Präoperative Beurteilung vor der Anästhesie

Allgemeine Informationen

Definition

  • Hauptziele der präoperativen Beurteilung
    • Patientenspezifische Risiken erkennen und minimieren.
    • Perioperative Komplikationen reduzieren.
    • Perioperative Morbidität und Mortalität senken.1-2
  • Kardiovaskuläre Komplikationen sind die häufigsten Ursachen für perioperative Morbidität und Mortalität.
  • Das Risiko eines perioperativen kardialen Ereignisses hängt vom präoperativen klinischen Zustand der Patient*innen, dem Vorliegen von Begleiterkrankungen sowie der Größe und Dauer des chirurgischen Eingriffs ab.3
  • Weitere beeinflussbare Risikofaktoren für postoperative Morbidität und Mortalität sind:

Häufigkeit

  • Ein großer chirurgischer Eingriff geht mit einer Inzidenz eines kardialen Todes von 0,5–1,5 % einher. Die lnzidenz nichttödlicher kardialer Ereignisse liegt zwischen 2,0 und 3,5 %.10

Vorgehen

  • Der Umfang der Diagnostik sollte den Erkrankungen der Patient*innen und der Art des Eingriffes individuell angepasst werden.
  • Auch die Entscheidung, ob eine Operation ambulant oder stationär erfolgen sollte, hängt von der Art der Operation, den Vorerkrankungen der Patient*innen und deren momentanem Gesundheitszustand ab.
    • Auch bei einem zahnärztlich-chirurgischem Eingriff ist präoperativ eine Nutzen-Risiko-Analyse (Blutungsrisiko versus Thrombembolierisiko) durchzuführen.11
  • Für die präoperative Risikoevaluation sind Anamnese und körperliche Untersuchung die stärksten Prädiktoren für das Auftreten perioperativer Komplikationen.1
  • Um eine Reduktion des perioperativen Risikos sowohl wirksam für die Patient*innen als auch ohne Gefährdung des Operationsplans durchführen zu können, sollte die Risikobeurteilung in einem ausreichenden zeitlichen Abstand zum geplanten Operationstermin – jedoch nicht länger als 6 Wochen davor – stattfinden.1-2
  • Die Risikobewertung basiert auf:
    • Anamnese einschl. Blutungsanamnese
    • körperlicher Untersuchung
    • Ermittlung der körperlichen Belastbarkeit
    • Ermittlung des Ernährungsstatus (z. B. mit NRS 2002)2
    • ggf. ergänzenden Untersuchungen bei Hinweis auf relevante Vorerkrankungen.1

Abschätzung des perioperativen kardialen Risikos

  • Grundlage zur Entscheidung für oder gegen eine erweiterte präoperative Diagnostik
  • Basiert im Wesentlichen auf den folgenden 4 Faktoren.2
1. Vorliegen einer akut symptomatischen Herzerkrankung?
  • Verschiebung der (elektiven) OP notwendig
  • Instabile Koronarsyndrome
  • Dekompensierte Herzinsuffizienz NYHA IV oder Symptomverschlechterung oder Erstmanifestation der Herzinsuffizienz
  • Signifikante Arrhythmien
    • höhergradiger AV-Block (Mobitz II, AV-Block III°)
    • symptomatische Herzrhythmusstörung
    • supraventrikuläre Arrhythmie (inkl. Vorhofflimmern) mit schneller
    • Überleitung > 100/min
    • symptomatische Tachykardie
    • neue ventrikuläre Tachykardie
  • Relevante Herzklappenerkrankung
    • schwere Aortenstenose (Gradient > 40 mmHg, AÖF < 1 cm2 oder symptomatisch)
    • schwere Mitralstenose (fortschreitende Belastungsdyspnoe, Belastungssynkopen oder Zeichen der Herzinsuffizienz)
2. Kardiales Risiko des operativen Eingriffs
  • Kleine Eingriffe wie Augen-, Schilddrüsen-, kleine orthopädische Gelenkoperationen oder Zahneingriffe, kleinere gynäkologische oder urologische Eingriffe oder auch die Karotis-OP bei asymptomatischen Patient*innen haben ein Risiko unter 1 %.
    • So sagt die amerikanische opthalmologische Gesellschaft, dass keine präoperativen medizinischen Tests vor Augenoperationen durchgeführt werden sollen, außer wenn es spezielle Indikationen hierfür gibt (Choosing Wisely).12
  • Ein mittleres Risiko zwischen 1 % und 5 % besteht bei:
    • einer abdominellen OP: Splenektomie, Hiatushernie-OP, Cholezystektomie
    • einer symptomatischen Karotis-OP (CEA, CAS)
    • einer perkutanen transluminalen Angioplastie
    • endovaskulärer Aneurysmaausschaltung
    • Kopf- und Halschirurgie
    • einer großen neurochirurgischen/orthopädischen OP (Hüft- oder Rückenmarkchirurgie)
    • einer großen urologischen oder gynäkologischen OP
    • Nierentransplantation
    • kleinen intrathorakalen Eingriffen.
  • Ein Risiko über 5 % besteht bei:
    • Aorten- und anderen größeren Gefäßoperationen
    • offener Revaskularisation oder Amputation der unteren Extremität
    • Duodenal-/Pankreas-OP, Leberresektion, Gallengangschirurgie
    • Ösophagektomie
    • OP eines Darmdurchbruchs
    • Nebennierenresektion
    • radikaler Zystektomie
    • Pneumonektomie
    • Lungen- oder Lebertransplantation.2
3. Vorliegen kardialer Risikofaktoren bei Patient*innen
4. Belastbarkeit von Patient*innen
  • Ausreichende Belastbarkeit: ≥ 4 metabolische Äquivalente (MET) (> 100 W)
  • Schlechte Belastbarkeit: < 4 MET (< 100 W)2
    • 1 MET: Essen, sich anziehen, im Haus umherlaufen, lesen.
    • 2–3 MET: Gehen auf ebenem Grund, leichte Hausarbeit
    • 4 MET: Schwere Hausarbeit, schwere Möbel verschieben, einige Treppen laufen, mäßiger Ausdauersport.

Spezielle Verhaltensregeln

  • Elektive Eingriffe vermeiden bei Patient*innen:
    • mit Myokardinfarkt in den letzten 3 Monaten
    • nach Koronarintervention mit BMS 3 Monate, mit DES 12 Monate2
    • mit diastolischen Blutdruckwerten > 110 mmHg
    • während der Schwangerschaft, insbesondere im 1. Trimenon
    • Mit Symptomen, die präoperativ behandelt werden können.

Nüchternheit

  • Präoperative Nüchternheit bei Nicht-Risiko-Patient*innen reduziert das Aspirationsrisiko bei elektiven Operationen.
    • Zufuhr von Flüssigkeit bis 2 Stunden und vor dem Eingriff13
    • Zufuhr von Nahrung bis 6–8 Stunden vor dem Eingriff13
    • Zufuhr von Muttermilch bis 4 Stunden vor dem Eingriff14-15
  • Keine Erhöhung des Aspirationsrisikos bei Einnahme von peroraler Prämedikation mit einem Schluck Wasser 1 Stunde vor der Anästhesie

Anamnese

Erkrankungen/Symptome erfassen

  • Erfassung früherer und aktueller Erkrankungen und Symptome
  • Erfassung von Informationen zu bereits durchgeführten Operationen/Anästhesien und ggf. damit verbundenen Komplikationen
    • Narkosezwischenfälle, z. B.:
      • verzögertes Aufwachen
      • Übelkeit, Erbrechen
      • maligne Hyperthermie (Familienanamnese).
    • Intubationsprobleme
    • Allergien
    • vermehrte Blutungsneigung
    • Reaktionen auf Bluttransfusionen1
  • Blutungsanamnese, z. B:
    • anamnestische Blutgerinnungsstörungen
    • verstärktes Nachbluten nach Zahnextraktion
    • Wundheilungsstörungen
    • familiäre Blutungsstörungen
    • Einnahme gerinnungsaktiver Medikamente.1
  • Erfragen einer neu aufgetretenen oder Verschlechterung vorbestehenden Dyspnoe
    • wichtig zur Evaluation einer notwendigen erweiterten kardialen Diagnostik
  • Bei nicht ansprechbaren Patient*innen sollten Informationen von betreuenden Ärzt*innen und aus dem familiären Umfeld erfragt werden.

Einschätzung des Risikoprofils der Patient*innen

  • ASA-Klassifikation (American Society of Anesthesiologists)16
    • ASA I: normale, gesunde Patient*innen
    • ASA II: Patient*innen mit leichter Allgemeinerkrankung
    • ASA III: Patient*innen mit schwerer systemischer Erkrankung
    • ASA IV: Patient*innen mit schwerer bedrohlicher Erkrankung
    • ASA V: moribunde Patient*innen, schlechte Überlebenschance
    • ASA VI: hirntote Patient*innen, z. B. Organspender*innen
  • Bestimmung der funktionellen Leistungskapazität, gemessen in metabolischen Äquivalenten (MET)10
    • 1 MET: Essen, sich anziehen, im Haus umherlaufen, lesen.
    • 2–3 MET: Gehen auf ebenem Grund, leichte Hausarbeit.
    • 4 MET: Schwere Hausarbeit, schwere Möbel verschieben, einige Treppen laufen, mäßiger Ausdauersport.
  • Die Bestimmung des MET hilft bei der Entscheidung, ob präoperativ weitere kardiologische Belastungstest durchgeführt werden sollten.

Untersuchung

Körperliche Untersuchung

  • Untersuchung des Herzkreislaufsystems, z. B.:
    • Herztöne
    • Herzgeräusche
    • Herzfrequenz
    • Rhythmus
    • Pulsdefizit
    • Blutdruckmessung
    • Beinödeme.1
  • Untersuchung der Lungen, z. B.:
    • Atemgeräusch
    • Dämpfung des Klopfschalls
    • Rasselgeräusche
    • Lippenzyanose.1
  • Untersuchung der Atemwege hinsichtlich Intubation/Regionalanästhesie, z. B.:
    • Größe der Mundöffnung
    • Zahnstatus
    • Beweglichkeit der HWS
    • Halsumfang.1
  • Untersuchung der Wirbelsäule bei geplanter Spinal- oder Epiduralanästhesie
  • Untergewicht? Mangelernährung?

Weitere Untersuchungen

  • Bei jeder neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung zusätzlich durchgeführten Diagnostik stehen einem möglichen Informationsgewinn der hierdurch entstehende Aufwand und die fragliche Relevanz für den perioperativen Verlauf gegenüber. Von routinemäßigen Untersuchungen wird zunehmend abgeraten.1
  • Qualitativ hochwertige Studien zeigen keine Evidenz für eine routinemäßige präoperative Diagnostik bei gesunden, nicht kardiologischen Patient*innen.17

Röntgen-Thorax

  • Keine Evidenz für eine Reduktion von Morbidität und Mortalität bei routinemäßiger Röntgenuntersuchung1,18
  • Altersunabhängig, nur bei V. a. Erkrankungen mit möglichen Konsequenzen für das perioperatives Vorgehen

Lungenfunktionsdiagnostik

  • Bei akuter pulmonaler Erkrankung
  • Bei Thoraxeingriffen und großen Oberbaucheingriffen empfohlen2
  • Ob präoperative Lungenfunktionstests die pulmonale Risikoevaluation vor nichtthoraxchirurgischen Eingriffen verbessern, bleibt laut aktueller Studienlage ungeklärt.19

EKG

  • Altersunabhängig, nur bei eindeutiger Indikation1,20
    • Eingriffe mit hohem kardialem Risiko auch bei kardial asymptomatischen Patient*innen, z. B.:
      • große arterielle Gefäßchirurgie
      • intrathorakale/intraabdominelle Chirurgie
      • Prostatachirurgie
      • Operationen im Kopf-Hals-Bereich
      • Mammachirurgie.1
    • bei mehr als einem kardialen Risikofaktor und Eingriffen mit mittlerem Risiko, z. B.:
      • Prostatachirurgie
      • intrathorakale/intraabdominelle Chirurgie
      • orthopädische Chirurgie.1
    • Patient*innen mit:
      • klinischen Symptomen einer ischämischen Herzerkrankung
      • Herzrhythmusstörungen
      • Herzklappenerkrankungen
      • Herzvitien
      • Herzinsuffizienz
      • implantiertem Defibrillator (Automatic Implantable Cardioverter Defibrillator, AICD).1-2
  • Kein präoperatives EKG bei Patient*innen mit Herzschrittmachern ohne klinische Symptome und Einhaltung regelmäßiger ärztlicher Schrittmacherkontrolltermine1

Echokardiografie

  • Echokardiografie
    • bei neu aufgetretener Dyspnoe
    • bei Patient*innen mit bekannter Herzinsuffizienz10und Verschlechterung der Symptomatik innerhalb der letzten 12 Monate2
    • bei nicht bekannten bzw. nicht abgeklärten Herzgeräuschen vor Eingriffen mit einem mittleren oder hohen kardiovaskulären Risiko1,21
    • Für die routinemäßige präoperative Ruhe-Echokardiografie bei asymptomatischen Patient*innen vor Hochrisikoeingriffen gibt es keine Evidenz zum Nutzen, dennoch sollte sie in Erwägung gezogen werden.2

Sonografie der Halsgefäße

  • Bei Patient*innen mit symptomatischer Karotisstenose, stattgehabtem Apoplex oder transitorisch ischämischer Attacke sowie vor gefäßchirurgischen Operationen sollte eine Sonografie der Karotiden erfolgen, da diese Personen ein erhöhtes Risiko für ein perioperatives zerebrovaskuläres Ereignis aufweisen.1
  • Bei asymptomatischen Patient*innen ergibt die präoperative Sonografie der Halsgefäße keine Risikoverringerung eines perioperativen ischämischen Ereignisses und ist daher nicht empfohlen.2
  • Nach einer zerebralen ischämischen Attacke sollte der Abstand zu einer elektiven Operation mindestens 6 Monate betragen.
  • Patient*innen, die in den letzten 6 Monaten Symptome hatten, die auf eine Stenose der A. carotis hinweisen (ipsilateraler Hirninfarkt, ipsilaterale transitorische ischämische Attacke [TIA] oder ipsilaterale retinale Ischämie) sollten präoperativ einer Diagnostik (meist Sonografie) und einer sich evtl. daraus ergebenden Therapie zugeführt werden.2

Erweiterte kardiale Diagnostik

  • Die Durchführung nichtinvasiver kardialer Belastungstests erscheint nach derzeitiger Kenntnis lediglich sinnvoll:
    • bei Patient*innen mit ≥ 3 klinischen Risikofaktoren und eingeschränkter (< 4 MET) bzw. unbekannter Belastbarkeit vor einer Hochrisikooperation
    • Kann erwogen werden:
      • bei Patient*innen mit 1–2 klinischen Risikofaktoren und eingeschränkter (< 4 MET) bzw. unbekannter Belastbarkeit vor einer Operation mit mittlerem oder hohem kardialen Risiko.
  • Keine Indikation zur Durchführung einer erweiterten kardialen Diagnostik wird derzeit gesehen:
    • bei Patient*innen vor Operationen mit niedrigem kardialem Risiko unabhängig vom Vorliegen kardialer Risikofaktoren.2
  • Eine präoperative Koronarangiografie wird derzeit nur bei Patient*innen mit nachgewiesener myokardialer Ischämie und bei Personen mit medikamentös therapierefraktärem Thoraxschmerz empfohlen, sofern der Eingriff verschiebbar ist.2
  • Möglicherweise profitieren jedoch auch Patient*innen mit hohem kardialem Risiko vor großer Gefäßchirurgie bzw. Patient*innen vor Karotis-Thrombendarteriektomie von einem primär invasiven diagnostischen und ggf. therapeutischem Vorgehen (elektive Koronarangiografie).2

Laboruntersuchungen

  • Routinemäßige oder durch das Patientenalter begründete Laboruntersuchungen sind nicht sinnvoll.1
  • Indikationen
    • bei bekannten Organerkrankungen
    • bei durch Anamnese und/oder körperlicher Untersuchung begründetem Verdacht auf Organerkrankungen1
    • präoperative diagnostische oder therapeutischer Maßnahmen mit Störung der Homöostase, z. B.:
      • Kalium bei präoperativ durchgeführten Darmspülungen.
    • bei Gefahr eines hohen Blutverlustes
    • Kontrolle potenzieller Arzneimittelnebenwirkungen, z. B.:
  • Bei V. a. Herz/Lungen-Erkrankungen2
  • Bei V. a. Lebererkrankungen
  • Bei V. a. Nierenerkrankungen
    • Hämoglobin
    • Natrium/Kalium
    • Kreatinin
  • Bei V. a. Bluterkrankung
    • Hämoglobin
    • Leukozyten
    • Thrombozyten
    • Natrium/Kalium
    • Kreatinin2
  • Nüchtern-Blutzucker
    • Diabetes mellitus: relevanter perioperativer Risikofaktor, daher Bestimmung des Nüchtern-BZ
      • vor Hochrisikoeingriffen (Aortenchirurgie und große periphere arterielle Gefäßeingriffe)
      • bei Vorliegen weiterer kardialer Risikofaktoren
      • bei Patient*innen mit Übergewicht (BMI > 30 kg/m2)1-2
  • Gerinnungsdiagnostik
    • nur bei entsprechender Medikamentenanamnese (z. B. Cumarin- oder Heparintherapie)
    • bei positiver Blutungsanamnese (gemäß standardisierter Blutungsanamnese)
    • präoperative Laboruntersuchungen (z. B. D-Dimere) sind nicht hilfreich zur Vorhersage von postoperativen venösen Thromboembolien. Sie sollen daher nicht eingesetzt werden.22

Präoperativer Umgang mit Dauermedikationen

Orale Kontrazeptiva (Kombipillen)

  • Präoperative Einnahme führt zu einem erhöhten Risiko einer postoperativen Venenthrombose insbesondere bei:
    • orthopädischen Eingriffen
    • Eingriffen an den unteren Extremitäten
    • lang dauernden Operationen
    • verzögerter postoperativer Mobilisation.
  • Absetzen der oralen Kontrazeptiva mehrere Wochen vor geplanten chirurgischen Eingriffen wird nicht empfohlen, stattdessen erfolgt eine Thromboseprophylaxe.

Minipille (Gestagene)

  • Hat kein erhöhtes Thromboserisiko zur Folge und muss daher vor chirurgischen Eingriffen nicht abgesetzt werden.

Postmenopausale Hormonersatztherapie mit Östrogenen

  • Das Risiko für Thromboembolien ist im 1. Jahr der Behandlung leicht erhöht.
  • Für die Risiken bei chirurgischen Eingriffen bei Absetzen der Therapie gibt es keine Evidenz.
  • In der Regel erfolgt eine Thromboseprophylaxe ohne präoperatives Absetzen der Hormonersatztherapie.

Kreislaufwirksame Medikamente

  • Kreislaufwirksame Medikamente sollten nach heutigem Kenntnisstand in der Regel perioperativ fortgeführt werden.2
  • Das Auftreten von intraoperativen arteriellen Hypotonien wurde allerdings als ein unabhängiger Prädiktor für eine perioperative Mortalität in verschiedenen Studien identifiziert. Begleitmedikationen, die eine arterielle Hypotonie unter Narkose begünstigen, d. h. blutdrucksenkende Medikamente, sollten daher am OP-Tag weggelassen werden.23
  • Folgende Überlegungen sind für die einzelnen Substanzklassen einzubeziehen:
    • Beta-Rezeptorantagonisten und Nitrate
      • Ein Absetzen kann eine Myokardischämie mit Myokardinfarkt auslösen.
      • insofern perioperative Fortführung224
    • Der präoperative Neubeginn eines Beta-Rezeptorantagonisten kann erwogen werden:
      • bei allen Patient*innen mit 2 oder mehr kardialen Risikofaktoren oder einer ASA-Klasse von ≥ 3 und einem kardialen Hochrisikoeingriff
      • unabhängig von der Art des Eingriffs bei allen Patient*innen mit nachgewiesener KHK und dokumentierter Myokardischämie unter Belastung2
      • bei ausreichendem Abstand zur Operation, um eine Dosistitration nach Herzfrequenz und Blutdruck zu gewährleisten.25
    • Diuretika
      • Bergen in erster Linie ein Risiko für intraoperative Hypotonien und sollten am OP Tag nicht gegeben werden, postoperativ jedoch rasch wieder angesetzt werden.2
      • Fortsetzen bei Zeichen der Hypervolämie
      • Fortsetzen bei Indikation Niereninsuffizienz24
    • ACE-Hemmer (ACEI) oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (ARB)
      • Bei Eingriffen mit hohen Volumenverschiebungen sowie bei Patient*innen mit bestehender bzw. geplanter Sympathikolyse (z. B. durch Betablocker oder PDA): hohes Risiko von intraoperativen Hypotonien. Insofern Verzicht auf eine Medikation mit ACEI am OP-Tag, postoperativ jedoch zügig wieder ansetzen.2,24
      • Weiterführen, wenn zur Therapie der Herzinsuffizienz mit linksventrikulärer Dysfunktion eingesetzt.24
    • Digitalis-Glykoside
      • Bei Einnahme wegen Herzinsuffizienz: präoperativ absetzen.
      • Bei Einnahme wegen Vorhofflimmern zur Frequenzkontrolle: beibehalten (Gefahr von perioperativen Tachyarrhythmien).2,24
    • Alpha-2-Rezeptoragonisten
      • Weiterführen.
      • kein Neubeginn perioperativ24
    • Calciumantagonisten: 
      • perioperative Fortführung.24

Antidiabetika

  • Metformin
    • laut Fachinformation ein Absetzen 48 h vor dem Eingriff empfohlen wegen Risiko der Laktatazidose
    • Perioperativ scheint das Risiko der Laktazidose jedoch äußerst gering zu sein.
      • Nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung ist daher auch eine Weiterführung der Medikation bis zum Vorabend der Operation zu rechtfertigen.
      • Die britischen „National Health Services“ (NHS) sowie die „Society of Ambulatory Anaesthesia“ (SAMBA) empfehlen die Fortführung der Metformintherapie bei Nierengesunden, u. a. wegen Hinweisen auf ein verbessertes Outcome bei diesem Vorgehen.
      • Bei geplanter intravenöser Gabe von Kontrastmitteln sollte allerdings die Metformingabe 24–48 h vor dem Eingriff pausiert werden.2,24
  • Alle anderen oralen Antidiabetika
    • Im Allgemeinen gilt, dass die Me­dikation mit oralen Antidiabetika bis zum Vorabend der Operation fortgeführt wird.24
  • Insgesamt sollte die Entscheidung über das Fortführen oder Absetzen oraler Antidiabetika von der Kontrolle des Blutzuckers und weniger von deren potenziellen Nebenwirkungen abhängig gemacht werden.2,24
  • Insulintherapie: Ziel BZ: 140–180 mg/dl, engmaschige Kontrollen
    • konventionelle Insulintherapie
      • Vorabend: übliche Dosis Misch­- oder Basalinsulin,­ bei Hypoglykämierisiko ggf. Reduktion um 20 % der üblichen Dosis
      • OP-Tag: morgens 50 % der üblichen Dosis Mischinsulin intraoperativ Korrektur mit Insulin i. v. oder Glukose 5–10 % i. v. Ziel BZ: 140–180 mg/dl
    • intensivierte Insulintherapie 
      • Vorabend: übliche Dosis Basalinsulin, bei Hypoglykämierisiko ggf. Reduktion um 20 % der üblichen Dosis
      • OP-Tag: morgens nur Basalinsulin in üblicher Dosierung (ggf. Reduktion um 20–50 % der üblichen Dosis), intraoperativ Korrektur mit Insulin i. v. oder Glukose 5–10 % i. v. Ziel BZ: 140–180 mg/dl
    • Insulinpumpe 
      • Vorabend: übliche Basalrate, ggf. Insulin-­Boli zur Korrektur
      • OP-Tag: übliche Basalrate weiter für kleinere Eingriffe/kurze Nüchternheitsphase, ggf. Korrektur mit i. v. Insulin oder i. v. Glukose 5–10 %. Ziel BZ: 140–180 mg/dl
      • für größere Eingriffe/längere Nüchternheitsphase Umstellung auf i. v. Insulin­-Glukose­-Schema24

Statine

  • Die perioperative Fortsetzung einer Statintherapie wird empfohlen.
  • Die präoperative Einleitung einer Statintherapie bei Patient*innen, die sich einer Gefäßoperation unterziehen spätestens 2 Wochen vor der Operation.24

Thrombozytenhemmer und Antikoagulanzien

  • Aspirin (ASS)
    • Möglichkeit eines prothrombotischen „Rebounds“ bei Therapieunterbrechung
    • bei Beendigung der sekundärprophylaktischen Einnahme Anstieg des Myokardinfarktrisikos um mehr als 60 %
    • Grundsätzlich wird bei sekundärprophylaktischer Einnahme die Fortführung der Einnahme empfohlen.
      • Ausnahme: hohes Blutungsrisiko in geschlossene Kompartimente (intrakraniell, intramedullär oder hintere Augenkammer)
      • dann Absetzen 7–10 Tage präoperativ26
  • Vitamin-K-Antagonisten
    • Die Entscheidung für oder gegen das Absetzen von Vitamin-K-Antagonisten (höheres Blutungsrisiko vs. gesteigertes Thromboembolierisiko) soll individuell getroffen werden.
    • Pausieren 3–5 Tage vor dem geplanten Eingriff unter INR-Kontrollen
    • Das perioperative „Bridging“ mittels niedermolekularem Heparin (NMH) reduzierte bei Patient*innen mit Vorhofflimmern nicht die Inzidenz arterieller Thromboembolien, erhöhte aber das Risiko für schwere Blutungen (von 1,3 auf 3,2 %).27
    • Die Indikation für ein Bridging mit NMH nach Absetzen eines Vit-K-Antagonisten ist daher zunehmend kritisch zu stellen.2
    • Ein Bridging mit NMH oder UFH wird nach wie vor meist als indiziert angesehen bei:2
      • bei hohem Thromboembolierisiko (CHA2DS2-VASc Score von 4 oder mehr
      • mechanischen Klappen
      • frisch implantierten biologischen Herzklappen
      • Mitralklappenrekonstruktion < 3 Monate
      • Thrombophilie.
  • Clopidogrel/Ticagrelor/Prasugrel
    • Besteht eine zwingende Indikation für einen operativen Eingriff, sollten Clopidogrel/Ticagrelor 5 Tage und Prasugrel 7 Tage vor der OP abgesetzt werden.28-29
  • NOAK
  • Bei Eingriffen mit einer niedrigen Blutungswahrscheinlichkeit, z. B. Katarakt-Operationen, kleinen Haut- oder Leistenbruchoperationen etc. muss keine Unterbrechung der Blutgerinnungshemmung durchgeführt werden, ein INR um 2, gemessen einige Tage vorher, ist ausreichend.30
  • Bei allen anderen Eingriffen richtet sich das Vorgehen nach der Zugehörigkeit zu einer definierten Risikogruppe (siehe AWMF-Leitlinie)30, die ein unterschiedlich hohes Risiko für Thrombosen besitzen.
  • Der Einsatz der NM-Heparine erfolgt bei dieser Indikation „off label“ und sollte bei mittlerer und schwerer Niereninsuffizienz nicht angewendet werden.

Besonderheiten bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen11,31

  • Das individuelle Risiko bezüglich Blutung vs. Thromboembolie sollte ermittelt werden.
  • Bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen soll die niedrig dosierte Monotherapie mit Acetylsalicylsäure weitergeführt, bei Dual- oder Triple-Therapien elektive Eingriffe verschoben werden.
  • Vitamin-K-Antagonisten (VKA) sollen im unteren therapeutischen Bereich gehalten werden (INR-Bestimmung 24–48 h vor dem Eingriff).
  • Bei den neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) sollte der Eingriff in einem möglichst großen Abstand zur letzten Einnahme (mindestens 12 h, bei Niereninsuffizienz und Dabigatran-Einnahme längerer Abstand) erfolgen.
    • Treten innerhalb der individuellen postoperativen Beobachtungszeit keine Blutungen auf, sollte die nächste Einnahme der NOAK unmittelbar erfolgen.
  • Bei zahnärztlichen Eingriffen mit höherem Blutungsrisiko und/oder nicht verschiebbaren Eingriffen unter Antikoagulation sollte der Eingriff unter guten Nachsorgemöglichkeit bzw. stationären Kautelen durchgeführt werden. Ggf. kann hier ein Bridging erfolgen.

Spezielle Erkrankungen

Herz- und Gefäßerkrankungen

  • Patient*innen mit schwerer Herzinsuffizienz, Arrhythmien, Nierenversagen oder Hyperkaliämie weisen eine erhöhte perioperative Morbidität und Letalität auf.
  • Insbesondere bei koronarer Herzkrankheit kann das perioperative Risiko bis 12 Monate nach akutem Myokardinfarkt stark erhöht sein, elektive Eingriffe sollten deshalb verschoben werden.32
    • Bei elektivem Einsatz eines Drug-Eluting-Stent (DES) sollte bis 6 Monate nach Stenting gewartet werden.
  • Kriterien für eine erweiterte kardiale Diagnostik s. o.
  • Eingriffe bei Patient*innen mit akuten kardialen Symptomen sollten verschoben werden.

Maßnahmen zur Risikobegrenzung

  • Optimierung der myokardialen Sauerstoffversorgung
  • Vermeidung postoperativer Hypothermie.
  • Umgang mit Betablockern s. o.
  • Umgang mit Statinen s. o.
  • Thromobzytenaggregationshemmer/ASS siehe dort.
    • Bei Kombinationstherapie mit Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor sollten diese 5–7 Tagen vor einem Eingriff abgesetzt werden unter Beibehaltung von ASS.32
    • Rücksprache mit Kardiolog*innen, Anästhesist*innen und Chirurg*innen, um Nutzen und Risiko abzuwägen.

Hypertonie

  • Patient*innen mit einem diastolischen Blutdruck > 110 mmHg sollten vor einem elektiven Eingriff untersucht und ggf. medikamentös behandelt werden.
  • Eine laufende antihypertensive Therapie wird in der Regel fortgeführt, s. o.

Atemwegs- und Lungenerkrankungen

  • Postoperative pulmonale Komplikationen treten genauso häufig auf wie kardiologische Komplikationen bezogen auf Morbidität, Mortalität und Krankenhausverweildauer.33
  • Neuromuskuläre Blockade mit lang wirkenden Muskelrelaxanzien können das Risiko für postoperative pulmonale Komplikationen erhöhen.33
  • Es gibt wenig klinische Evidenz für ein effektives präoperatives Risiko-Assessment und Präventionsstrategien.
  • Präoperative Röntgenthorax-Untersuchung siehe dort.
  • Präoperative Lungenfunktionsdiagnostik siehe dort.
  • Raucherentwöhnung kann bei elektiven risikobehafteten Operationen sinnvoll sein, und sollte weit im Voraus (Monate) umgesetzt werden.
    • Entgegen früherer Annahmen erhöht der kurzfristige Rauchstopp vor der Op nicht die pulmonalen Komplikationen.4
  • Weitere Maßnahmen, die ggf. erwogen werden können:10
  • Die OP-Indikation sollte gegen ein mögliches Risiko abgewogen werden, insbesondere bei stark eingeschränkter Lungenfunktion.
    • Eingriff in Thorax oder Abdomen haben die höchsten Komplikationsraten.

Nierenerkrankungen

  • Eine eingeschränkte Nierenfunktion ist mit einem signifikant erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse perioperativ verbunden.10
  • Insbesondere durch das Verabreichen von Kontrastmitteln kann es zu Nierenversagen kommen.

Diabetes mellitus oder Patient*innen mit gestörter Glukosetoleranz

  • Siehe Artikel Typ-2-Diabetes.
  • Perioperativer Risikofaktor
  • Präoperativ durch Anamnese und Untersuchung nicht immer erkennbar
  • Bestimmung der Nüchtern-Glukose vor Hochrisikoeingriffen
  • Bei bekanntem Diabetes mellitus 
    • engmaschige Blutzuckerkontrolle perioperativ, Ziel BZ: 140–180 mg/dl24

Patient*innen mit gastrointestinalen Tumorerkrankungen

  • Sollten grundsätzlich präoperativ auf Mangelernährung gescreent werden.
    • Die Prävalenz von Malnutrition bei Patient*innen, die sich größeren abdominellen Eingriffen unterziehen müssen, liegt bei 44 %.34
  • Der präoperative Ausgleich einer Mangelernährung führt zu deutlicher Reduktion perioperativer Morbidität und Mortalität.
  • Erfassung des Ernährungsstatus möglichst frühzeitig mit Diagnosestellung, mindestens aber 10 Tage präoperativ.
  • Schwere Malnutrition liegt vor bei:
    • > 10 % Gewichtsverlust in weniger als 6 Monaten oder > 5 % in einem Monat
    • und/oder BMI < 18,5 kg/m2
    • und/oder SGA-Score Grad C
    • und/oder Serum-Albumin-Konzentration < 30 g/l.
  • Präoperative Interventionen bei mangelernährten Patient*innen:
    • Ernährungsberatung
    • orale Trinknahrung (ONS)
    • parenterale Ernährung, wenn notwendig.34

Patient*innen mit präoperativer Anämie

  • Die präoperative Anämie geht mit erhöhter perioperativer Morbidität und Mortalität einher.6-8
  • Bei Patient*innen vor OP mit hohem Blutungsrisiko sollte mindestens 4 Wochen vor OP ein Blutbild gemacht werden, bei Diagnose einer Anämie auch Ferritin und Transferinsättigung.6
  • Eisendefizite sollten ausgeglichen werden:
    • in erster Linie per os
    • Wenn ein Auffüllen der Eisenspeicher per os nicht gelingt, auch i. v.6
  • Ein Hb von 13 g/dl präoperativ ist anzustreben.6
  • Die präoperative Gabe von rekombinantem Erythropoetin verringert die Notwendigkeit perioperativer Bluttransfusionen und wird für orthopädische Operationen bei anämischen Patient*innen empfohlen, wenn Eisen- und Vitamin-B12-Mangel behandelt oder ausgeschlossen wurden.6

Ältere Patient*innen

  • Sind häufiger multimorbide, haben eine geringere funktionelle Leistungskapazität und damit ein erhöhtes perioperatives Risiko.
  • Die optimale Vorbereitung älterer Patient*innen auf eine größere Operation wird in neuerer Zeit unter dem Begriff „Prähabilitation“ zusammengefasst.35
    • Prähabilitation hat zum Ziel, den allgemeinen Gesundheitszustand vor größeren Operationen zu verbessern, um das perioperative Risiko zu senken und postoperativ die funktionelle Leistungsfähigkeit wiederzuerlangen.
    • Durch präoperative Maßnahmen zur Änderung von Verhaltens- und Lebensstilrisikofaktoren wird die „physiologische Reserve“ der Patient*innen gestärkt, um die chirurgische Stressreaktion abzufedern.
    • Der präoperative Zeitraum gilt als „lehrreicher Moment“ in der Gesundheitsversorgung.
      • Während dieses Zeitfensters sind die Betroffenen möglicherweise empfänglicher für strukturierte Verhaltensinterventionen.
    • Bestandteile sind:
      • Veränderungen des Lifestyles (Alkohol, Rauchen, Ernährung)
      • körperliches Training
      • Vermittlung gesundheitsbezogener Verhaltensänderungen
      • Das Konzept bezieht alle beteiligten medizinischen Fachdisziplinen sowie Physiotherapeut*innen, Psychotherapeut*innen und geschultes Pflegepersonal ein.
  • Besondere Aspekte bei der Vorbereitung zur Operation in der Hausarztpraxis9
    • Anämie ausschließen, falls notwendig therapieren.
    • Medikationsanalyse und -optimierung
      • Verwendung des bundeseinheitlichen Medikationsplans
      • kritische Analyse hinsichtlich im Alter potenziell inadäquater Medikation (PIM), z. B. anhand der PRISCUS-Liste
    • Erfassung einer Mangelernährung
      • Die Prävalenz bei älteren Patient*innen liegt zwischen 45 und 55 %.
      • Als Instrument eignet sich das MNA-SF (Mini Nutritional Assessment).
      • Präoperativ zur zusätzlichen Einnahme oraler Trinknahrung motivieren.
    • kognitive Einschränkungen: Risikofaktor für postoperatives Delir
      • Erfassung kognitiver Einschränkungen z. B. mithilfe des DemTect (Demenz Detection)
    • Erfassung und Behandlung einer Osteoporose
    • Evaluation des Sturzrisikos; für die Aufnahme in das Krankenhaus dokumentieren.
    • Beratung hinsichtlich Patientenverfügung
    • Beratung hinsichtlich Prähabilitation: Sturzprophylaxe, Einleitung einer Übungsbehandlung, Atemtraining 
    • Antikoagulation
      • Evaluierung der Notwendigkeit eines Bridgings9

Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangerschaft

  • Operationen nur mit eindeutiger Indikation
  • Elektive Eingriffe sollten vermieden werden.
  • Operationen im 1. Trimenon nur bei vitaler Indikation36
  • Falls möglich, sollten Eingriffe in das 2. oder 3. Trimenon verschoben werden.
  • Lokal- oder regionalanästhetische Verfahren sind der Vollnarkose vorzuziehen.36

Stillzeit

  • Nach der Anästhesie kann das Kind auf übliche Weise gestillt werden.
  • Vorsicht bei der Verwendung von Benzodiazepinen und kodeinhaltigen Arzneimitteln!

 Standardisiertes Vorgehen in Deutschland

  • In Deutschland gibt es durch die Gebührenordnung der KBV ein relativ standardisiertes Verfahren bei der präoperativen Diagnostik durch die Hausärzt*innen für ambulante Operationen oder Operationen in Belegkliniken.37

EBM-Ziffer 31011

  • Operationsvorbereitung für ambulante und belegärztliche Eingriffe bei Jugendlichen und Erwachsenen bis zum vollendeten 40. Lebensjahr. Obligater Leistungsinhalt:
    • Beratung und Erörterung
    • Überprüfung der Eignung des häuslichen, familiären oder sozialen Umfeldes
    • Aufklärung über Vor- und Nachteile einer ambulanten oder belegärztlichen Operation
    • Ganzkörperstatus
    • Dokumentation und schriftliche Befundmitteilung für die Operateur*innen und/oder Anästhesist*innen
    • ärztlicher Brief.

EBM-Ziffer 31012

  • Operationsvorbereitung bei ambulanten und belegärztlichen Eingriffen bei Patient*innen nach Vollendung des 40. Lebensjahres bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres. Obligater Leistungsinhalt:
    • Beratung und Erörterung
    • Überprüfung der Eignung des häuslichen, familiären oder sozialen Umfeldes
    • Aufklärung über Vor- und Nachteile einer ambulanten oder belegärztlichen Operation
    • Ganzkörperstatus
    • Ruhe-EKG
    • Dokumentation und/oder schriftliche Befundmitteilung für die Operateur*innen und/oder Anästhesist*innen
    • ärztlicher Brief.

EBM-Ziffer 31013

  • Operationsvorbereitung bei ambulanten und belegärztlichen Eingriffen bei Patient*innen nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Obligater Leistungsinhalt:
    • Beratung und Erörterung
    • Aufklärung über Vor- und Nachteile einer ambulanten oder belegärztlichen Operation
    • Überprüfung der Eignung des häuslichen, familiären oder sozialen Umfeldes
    • Ganzkörperstatus
    • Ruhe-EKG
    • Laboruntersuchungen (kl. BB, Kalium, BZ, GGT, Kreatinin und/oder PTT, Quick)
    • Dokumentation und Befundmitteilung an die Operateur*innen und/oder Anästhesist*innen
    • ärztlicher Brief.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) et al. Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE). AWMF-Leitlinie Nr. 003-001. S3, Stand 2015 (abgelaufen). www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Zahnärztliche Chirurgie unter oraler Antikoagulation/Thrombozytenaggregationshemmung. AWMF-Leitlinie Nr. 83-018. S3, Stand 2017 (abgelaufen). www.awmf.org

Literatur

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  2. Präoperative Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nicht herz-thoraxchirurgischen Eingriffen. Gemeinsame Empfehlung der DGAI, DGCH und DGIM. Anästh Intensivmed 2017;58:349-364. www.ai-online.info
  3. ESC/ESA. Guidelines on non-cardiac surgery: cardiovascular assessment and management. Stand 2014 www.escardio.org
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  6. Desai N, Schofield N, Richards T. Perioperative Patient Blood Management to Improve Outcomes. Anesthesia & Analgesia: November 2018, Volume 127, Issue 5; p 1211-1220. journals.lww.com
  7. Musallam KM, Tamim HM, Richards T, et al. Preoperative anaemia and postoperative outcomes in non-cardiac surgery: a retrospective cohort study. Lancet. 2011;378:1396–1407. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Baron DM, Hochrieser H, Posch M, et al.; European Surgical Outcomes Study (EuSOS) group for Trials Groups of European Society of Intensive Care Medicine; European Society of Anaesthesiology. Preoperative anaemia is associated with poor clinical outcome in non-cardiac surgery patients. Br J Anaesth. 2014;113:416–423. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Olotu C, Weimann A, Bahrs C, Schwenk W, Scherer M, Kiefmann R. Bedarf für eine perioperative Altersmedizin. Eine interdisziplinäre Aufgabe. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 63-9. www.aerzteblatt.de
  10. Deutschen Gesellschaft für Kardiologie Pocket-Leitlinie: Nichtkardiale chirurgische Eingriffe (Version 2014) leitlinien.dgk.org
  11. DEGAM-Anwenderversion zur Leitlinie :Zahnärztliche Chirurgie unter oraler Antikoagulation oder Thrombozytenaggregationshemmung 2020 www.degam.de
  12. ABIM Foundation: Choosing Wisely recommendations. 2015. Zugriff 3.3.2017 www.choosingwisely.org
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  26. Plümer L, Seiffert M, Punke MA, Kersten JF, Blankenberg S, Zöllner C, Petzoldt M: Aspirin before elective surgery—stop or continue? A single-center cross-sectional study. Dtsch Arztebl Int 2017. www.aerzteblatt.de
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  30. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Bridging. AWMF-Leitlinie Nr. 053-027. Stand 2013. www.awmf.org
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  37. Kassenärztliche Bundesvereinigung. EBM Stand 2022. www.kbv.de

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge

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