Abdominale Parazentese (Aszitespunktion)

Allgemeine Informationen

  • Unter einer Aszitespunktion oder Parazentese versteht man die Gewinnung von Flüssigkeit aus dem Peritonealraum mit diagnostischer oder therapeutischer Intention.
  • In diesem Artikel wird das leitliniengerechte Vorgehen bei einer Aszitespunktion erklärt.
  • Weiterführende Informationen zum Thema Aszites und den zugrunde liegenden Differenzialdiagnosen finden Sie im Artikel Aszites.
  • Es handelt sich um einen invasiven Eingriff, der unter sterilen Bedingungen erfolgen soll, um das Infektionsrisiko zu minimieren.

Indikationen

  • Zur Probenahme von Peritonealflüssigkeit zu diagnostischen Zwecken (diagnostische Prazentese)1
    • Wesentlich für die Differenzialdiagnostik des Aszites ist die diagnostische Parazentese. Sie soll insbesondere die Frage klären, ob es sich um einen malignen oder infizierten Aszites handelt, wobei bereits der makroskopische Aspekt erste Hinweise geben kann:
      • hämorrhagischer Aszites bei Malignität, Trauma, Pankreatitis oder Peritonealtuberkulose
      • trüber Aszites bei hoher Leukozytenzahl oder hohem Eiweißgehalt
      • Milchig-trüber bzw. chylöser Aszites bei hoher Konzentration von Chylomikronen und Triglyzeriden (> 200 mg/dl), kommt vor allem bei Malignität und portaler Hypertension vor.
    • Bei neu aufgetretenem Aszites soll eine diagnostische Punktion erfolgen, ebenso bei jeder Verschlechterung des Allgemeinzustands oder neu aufgetretenen Komplikationen bei Patienten mit Leberzirrhose und Aszites. 
  • Zur Reduktion des intraabdominalen Drucks, der aufgrund einer Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum erhöht ist.
  • Zur Verabreichung von Medikamenten direkt in die Bauchhöhle
  • In Verbindung mit einer Peritonealdialyse

Vorgehen

Leitlinie: Technik der Aszitespunktion1

  • Die Parazentese soll nach Aufklärung der Patientin/des Patienten unter sterilen Bedingungen durchgeführt werden.
  • Die Punktion soll sonografisch-assistiert (nach vorheriger sonografischer Detektion) oder sonografisch-gezielt (unter permanenter Sicht der Nadel) durchgeführt werden.
    • Vor einer diagnostischen Aszitespunktion soll eine Sonografie des Abdomens durchgeführt werden, um die Aszitesmenge zu definieren, den Aszites zu beurteilen (z. B. Fibrinfäden, diffuse Binnenechos), einen optimalen Zugangsweg zu finden und große Bauchwandkollateralen im Punktionsweg auszuschließen.
    • Bei geringer Punktatmenge kann die Punktion unter direkter sonografischer Steuerung durchgeführt werden.
    • „Blindpunktionen“ sollten bei Verfügbarkeit eines Ultraschallgeräts in der Regel nicht durchgeführt werden.
    • Ausnahme ist die wiederholte großvolumige Punktion mit gleichbleibendem Punktionsort – hier kann auf die sonografische Beurteilung verzichtet werden.
  • Eine Venenverweilkanüle oder eine andere Punktionskanüle wird an geeigneter Stelle (typische Stelle: linker unterer Quadrant des Bauches) durch die Bauchdecke in den Aszites vorgeschoben.
    • Zur diagnostischen Punktion können dünnkalibrige Kanülen gewählt werden.
    • Bei der therapeutischen Punktion des Aszites können Venenverweilkanülen, 17G-Metall-Kanülen, Pigtail-Kkatheter oder weitere speziell entwickelte Punktionsnadeln mit mehreren Seitenlöchern eingesetzt werden.
  • Bei Durchführung einer großvolumigen Parazentese (> 5 l) soll eine intravenöse Albumingabe (6–8 g/l Aszites) erfolgen.

Untersuchung des Punktats

Leitlinie: Untersuchung des Aszitespunktats1

  • Bei der initialen Aszitespunktion sollten die Zellzahl mit Zelldifferenzierung, und das Gesamteiweiß im Aszites bestimmt sowie eine mikrobiologische Kultur angelegt werden.
  • Eine Beimpfung von aeroben und anaeroben Blutkulturflaschen mit mindestens 10–20 ml Aszitesflüssigkeit sollte bei der initialen Aszitesdiagnostik, bei stationären Patienten sowie bei der Diagnostik einer spontan bakteriellen Peritonitis (SBP) erfolgen.
    • Dies sollte unmittelbar am Patientenbett unter sterilen Bedingungen durchgeführt werden.
  • Bei Verdacht auf malignen Aszites soll eine zytologische Diagnostik durchgeführt werden. 
  • Eine zusätzliche Bestimmung der Cholesterin- oder CEA-Spiegel im Aszites kann zur Differenzierung maligner/nicht maligner Aszites durchgeführt werden.
  • Der Serum-Aszites-Albumin-Gradient (SAAG: Bestimmung von Albumin im Aszites und Serum) kann bei der initialen Aszitespunktion zur Differenzierung zwischen portalhypertensivem und nichtportal hypertensivem Aszites bestimmt werden.
    • Die Bestimmung des Serum-Aszites-Albumin-Gradienten (SAAG) ist im Regelfall bei Folgepunktionen nicht erforderlich.
  • In der Diagnostik der spontan-bakteriellen Peritonitis soll nicht die Anwendung von Leukozytenstreifen (sog. Urinstix) zum semiquantitativen Nachweis von Leukozyten im Aszites als alleiniges Nachweisverfahren verwendet werden.
  • Die Bestimmung von bakterieller DNA im Aszites soll nicht als alleiniger Erregernachweis verwendet werden.

Komplikationen

Leitlinie: Komplikationen der Aszitespunktion1

  • Diagnostische Aszitespunktionen sind nicht mit schwerwiegenden und häufigen Komplikationen verbunden, eine höhere Komplikationsrate besteht bei den therapeutischen Punktionen.
    • Die häufigste Komplikation der therapeutischen Parazentesen ist mit 5 % ein protrahierter Austritt von Aszites durch den Stichkanal. Dies kann durch Lagerung der Patientin/des Patienten auf die dem Stichkanal gegenüberliegende Seite, Wahl eines schrägen Stichkanals, vollständiges Ablassen des Aszites oder ggf. eine Tabaksbeutelnaht verhindert werden.
    • Eine Peritonitis oder ein Bauchdeckenabszess nach Darmperforation fand sich jeweils nur bei 1 von 242 Parazentesen.
    • Blutungen (Einblutungen in die Bauchdecke oder intraperitoneale Blutungen) sind die häufigsten Komplikationen, aber mit 0,19–1 % der Parazentesen selten.
      • Nur kasuistisch wurden lebensbedrohliche Blutungsereignisse (0,016 %) beschrieben.
      • Sonografisch-assistierte Punktion senkt das Blutungsrisiko.

Kontraindikationen

Leitlinie: Kontraindikationen der Aszitespunktion1

  • Absolute Kontraindikationen für eine Aszitespunktion sind außer einer fehlenden Einverständniserklärung der Patienten ein fehlender Zugangsweg zum Aszites oder eine fehlende diagnostische oder therapeutische Konsequenz.
  • Das Vorliegen einer disseminierten intravasalen Koagulopathie (DIC) kann eine relative Kontraindikationen darstellen.
  • Die prophylaktische Gabe von Plasmaderivaten oder Thrombozytenkonzentraten zur Vermeidung von Blutungskomplikationen soll nicht durchgeführt werden, unabhängig vom Schweregrad der Gerinnungseinschränkung.
    • Ausnahmen bilden eine disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC) und/oder Thrombozyten < 20.000 /µl.
  • Die Therapie mit Acetylsalicylsäure vor einer Aszitespunktion sollte fortgesetzt werden.
  • Eine Therapie mit Thienopyridinen oder Glykoprotein IIb-/IIIa-Inhibitoren sollte vor einer Aszitespunktion pausiert werden.
  • Eine Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten oder direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) sollte vor Aszitespunktion – wenn möglich – pausiert werden.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Sonografie: Aszites bei Peritonealkarzinose (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Sonografie: Aszites bei Peritonealkarzinose (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Sonografie: Leberzirrhose mit HCC und Aszites (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).
Sonografie: Leberzirrhose mit HCC und Aszites (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg).

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Komplikationen der Leberzirrhose. AWMF-Leitlinie Nr. 021-017. S2k, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Komplikationen der Leberzirrhose. S2k. AWMF-Leitlinie Nr. 021-017, Stand 2018. www.awmf.org

 

 Autoren

  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München

 

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