Postoperative Wundinfektionen

Wundinfektionen sind relativ häufige Komplikationen nach operativen Eingriffen im Krankenhaus.

Was sind Wundinfektionen?

Bei Operationen ist es trotz höchster Hygienemaßnahmen nicht möglich, völlige Keimfreiheit zu erreichen. Grundsätzlich können sich zum einen die „Wunden“ im Körper als auch die Hautnähte entzünden. Meist besiedeln dann Bakterien der Umgebung die Wunden. Ist jedoch z. B. der Darm schon vor dem Eingriff infiziert oder liegen nach einem Unfall oder Tierbiss offene, verunreinigte Hautwunden vor, sind von vornherein Keime vorhanden. In solchen Fällen ist das Risiko einer Wundinfektion sehr hoch; entsprechende vorbeugende Maßnahmen werden getroffen.

Insgesamt aber kommt es nicht häufig zu Wundinfektionen nach einer Operation. Studien zufolge entwickelt sich in Deutschland bei etwa 4,6 % der Patient*innen während des Klinikaufenthalts eine Infektion, wovon Wundinfektionen nach einer Operation 22,4 % ausmachen.

Ursachen

Mehrere Faktoren sind entscheidend dafür, ob es zu einer Infektion kommt. Der Allgemeinzustand der behandelten Person ist ein wichtiger Aspekt: Patient*innen mit mehreren Grunderkrankungen, allgemein geschwächte und/oder mangelernährte Personen oder Menschen mit geschwächtem Immunsystem haben ein höheres Risiko für Wundinfektionen. Allerdings schwächt jede größere Operation die Abwehrkräfte des Körpers, sodass auch bei sonst Gesunden eine Operation mit einem erhöhten Risiko für Entzündungen einhergeht.

Weiterhin spielt es eine Rolle, an welcher Körperregion die Operation durchgeführt wird. Bei Operationen im Bauchraum kommt es häufiger zu anschließenden Wundinfektionen als bei anderen Eingriffen. Dies gilt insbesondere bei Notfalloperationen aufgrund von Blutungen oder bei Magen- oder Darmdurchbrüchen. In diesen Fällen besteht ein hohes Risiko, dass sich Bakterien sowohl vor als auch während und nach dem Eingriff ausbreiten. Je steriler, also „reiner“ das Verfahren ist und das ärztliche Personal arbeitet, desto geringer ist die Gefahr einer Wundinfektion. Auch Operationen, die mehrere Stunden lang dauern, erhöhen das Risiko einer bakteriellen Verunreinigung.

Es ist immer eine Herausforderung für Chirurg*innen, den Eingriff so schonend und keimarm wie möglich durchzuführen, um unter anderem eine spätere Infektion zu verhindern. Die Haut und andere Körpergewebe sollen bei operativen Eingriffen so wenig wie möglich beschädigt werden. Die Wunde sollte mit einer geeigneten Anzahl von Stichen geschlossen werden. Manchmal eignen sich Tapes oder Klammern besser zum Wundverschluss als eine Naht.

Symptome

Typische Anzeichen sind zunehmende Schmerzen im Bereich der Wunde und möglicherweise Fieber. Nach und nach kommt es zu Schwellungen, Rötungen, lokaler Erwärmung und möglicherweise einem Nässen der Wunde. Wenn sich eine Infektion entwickelt hat, muss möglicherweise ein Teil der Naht geöffnet werden, damit Eiter aus der Wunde ablaufen kann.

Behandlung

Bei oberflächlichen Wunden schaffen es die körpereigenen Abwehrkräfte meist, eine Wundinfektion zu verhindern. Daher richtet sich die Behandlung darauf, die körpereigenen Abwehrkräfte zu stärken und die Belastung des Körpers infolge der Wundinfektion zu reduzieren. Dazu wird die Wunde gründlich gereinigt und regelmäßig kontrolliert. Der Körperteil, der infiziert ist, muss ruhiggestellt und hochgelagert werden, möglicherweise muss Bettruhe eingehalten werden.

Wenn nötig, kann die Wunde geöffnet werden, damit Eiter und Wundsekret ablaufen können. Manchmal muss nur ein Teil der Naht geöffnet werden, in anderen Fällen ist eine größere Öffnung erforderlich. Häufig wird dann ein Drainageschlauch eingesetzt, damit Eiter ablaufen kann. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich die Wunde zu schnell verschließt und das Wundsekret eingeschlossen wird.

Manchmal ist der Einsatz von Antibiotika notwendig, um Bakterien abzutöten. Antibiotika werden meist in Tablettenform verabreicht, bei schweren Infektionen erfolgt die Antibiotikagabe auch als Infusion direkt in den Blutkreislauf. Wenn feststeht, welche Bakterien die Infektion verursacht haben, kann zu einem besser geeigneten Antibiotikum gewechselt werden.

Manchmal ist bereits während der Operation klar, dass ein hohes Risiko für eine  Wundinfektion besteht. Dies gilt vor allem bei verunreinigten Verletzungen nach einem Unfall oder einem Tierbiss. In diesem Fall kann bereits eine prophylaktische Behandlung mit Antibiotika hilfreich sein.

Ein routinemäßiger Verbandwechsel sollte frühestens nach 24–48 Stunden unter sterilen Bedingungen erfolgen. Die Wundheilung wird regelmäßig kontrolliert.

Prognose

Eine Wundinfektion verzögert den Heilungsprozess und kann in einigen Fällen den Krankenhausaufenthalt verlängern. Eine Infektion kann dazu führen, dass die Operationsnarbe eine Zeit lang größer und auffälliger ist als sonst üblich. In schweren Fällen, wenn die Infektion den gesamten Blutkreislauf erfasst, kann sich eine lebensbedrohliche Sepsis (Blutvergiftung) entwickeln. Dies betrifft aber vor allem Patient*innen, die bereits vorher schwer erkrankt und geschwächt waren.

Weitere Informationen

Autor*innen

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien
  • Susanne Meinrenken, Dr. med., Medizinjournalistin, Bremen

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Postoperative Wundinfektion. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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