Infektanfälligkeit

Unter Infektanfälligkeit versteht man das gehäufte Auftreten oder eine auffällig lange Dauer von Infektionskrankheiten. Ursache kann ein vorübergehend oder dauerhaft geschwächtes Immunsystem sein.

Fakten

Unter Infektanfälligkeit versteht man das gehäufte Auftreten von Infektionskrankheiten oder eine auffällig lange Dauer der Infektionen. Auch die Erkrankung an Erregern, die für die mesiten Menschen harmlos sind, zählt dazu.

Ursache ist ein vorübergehend oder dauerhaft geschwächtes Immunsystem.

Ein dauerhaft geschwächtes Immunsystem (Immundefekt) deutet auf eine ernst zu nehmende Grunderkrankung hin.

Die bekanntesten Ursachen für einen Immundefekt sind HIV/AIDS, Krebserkrankungen oder eine Chemotherapie sowie viele verschiedene angeborene Krankheiten, die zu einer Immunschwäche führen.

Bei häufig auftretenden, sehr langwierigen Infektionen sollte stets eine Ärztin/ein Arzt aufgesucht werden.

 

Was versteht man unter Infektanfälligkeit?

Kleinkinder und Grundschulkinder sind in der Regel häufig erkältet oder haben Husten, weil sie sich in Kindergarten oder Schule immer wieder anstecken. Heilen diese Infekte immer nach einigen Tagen oder 1–2 Wochen ohne Folgen aus, lassen sich mit entsprechenden Medikamenten schnell wirksam behandeln, handelt es sich um eine physiologische (normale) Infektanfälligkeit in diesem Alter. Die betroffenen Kinder sind ansonsten gesund und entwickeln sich unauffällig.

Folgende Symptome können jedoch auf eine Infektanfälligkeit hinweisen, der eine Schwäche des Immunsystems zugrunde liegt:

  • Im Vergleich zu anderen Kindern/Erwachsenen treten deutlich häufiger Infektionen auf.
  • Die Infektionen verlaufen auffällig schwer (Lungenentzündung nach eigentlich „harmlosem" Husten) und/oder treten immer wieder erneut auf ohne richtig auszuheilen (auch z. B. immer wiederkehrende Durchfallkrankheiten).
  • Es sind ungewöhnliche Stellen betroffen (etwa langwierige Hautinfektionen infolge kleiner Wunden).
  • Es werden Erreger nachgewiesen, die in der Regel harmlos sind bzw. keine Erkrankung auslösen (z. B. anhaltende schwere Pilzinfektionen).
  • Lebendimpfstoffe (Impfungen mit lebenden, aber geschwächten Viren) führen zu Impfkomplikationen.
  • allgemein mangelndes Wachstum, verzögerte Entwicklung bei einem Kind. 

Für eine Immunschwäche gibt es ganz verschiedene Ursachen:

  • Vorübergehende Immunschwäche: Medikamente, die das Immunsystem schwächen, eine Chemotherapie, Krebskrankheiten,  Diabetes mellitus, Mangel-/Unterernährung, Stress können beispielsweise das Immunsystem beeinträchtigen. Sind diese Faktoren beseitigt bzw. effektiv behandelt, kann sich das Immunsystem in vielen Fällen wieder erholen.
  • Andauernde Immunschwäche: Mögliche Ursachen hierfür sind eine HIV-Infektion/AIDS, Nieren- und Leberkrankheiten, zystische Fibrose, eine Vielzahl verschiedener angeborener Immundefekte sowie das angeborene Fehlen oder der Verlust der Milz (etwa nach einem Unfall).

Häufigkeit

Kleinkinder erkranken häufig an Infektionserkrankungen, auch ohne dass ein geschwächtes Immunsystem zugrunde liegt. Bisweilen fällt die Unterscheidung zwischen einem normalen und einem auffällig gehäuften Auftreten der Infektionen schwer. Meist sind es Erkältungen von Nase, Rachen oder Ohren. Gleiches gilt für Infektionen der Harnwege (Harnblase, Harnröhre) bei Frauen – Infektionen, die bei ansonsten völlig gesunden Personen mitunter häufig in Erscheinung treten.
Wiederholt auftretende Infektionen im Körper sind oft auf eine lokale Ursache zurückzuführen. Eine enge Nasenpassage kann beispielsweise eine Veranlagung für Nebenhöhleninfektionen darstellen. An einem (angeborenen) Immundefekt leiden etwa 5 von 100.000 Personen.

Geschwächtes Immunsystem

Träger des Immunsystems sind bestimmte Zellen im Blut und Knochenmark sowie in den Lymphknoten und der Milz (verschiedene Arten von Lymphozyten und anderen weißen Blutkörperchen). Diese Zellen bilden verschiedene Substanzen, Botenstoffe und sog. Antikörper, mit deren Hilfe sie sich gegenseitig aktivieren und Krankheitserreger erkennen können.
Diese Zellen können mithilfe verschiedener Mechanismen Bakterien, Viren oder andere Erreger erkennen, die in den Körper eingedrungen sind, und diese bekämpfen bzw. abtöten. Immunzellen bilden bei einer Infektion Antikörper gegen viele Krankheitserreger; diese verbleiben nach der akuten Virusinfektion lebenslang im Körper. Damit verfügt der Körper über eine wirksame Abwehr, falls die gleichen Viren zu einem späteren Zeitpunkt erneut in den Körper eindringen. Die betroffene Person wird also nicht erneut krank, sondern ist immun.
Ein geschwächtes Immunsystem kann darauf hinweisen, dass eine schwerwiegende Grunderkrankung im Körper besteht, die für die gestörte Immunabwehr verantwortlich ist. In einem solchen Fall sprechen Ärzte von einer sekundären Immunschwäche. Die häufigsten Ursachen für einen solchen Immundefekt sind Krebs oder auch andere chronische Erkrankungen, HIV-Infektion/AIDS oder auch eine Chemotherapie. Seltener als ein sekundärer Immundefekt ist eine primäre Schwäche des Immunsystems, z. B. durch angeborene Funktionsstörungen der Abwehrzellen selbst.

Was verursacht Infektanfälligkeit?

Häufige Ursachen

  • Kleinkinder
    • Im Alter von ca. 6 Monaten nimmt die Menge an mütterlichen Antikörpern, die das Kind mit der Muttermilch aufgenommen hat, im Blut des Kindes ab. Von nun an muss das Kind alleine zurechtkommen; sein Körper muss jetzt eigene Antikörper bilden. Häufige Infektionen sind oft die Folge. Auch ein grundsätzlich gesundes Kind kann während des ersten Lebensjahres häufig an Infektionen erkranken.
  • Wiederkehrende Infektionen in einem bestimmten Organ
    • Sehr häufige Entzündungen der Ohren oder Nasennebenhöhlen sind beispielsweise fast immer auf Besonderheiten im betroffenen Organ (Engstellen, schlechte Belüftung des Mittelohrs etc.) zurückzuführen und gewöhnlich harmlos. Mit zunehmendem Alter des Kindes verschwindet das Problem in der Regel von selbst. Manchmal sind auch korrigierende Operationen sinnvoll.
  • Schwere Verletzungen, Unfälle, Operationen, dauerhaft liegende Katheter (z. B. Blasenkatheter), Mangelernährung und einige chronische Krankheiten (z. B. Zuckerkrankheit) können die Ursache für eine Infektanfälligkeit sein.

Seltene Ursachen

Was können Sie selbst tun?

Wiederholt auftretende Atemwegsinfektionen sind bei Kleinkindern meist normal. Kindergartenkinder erkranken über eine gewisse Zeitdauer häufig, da sie sich leicht bei anderen Kindern anstecken können. Dies ist ganz normal und begünstigt darüber hinaus den Aufbau des kindlichen Immunsystems; dieser Prozess sorgt dafür, dass die Erkrankungshäufigkeit im späteren Leben zurückgeht. Über allgemeine Maßnahmen hinaus ist keine besondere Behandlung erforderlich – die Kinder sollten vernünftig gekleidet werden, sodass sie im Freien vor Kälte geschützt sind und in Innenräumen nicht schwitzen. Gesunde Ernährung und körperliche Aktivität tragen ebenfalls zur Stärkung des Immunsystems bei.

Erwachsene, die plötzlich gehäuft an Infektionen leiden, sollten zunächst dafür sorgen, dass sie ausreichend schlafen, nicht zu viel Sport machen, sich ausgewogen ernähren und genügend Erholungsphasen haben. Treten die Erkrankungen weiterhin auf oder sind schwer und langanhaltend, ist ein Besuch beim Arzt erforderlich.

Wann sollten Sie ärztlichen Rat suchen?

Bei häufig wiederkehrenden Infektionskrankheiten sollten Sie eine Ärztin/einen Arzt konsultieren, um abklären zu lassen, dass keine Grunderkrankung vorliegt. Bei manchen Kindern weisen häufige Atemwegsinfektionen (mit Husten) darauf hin, dass eine Allergie bzw. Asthma vorliegt. Dies sollte möglichst früh erkannt und geeignet behandelt werden. 

Fällt Ihnen auf, dass Ihr Kind neben den häufigen Infektionen nicht wie seine Altersgenossen wächst und/oder eher dünn ist oder die Infektionskrankheiten trotz Antibiotika nicht gut ausheilen, sollten Sie einen Termin bei der Kinderärztin/beim Kinderarzt vereinbaren. Grundsätzlich ist eine ärztliche Untersuchung bei jeder schweren Infektion (hohes Fieber über mehrere Tage, starke Kopfschmerzen, Kurzatmigkeit etc) zu empfehlen, und zwar auch unabhängig davon, wie häufig diese auftritt.

Anamnese – eventuell werden Ihnen folgende Fragen gestellt:

  • Wie oft treten die Infektionen auf?
  • Welche Infektionen haben Sie/hat das Kind im vergangenen Jahr gehabt?
  • Haben Sie/hat das Kind noch andere Erkrankungen?
  • Haben Sie/hat das Kind das Impfprogramm durchlaufen und alle Impfungen erhalten?
  • Wurden Sie/wurde das Kind in der Vergangenheit operiert?
  • Nehmen Sie/nimmt das Kind regelmäßig Arzneimittel ein?
  • Rauchen Sie oder ist Ihr Kind zu Hause Tabakrauch ausgesetzt?
  • Besteht die Möglichkeit, dass Sie HIV-infiziert sind?

Ärztliche Untersuchung

Wenn offensichtlich keine ungewöhnliche Infektanfälligkeit vorliegt und die körperliche Untersuchung keine Auffälligkeiten ergibt, besteht eigentlich kein Grund für eine umfassendere Untersuchung. Besteht Unsicherheit über einen möglicherweise auffälligen gesundheitlichen Zustand, wird die Ärztin/der Arzt eine sorgfältige körperliche Untersuchung vornehmen und in diesem Zusammenhang eingehend das Lymphsystem beurteilen.
Bei wiederholt auftretenden Infektionen eines bestimmten Organsystems, zum Beispiel Ohren oder Nebenhöhlen, wird eine gründliche Untersuchung des betreffenden Organs durchgeführt.

Weitere Untersuchungen

Meist werden Blutproben entnommen und bestimmte Werte wie Hämoglobin (Hb), Blutsenkung (BSG), C-reaktives Protein (CRP) sowie bestimmte Parameter des Immunsystems kontrolliert. Bei Verdacht auf eine zugrunde liegende Erkrankung ist eine umfassendere Blutuntersuchung indiziert. Unter Umständen muss das entsprechende Organ geröntgt oder durch eine andere bildgebende Methode genauer untersucht werden. Möglicherweise wird ein HIV-Test gemacht.
Je nach Lokalisation der Infektion werden Urin, Hirnwasser, Sputum (Schleim aus der Lunge) oder andere Flüssigkeiten auf Krankheitserreger hin getestet.

Überweisung zur fachärztlichen Beratung

Besteht weiterhin erhebliche Unklarheit bezüglich einer möglichen Grunderkrankung oder wenn der Befund den Verdacht einer ernst zu nehmenden Erkrankungen nahelegt, werden Sie an entsprechende Fachärzte (z. B. Hals-Nasen-Ohren, Rheumatologie oder Hämatologie) überwiesen oder ins Krankenhaus eingewiesen.

Bei lokalisierten, wiederholt auftretenden Infektionen eines bestimmten Organsystems (z. B. der Ohren), ist eine Untersuchung durch einen Spezialisten erforderlich. Besteht der Verdacht auf eine angeborene (primäre) Immundefizienz, wird eine Fachärztin/ein Facharzt Blut und Knochenmark mit speziellen Verfahren untersuchen, um die Ursache der Fehlfunktion zu finden. Falls sich eine Diagnose stellen lässt, ist es sinnvoll auch die Eltern/Geschwister zu untersuchen.

 Behandlung und Vorbeugung

Je nach Art und Schweregrad der akut vorliegenden Infektion ist eine Therapie zuhause oder die Einweisung in eine Klinik erforderlich. Stellt sich im Rahmen der speziellen Untersuchungen eine chronische Grundkrankheit und/oder Immundefizienz heraus, wird diese durch Fachärzte therapiert.

Ist die Immunschwäche durch vorübergehende Ursachen bedingt, etwa eine Chemotherapie bei Krebs, wird sich das Immunsystem in der Regel nach wirksamer Therapie dieser Krankheit bzw. Absetzen der Medikamente erholen. Älteren Personen, Menschen mit chronischen Krankheiten oder angeborenen Immundefekten oder bei Fehlen der Milz werden zusätzlich zu den allgemein empfohlenen Impfungen noch weitere Impfungen angeboten (Grippe, Pneumokokken, Meningokokken etc). Ihre Ärztin/Ihr Arzt kann Sie hier individuell beraten.
Grundsätzlich sind bei bestehender Immunschwäche folgende Maßnahmen zu empfehlen (je nach ärztlichem Rat):

  • eine sorgfältige Hygiene, Mund-und Zahnpflege sowie Schutz vor Ansteckung (möglichst wenig Kontakt zu infizierten Personen)
  • eine ausgewogene Ernährung, regelmäßiger Sport, ausreichend Schlaf und Erholung
  • ggf. regelmäßiges Fiebermessen zur Früherkennung eines Infekts
  • ggf. regelmäßige Bestimmung der Anzahl der Immunzellen in einer Blutuntersuchung.

Autoren

  • Susanne Meinrenken, Dr. med., Bremen

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Infektanfälligkeit. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Deutsche Gesellschaft für Immunologie. Diagnostik auf Vorliegen eines primären Immundefektes (PID). AWMF-Leitlinie Nr.112-001. Stand 2017. (abgelaufen) www.awmf.org
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