei Hyperglykämie) oder isotoner (v. a. bei Hyperlipidämie, Hyperproteinämie) „Pseudohyponatriämie" ohne Korrekturbedarf14
Urin
- Urin-Osmolalität (Einteilung: < 100 mOsm/kg vs. > 100 mOsm/kg)
- Urin-Osmolalität > 100 mosmol/kg zeigt bei Hyponatriämie eine inadäquate ADH-Sekretion an (physiologisch sollte bei Hyponatriämie kein ADH sezerniert und damit verdünnter Urin ausgeschieden werden).7
- Urin-Osmolalität < 100 mosmol/kg ist eng mit primärer Polydipsie assoziiert.16
- Natrium im Urin (Einteilung < 30 mmol/l vs. > 30 mmol/l)
- Messung im Spontanurin
- Na i. U. < 30 mmol/l ist ein Hinweis für renale Minderperfusion.7
- Na i. U. > 30 mmol/l bei Diuretikaeinnahme, Salzverlustsyndrom, SIADH, Nebenniereninsuffizienz, Hypothyreose
- Albumin-/Kreatinin-Ratio oder Protein-/Kreatinin-Ratio im Spoturin oder Morgenurin
- indiziert bei V. a. Proteinurie/nephrotisches Syndrom
Sonografie
- Beurteilung des Volumenstatus (Weite der V. cava inferior, Pleurergüsse, Aszites)
Diagnostischer Algorithmus
- Folgender Algorithmus wird – basierend auf Laborwerten und der Beurteilung des Volumenstatus – zur Abklärung einer Hyponatriämie empfohlen:1,16
- 1. Messung des Natriums i. S. und Feststellung einer Hyponaträmie
- 2. Messung der Plasmaosmolalität, Bestätigung einer hypotonen („echten") Hyponatriämie (< 275 mosmol/kg)
- Ggf. alternativ Nachweis einer hypertonen oder isotonen Hyponatriämie (z. B. bei schwerer Hyperglykämie, Hyperlipidämie, Hyperproteinämie), die keiner Elektrolytkorrektur bedürfen.4
- 3. Messung der Urin-Osmolalität, Bestätigung einer erhöhten Urin-Osmolalität > 100 mOsm/kg (indirekter Nachweis erhöhter ADH-Sekretion)
- alternativ Nachweis einer niedrigen Urisn-Osmolalität < 100 mosm/kg mit DD Polydipsie, diätetischer Salzmangel, Bierpotomanie4
- 4. Messung der Natriumkonzentration i. U. (Spontanurin)
- Na i. U. < 30 mmol/l (Hinweis für renale Minderperfusion)
- klinisch Hypovolämie
- klinisch Hypervolämie
- DD Herzinsuffizienz, Leberinsuffizienz, nephrotisches Syndrom
- Na i. U. > 30 mmol/l
- Diuretikaeinnahme oder Nierenkrankheit/-insuffizienz
- DD Diuretikawirkung, renales Salzverlustsyndrom
- keine Diuretikaeinnahme oder Nierenkrankheit/-insuffizienz
- klinisch Hypovolämie
- DD primäre Nebenniereninsuffizienz, zerebrales Salzverlustsyndrom
- klinisch Normovolämie
- DD SIADH, sek. Nebenniereninsuffizienz, Hypothyreose
- klinisch Hypovolämie
- Diuretikaeinnahme oder Nierenkrankheit/-insuffizienz
- Na i. U. < 30 mmol/l (Hinweis für renale Minderperfusion)
SIADH
- SIADH ist die häufigste Ursache einer Hyponatriämie (ca. 1/3 der Fälle).4
- Allerdings wird die Diagnose insgesamt zu häufig gestellt.4
- Vor der Diagnose eines SIADH sollen andere mögliche Ursachen ausgeschlossen werden.1
- Diagnosekriterien für ein SIADH1-2
- Hyponatriämie < 135 mmol/l
- Plasma-Hypoosmolalität < 275 mOsm/kg
- Urin-Osmolalität > 100 mOsm/kg
- Normovolämie
- Urin-Natrium >30 mmol/l (unter normaler NaCl-Zufuhr)
- Ausschluss Niereninsuffizienz, Nebenniereninsuffizienz und Hypothyreose
- Es gibt zahlreiche mögliche Auslöser eines SIADH, u. a. Medikamente (häufig), Malignome, pulmonale und neurologische Erkrankungen.2
Indikationen zur Krankenhauseinweisung
- Bei schwerer Symptomatik (starkes Erbrechen, Bewusstseinsstörung, Krampfanfälle) sofortige stationäre Einweisung zur intensivmedizinischen Behandlung
Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Für die Behandlung der Hyponatriämie sollten folgende Kriterien (in absteigender Priorität) beachtet werden:4
- Schweregrad der neurologischen Symptomatik
- Manifestationsdauer (akut oder chronisch)
- laborchemische Ausprägung
- Auslöser.
Akute symptomatische Hyponatriämie
- Eine unmittelbare Behandlung ist erforderlich bei:7
- vital bedrohlichen Symptomen (Hirndruckzeichen)
- akuter, ausgeprägter Abfall (nachweislich in < 48 h) der Natriumkonzentration mit Symptomen
- Bei schweren Symptomen initiale Therapie mit Infusion von 150 ml 3 % Kochsalzlösung über 20 min2
- gleiche Behandlung bei akutem (< 48 h) Auftreten mit moderaten Symptomen wegen Gefahr der Verschlechterung2
- Anstieg des Natriumspiegels max. 10 mmol/l in den ersten 24 Stunden wegen der Gefahr einer pontinen Myelinolyse2
- Sekundäre Hirnschädigung durch Hypoxie, Hyperkapnie oder Hypotension sollte durch intensivmedizinische Maßnahmen verhindert werden.7
Chronische Hyponatriämie
- Bei chronischem Verlauf sollte möglichst bis zur Klärung der Ursache auf hypertone NaCl-Gaben verzichtet werden.16
- Absetzen bzw. Substitution von Medikamenten, die eine Hyponatriämie auslösen können.
- Häufig ist die Beendigung einer Thiazidtherapie bereits wirkungsvoll.7
- Therapie der Grunderkrankung bei hypervolämer Hyponatriämie (Herzinsuffizienz, chronische Nierenkrankheit/Niereninsuffizienz/nephrotisches Syndrom, Leberinsuffizienz)2
- Eine leichte bis mäßige Hyponatriämie im Kontext einer Hypervolämie ist nicht zwingend behandlungsbedürftig.16
- Bei Exsikkose Korrektur des Volumendefizits durch Gabe von isotoner Kochsalzlösung2
- Therapieoptionen bei normovolämischer Hyponatriämie (vor allem SIADH)1-2,4
Komplikationen, Verlauf und Prognose
Komplikationen
- Hirnödem und Herniation des Hirnstamms
- Pontine Myelinolyse bei zu rascher Korrektur des Natriumspiegels
Verlauf und Prognose
- Hyponatriämie ist mit erhöhter Morbidität, Krankenhausverweildauer und Mortalität verbunden.2,11,16
- Ohne angemessene Behandlung signifikant erhöhte Letalität bei schwerer, symptomatischer Hyponatriämie
- Bei pontiner Myelinolyse variable Prognose von Erholung bis zu schweren neurologischen Schäden/Tod, über die Hälfte der Patient*innen mit ungünstigem Verlauf16
- Patient*innen mit umfassender Diagnostik (einschl. Serum-Osmolalität, Urin-Osmolalität, Urinnatrium) haben eine signifikant höhere Rate erfolgreich korrigierter Hyponatriämien.7
- Die Korrektur einer Hyponatriämie führt zu einer verbesserten Prognose.7
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Leitlinien
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Autor*innen
- Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
Frühere Autor*innen
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, redaktør NEL