Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis)

Bei der Thyreoiditis handelt es sich um eine Entzündung der Schilddrüse (Thyreoidea), die unterschiedliche Ursachen und Verläufe (akute, subakute und chronische) haben kann.

Was ist die Schilddrüse?

Schilddrüse (Thyreoidea)

Die Schilddrüse ist eine wichtige Hormondrüse des menschlichen Körpers. Sie befindet sich am Hals direkt unterhalb des Kehlkopfs und vor der Luftröhre. Die Schilddrüse produziert die Hormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Ihre hauptsächliche Funktion besteht in der Regulierung des Körperstoffwechsels mithilfe der genannten Hormone.

Häufigkeit

Frauen erkranken häufiger an Schilddrüsenentzündungen als Männer. Etwa 5 % der Bevölkerung in Deutschland sind von einer Autoimmunthyreoiditis betroffen, wobei die Hashimoto-Thyreoiditis häufiger ist als Morbus Basedow.

Ursachen der Thyreoiditis

Die Thyreoiditis ist eine häufige Schilddrüsenerkrankung. Es handelt sich um eine Entzündung der Schilddrüse, die unterschiedliche Ursachen und Verläufe haben kann.

Autoimmunreaktionen

Sie kann auf Autoimmunreaktionen beruhen, das heißt, die körpereigene Abwehr greift die Zellen in der Schilddrüse an. Man unterscheidet verschiedene Untergruppen von Autoimmunentzündungen der Schilddrüse:

  • Die häufigste ist die sog. Hashimoto-Thyreoiditis, eine chronische Schilddrüsenentzündung, die in Deutschland heutzutage die häufigste Ursache der Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) ist. Oft verläuft die Erkrankung unbemerkt über Jahre, insbesondere wenn noch keine oder nur eine latente Schilddrüsenunterfunktion besteht. Die Hashimoto-Thyreoiditis kann außerdem von anderen Autoimmunerkrankungen begleitet werden, z. B. vom Typ-1-Diabetes.
  • Eine ähnliche Form ist die langsam verlaufende, lymphozytäre Thyreoiditis, die die gleichen Antikörper aufweist, jedoch in niedrigerem Titer, meist unbemerkt verläuft und in der Regel folgenlos ausheilt. Es kommt eine Phase der Unterfunktion vor, die einige Monate anhalten kann, dann aber von alleine wieder in die Normalfunktion zurückgeht. Hier ist die Unterscheidung zum Hashimoto wichtig, um nicht lebenslang unnötigerweise Schilddrüsenhormone einzunehmen. 
  • Auch infolge einer Schwangerschaft kann es zu einer Entzündung der Schilddrüse kommen (subakute, postpartale Thyreoiditis), diese ähnelt der lymphozytären Thyreoiditis und klingt ebenfalls meist spontan folgenlos ab.
  • Morbus Basedow führt dagegen zu einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose).

Virusinfektionen

Weitere Ursachen einer Schilddrüsenentzündung können virale oder sehr selten auch bakterielle Infektionen sein. Auch die subakute Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis de Quervain) wird wahrscheinlich durch Virusinfektionen ausgelöst.

Medikamente/Bestrahlung

Darüber hinaus kommen eine vorangegangene Bestrahlung des Halses, eine Schilddrüsenpunktion, eine Radiojodtherapie ebenso wie einige Medikamente (Amiodaron, Lithium, Interferon) als Krankheitsauslöser infrage.

Symptome

Die Symptome können je nach zugrunde liegender Krankheitsursache variieren. Einige Patient*innen zeigen lokale Symptome wie Schwellungen und Empfindlichkeit im Halsbereich. Bei anderen kommt es zu Fieber und einem allgemeinen Krankheitsgefühl. Viele Betroffene haben allerdings nur mäßige Beschwerden.

Bei vielen Patient*innen hat die Thyreoiditis Auswirkungen auf die Stoffwechselaktivität. In manchen Fällen lassen sich in der Frühphase erhöhte Schilddrüsenwerte im Blut nachweisen (vorübergehende Phase der Überfunktion). Dies kann zu Gewichtsverlust, Zittern, Schwitzen, Ruhelosigkeit und einem beschleunigten Puls führen. Im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf hingegen lassen sich oftmals niedrige Schilddrüsenhormonwerte im Blut feststellen (Phase der Unterfunktion). Mögliche Folgen sind unregelmäßige Menstruationszyklen, eine Tendenz zum Frieren, Heiserkeit, Verstopfung, Gelenkschmerzen und Hautschwellungen. Nicht alle Betroffenen bemerken eine Überfunktion und nicht alle kommen in eine Unterfunktion; viele Patient*innen mit einer Schilddrüsenentzündung bleiben in einer normalen Schilddrüsenfunktion, der Hashimoto neigt jedoch dazu, in eine dauerhafte Unterfunktion überzugehen. 

Diagnostik

Die Diagnosestellung erfolgt anhand von Symptomen und Blutwerten. Der Befund zeigt abweichende Werte für das Schilddrüsenhormon Thyroxin (FT4) und TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon). In Einzelfällen ist die Schilddrüse druckempfindlich. Bei einer bestimmten Variante der Schilddrüsenentzündung (eitrige Thyreoiditis) sind die Entzündungswerte (Blutsenkungsgeschwindigkeit, CRP) erhöht. Die Thyroxinwerte können erhöht, niedrig oder normal sein. Bei vielen Patient*innen lassen sich im Blut Antikörper gegen die Schilddrüse nachweisen.

Ist der Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung aufgrund der Symptome und Blutwerte gestellt, kann ein Schilddrüsenultraschall eingesetzt werden, um die einzelnen Formen der Schilddrüsenentzündung weiter zu unterscheiden. Bei unklaren Befunden kann zusätzlich eine Feinnadelpunktion der Schilddrüse durchgeführt werden, bei der Gewebeproben zur weiteren Untersuchung gewonnen werden. In einigen Fällen ist bei einer Schilddrüsenüberfunktion eine Szintigrafie zur Abklärung der Ursache sinnvoll.

Therapie

Die Behandlung der Thyreoiditis richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache und den Symptomen. Ist der Schilddrüsenhormonwert erniedrigt bzw. TSH erhöht und verursacht dies Beschwerden (Unterfunktion), werden Ihnen Thyroxintabletten verschrieben. Leiden Sie unter starkem Zittern und beschleunigtem Puls in der Phase der Überfunktion, können Sie Betablocker zur Linderung der Symptome erhalten. Bei Schmerzen im Bereich der Schilddrüse können Sie vorübergehend Schmerzmittel einnehmen.

Bei einer bestimmten Form der Thyreoiditis, die mit schweren Allgemeinsymptomen einhergehen kann, kann eine Kortisongabe in Betracht gezogen werden. Eine bakterielle Schilddrüsenentzündung wird mit Antibiotika behandelt.

Prognose

Die Prognose ist insgesamt gut. Je nach Variante der Thyreoiditis kann der voraussichtliche Krankheitsverlauf vorhergesagt werden. Häufig kommt es zu vorübergehenden Störungen der Schilddrüsenfunktion. Viele Schilddrüsenentzündungen heilen von allein aus. Die Hashimoto-Thyreoiditis geht jedoch häufig in eine dauerhafte Schilddrüsenunterfunktion über, die eine lebenslange Behandlung mit Thyroxintabletten erforderlich macht.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden
  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Thyreoiditis. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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